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Folge dem weißen Kaninchen ... in die Welt der Philosophie

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am12.10.2020
Antworten auf die großen Fragen der Philosophie - unterhaltsam und verständlich
Der Philosoph Philipp Hübl hat mit »Folge dem weißen Kaninchen« eine ebenso unterhaltsame wie verständliche Einführung in die moderne Philosophie geschrieben. Er bietet Orientierung bei den großen philosophischen Fragen: Was können wir wissen? Wie erleben wir unseren Körper? Kann man Bewusstsein wissenschaftlich erklären? Wie erhalten Worte ihre Bedeutung, und wie frei sind wir in unseren Entscheidungen? Kann man ohne Gefühle leben? Haben Träume eine Funktion? Warum ist uns Schönheit so wichtig? Gibt es Gott, und hat der Tod einen Sinn?
Der Bestseller in einer neu bearbeiteten Ausgabe.

Philipp Hübl ist Philosoph und hat Theoretische Philosophie an der RWTH Aachen, der Humboldt-Universität Berlin und als Juniorprofessor an der Universität Stuttgart gelehrt. Danach war er Gastprofessor für Philosophie und Kulturwissenschaft an der Universität der Künste Berlin. Er ist Autor des Bestsellers »Folge dem weißen Kaninchen« (2012), der Bücher »Der Untergrund des Denkens« (2015), »Bullshit-Resistenz« (2018) und »Die aufgeregte Gesellschaft« (2019) sowie von Beiträgen unter anderem in der Zeit, FAZ, taz, NZZ, Welt, FR, im Standard, Deutschlandradio und Philosophie Magazin. Hübl hat Philosophie und Sprachwissenschaft in Berlin, Berkeley, New York und Oxford studiert.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAntworten auf die großen Fragen der Philosophie - unterhaltsam und verständlich
Der Philosoph Philipp Hübl hat mit »Folge dem weißen Kaninchen« eine ebenso unterhaltsame wie verständliche Einführung in die moderne Philosophie geschrieben. Er bietet Orientierung bei den großen philosophischen Fragen: Was können wir wissen? Wie erleben wir unseren Körper? Kann man Bewusstsein wissenschaftlich erklären? Wie erhalten Worte ihre Bedeutung, und wie frei sind wir in unseren Entscheidungen? Kann man ohne Gefühle leben? Haben Träume eine Funktion? Warum ist uns Schönheit so wichtig? Gibt es Gott, und hat der Tod einen Sinn?
Der Bestseller in einer neu bearbeiteten Ausgabe.

Philipp Hübl ist Philosoph und hat Theoretische Philosophie an der RWTH Aachen, der Humboldt-Universität Berlin und als Juniorprofessor an der Universität Stuttgart gelehrt. Danach war er Gastprofessor für Philosophie und Kulturwissenschaft an der Universität der Künste Berlin. Er ist Autor des Bestsellers »Folge dem weißen Kaninchen« (2012), der Bücher »Der Untergrund des Denkens« (2015), »Bullshit-Resistenz« (2018) und »Die aufgeregte Gesellschaft« (2019) sowie von Beiträgen unter anderem in der Zeit, FAZ, taz, NZZ, Welt, FR, im Standard, Deutschlandradio und Philosophie Magazin. Hübl hat Philosophie und Sprachwissenschaft in Berlin, Berkeley, New York und Oxford studiert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641264819
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum12.10.2020
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4136 Kbytes
Artikel-Nr.5143915
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Kapitel 1

Fühlen Die Vernunft des Bauches

Wir können nicht mehr zusammen sein, sagte sie. Ich verstand überhaupt nichts. Dann weinte sie, und plötzlich verstand ich alles. Ich erschrak. Ich wollte auch weinen, doch ich konnte nicht. Ich war sprachlos ... Mir ging es schlecht, doch es fällt mir schwer, genau zu beschreiben, wie sich das anfühlte. Es war kein Schlag in die Magengrube. Aber irgendwo im Brustkorb spürte ich ein flaues Ziehen, als ob der Herzschlag für einen Augenblick aussetzt. Zuerst hoffte ich, dass sie nur einen Scherz machte, obwohl ich längst wusste, dass es keiner war. Dann wurde ich wütend. Was findet sie an dem anderen?

Therapeuten sagen, bei einem Verlust ginge man durch mehrere Phasen: Schock, Verneinung, Wut, Traurigkeit und Akzeptanz. Die letzte Phase kam nie. Am Ende blieb nur die Sehnsucht: nach ihrem Duft, ihren neugierigen Augen, ihrer Wärme. Ich war verletzt, enttäuscht und eifersüchtig: Der andere würde sie jetzt küssen.

