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Kultur- und migrationssensible Familienarbeit in der Kita

E-BookEPUBDRM AdobeE-Book
83 Seiten
Deutsch
Ernst Reinhardt Verlagerschienen am10.09.2018
Familien mit Migrationshintergrund und Fluchterfahrung gehören in vielen Kitas zum Alltag. Oft ist die Zusammenarbeit vor allem mit Eltern, die der deutschen Sprache kaum mächtig sind, schwierig. Wie damit umgehen, wenn die Vorstellungen, was Kita leisten soll, voneinander abweichen? Oder wenn die in den Familien praktizierten Erziehungsmethoden befremdlich wirken? Dieses Buch unterstützt pädagogische Fachkräfte dabei, empathisch und kultursensibel mit eingewanderten Eltern in Kontakt zu treten und eine tragfähige Erziehungspartnerschaft aufzubauen. Neben praktischen Tipps zu einer professionellen Haltung, Elterngesprächen oder Partizipations-möglichkeiten der Familien sind zahlreiche konkrete Hilfen für schwierige Situationen im Buch zu finden - so kann Integration gelingen!

Andrea Hendrich, Dipl.-Päd., systemische Familientherapeutin, Mediatorin und Trainerin für Elterngruppen, hat langjährige Erfahrung in der Erziehungsberatung und ist Dozentin an der Caritas Don Bosco Fachakademie München. Rita Offinger-Gaube, Dipl.-Sozialpädagogin (FH), Supervisorin und Familientherapeutin (DGSF), hat langjährige Erfahrung in der Fachberatung und Fortbildung von Kitas, u.a. mit dem Schwerpunkt "interkulturelle Kompetenz".
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR24,90
E-BookPDFDRM AdobeE-Book
EUR23,99
E-BookEPUBDRM AdobeE-Book
EUR23,99

Produkt

KlappentextFamilien mit Migrationshintergrund und Fluchterfahrung gehören in vielen Kitas zum Alltag. Oft ist die Zusammenarbeit vor allem mit Eltern, die der deutschen Sprache kaum mächtig sind, schwierig. Wie damit umgehen, wenn die Vorstellungen, was Kita leisten soll, voneinander abweichen? Oder wenn die in den Familien praktizierten Erziehungsmethoden befremdlich wirken? Dieses Buch unterstützt pädagogische Fachkräfte dabei, empathisch und kultursensibel mit eingewanderten Eltern in Kontakt zu treten und eine tragfähige Erziehungspartnerschaft aufzubauen. Neben praktischen Tipps zu einer professionellen Haltung, Elterngesprächen oder Partizipations-möglichkeiten der Familien sind zahlreiche konkrete Hilfen für schwierige Situationen im Buch zu finden - so kann Integration gelingen!

Andrea Hendrich, Dipl.-Päd., systemische Familientherapeutin, Mediatorin und Trainerin für Elterngruppen, hat langjährige Erfahrung in der Erziehungsberatung und ist Dozentin an der Caritas Don Bosco Fachakademie München. Rita Offinger-Gaube, Dipl.-Sozialpädagogin (FH), Supervisorin und Familientherapeutin (DGSF), hat langjährige Erfahrung in der Fachberatung und Fortbildung von Kitas, u.a. mit dem Schwerpunkt "interkulturelle Kompetenz".
Details
Weitere ISBN/GTIN9783497610563
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisDRM Adobe
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum10.09.2018
Seiten83 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5114862
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Eltern mit unterschiedlichen Erfahrungen und Hintergründen

Hintergrund Migration

Der Begriff Migration ist in vieler Munde, nicht immer wird er eindeutig genutzt. Das Statistische Bundesamt liefert folgende Definition:


Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde (Statistisches Bundesamt 2016, 4).


Die Definition Migrationshintergrund umfasst im Einzelnen folgende Personengruppen:

1.zugewanderte und nicht zugewanderte Ausländer,

2.zugewanderte und nicht zugewanderte Eingebürgerte,

3.(Spät-)Aussiedler,

4.mit deutscher Staatsangehörigkeit geborene Nachkommen der drei zuvor genannten Gruppen (Statistisches Bundesamt 2018).


Es gibt unterschiedliche Migrationserfahrungen.


Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund erreichte in Deutschland 2016 einen neuen Höchststand. Auf Basis des Mikrozensus hatten im Jahr 2016 rund 18,6 Millionen Menschen in Deutschland einen Migrationshintergrund. Dies entsprach einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von 8,5 %. Das ist der stärkste Zuwachs seit Beginn der Messung im Jahr 2005. Der hohe Anstieg ist vor allem auf die hohe Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern einschließlich der Schutzsuchenden in den Jahren 2015 und 2016 zurückzuführen (Statistisches Bundesamt 2018).

