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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
224 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am14.10.2019
Für seinen Traum geht er bis ans Ende der Welt
Kinostart in Deutschland: 7.11.2019
Schach-Weltmeister Fahim Mohammad erzählt seine unglaubliche Lebensgeschichte: Er ist acht, als er Hals über Kopf mit seinem Vater aus Bangladesch fliehen muss. Sie stranden in Paris - ohne Wohnung, ohne Papiere und immer in Gefahr, abgeschoben zu werden. Doch bald schon wird seine außergewöhnliche Begabung für Schach bemerkt. Und dann kommt seinem Trainer eine Idee, die Fahims Leben die entscheidende Wendung geben könnte . . .
Mitreißend und bewegend - Die wahre Geschichte hinter dem berührenden Kinodrama mit Ahmed Assad und Gérard Depardieu in den Hauptrollen
Regie: Pierre-François Martin-Laval, Besetzung: Gérard Depardieu, Isabelle Nanty, Ahmed Assad, Mizanur Rahaman
Das Buch erschien erstmals 2015 unter dem Titel »Spiel um dein Leben, Fahim!«.

Fahim Mohammad wurde im Jahr 2000 in Bangladesch geboren und lebt heute in Frankreich.
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Produkt

KlappentextFür seinen Traum geht er bis ans Ende der Welt
Kinostart in Deutschland: 7.11.2019
Schach-Weltmeister Fahim Mohammad erzählt seine unglaubliche Lebensgeschichte: Er ist acht, als er Hals über Kopf mit seinem Vater aus Bangladesch fliehen muss. Sie stranden in Paris - ohne Wohnung, ohne Papiere und immer in Gefahr, abgeschoben zu werden. Doch bald schon wird seine außergewöhnliche Begabung für Schach bemerkt. Und dann kommt seinem Trainer eine Idee, die Fahims Leben die entscheidende Wendung geben könnte . . .
Mitreißend und bewegend - Die wahre Geschichte hinter dem berührenden Kinodrama mit Ahmed Assad und Gérard Depardieu in den Hauptrollen
Regie: Pierre-François Martin-Laval, Besetzung: Gérard Depardieu, Isabelle Nanty, Ahmed Assad, Mizanur Rahaman
Das Buch erschien erstmals 2015 unter dem Titel »Spiel um dein Leben, Fahim!«.

Fahim Mohammad wurde im Jahr 2000 in Bangladesch geboren und lebt heute in Frankreich.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641259020
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum14.10.2019
Seiten224 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1088 Kbytes
Artikel-Nr.5132093
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2
Das Leben ist schön

Ich bin seit mehr als dreißig Jahren Schachlehrer. Bevor mir Fahim begegnete und er mein Schüler wurde, hätte ich Bangladesch zumindest auf einer Weltkarte verorten können, als ein Land, das an Indien grenzt. Ich wusste auch, dass es eines der ärmsten Länder der Erde ist, aber nicht, dass die Hauptstadt Dhaka heißt und dass ständig Taifune, Zyklone und Tsunamis Bangladesch heimsuchen, weswegen es bis zum Ende des Jahrhunderts im Meer versunken sein wird, wenn wir die Erderwärmung nicht aufhalten können.

Über das Interesse an Fahim habe ich das Land entdeckt, in dem er geboren wurde und die ersten acht Jahre seines Lebens verbrachte. Eine Fläche, kleiner als Tunesien, für eine Bevölkerung, größer als die Russlands; eine Gegend, in dem jedes fünfte Kind schon hungert, bevor es auf die Welt kommt. Bevor dieser Kleine in dem Schachklub auftauchte, in dem ich Trainer bin, hätte ich Bangladesch wohl niemals mit der Schachwelt in Verbindung gebracht.

Ich habe ziemlich schnell gemerkt, dass Fahim nicht in das Bild passte, das man sich üblicherweise von Einwanderern aus der Dritten Welt macht. Er hatte in Dhaka nicht in einem Elendsviertel gelebt, war nicht in Lumpen gehüllt an staubigen Straßen entlanggeschlichen, Autos und Fahrradrikschas ausgewichen, um gleichgültigen Passanten ein paar Münzen abzubetteln. Er hat sein Land auch nicht verlassen, um der Armut zu entgehen. Im Gegenteil, seine Mittelstandsfamilie lebte zwar nicht im Überfluss, hatte aber doch ihr Auskommen.

Früher war mein Vater Feuerwehrmann. Er rettete Menschenleben. Wenn es einen Unfall gab, raste er in seinem roten Feuerwehrauto mit heulenden Sirenen los. Wenn es brannte, löschte er das Feuer. Wenn jemand am Ertrinken war, stürzte er sich in den Fluss.