Es gibt kein typisches Gefühl des Verlassenwerdens, aber viele Gefühle, die es auslöst: Erschrecken, Angst, Eifersucht, Enttäuschung, Sehnsucht und vor allem Traurigkeit. Unsere Gefühle packen uns schnell und unmittelbar, wir erleben sie oft heftig, und sie sind typischerweise von kurzer Dauer: Nur selten halten Wut und Freude auch lange an. Gefühle sind außerdem Widerfahrnisse: Wir können sie normalerweise nicht willentlich hervorrufen oder abschalten, sondern sie stoßen uns zu. In alten Texten heißen sie deshalb auch «Leidenschaften», weil wir sie im alten Sinne des Wortes passiv «erleiden». Natürlich lernen wir, mit unseren Gefühlen umzugehen. Wir können tief durchatmen und uns beruhigen, wenn wir die Wut in uns aufsteigen spüren, und wir können uns klarmachen, dass unsere Angst unbegründet ist. Aber das ungewollte Element bleibt. Selbst der Schauspieler, der sich vor der Kamera seine schmerzlichen Erlebnisse so in Erinnerung rufen kann, dass er wirklich traurig wird, ist in diesem Gefühl dann gefangen.

Gefühle sind seit etwa zwanzig Jahren eines der meistdiskutierten Themen in der Neurologie, Psychologie und in der Philosophie. Die wissenschaftliche Begeisterung für Gefühle entbrannte erstaunlich spät, wenn man bedenkt, wie sehr sie unser Leben bestimmen. Viele Forscher sprechen von «Emotionen» statt von «Gefühlen». Ich verwende diese Ausdrücke gleichbedeutend. Oft ist allerdings eine sprachliche Genauigkeit wichtig, weil wir uns im Deutschen mit dem Wort «Fühlen» auf mindestens drei unterschiedliche Erlebnisse beziehen: Wir fühlen die Wut in uns aufsteigen, wir fühlen uns manchmal niedergeschlagen, und wir fühlen den Grashalm an der Nasenspitze. Wut ist ein Gefühl im Sinne einer Emotion, Niedergeschlagensein ist eine Stimmung, und das Kitzeln ist eine einfache Körperempfindung.

Während wir Empfindungen wie Kitzeln, Hunger oder Schmerz direkt am Körper spüren, sind Stimmungen und Gefühle komplexer: zwar allgegenwärtig, aber schwer zu fassen. Stimmungen wie Unbehagen oder Gereiztheit unterscheidet man traditionell von Gefühlen, denn Gefühle haben einen direkten Bezug zu ihrer Ursache: Wir sind eifersüchtig auf andere oder freuen uns über die Sonnenblumen. Man kann nicht einfach so eifersüchtig sein oder sich einfach so ärgern. Bei Stimmungen ist das anders: Wir können den ganzen Tag niedergeschlagen oder nach dem Sport beschwingt sein, ohne dass uns die Ursache präsent ist.

Stellen Sie sich vor, der schlechterzogene Dobermann des Nachbarn steht plötzlich ohne seinen Maulkorb knurrend vor Ihnen. Dann werden Sie das vermutlich typischste aller Gefühle erleben: Angst. Einige Philosophen konstruieren zwischen den Wörtern «Angst» und «Furcht» einen künstlichen Unterschied, aber in unserer Alltagssprache gibt es keinen, allenfalls dass «Furcht» etwas altertümlich klingt. Angst hat wie alle anderen Gefühle mindestens fünf typische Eigenschaften. Erstens den erwähnten Bezug: Man hat immer Angst vor etwas, zum Beispiel vor dem Hund. Zweitens eine automatische Einschätzung der Situation: Die Angst lässt den Hund gefährlich erscheinen. Drittens ein Erleben: Angst empfinden wir anders als etwa Zorn oder Freude. Viertens einen spezifischen Gesichtsausdruck: Unsere Augen weiten sich, die Lippen strecken sich geradlinig zu den Ohren, und das Kinn wandert zum Hals. Fünftens eine Handlungsvorbereitung: Adrenalin flutet das Hirn und erhöht unsere Aufmerksamkeit, Blut fließt in die Beine und bereitet uns auf die Flucht vor, und natürlich entsteht in uns auch der Drang, tatsächlich wegzulaufen.

Wer Angst und andere Gefühle mit einer Theorie erklären will, muss zwei wichtige Fragen beantworten. Erstens: «Was ist wesentlich für Gefühle?» Wesentlich ist ein Merkmal dann, wenn es nicht fehlen darf. Denken wir noch einmal an den Dobermann: Damit ein Tier ein Hund ist, muss es ein bestimmtes Genom haben. Das Genom ist für das Hundsein wesentlich. Die Anzahl der Beine ist nicht wesentlich: Ein dreibeiniger Hund ist immer noch ein Hund. Die Farbe des Fells ist auch nicht wesentlich. Man kann zum Beispiel einen Pudel rosa färben. Damit nimmt man dem Pudel nicht seinen Kern.

