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Emerick

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am30.11.20201
Für die junge Jasna ist Lastage House die Chance, ein neues Leben zu beginnen: Professor Leopold hat sie als Assistentin unter seine Fittiche genommen. Gemeinsam betreuen sie Kinder und Jugendliche, deren Leben aus den Fugen geraten ist. An einem von ihnen beißt Jasna sich allerdings die Zähne aus: Emerick ist nicht nur faszinierend, wie der Professor schwärmt, sondern sieht die Welt auf seine ganz eigene Weise. Als Jasnas Schützling, die kleine Lia, unerklärlicherweise ins Koma fällt, bietet Emerick seine Hilfe an. Damit beginnt die Jagd auf einen geheimnisvollen Schatten, und Jasna stellt fest, dass es in Lastage House nicht nur verrückt zugeht, sondern vor allem magisch ...

Tanja Heitmann ist Literaturagentin und Autorin. Schon als Kind waren Bücher ihre große Leidenschaft, später stand sie selbst mit ihrem Debüt »Morgenrot« monatelang auf den Bestsellerlisten. Seitdem veröffentlichte sie erfolgreich zahlreiche Romane, viele davon in der Phantastik. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Norddeutschland, wo sie ein altes Reetdachhaus mit Monsterspinnen und streunenden Katzen teilt.
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Produkt

KlappentextFür die junge Jasna ist Lastage House die Chance, ein neues Leben zu beginnen: Professor Leopold hat sie als Assistentin unter seine Fittiche genommen. Gemeinsam betreuen sie Kinder und Jugendliche, deren Leben aus den Fugen geraten ist. An einem von ihnen beißt Jasna sich allerdings die Zähne aus: Emerick ist nicht nur faszinierend, wie der Professor schwärmt, sondern sieht die Welt auf seine ganz eigene Weise. Als Jasnas Schützling, die kleine Lia, unerklärlicherweise ins Koma fällt, bietet Emerick seine Hilfe an. Damit beginnt die Jagd auf einen geheimnisvollen Schatten, und Jasna stellt fest, dass es in Lastage House nicht nur verrückt zugeht, sondern vor allem magisch ...

Tanja Heitmann ist Literaturagentin und Autorin. Schon als Kind waren Bücher ihre große Leidenschaft, später stand sie selbst mit ihrem Debüt »Morgenrot« monatelang auf den Bestsellerlisten. Seitdem veröffentlichte sie erfolgreich zahlreiche Romane, viele davon in der Phantastik. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Norddeutschland, wo sie ein altes Reetdachhaus mit Monsterspinnen und streunenden Katzen teilt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492997690
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum30.11.2020
Auflage1
SpracheDeutsch
Dateigrösse4141 Kbytes
Artikel-Nr.5157572
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1 Glitzer

»Keiner von euch Drecksäuen packt mich an. Habt ihr das verstanden? Kein einziger! Ich weiß genau, was ich durchs Fenster gesehen habe! Da waren lauter geflügelte Monster, und sie waren von einer solchen Dunkelheit erfüllt, dass sie sich sogar vorm schwarzen Himmel abgezeichnet haben. Und das sage ich verflucht noch mal nicht, weil ich scheißverrückt bin. Es ist die Wahrheit, und deshalb verpisst euch!«

Jasna stoppte mitten im Lauf, als das Gebrüll sie wie ein Vorbote der Apokalypse traf. Ausgerechnet jetzt, dachte sie. Das war wohl die Strafe dafür, dass sie über Station 7 abkürzte, anstatt den offiziellen, aber umständlichen Weg durchs Hinterhaus zu nehmen. Und natürlich war es auch ein Denkzettel dafür, dass sie mal wieder viel zu spät dran war, Zeit vorm Spiegel verplempert hatte. Ihr war allerdings nichts anderes übrig geblieben. Die zu Tode erschöpfte Gestalt, die sie aus tief in Schatten liegenden Augen angestarrt hatte, wollte einfach nicht hinter einer extra Schicht Make-up verschwinden. Und Professor Leopold entging nichts, schon gar nicht Assistentinnen, die wie Zombies aussahen. Er würde nachfragen - und sie wollte ihm auf keinen Fall davon erzählen, dass sie mit Herzrasen und Atemnot im Bett gelegen und an die Decke gestarrt hatte, in der festen Überzeugung, etwas war gekommen, um sie zu holen.