Abends erzählte er uns dann, wen er gerettet hatte, welche Dramen er verhindert hatte und welche er nicht hatte verhindern können. Ich erinnere mich an die Geschichte von einem Mann, der mitten in der Nacht in seinem brennenden Haus aufwachte, und weil er so arm war, brachte er zuerst sein einziges Hab und Gut in Sicherheit - den Fernseher. Als er in das Haus zurückwollte, um seine Söhne zu retten, war es zu spät: Da stand schon alles in Flammen. Er schrie beim Anblick des brennenden Hauses, aus dem seine Kinder nicht entkommen konnten, und warf dann den Fernseher ins Feuer. Mein Vater erzählte uns auch, dass sein Chef ihn aus dem Rettungsdienst geworfen hatte, weil Papa es nicht übers Herz brachte, von einer sehr armen Frau, die in die Notaufnahme gefahren werden musste, Geld zu verlangen; sie stand kurz vor der Entbindung.

Nun war mein Vater schon alt: über vierzig und pensioniert. Er rettete keine Menschen mehr, ging aber trotzdem noch jeden Tag in die Feuerwehrkaserne - weil wir direkt nebenan wohnten, weil die Feuerwehrleute seine Freunde waren und weil er sich gern um den Garten der Kaserne kümmerte. Inzwischen hatte er auch einen neuen Beruf: Er hatte eine Autovermietung aufgemacht. Und den Rest der Zeit spielte er Schach. Zusammen mit einem Freund hatte er einen Schachklub gegründet. Am Anfang hatten sich die Leute darüber lustig gemacht, aber inzwischen taten sie das nicht mehr: Der Klub war nämlich sehr gut und weithin bekannt!

Wir waren reich. Wir wohnten in einem großen Haus mit zwei Zimmern: eines mit einem Bett für meine Schwester und mich, und das andere war das Wohnzimmer, wo in einer Ecke das Bett meiner Eltern stand. Und das Bett des Babys.

Es war ein schönes Haus, musste aber oft renoviert werden. Einmal war ein riesiges Stück Decke direkt neben mir heruntergekracht. Ich erschrak damals ganz schön. Wenn ein Zyklon kam, fürchtete ich mich. Das klang so, als würde der Wind die Mauern niederreißen. Ich war aber nicht der Einzige, der Angst hatte - die Nachbarn kamen dann immer zu uns rüber und sprachen Gebete auf Arabisch. Der Monsun dagegen brachte mich nicht aus der Ruhe. Es regnete in Strömen, das Wasser lief überall rein, und alle waren davon genervt, aber Angst machte es mir nicht. Wenn der Hof überschwemmt war, stapelten die Leute Sandsäcke, um ihn überqueren zu können, ohne nasse Füße zu bekommen. Einmal stieg das Wasser so hoch, dass es über die Eingangstufen in unser Haus drang.

Dass wir reich waren, merkte ich daran, dass mein Vater der Einzige in unserer Verwandtschaft und in unserem Viertel war, der zum Opferfest eine Kuh kaufen konnte - die anderen konnten sich nur Schafe oder Hühner leisten. Ich durfte die Kuh dann nach Hause führen, und mein Vater schlachtete sie zusammen mit einem Freund. Es war überall Blut, aber das war ich gewohnt. Ich schaute nur nicht so gern in die Augen der Kuh, wenn sie starb. Man sah, dass sie Angst hatte, und ich fragte mich, ob das bei einem Menschen genauso wäre.

Am Tag des Opferfests machten meine Eltern dann für alle Essen, für die Verwandten, die Nachbarn und die Feuerwehrleute. Meine Mutter kochte so gut, dass jeder mitessen wollte. Sie breitete dann große, bunte Tücher auf dem Boden aus, und alle Gäste setzten sich darauf. Dann konnte das Festessen losgehen. Es war köstlich!

Mir gefiel einfach alles an meinem Leben. Außer der Schule. Morgens mussten meine Eltern mich wachrütteln, erst sachte, dann fester. Wenn ich endlich aufstand, war ich schlecht gelaunt. Ich hatte keine Lust zu reden, bevor ich in der Schule ankam. Dort, mit meinen Freunden, ging es mir dann gleich viel besser.

Im ersten Schuljahr war ich an einer leichten Schule: Immer war ich der Beste. Dann meldeten mich meine Eltern an einer Privatschule an, die sehr teuer war. Ich war ein guter und gehorsamer Schüler. Na ja, mir blieb auch nichts anderes übrig. In Bangladesch sind die Lehrer sehr streng: Wer nicht mitarbeitet, bekommt Schläge mit dem Stock. Wir waren 70 in der Klasse, und alle reihum bekamen Schläge ab. Zumindest die Jungen, denn die Mädchen arbeiteten brav mit und wurden deshalb nie geschlagen. Einmal verprügelte ein Lehrer einen Jungen dermaßen, dass er eine Woche zu Hause bleiben musste, bis seine Wunden verheilt waren.

