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Bernsteinsommer

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
356 Seiten
Deutsch
HarperCollinserschienen am23.03.20211. Auflage
Verlorene Erinnerungen und eine neue Liebe

Nach ihrer Ausbildung zur Konditorin hat Christina ihr eigenes Café eröffnet. Wunderschöne Aquarelle schmücken dort die Wände. Ihr Vater hat sie ihr geschenkt, doch seit er die Diagnose Alzheimer erhalten hat, malt er nicht mehr. Er verändert sich und verschwindet immer mehr in seiner eigenen Welt. Dass er trotzdem eines Tages nach seinen Malkreiden fragt, ist für Christina ein Lichtblick. Ohne Zögern macht sie sich in seinem Arbeitszimmer auf die Suche und findet dabei ein Ölgemälde, das nicht von ihrem Vater stammen kann. Trotzdem fühlt sie sich wie magisch angezogen von der lichtdurchfluteten Meerlandschaft und begibt sich bei der Suche nach dem Künstler auf eine Reise, die sie von Hanau nach Rügen und in die Vergangenheit ihrer Familie führt.


Anne Barns ist ein Pseudonym der Autorin Andrea Russo. Sie hat vor einigen Jahren ihren Beruf als Lehrerin aufgegeben, um sich ganz auf ihre Bücher konzentrieren zu können. Sie liebt Lesen, Kuchen und das Meer. Zum Schreiben zieht sie sich am liebsten auf eine Insel zurück, wenn möglich in die Nähe einer guten Bäckerei.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextVerlorene Erinnerungen und eine neue Liebe

Nach ihrer Ausbildung zur Konditorin hat Christina ihr eigenes Café eröffnet. Wunderschöne Aquarelle schmücken dort die Wände. Ihr Vater hat sie ihr geschenkt, doch seit er die Diagnose Alzheimer erhalten hat, malt er nicht mehr. Er verändert sich und verschwindet immer mehr in seiner eigenen Welt. Dass er trotzdem eines Tages nach seinen Malkreiden fragt, ist für Christina ein Lichtblick. Ohne Zögern macht sie sich in seinem Arbeitszimmer auf die Suche und findet dabei ein Ölgemälde, das nicht von ihrem Vater stammen kann. Trotzdem fühlt sie sich wie magisch angezogen von der lichtdurchfluteten Meerlandschaft und begibt sich bei der Suche nach dem Künstler auf eine Reise, die sie von Hanau nach Rügen und in die Vergangenheit ihrer Familie führt.


Anne Barns ist ein Pseudonym der Autorin Andrea Russo. Sie hat vor einigen Jahren ihren Beruf als Lehrerin aufgegeben, um sich ganz auf ihre Bücher konzentrieren zu können. Sie liebt Lesen, Kuchen und das Meer. Zum Schreiben zieht sie sich am liebsten auf eine Insel zurück, wenn möglich in die Nähe einer guten Bäckerei.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783749950287
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum23.03.2021
Auflage1. Auflage
Seiten356 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3375 Kbytes
Artikel-Nr.5122936
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Hiddensee, im Sommer 1917

Grete band sich das blonde Haar zu einem Zopf, griff nach ihrem Eimer und schritt, den Blick auf den Sand zu ihren Füßen gerichtet, am Spülsaum entlang. Sie war jeden Tag unterwegs gewesen, seitdem ihre Mutter ihr die Kette mit dem hübschen glatten Anhänger in der Farbe von flüssigem Honig geschenkt hatte. Das sei ein Bernstein, hatte sie ihr erklärt. Ein ganz besonderer Stein des Meeres, den man am Ufer finden könne. Aber bisher hatte Grete kein Glück gehabt. Am Ende des Tages brachte sie stets nur Kieselsteine und manchmal ein paar durch den Sand und das Meer rund geschliffene bunte Glasstücke in das Zuhause, das die Mutter stolz »unser Sommerhaus« nannte.

»Heute werde ich etwas finden«, murmelte Grete vor sich hin, ging in die Hocke und stocherte mit einem Stock zwischen Algen und Seetang herum. Als sie wieder aufsah, bemerkte sie eine sonderbar gekleidete Gestalt, die unter einem weißen Schirm in einer Ausbuchtung des Steilhangs stand. Grete blinzelte, legte eine Hand über die Augen und sah etwas genauer hin. Es war eine Frau mit einem geflochtenen Zopf. Auf ihrem Kopf saß ein weiter Schlapphut. Und sie trug Hosen! Mit kerzengeradem Rücken stand sie vor einem Gestell aus Holz, den Blick fest auf das Meer gerichtet. Neugierig ging Grete etwas näher heran und tat dabei so, als würde sie weiter den Boden absuchen. Die Frau aber schien keine Notiz von ihr zu nehmen. Auch als Grete direkt an ihr vorbeilief, beachtete die Fremde sie nicht.

