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Pablo Picasso

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
192 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am19.05.20201. Auflage
Pablo Picasso (1881-1973) war ein schöpferisches Genie, das die Formensprache der modernen Kunst maßgeblich erneuert und geprägt hat. «Jedes neue Werk von Picasso entsetzt das Publikum, bis das Erstaunen sich in Bewunderung verwandelt», schrieb ein Kunsthändler schon 1936. Dieses Buch geht dem Mythos Picasso nach, erläutert exemplarisch seine Arbeitsweise und beschreibt anschaulich seine wichtigsten Lebens- und Werkphasen. Das Bildmaterial der Printausgabe ist in diesem E-Book nicht enthalten.

Wilfried Wiegand, Dr. phil., Dr. phil. h. c., wurde 1937 in Berlin geboren. Er war Journalist und Kunsthistoriker mit den Forschungsschwerpunkten Kunstgeschichte der Fotografie und Theorie und Praxis der Kunstkritik. Er arbeitete als Redakteur für die «Die Welt», den «SPIEGEL» und die «Frankfurter Allgemeine Zeitung», deren Feuilletonredaktion er von 1986 bis 1996 leitete. Seit 2003 Lehrauftrag am Institut für Kunst- und Musikwissenschaft, seit 2008 Professor für Kunstgeschichte der Moderne an der Technischen Universität Dresden. Der Autor starb 2020 in Berlin. Veröffentlichungen zu Picasso (1973, rowohlts monographien, rm 50205, 21. Aufl. 2008, als Ebook seit 2020), der Ästhetik Andy Warhols (1972, mit Rainer Crone) und zur Geschichte der Fotografie.
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Produkt

KlappentextPablo Picasso (1881-1973) war ein schöpferisches Genie, das die Formensprache der modernen Kunst maßgeblich erneuert und geprägt hat. «Jedes neue Werk von Picasso entsetzt das Publikum, bis das Erstaunen sich in Bewunderung verwandelt», schrieb ein Kunsthändler schon 1936. Dieses Buch geht dem Mythos Picasso nach, erläutert exemplarisch seine Arbeitsweise und beschreibt anschaulich seine wichtigsten Lebens- und Werkphasen. Das Bildmaterial der Printausgabe ist in diesem E-Book nicht enthalten.

Wilfried Wiegand, Dr. phil., Dr. phil. h. c., wurde 1937 in Berlin geboren. Er war Journalist und Kunsthistoriker mit den Forschungsschwerpunkten Kunstgeschichte der Fotografie und Theorie und Praxis der Kunstkritik. Er arbeitete als Redakteur für die «Die Welt», den «SPIEGEL» und die «Frankfurter Allgemeine Zeitung», deren Feuilletonredaktion er von 1986 bis 1996 leitete. Seit 2003 Lehrauftrag am Institut für Kunst- und Musikwissenschaft, seit 2008 Professor für Kunstgeschichte der Moderne an der Technischen Universität Dresden. Der Autor starb 2020 in Berlin. Veröffentlichungen zu Picasso (1973, rowohlts monographien, rm 50205, 21. Aufl. 2008, als Ebook seit 2020), der Ästhetik Andy Warhols (1972, mit Rainer Crone) und zur Geschichte der Fotografie.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644008007
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum19.05.2020
Auflage1. Auflage
Seiten192 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5156334
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Paris


«Eines der grauenerregendsten Schauspiele von der Welt ist zweifellos der Anblick der Pariser Bevölkerung in ihrer Gesamtheit: dies Volk ist furchtbar anzuschauen, abgezehrt, gelb, zermürbt.»

Honoré de Balzac[36]


Picasso hatte am Montparnasse wohnen wollen. «Denn hier», schrieb damals der deutsche Kunstschriftsteller Wilhelm Uhde, «ist das Reich der bildenden Künstler. Nicht der großen anerkannten, sondern aller derer, die statt Erfolg Hoffnungen, statt Geld Fleiß haben. Es ist eine Stadt für sich. In jedem Haus findet man Ateliers, und es gibt viele Gebäude, die nur aus solchen bestehen. Direkt von der Straße tritt man durch die simple Tür in den schmucklosen Raum, an dessen getünchten Wänden ein paar Skizzen hängen. Ein Bett, das sich am Tage in einen Diwan verwandelt, und die Staffelei sind die einzigen wesentlichen Gegenstände. Die hier wohnen, wissen von dem glänzenden Paris, das am andern Ufer der Seine sich breitet, wenig [...].»[37] Picasso traf in Paris den Maler Nonell, der am Montmartre ein Atelier besaß. Und Nonell schlug dem fast mittellosen jungen Kollegen vor, sein Atelier in der Rue Gabrielle Nr. 49 vorübergehend zu übernehmen. Picasso folgte dem Rat und teilte den Raum mit den Freunden Pallarés und Casagemas. Am Montmartre hatte im 19. Jahrhundert eine ganze Reihe von Künstlern gelebt und gearbeitet, aber die Bedeutung Montmartres war im Schwinden. Zwar war auch «[...] der Norden der Stadt ein großes Atelier. Montmartre! [...] Und doch ist Montmartre tot», da es «für die Pariser immer mehr das wird, was St. Pauli für die Hamburger ist».[38]

