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Kilo

von
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am14.06.2021
Kokain ist nach Marihuana die beliebteste Droge der Welt. Es steckt voller verführerischer Verheißungen, verspricht Glamour, Sex, Entfesselung - und bringt doch Gewalt und Tod mit sich. Koks ist eine Ware, die gut funktionierende Vertriebswege braucht und als Quelle unermesslichen Reichtums um jeden Preis beschützt werden muss. Die Pflückerin, der Koch im Labor, die Auftragskiller der Kartelle, die Schmugglerin, die Drogenbarone und ihre Liebhaberinnen: Sie alle sind Teil eines gewaltigen und erbarmungslosen Systems. Der amerikanische Kriegsreporter und Investigativjournalist Toby Muse war 15 Jahre lang in dieser Unterwelt unterwegs und erhielt seltene Einblicke in ihre Mechanismen. In seinem Buch vollzieht er den Weg eines Kilos Koks von seinem Anbau im kolumbianischen Dschungel bis in die Nachtclubs dieser Welt nach und enthüllt dabei eindringlich die Schicksale, die an dieser tödlichen Reise beteiligt sind. KILO ist das hochbrisante und fesselnde Porträt eines Landes und seiner Bewohner im Würgegriff des Kokains - eine unvergessliche Geschichte, die uns direkt ins dunkle Herz der »weißen Göttin« führt.

Toby Muse ist ein britisch-amerikanischer Journalist, Kriegsreporter und Dokumentarfilmer, der aus Kolumbien, Irak und Syrien berichtet hat. Er war 15 Jahre lang in den zentralen Schaltstellen der kolumbianischen Drogenkartelle unterwegs und hat für sein erstes Buch KILO mit Pflückerinnen, Kurieren, U-Boot-Piloten, Auftragskillern und Drogenbaronen gesprochen.
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Produkt

KlappentextKokain ist nach Marihuana die beliebteste Droge der Welt. Es steckt voller verführerischer Verheißungen, verspricht Glamour, Sex, Entfesselung - und bringt doch Gewalt und Tod mit sich. Koks ist eine Ware, die gut funktionierende Vertriebswege braucht und als Quelle unermesslichen Reichtums um jeden Preis beschützt werden muss. Die Pflückerin, der Koch im Labor, die Auftragskiller der Kartelle, die Schmugglerin, die Drogenbarone und ihre Liebhaberinnen: Sie alle sind Teil eines gewaltigen und erbarmungslosen Systems. Der amerikanische Kriegsreporter und Investigativjournalist Toby Muse war 15 Jahre lang in dieser Unterwelt unterwegs und erhielt seltene Einblicke in ihre Mechanismen. In seinem Buch vollzieht er den Weg eines Kilos Koks von seinem Anbau im kolumbianischen Dschungel bis in die Nachtclubs dieser Welt nach und enthüllt dabei eindringlich die Schicksale, die an dieser tödlichen Reise beteiligt sind. KILO ist das hochbrisante und fesselnde Porträt eines Landes und seiner Bewohner im Würgegriff des Kokains - eine unvergessliche Geschichte, die uns direkt ins dunkle Herz der »weißen Göttin« führt.

Toby Muse ist ein britisch-amerikanischer Journalist, Kriegsreporter und Dokumentarfilmer, der aus Kolumbien, Irak und Syrien berichtet hat. Er war 15 Jahre lang in den zentralen Schaltstellen der kolumbianischen Drogenkartelle unterwegs und hat für sein erstes Buch KILO mit Pflückerinnen, Kurieren, U-Boot-Piloten, Auftragskillern und Drogenbaronen gesprochen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641264000
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum14.06.2021
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse10642 Kbytes
Illustrationens/w Fotografien
Artikel-Nr.5143802
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


PROLOG: SEPTEMBER 2016

FRIEDEN! FRIEDEN! FRIEDEN!

Ganz gleich, wohin man kam, man stolperte über dieses Wort. Die Menschen sprachen nur noch davon, dachten an nichts anderes mehr. Dass dieses wunderbare Wort »Frieden« in aller Munde war und in den Gedanken von Männern und Frauen kreiste, die ihre AK-47 gepackt hielten und in den Augen der Welt als »Terroristen« galten ... nun, das war einfach großartig! Nach einem halben Jahrhundert standen die blutigen Kämpfe kurz vor ihrem erfreulichen Ende, und daran hatten viele von uns in Kolumbien nicht mehr geglaubt.

Und doch waren wir nun hier, zusammengekommen inmitten des kolumbianischen Nirgendwo, wo die Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (FARC), die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens, ihre zehnte Konferenz abhielten. Mehr als zweitausend Guerilleros waren, das Maschinengewehr geschultert, wochenlang über neblige Berge und durch feuchte Regenwälder marschiert. Die Kameraden sollten hier über einen Friedensvertrag mit dem kolumbianischen Staat abstimmen.