Wie alle Schüler ging ich vormittags zur Schule und lernte nachmittags mit Nachhilfelehrern. Manche in meiner Klasse tricksten: Sie nahmen Privatstunden bei den Lehrern unserer Schule und wussten deshalb immer, was sie für die Prüfungen lernen mussten. Aber die Nachhilfelehrer von mir und meiner Schwester kannten die Prüfungsfragen nicht, also machten sie mit uns die Hausaufgaben und gaben uns dann andere Übungen. Zu den Gebetsstunden behauptete ich manchmal, dass ich in die Moschee müsse, flitzte aber zum Spielen zu meinen Freunden.

Wir spielten Kricket und manchmal Badminton im Hof vor dem Haus. Dort stand ein großer Baum, dessen Zweige uns störten, aber keiner wusste, wem er gehörte; die Nachbarn stritten immer darüber, wer ihn gepflanzt hatte, und weil sie sich nicht einigen konnten, durfte keiner ihn zurückschneiden. Wenn der Baum uns zu sehr nervte, suchten wir uns einen anderen Platz zum Spielen. Als ich klein war, badeten wir gern im See. Später gingen wir selbst bei größter Hitze nicht mehr hin, denn es war dort inzwischen sehr schmutzig, und im hohen Gras gab es Schlangen. Also trieben wir uns anderswo rum: auf dem Weg hinter der Kaserne oder vor der Moschee. Einmal hatten unsere Eltern uns überall gesucht. Als mein Vater mich schließlich fand, war er so wütend, dass seine großen schwarzen Augen vor Zorn blitzten. Er befahl mir, ab sofort immer im Hof oder in der Kaserne zu bleiben.

Manchmal ging ich mit meiner Mutter und meiner Schwester ins Kino. Wir mussten anstehen, um in den brechend vollen Saal zu kommen. Immer wurden Liebesfilme gezeigt: Hopsasa, mit einem Tänzchen geht es los, und hopsasa, mit einem Tänzchen kommt das Happy End, und auch wenn zwischendurch der Held stirbt, hopsasa, taucht er am Ende - hopsasa, mit einem Tänzchen - wieder auf. Ich mochte jedenfalls lieber Zeichentrickfilme.

Meine Schwester ist vier Jahre älter als ich. Sie heißt Jhorna, das bedeutet Wasserfall. Ich stritt oft mit ihr, und das nervte meine Eltern.

»Papa hat mir das Geld gegeben, damit ich mir was zu essen kaufen kann.«

»Nein, er hat gesagt, dass wir es uns teilen sollen.«

»Das stimmt gar nicht, er hat gesagt, ich kann mir kaufen, was ich will!«

Morgens gab es immer ein Wettrennen ins Badezimmer:

»Ich will jetzt duschen.«

»Nein, ich habe gesagt, dass ich zuerst dran bin.«

»Zu spät!«

Wenn ich bei meiner Mutter petzte, bestrafte sie uns beide: »Ich habe genug von eurem Gezänk!«

Wir schrien uns zwar oft an, aber wir hatten uns sehr lieb. Auch meinen kleinen Bruder hatte ich sehr gern. Er heißt Fahad, und an dem Tag, als er zur Welt kam, wollten ihn im Krankenhaus alle in den Arm nehmen: die Mutter von meinem Vater und die Mutter von meiner Mutter, die so aussah wie die Ministerpräsidentin von Bangladesch, meine Tanten, meine Onkel, meine Cousins. Sogar ich durfte ihn halten. Ich war sehr glücklich, aber auch erstaunt, weil ich noch nie zuvor ein so kleines Baby gesehen hatte.

Ich verbrachte immer mehr Zeit mit Schachspielen. Mein Vater zeigte mir jeden Tag etwas Neues: die Züge im Voraus zu planen, Fehler zu vermeiden, den Fallen auszuweichen. Wie Stücke eines Puzzles fügte sich alles zusammen, das Chaos lichtete sich, ich kam voran, und bald bekniete ich meinen Vater, mich bei einem Turnier anzumelden - ich hatte gehört, dass die dreizehn Besten dieses Turniers Unterricht bei einem Lehrer der FIDE, dem internationalen Schachverband, gewinnen würden. Obwohl ich erst seit zwei Monaten spielte, willigte mein Vater ein.

Am Turniertag war...

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