Eltern und Familien mit Migrationshintergrund bringen somit ähnliche und doch auch individuelle Migrationserfahrung mit. Die Heimat, aus der sie ursprünglich stammen, war oftmals so anders: Landschaften, Flora und Fauna, Wetter und Jahreszeiten, die Menschen selbst. Ihre Gründe zu migrieren sind vielfältig: Viele Familien wandern aus, weil es in ihrem Herkunftsland kaum Zukunftsperspektiven gibt. Andere fliehen vor diktatorischen Systemen. Wieder andere ziehen dorthin, wo es besser bezahlte Arbeit gibt. Manche, wie beispielsweise die Spätaussiedler, kehren in das Land zurück, aus dem die Großelterngeneration kam, deren Traditionen sie in der Fremde bewahrten.

Häufig sind die Erwartungen hinsichtlich des Ankunftslandes sehr hoch und manchmal auch falsch. Einerseits vermissen viele Menschen mit Migrationshintergrund ihr altes Leben, andererseits sind sie froh, in einem Land angekommen zu sein, das Sicherheit und Auskommen gewährleistet. Manche planen, irgendwann zurückzugehen; andere können sich nicht vorstellen, ihre neue Heimat wieder zu verlassen. Manche, vor allem Ehefrauen, haben den Umzug in ein anderes Land nicht freiwillig oder gerne angetreten. Dies und vieles andere sollten pädagogische Fachkräfte wissen und sich bewusst machen, um dann im pädagogischen Alltag mehr Verständnis aufzubringen.


Kilalas Familie muss sich an ein komplett neues Leben gewöhnen, war doch der Alltag in Afrika in ihrem Dorf völlig anders: Immer war die ganze Großfamilie um sie herum, man kochte und aß gemeinsam. Das Wasser war knapp und die Frauen mussten lange laufen, um den nächsten Brunnen zu erreichen. Zu besonderen Festen malten sich die Frauen mit roter Erde an und tanzten bis in die Nacht hinein. Oft wacht Kilalas Mutter auf, weil sie von ihren Ziegen träumt und vom heißen Wind, der durch ihr Dorf zog.


Hintergrund Flucht

Nicht alle Familien kommen aus eigener Entscheidung in ein fremdes Land. Viele Familien, die seit Beginn des 21. Jahrhunderts in Europa ankamen, haben eine Flucht- oder Vertreibungserfahrung hinter sich. Einige fliehen, weil sie wegen Religion oder Rassenzugehörigkeit verfolgt werden. Einige verlassen Kriegssituationen oder Hungersnöte. Manche Familien wollen ihre Kinder in Sicherheit bringen vor Zwangsverheiratung, Beschneidung, Zwangsrekrutierung oder Kinderhandel. Meist haben diese Familien nicht nur im Herkunftsland belastende Situationen erlebt, sondern auch auf der Flucht. Dazu gehören oft Hunger und der Verlust von Familienangehörigen und auch der anderer Art - oftmals auch der Kindheit. Nicht selten sind Bezugspersonen traumatisiert (Hendrich 2016).


Der Fluchtweg von Kilalas Familie ging durch Afrika über Griechenland nach Nordeuropa. Oft mussten sie auf nackter Erde schlafen, und ebenso häufig gab es nichts zu essen. Angst vor dem nächsten Tag wechselte sich mit Hoffnung ab. Malika erlebte, wie ihre Eltern müde und verzweifelt waren. Das kann sie nicht vergessen, auch wenn sie nicht darüber spricht.


Hintergrund Sprache

Familien mit Migrationshintergrund haben fast immer eine andere Sprache als Muttersprache erlernt. In Deutschland angekommen, sind die meisten bemüht, die deutsche Sprache zu lernen, darüber aber die Herkunftssprache nicht zu vergessen. Das ist schwer, vor allem wenn Zugewanderte die eigene Sprache nur sprechen, aber nicht lesen oder schreiben können. Sehr oft gelingt es den Kindern schneller, sprachlich anzukommen. Gerade die Frauen, die im Anschluss an einen Sprachkurs nicht berufstätig sind oder nur in der eigenen kulturellen Untergruppe Kontakte haben, finden später in Deutschland kaum Anschluss an Einheimische. Dies geschieht umso mehr, wenn sie den Wunsch vor Augen haben, bald wieder ins Heimatland zurückzukehren.