Picasso kam nach Paris, als dort die große Weltausstellung des Jahres 1900 veranstaltet wurde, wo im spanischen Pavillon sogar ein Werk von ihm zu sehen war. Zahlreiche Prunkbauten waren eigens für die Ausstellung errichtet worden, und mit ihren fünfzig Millionen Besuchern in sieben Monaten war sie ein touristisches Großereignis. Aber Picasso konnte auf Schritt und Tritt auch einem weniger glanzvollen Paris begegnen, denn Paris, schreibt Uhde, «[...] ist noch anders. Es ist die angstvolle Nacht in engen Gassen, in denen die ganz kleinen und schmalen Hotels dicht nebeneinander liegen. [...] In diesen trüben Stuben ist nicht die Lust, sondern die Verzweiflung, die stöhnt, und dieses Stöhnen dringt nächtlich aus vielen Tausenden von Kehlen an niedrige Decken. [...] Inzwischen ist es dunkel in den Gassen. Nur in den kleinen Patisserien ist Licht. Da sitzen einige Damen in auffallender Kleidung, die Boa um den Hals, und trinken Milchkaffee. Es ist gegen zwei Uhr morgens. Wer auf den Straßen noch etwas erleben will, muß nach den Hallen gehen. [...] Auch hier sind Hotels. Wir öffnen die Tür und treten ein. Eine Luft, die unseren Magen belegt, schlägt uns entgegen. Ein Mensch leuchtet uns mit einer Kerze. Da sehen wir ein ungefüges Durcheinander von Männern, die an hölzernen Tischen schlafen.»[39]

Das erste Bild, das Picasso nach eigener Aussage[40] in Paris gemalt hat, ist das Ölgemälde des Moulin de la Galette, jenes Ballhauses auf dem Montmartre, das auch die Impressionisten und Vincent van Gogh gemalt hatten. Das Bild ist eine Verbeugung vor Toulouse-Lautrec. Picasso hat die virtuose Linienführung seines Vorbilds freilich in ein zähflüssiges Ornament verwandelt, aus dem maskenhaft einige grell beschienene Gesichter von Tanzenden hervorleuchten; der Einfluss des norwegischen Jugendstil-Künstlers Edvard Munch ist spürbar. Picassos Satz: In Paris begriff ich, was für ein großer Maler Lautrec war[41], bedeutet gewiss, dass er erst in Paris genügend Originale von Lautrec studieren konnte, aber es könnte zugleich bedeuten, dass Picasso erst durch das Erlebnis der Stadt Paris begriffen hat, welche Leistung Lautrec als Chronist seiner Umwelt vollbracht hat.

Picasso hat seine erste Zeit in Paris als eine Befreiung empfunden, wie es die Änderung seiner Signatur erkennen lässt. Sie hatte zuvor «P. (oder auch: Pablo) Ruiz Picasso» gelautet und wurde nun in «P. (oder: Pablo) R. Picasso» geändert: So wurde der väterliche Anteil im Namen getilgt - Symbol einer inneren Loslösung.

Weihnachten 1900 verließ Picasso das Atelier Nonells, um nach Barcelona zurückzufahren. Eine Freundespflicht machte diese Reise notwendig, denn Casagemas war aus Liebeskummer zum Trinker geworden und hatte wiederholt Selbstmordabsichten geäußert. Picasso fuhr mit dem Freund nach Hause, blieb jedoch nur knapp eine Woche in Barcelona und reiste mit ihm nach Málaga weiter. Als er keine Hilfe mehr für nötig hielt, ließ er ihn in Málaga zurück und fuhr nach Madrid.

Hier versuchte Picasso mit neuem Elan eine Karriere. Die Signatur wurde noch im Januar 1900 endgültig in die Kurzformel «Picasso» geändert, und im März erschien das erste von insgesamt fünf Heften einer neuen Zeitschrift namens «Arte Joven» [Junge Kunst], die der katalanische Schriftsteller Francisco de Assis Soler herausgab und für deren Illustrationen Picasso verantwortlich war. Die dort von ihm veröffentlichten Zeichnungen erinnern an den Jugendstil seiner frühen spanischen Zeit, nur dass Picasso jetzt gelegentlich einige Pariser Motive im Hintergrund andeutet. Noch im März musste die Zeitschrift ihr Erscheinen einstellen. Im letzten Heft wurde zwar eine Nachfolgerin angekündigt, aber sie ist nie erschienen. Inzwischen hatte Picasso auch die Nachricht erhalten, dass Casagemas, der über Barcelona nach Paris zurückgefahren war, dort im Februar Selbstmord begangen hatte. Picasso verließ Madrid und kehrte nach Barcelona zurück. Und hier konnte er im Juni 1901 endlich einen Erfolg verbuchen.