Die FARC war die größte und tödlichste Rebellen­armee Amerikas. Schlachterprobt hatte sie im längsten Aufstand der Weltgeschichte mehr als fünf Jahrzehnte gegen den kolumbianischen Staat, gegen US-Spione und Militärberater gekämpft. Ihr Ziel: eine gewaltsame Revolution zur Errichtung einer marxistisch-leninistischen Diktatur des Proletariats. Der Bürgerkrieg kostete mehr als zweihunderttausend Menschen das Leben. Und dabei waren die Rebellen vor allem von der Kokainindustrie finanziert worden.

Unterhändler der FARC hatten mit Regierungsvertretern vier Jahre lang um jedes Komma, jeden Punkt, jedes Wort eines zweihundertsiebenundneunzig Seiten umfassenden Dokuments gerungen. Das Ergebnis? Eine Blaupause für ein neues Kolumbien, eine seit Langem überfällige Friedensvereinbarung, die Investitionen in ländliche Regionen, Bildung, eine Sozialpolitik sowie den Bau von Straßen und Brücken vorsah. (Dass der Staat von brutalen Aufständischen dazu gezwungen werden musste, diese grundlegenden Dinge zuzusagen, zeigt, wie abgehängt große Teile des ländlichen Kolumbiens waren.) Im Mittelpunkt stand das Vorhaben, die Kokainindustrie zu zerstören und damit die Quelle für einen Großteil der Verwüstungen Kolumbiens trockenzulegen.

Über Jahre hinweg war die FARC eine der entscheidenden Instanzen im riesigen kolumbianischen Kokain­gewerbe. Sie machte Geschäfte mit jenen Bauern, die die Pflanzen anbauten, aber auch mit den Kartellen und Schmugglern, die das Kokain exportierten. Die Einnahmen von Hunderten Millionen Dollar nutzte sie, um ihre blutige Mission einer gewalttätigen Revolution fortzusetzen und auszuweiten. Als Gegenleistung beschützte die FARC die Felder mit den Koka­sträuchern, aus deren Blättern Kokain gewonnen wird. Die Friedensvereinbarung sollte all das beenden. Würde die FARC aus dem Kokaingeschäft aussteigen, hätte Kolumbien die einmalige Gelegenheit, Koka aus dem Land zu verbannen und das Drogenbusiness zu beenden, das Kolumbien die zurückliegenden vier Jahrzehnte beherrscht hatte.

Hunderte von Journalisten aus der ganzen Welt waren zusammengekommen, um die Entscheidung der Rebellen zu beobachten. Sollten sie dem Vertrag zustimmen, würden sie ihre Waffen niederlegen. Sie würden zu Zivilisten werden und einen Krieg beenden, den ihre Großväter begonnen hatten. Und bei einer Ablehnung? Ginge eine weitere Generation im Krieg unter.

Ich war einer dieser hoffnungsvoll angereisten Reporter und wollte zuschauen, wie meine Wahlheimat nach dem Strohhalm griff, der Frieden versprach. Ich hatte seit fünfzehn Jahren über den nicht enden wollenden Krieg der kolumbianischen Kokainindustrie berichtet und Freunde in dem Blutbad verloren. Ich hatte zu viele Menschen gesehen, die vom Kokain verführt und korrumpiert worden waren, zu viele Slum-Kinder sinnlos sterben sehen, zu viele kennengelernt, die von den Gräueltaten in den Wahnsinn getrieben worden waren. Dieser Friedensschluss, so hoffte ich, könnte der Anfang vom Ende der hiesigen Kokainindustrie sein. Und mit diesem Wunsch war ich nicht allein.

Millionen verfolgten das Geschehen mit genau denselben Erwartungen. Diese Rebellen durften uns nicht enttäuschen. Kolumbien verdiente Frieden. Wir alle spürten, dass ein historischer Augenblick bevorstand. Die ganze Welt riet uns: Nehmt euch einen Augenblick Zeit, atmet tief durch, denn vor euren Augen ereignet sich Geschichte.

Die Konferenz sollte zehn Tage dauern und wurde in der Yari-Ebene abgehalten. Die Gegend liegt nur etwa dreihundert Kilometer von der Hauptstadt entfernt, doch die Fahrt hierhin über neblige Gebirgspässe und derart schlammige Wege, dass ganze Motorräder darin versinken, dauert endlose vierundzwanzig Stunden. Die Guerilleros hatten für die Tausenden Kämpfer rund um das offene Gelände sechs Lager aufgebaut. Sie errichteten cambuches, skelettartige Holzhütten mit schwarzen Plastikplanen als Dächern. Die Betten wurden auf Stelzen gesetzt, damit in den diesigen Morgenstunden die zahllosen Schlangen auf ihrer Suche nach menschlicher Wärme nicht hineingekrochen kamen. Männer und Frauen wuschen sich gemeinsam im dunklen Wasser des kühlen Flusses.