Auf Gefühle bezogen, lautet die Frage also: Welche der fünf Charakteristika dürfen nicht fehlen, damit ein Zustand ein Gefühl ist? Als sich meine Freundin von mir getrennt hat, war ich traurig. Was ist wesentlich für dieses Erlebnis? Die Körpertheorien sagen: Wesentlich ist eine Form von Körpererleben. Keine Traurigkeit ohne Tränen oder einen Kloß im Hals. Die kognitiven Theorien, also die Gedankentheorien, sagen: Gefühle haben immer etwas mit einer Interpretation oder Beurteilung zu tun. Keine Traurigkeit ohne das Wissen, dass man etwas verloren hat, zum Beispiel eine Partnerschaft oder auch die Großeltern. Die Mischtheorien sagen: Gefühle sind aus mehreren Elementen zusammengesetzt. Man kann Gefühlstheorien gut in diese drei Gruppen einteilen.

Die zweite Frage lautet: «Welche Funktion haben Gefühle?» Bei Angst scheint die Funktion offensichtlich zu sein: Vorbereitung und Motivation zur Flucht. Bei meiner Traurigkeit war das nicht so offensichtlich. Sie hat mich gelähmt, aber es ist schwer zu sagen, ob sie mich dadurch auf etwas vorbereitet hat.
Unsichtbare Schlangen und körperliche Alarmglocken

Doch zuerst zu den Theorien: Charles Darwin, der Begründer der Evolutionstheorie, beobachtete um 1870, dass Affen bei Überraschung die Brauen hochziehen und die Augen aufreißen. Dadurch vergrößert sich ihr Sichtfeld, sodass sie besser auf Beute oder Gefahr reagieren können. Ein klarer Überlebensvorteil. Wenn Katzen Angst haben, machen sie einen Buckel. Dadurch erscheinen sie größer. Auch das kann in der Evolution ein Vorteil gewesen sein, denn es mag Angreifer abgeschreckt haben. Nun könnte man meinen, dass Darwin auch die menschlichen Emotionen untersucht hat. Immerhin haben wir die gleichen wie andere Säugetiere und noch einige, die bei Tieren nicht vorkommen, zum Beispiel Scham oder Neid. Überraschenderweise hielt er den Ausdruck menschlicher Gefühle jedoch weitgehend für funktionslose Überbleibsel der Evolution. Eine Gefühlstheorie für Menschen entwickelte Darwin nicht. Dennoch kann er als ein früher Körpertheoretiker gelten, denn ihm zufolge sind Gefühle am Körper ablesbare Verhaltensmuster.

Die erste ausgearbeitete Körpertheorie begründeten zwei Wissenschaftler um 1900 unabhängig voneinander, nämlich der amerikanische Psychologe William James und sein dänischer Kollege Carl Georg Lange. Der James-Lange-Theorie zufolge sind Gefühle Wahrnehmungen von Körpervorgängen. Das klingt zunächst wenig überraschend, hat aber eine paradoxe Pointe: Laut James zittern wir nicht, weil wir Angst haben, sondern wir haben Angst, weil wir zittern. Wir weinen nicht, weil wir traurig sind, sondern wir sind traurig, weil wir weinen. Die Wahrnehmung der Körpervorgänge geht dem Gefühl nicht voran, sondern die Wahrnehmung ist das Gefühl. James lädt uns zu einem Gedankenexperiment ein: Wenn man alle Körpererlebnisse von der Angst wegnähme, bliebe nur ein blasser Gedankenrest übrig, der nichts mit dem Gefühl zu tun hat. Ein einfaches psychologisches Experiment scheint diesen Ansatz zu belegen. Setzen Sie sich einmal hin, und verziehen Sie Ihr Gesicht zu einem Lachen. Nach einiger Zeit werden Sie dann wirklich fröhlich. Inzwischen gibt es Seminare für Lach-Yoga, in denen die Teilnehmer den schmunzelnden Löwen oder den kichernden Pinguin imitieren und am Ende freudestrahlend nach Hause gehen. Diesen Effekt kann man so auslegen, als sei Freude nichts anderes als die Wahrnehmung der veränderten Gesichtsmuskulatur.

Dennoch hat die Theorie einen Haken: Sie sagt voraus, dass ein vermindertes Körpererleben zu einem verminderten Gefühlserleben führt. Sie ist also widerlegt, wenn Menschen ohne Körperempfindungen dennoch Gefühle haben. Dieses Problem hat schon James gesehen. Einige Querschnittsgelähmte klagen zwar, dass ihr emotionales Leben nach den Unfällen ärmer geworden sei. Aber das gilt nicht für alle. Ein...
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