Die Herausgeber der Zeitschrift «Pèl y Ploma» veranstalteten im wichtigsten Galerieraum der Stadt eine Ausstellung mit Pastellen von Picasso, die überwiegend während seines Paris-Aufenthalts entstanden waren. Die Straßen- und Cafészenen, von denen einige die Pariser Bildgattung in spanisches Milieu übertrugen, fanden in einer Rezension Anerkennung, die der mit Picasso befreundete Kritiker Miguel Utrillo unter Pseudonym in der Juni-Nummer von «Pèl y Ploma» erscheinen ließ. «Aus dieser Kunst», schrieb er, «tritt sogar die Schönheit des Schrecklichen mit der Nüchternheit dessen hervor, der zeichnet, weil er hinsieht und nicht, weil er Nasen auswendig malen kann.» Utrillo schrieb weiter, Picasso habe im Kreise seiner Freunde den Spitznamen «kleiner Goya» erhalten und schloss: «Wir hoffen, daß die äußere Erscheinung nicht lügt, und unser Gefühl sagt uns, daß wir recht haben werden.»[42]

Schon Mitte Juni 1901 brach Picasso erneut nach Paris auf, diesmal endlich in der Gewissheit, auch finanziell vom Elternhaus unabhängig zu sein. Denn Pedro Manyac, ein junger Katalane, der in Paris lebte, hatte Picasso einen mit monatlich 150 Francs dotierten Exklusivvertrag angeboten und wahrscheinlich auch das Zustandekommen der schon bald darauf bei Ambroise Vollard stattfindenden Ausstellung versprochen. Zusammen mit dem Freund Jaime Andreu Bonsons, der Picasso diesmal begleitet hatte, bezog er eine Atelierwohnung auf dem Boulevard de Clichy, die Manyac gemietet hatte - nur zwei Häuser entfernt vom Café «L´Hippodrome», in dem Casagemas sich vor vier Monaten das Leben genommen hatte.

Picasso wohnte also immer noch am Montmartre, was jetzt freilich den Vorteil hatte, dass die Galerie von Ambroise Vollard in der Rue Laffitte Nr. 6 nicht allzu entfernt war. Für die junge Kunst war Vollard die erste Adresse. «Das damalige Paris», schreibt Uhde später in seinen Erinnerungen, «war einfach und klar, nicht vollgestopft mit verwirrenden Dingen. Man wußte, wohin man zu gehen hatte, wenn man schöne Bilder sehen wollte. Durand-Ruel, Vollard, Bernheim Jeune waren in der Rue Laffitte, Paul Rosenberg und Hessel in der Avenue de l´Opéra, Druet im Faubourg St.-Honoré. Dann gab es noch drei oder vier kleine Galerien. Das war alles.»[43] Vollard hat später beschrieben, wie er Picasso vor der Ausstellung kennengelernt hat: «Um das Jahr 1901 suchte mich ein junger, mit ausgesuchter Eleganz gekleideter Spanier auf [...] Knapp neunzehn oder zwanzig Jahre alt, hatte er schon einige hundert Bilder gemalt, die er mir für eine Ausstellung brachte.»[44]

An der Ausstellung war noch ein anderer spanischer Künstler, der folkloristische Maler Francisco Hurrino, beteiligt. Von Picasso wurden etwa siebzig meist in Öl gemalte Bilder ausgestellt und bemerkenswert viele verkauft. Und wenn der finanzielle Erfolg sich auch in Grenzen hielt, brachte die Ausstellung doch viel persönliche Anerkennung. So wünschte der Dichter Max Jacob, nachdem er Picassos Bilder gesehen hatte, den Künstler kennenzulernen, sie wurden Freunde. Kurz danach lernte Picasso auch den Schriftsteller André Salmon kennen, der ebenfalls durch die Vollard-Ausstellung auf ihn aufmerksam geworden war. Picasso hatte begonnen, junge französische Intellektuelle für sich zu interessieren. Ein Freundeskreis, der dem in den «4 Gats» in Barcelona vergleichbar war, begann zu entstehen.

Die beiden Kritiken, die zu dieser Ausstellung erschienen sind, waren ablehnend. Félicien Fagus bemerkte tadelnd den Einfluss von «Delacroix, Manet [...], Monet, van Gogh, Pissarro, Toulouse-Lautrec, Degas, Forain, vielleicht auch Rops», sah allerdings trotz dieser zahlreichen Abhängigkeiten positive Ansätze in einer «gewissen jugendlich bewegten Spontaneität»[45]. Abfälliger...
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