Dem Gebrüll nach zu urteilen, hatte Jasna nicht als Einzige eine schlimme Nacht hinter sich.

»Zur Hölle mit euch!«, schmetterte es in einer Lautstärke, dass der bröckelige Stuck von der Decke rieselte. Lastage House war alt - und die ewige Feuchtigkeit gab dem Gemäuer den Rest. »Ich werde jeden einzelnen von euch Ärschen in Stücke zerreißen und auf den Fetzen rumtrampeln, bis sie mit diesem widerlichen Plüschteppich verschmolzen sind.«

»Da ist jemand nicht nur stinksauer, sondern auch noch kreativ«, murmelte Jasna. »Eine vielversprechende Mischung.«

Vorsichtig spähte sie um die Ecke. Dabei ahnte sie bereits, wer im Hauptflur einen Auftritt der besonderen Art hinlegte. Trotzdem schockte sie der Anblick der spindeldürren Vigga, die gerade einem jungen Pfleger namens Morton einen Kinnhaken verpasste - und zwar so heftig, dass Morton, obwohl er bestimmt das Doppelte an Kampfgewicht auf die Waage brachte, gegen die Wand prallte. Die wellige Rosentapete, an der er Halt suchte, rutschte mit ihm zu Boden.

Wie es aussah, war Morton nicht Viggas erstes Opfer. Eine Pflegerin, deren Name Jasna auf die Schnelle nicht einfiel, betastete tiefe Kratzspuren an ihrer Wange, während sie aus einem Sicherheitsabstand auf das Mädchen in der beigen Stationskluft einredete. Ihr kraftloses »Psst, Mäuschen, ist doch alles gut« ging in Viggas übernatürlich lautem Gefluche unter.

Der dritte Pfleger im Bund schlich sich unterdessen von hinten an Vigga heran, vermutlich wollte er sie in den Schwitzkasten nehmen. Der Idiot hatte offenbar nicht die geringste Ahnung, dass Vigga auch hinten Augen hatte.

Jasna wollte dem Pfleger eine Warnung zurufen, doch es war bereits zu spät.

Vigga rammte dem Mann ihren Ellbogen in den Solarplexus. Während der Pfleger sich vor Schmerzen krümmte, fuhr sie herum und prügelte wie von Sinnen auf ihn ein, bis er endgültig in die Knie ging.

Dabei sah an dem Mädchen mit den buschig abstehenden Haaren nichts nach einer Kämpferin aus. Vigga war nur durchschnittlich groß und so dürre, dass sich Venen und Muskeln unter ihrer Haut abzeichneten. Ihr Gesicht wirkte viel älter als das einer Achtzehnjährigen, besonders wenn sie stundenlang reglos dasaß und ins Leere starrte - was sie meistens tat. Deshalb hätte Vigga eigentlich auch auf Station 4 in die Abteilung der »Lebenden Toten« gehört. So nannten sie die jugendlichen Patienten, die sich von einem Leben in ihrem Körper verabschiedet hatten, meist, nachdem ihnen etwas Schreckliches zugestoßen war. Bei Vigga war es jedoch etwas anders, sie hatte nämlich immer wieder mal einen ihrer berüchtigten Aussetzer, bei denen sie übernatürliche Kräfte entwickelte und verdammt sauer werden konnte, wenn ihr jemand in die Quere kam.

So wie jetzt.

»Was stehst du hier rum und glotzt? Raus aus der Gefahrenzone, und zwar sofort!«, knurrte eine Männerstimme hinter Jasna.

Schuldbewusst zuckte sie zusammen. Das Spektakel hatte sie so sehr gefesselt, dass sie tatsächlich ihre Rückendeckung vergessen hatte.

Ein Pfleger, der wegen seiner massiven Schutzkleidung wie ein Tigerdompteur aussah, polterte an ihr vorbei, ein Paar Nylonfesseln schwangen in seiner Hand. Als ob die tobende Vigga ihn nah genug an sich ranlassen würde, damit er ihr Fesseln anlegen konnte. Bei der Frau half höchstens ein Betäubungsschuss aus sicherer Deckung.

»Angriff bringt nichts«, rief Jasna dem Pfleger zu, der sich in Position brachte. »Wir müssen sie ablenken.«

Der Pfleger schnaufte. »Die Zeit der Samthandschuhe ist vorbei, das kleine Miststück hat schon genug Unheil angerichtet.«

»Wenn Vigga in diesem Zustand ist, kann sie zwischen Freund und Feind nicht mehr unterscheiden.«

»Das ist gut, denn ich bin nicht ihr Freund.« Mit diesen Worten stürmte der Pfleger los.