Ihre Mutter hatte ihr eingebläut, jeden Menschen auf der Insel immer freundlich zu grüßen, egal ob Sommergast, Fischer, Hafenarbeiter oder Landwirt.

»Guten Tag«, murmelte Grete leise wie zu sich selbst. »Was für ein herrliches Wetter, finden Sie nicht auch?«

Sie bückte sich, um einen schwarz-weiß gesprenkelten Feuerstein aufzuheben, in dem sie ein kreisrundes Loch entdeckt hatte. Dann drehte sie um und watete am Saum der Brandung zurück. Genau auf Höhe der Frau, aber weit genug entfernt, um notfalls schnell weglaufen zu können, blieb sie stehen. Sie stellte den Eimer in den Sand, hielt den Stein gegen die Sonne und spähte mit einem Auge durch das Loch. Dann stieß sie laut in bewunderndem Ton aus: »Oh, der ist aber schön!«

Endlich nahm die Frau Notiz von ihr. »Na, komm schon her!«, rief sie. Ihre Stimme klang ungeduldig, aber nicht unfreundlich.

Grete blickte sich kurz um. Ihr Bruder Günther, der auf sie aufpassen sollte, saß mit lang ausgestreckten Beinen auf seinem Strandtuch und hielt sein Gesicht in die Sonne. Nachher ist er bestimmt rot wie ein Krebs, dachte sie. Geschah ihm recht. Sie konnte es gar nicht leiden, dass er sie immer noch wie ein Kleinkind behandelte, dabei war sie schon sechs. Aber solange er die Nase in die Sonne reckte, achtete er sowieso nicht auf sie. Entschlossen griff Grete nach ihrem Eimer und ging zu der fremden Frau hinüber.

»Wie heißt du, Kind?«

»Grete.«

»Na schön, Grete, dann tu nun bitte genau das, was du eben getan hast, als du den Stein gefunden hast.«

»Den Lochstein?«

»Genau, heb ihn hoch und schau hindurch, ich will dich dabei zeichnen.«

»Sie sind ein Maler?«, fragte Grete. Aber warum trug dieser Mann dann einen Zopf?

»Eine Malerin«, verbesserte die Frau und lachte. »Und jetzt steh still, du hast ein hübsches Profil, das möchte ich einfangen.«

Grete verstand zwar nicht, was die Dame genau damit meinte, aber stillstehen konnte sie. Das hatte sie schon oft gemusst, wenn sie Unfug angestellt hatte und Günther sie bestrafen wollte. Seit der Vater in den Krieg gezogen war, spielte er sich auf, als wäre er der Herr im Haus, obwohl er erst fünfzehn war.

»Sehr schön«, lobte die Malerin. »Gut machst du das.«

Die Sonne blendete Grete, und ihre Augen fingen an zu tränen, aber sie blieb reglos stehen und lauschte dem Kratzen des eigenartigen Stifts, mit dem die Malerin über ein Stück Papier fuhr. Erst als das Kratzen aufhörte und sie nur noch das Rauschen des Meeres hörte, wagte Grete, den Kopf etwas zur Seite zu drehen und zu der Frau zu linsen.

»Komm und sieh es dir an.«

Das ließ Grete sich nicht zweimal sagen. So schnell sie konnte lief sie zu der Malerin und stellte sich neben sie.

Was sie sah, verschlug ihr für einen Moment die Sprache. Als sie die Worte wiederfand, rief sie entzückt: »Das bin ja ich!«

»Ja, mein Kind, das bist du. Und weißt du, dass du sehr hübsch aussiehst? Du hast nicht nur ein bezauberndes Profil mit deiner kleinen Stubsnase und den vollen Lippen, sondern auch eine wundervolle Ausstrahlung. Ich glaube, du bist ein sehr nettes Mädchen. Kann das sein?«

Grete schielte nach rechts, wo Günther noch immer auf dem Strandtuch saß. »Da irren Sie sich. Mein Bruder sagt, ich bin das frechste Mädchen, das er kennt.«

Die Malerin lachte laut. »Frech ist viel besser als nett.«

»Das sieht mein Bruder anders. Der weiß immer alles besser.« Grete grinste. »Nur dass er von der Sonne eine rote Nase bekommt und heute Abend ein ganz heißes Gesicht haben wird, hat er anscheinend vergessen.«

Die Malerin lächelte sie freundlich an. »Du bist genau richtig, Kind!«

»Was ist das für ein Stift, mit dem Sie mich gemalt haben?«

»Das ist Kohle. Schau ⦫ Die Frau brach ein kleines Stück ab und reichte es ihr. »Probier es aus, schreib deinen Namen unter dein Porträt. Du kannst doch schreiben, oder? Gehst du schon zur Schule?«

Jetzt war sie doch froh, dass die Mutter sie gelehrt hatte, welche Buchstaben sie aneinanderreihen musste, um ihren Namen zu schreiben. »Zur Schule gehe ich noch nicht, aber ich kann es trotzdem.« Stolz schrieb sie mit dem Stück Kohle Grete auf das Papier.