Die Rebellenarmee stellte große Zelte auf, in denen wir nach den Debatten über den Friedensprozess abends gemeinsam Bier tranken, wobei die Rebellen dabei stets in ihren Camouflage-Uniformen und nie ohne ihre automatischen Waffen erschienen. Die Journalisten schossen Selfies mit den obersten Rebellenkommandeuren, die in Kolumbien so bekannt sind wie Popstars. Auf die Köpfe der obersten Guerillero-Riege hatte das State Department jeweils fünf Millionen Dollar ausgesetzt; US-Gerichte waren hinter vielen von ihnen wegen Kokainschmuggel und der Entführung von US-Bürgern her. Doch hier saßen sie, tranken Bier und rissen Witze, in ungebrochenem Vertrauen darauf, dass sie über diese Wildnis herrschten. Über unseren Köpfen hingen große Banner mit dem FARC-Logo: zwei gekreuzte AK-47 unter einem geöffneten Buch (womit die Entschlossenheit der Guerilleros zur gewalttätigen Revolution und die von ihnen ergriffene Bildungsinitiative symbolisiert werden sollen).

Hier ergab sich die Gelegenheit, alte Bekannte von den Schlachtfeldern wiederzutreffen. In den vergangenen Jahren hatten die Männer und Frauen der Sechsten Front der FARC Mörsergranaten auf mich und Zivilisten regnen lassen. Die Achtzehnte Front hatte mich als Ehrengast in einem Rebellenlager begrüßt, während wir Armeepatrouillen ausgewichen waren und Helikopter angegriffen hatten. Der als Kunta Kinte bekannte Guerillero hatte mir einst gesagt: »Wenn du irres Zeug erleben willst, zieh in den Krieg. Im Krieg wirst du seltsame Dinge erleben.«

Eine Guerillera setzte sich neben mich. Sie hatte große, dunkle Augen, und ihr langes schwarzes Haar quoll unter einem roten Barett mit Che-Guevara-Aufnäher hervor. Wie alle Rebellen war sie darauf trainiert, von einer Sekunde auf die andere das Feuer zu eröffnen. Die FARC gehörte zu den wenigen Rebellengruppen, die Frauen an der Front kämpfen ließen. Sie legte sich ihre AK-47 über den Schoß und nippte an einem Bier. Die Fingernägel hatte sie sich mit kleinen kolumbianischen Flaggen bemalt, rot, blau, gelb. Sie strahlte die Würde einer Guerillera aus und hielt den Kopf gerade.

»Kannst du mir sagen ... wie sich Frieden anfühlt? Wie lebt man ... im Frieden?«

Frieden! Das ist doch offensichtlich, oder etwa nicht? Er ist die Abwesenheit von Krieg. Doch dann fiel mir ein, wie es war, wenn Leute mich fragten: Wie ist es im Krieg? Krieg ist mehr als nur die Abwesenheit von Frieden.

Die Guerillera war offenbar etwa Mitte zwanzig. Sie kannte nichts anderes als Krieg; den Schrecken, den Hass, den Wahnsinn der Schlacht. In Kolumbien würden alle den Frieden lernen müssen. Hunderttausende waren in diesem Krieg gestorben, Millionen geflohen. Er hatte aus Kolumbien das Land mit den meisten Entführungen weltweit gemacht, das Land mit der schlechtesten Menschenrechtslage in der westlichen Hemisphäre. Und wofür? Für einen Krieg, in dem Ehre oder Vernunft schon lange nichts mehr zählten.

Auch das Flachland von Yari war in den Jahrzehnten des Krieges umkämpft gewesen. Soldaten, Rebellen, Todesschwadronen, Kokainkartelle: Sie alle hatten in diesem Dschungel und auf den leeren Ebenen gemordet und hier ihre Toten begraben.

Nun dröhnte jede Nacht laute Salsa-Musik von einer riesigen, halbrunden Bühne, die die Rebellen errichtet hatten. Unter blinkenden roten und blauen Lichtern tanzten wir mit ihnen. Selbst in ihren Camouflage-Uniformen und kniehohen Gummistiefeln drehten sich und wirbelten die Guerilleros elegant umher.

Die Rebellen betrachteten einander mit Augen voller Liebe und Hunger nach Sex. Wir tauften die Konferenz FARCstock. Wenig später sollte es zu einem starken Anstieg der Geburtenzahlen kommen - Friedensbabys würden sie sie nennen. Ein neues Land sollte geboren werden. Ja, natürlich würde es Probleme geben, doch die wären nur Ameisenhügel im Vergleich zu den Gipfeln, die man bereits überwunden hatte. Ein neues Gefühl erwuchs, etwas, das ich in Kolumbien noch nie erlebt hatte: Optimismus. Man plante für eine wunderschöne Zukunft. Baute auf das Gute.

Und der Friedensprozess zahlte sich bereits aus - dank des Waffenstillstands zwischen der FARC und der Regierung gingen die Todesfälle im...

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Toby Muse ist ein britisch-amerikanischer Journalist, Kriegsreporter und Dokumentarfilmer, der aus Kolumbien, Irak und Syrien berichtet hat. Er war 15 Jahre lang in den zentralen Schaltstellen der kolumbianischen Drogenkartelle unterwegs und hat für sein erstes Buch KILO mit Pflückerinnen, Kurieren, U-Boot-Piloten, Auftragskillern und Drogenbaronen gesprochen.