Rahils Mutter spricht nur einige Brocken Deutsch. Sie hat genug damit zu tun, den Alltag der Familie zu organisieren. Sie hat einen Deutschkurs besucht, das meiste aber schon wieder vergessen. Außerdem hat sie kaum Kontakt zu deutschsprechenden Frauen, so dass sie die deutsche Sprache eigentlich im Alltag nicht benötigt.


Hintergrund Religion

Oftmals pflegen Familien mit Migrationshintergrund eine andere Religion als das katholische oder evangelische Christentum. Vor allem bringen sie folgende Religionen oder Konfessionszugehörigkeiten mit: Islam, koptisches oder orthodoxes Christentum, Judentum. Die Ausübung der Religion, die sie in der Heimat - auch unreflektiert - übernommen haben, stiftet in der Fremde Sinn und Heimat, oftmals mehr als im Herkunftsland selbst, wo andere verbindende Elemente vorhanden waren (Uslucan 2017). In der Diaspora werden dann Werte dieser Religion oft rigider bewahrt als sie aktuell im Heimatland gelebt werden. Problematisch kann dann u. U. sein, dass die eigene Religion in der neuen Heimat Anlass für Diskriminierung oder dem Gefühl von Fremdheit wird.


Elyas hat beide Staatsbürgerschaften. Er fühlt sich als Moslem besonders der Türkei und den dort lebenden Moslems verbunden. Seine Eltern pflegen ihre Religion sehr, da dies ein wichtiger Aspekt ihrer Heimat war und sie mit ihr verbindet. Elyas ist überzeugt davon, dass auch in der Türkei alle Menschen gute und strenge Muslime sind.


Hintergrund Bleibestatus

Menschen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland eine neue Heimat suchen, haben nicht immer einen gesicherten Bleibestatus. Je nachdem, ob und aus welchen Gründen sie Asyl oder Aufenthaltstitel beantragen, finden sie in Deutschland Arbeit und Sicherheit oder eben nicht. Entsprechend erhalten sie einen je unterschiedlichen Bleibestatus, der u. a. auch Konsequenzen für die finanzielle Unterstützung in Deutschland hat. Der Bleibestatus beeinflusst viele Bereiche:

â¢die körperliche und seelische Gesundheitsversorgung (damit verbunden therapeutische und medizinische Hilfen),

â¢das finanzielle Auskommen,

â¢das innere Ankommen in der neuen Heimat und auch

â¢den Wunsch, Werte der neuen Heimat zu übernehmen.

Solange nicht klar ist, ob eine Familie ins Heimatland zurück muss oder will, werden oft konservative Werte zum späteren Überleben in der alten Heimat gepflegt (Abdallah-Steinkopff 2015; Wogau et al. 2015).


Elyas Mutter hat ihre älteste Tochter in Deutschland so streng und restriktiv wie in der Türkei erzogen. Sie war überzeugt, nicht auf Dauer bleiben zu können und wollte ihr mit ihrer Erziehung eine Rückkehr in die Türkei ermöglichen. Hätte sie sie zu nachgiebig erzogen, wäre ein zukünftiges Leben in der Türkei für alle sehr schwer geworden. Nachbarn und Verwandte auf dem Land hätten eine solche freie Erziehung, vor allem für Mädchen, nicht verstanden.


Hintergrund Kultur und Werte

Viele migrierte Familien bringen unterschiedliche ethnische und kulturelle Hintergründe mit. Sie sind in einem anderen Land, z. T. auch auf einem anderen Kontinent aufgewachsen und mit je eigenen Gebräuchen, Sitten und Werten vertraut. So sind sie oft stärker an Verbundenheit und strengem Familiensinn orientiert als an Selbstständigkeit der einzelnen Familienmitglieder. Dies hat v. a. für die Freiheit und Rechte der Frauen und Kinder eine große Bedeutung (Schlippe et al. 2013). Von den Kindern werden Gehorsam und Respekt gegenüber den...
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Autor

Andrea Hendrich, Dipl.-Päd., systemische Familientherapeutin, Mediatorin und Trainerin für Elterngruppen, hat langjährige Erfahrung in der Erziehungsberatung und ist Dozentin an der Caritas Don Bosco Fachakademie München.Rita Offinger-Gaube, Dipl.-Sozialpädagogin (FH), Supervisorin und Familientherapeutin (DGSF), hat langjährige Erfahrung in der Fachberatung und Fortbildung von Kitas, u.a. mit dem Schwerpunkt "interkulturelle Kompetenz".