»Das hast du gut gemacht«, sagte die Malerin. »Und? Wie gefällt dir unser Werk?«

»Es ist sehr schön!«, befand Grete ernst, fast feierlich. Dann fiel ihr Blick auf das Bild, das auf einem kleinen Hocker neben dem Holzgestell lag. Es sah ganz anders aus als die Zeichnung, die die Malerin von ihr angefertigt hatte. Lauter bunte Farben leuchteten darauf. Und es erinnerte sie ein wenig an die gerahmten Gemälde, die in ihrem richtigen Zuhause in Hanau an den Wänden hingen. Aber dieses hier war viel schöner! Es zeigte den gelb blühenden Ginsterbusch vor der weißen Kreidewand, der nur ein paar Meter entfernt wuchs, und daneben das Wasser des Meeres. Alles auf dem Bild sah sehr lebendig aus, fast hatte Grete das Gefühl, sie könnte nach dem Ginsterbusch greifen und ihn tatsächlich berühren. Wie magisch angezogen trat sie näher heran. »Das ist wunderschön.« Sie wandte den Kopf zu der Frau neben ihr. »Sie haben das Licht eingefangen.«

»Das hast du sehr gut erkannt«, erklärte die Malerin. »Ich habe das Bild mit Aquarellfarben gemalt. Sie sind besonders farbintensiv, aber auch durchlässig für Licht. Deshalb leuchten sie so.« Sie deutete auf Gretes Eimer, in dem ein brauner Glasstein in der Sonne funkelte. »So wie bei deinem Meerglas.«

Grete griff nach dem Anhänger an ihrer Kette und hielt ihn der Malerin hin. »Oder wie Bernstein, der leuchtet noch schöner.«

»Da hast du recht.« Die Frau beugte sich zu ihr herunter. »Der ist aber besonders hübsch!«

»Meine Mutter hat ihn mir geschenkt.« Sie blickte über den Strand. »Die Steine kann man hier finden, aber ich habe einfach kein Glück.«

»Mit Glück hat das nichts zu tun, Liebes, du bist einfach zur falschen Jahreszeit hier. Die Wellen spülen die Steine an Land, aber dafür muss das Wasser kalt sein, und im besten Fall sollte es vorher gestürmt haben. Wenn du dann am Strand spazieren gehst und gut aufpasst, kannst du sie finden.«

»Ach so.« Enttäuscht sah Grete in ihren Eimer.

»Aber weißt du, was das Schöne an der Malerei ist? Du kannst nicht nur Dinge auf Papier festhalten, die du vor dir siehst, sondern auch jene, die du dir wünschst und die nur in deiner Vorstellung existieren. Komm einmal her zur Staffelei, ich zeige dir, was ich meine.«

»Das Holzgestell nennt man Staffelei?«

»Ja, daran befestige ich das Papier oder die Leinwand, auf der ich male. Und jetzt pass auf.«

Sie klemmte ein weißes Blatt Papier an die Staffelei, tauchte einen Pinsel zuerst in Wasser und danach in einen Kasten mit vielen kleinen Farbblöcken.

Fasziniert verfolgte Grete, wie die Malerin einen kleinen Klecks goldbraune Farbe auf das Papier tupfte, dann den Pinsel mit klarem Wasser auswusch und an den Farbklecks auf dem Papier hielt. Dort, wo das Wasser auf die Farbe traf, verlief sie, wurde heller und durchscheinend.

»Du malst einen Bernstein!«, rief Grete aufgeregt, als sie begriff, was da vor ihren Augen entstand.

Die Malerin lachte, setzte einen Klecks neben den ersten, dann noch einen und noch einen. »So kannst du deinen Bernstein auch im Sommer bewundern.« Am Ende malte sie zwei Buchstaben rechts an den Rand des Bildes.

»EB, was bedeutet das?«

»Das sind die beiden Anfangsbuchstaben meines Namens, damit jeder weiß, dass ich das Bild gemalt habe, Elisabeth Büchsel.«

Kaum hatte die Frau dies gesagt, hörte Grete Kinderlachen, und kurz darauf rief ein Junge: »Da vorne ist sie, da ist Tante Büchsel!«

»Jetzt ist es vorbei mit der Ruhe.« Die Malerin seufzte auf, lächelte dann aber. »Hat die Bande mich also gefunden.«

Drei Inselkinder rannten über den Strand auf sie zu und an Günther vorbei, der ihnen nachsah. Auweia, dachte Grete, jetzt hat er mich entdeckt. Und richtig, im nächsten Moment stand er auch schon auf.

»Ich muss gehen«, sagte sie. »Sind Sie morgen wieder...
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