Abwartend lehnte Jasna sich hinter der Ecke gegen die kaltfeuchte Wand, um das anbahnende Unheil nicht mit ansehen zu müssen. Stattdessen lauschte sie dem Kampfgeschrei, das schlagartig abbrach. Dann ertönte ein Knacken, das fies nach einem zerbrechenden Holzstück klang, wobei es sich wohl eher um einen Knochen handelte. Darauf folgte Gewimmer, das vermutlich von dem Tigerdompteur stammte, denn Vigga startete bereits ihre nächste Schimpftirade darüber, dass der Nachthimmel voller Monster sei - und wer etwas anderes behauptete, könnte was erleben.

Jasna öffnete ihre Tasche und checkte ihre Uhr, die im Seitenfach steckte. Mittlerweile war sie schon neun Minuten zu spät. Mistmistmist. Notgedrungen gab sie ihren Platz an der Wand auf und rückte ihre Tasche zurecht, die an einem Riemen quer über ihrer Brust hing. Dann trat sie auf den Hauptflur, auf dem sich inzwischen drei Pfleger vor Schmerzen krümmten. Besonders den Nylonfessel-Mann hatte es hart erwischt, seine Schutzkleidung hatte auf Vigga allem Anschein nach wie ein rotes Tuch auf einen Stier im Zerstörungsmodus gewirkt.

Die Pflegerin mit dem zerkratzten Gesicht entdeckte Jasna als Erste, während Vigga zu sehr damit beschäftigt war, ihre ungebrochen brodelnde Wut an einer eh schon morschen Tür auszulassen.

»Du ⦠Mädchen«, sagte die Pflegerin, die sich hinter einer Kommode in Sicherheit gebracht hatte. »Geh und hol Unterstützung.«

Ich bin heute Morgen wohl nicht die Einzige mit einer Findungsstörung, was Namen anbelangt, stellte Jasna fest. »Ich mache Meldung, wenn ich auf dem Weg nach unten jemanden treffen sollte. Aber jetzt muss ich weiter, Professor Leopold erwartet mich.« Mit zügigen, aber betont lässigen Schritten eilte sie durch den Hauptflur, der in früheren Zeiten bestimmt prächtig ausgesehen hatte mit der Seidentapete an den Wänden und den Schirmlampen. Doch nun sah man vor lauter Schimmel kaum noch das Rosenmuster der Tapete, und von der einstigen Lampenpracht kündeten auf dieser Stationsebene bloß noch lose Kabel, die aus der Wand raushingen.

Selbst als Vigga sie ins Visier nahm, behielt Jasna ihr Tempo bei. Obwohl die Hände des Mädchens blutig waren von ihrer Wüterei, ballte sie sie zu Fäusten. Allem Anschein nach reichte es bei Vigga noch für eine weitere Runde.

»Ich sehe dich«, knurrte Vigga, um dann zu schreien: »Genau wie ich diese geflügelte Brut gesehen habe, wie sie über Lastage House geflogen ist. Ich sehe alles, verdammt noch mal!«

»Da bin ich aber beruhigt«, sagte Jasna. »Wenn du mich siehst, kannst du mir ja aus dem Weg gehen, ich habe es nämlich eilig.«

Vigga blinzelte irritiert, dann entschied sie, dass es sich um eine Herausforderung zum Kampf handelte. Ihr Verstand war unter der Turbohitze ihrer Wut anscheinend auf die Größe eines Stierhirns eingeschmolzen.

Begleitet von einem Getöse aus Verwünschungen stürzte Vigga sich auf Jasna, die stocksteif dastand und dem Angriff erst in letzter Sekunde auswich. Dabei stolperte sie über den benommenen Morton, der sich gerade aufrappeln wollte. Er ging sofort wieder zu Boden, als ihr Knie ihn an der Schläfe traf. Jasna hingegen fing sich, kam zum Stehen und nestelte am Verschluss ihrer Tasche herum.

»Willst du mich für dumm verkaufen? Drehst mir den Rücken zu und glaubst, ich merke nicht, dass du was im Schilde führst«, knurrte Vigga, vielleicht zehn Schritte entfernt. »Aber klar, du hast was vor, wie die anderen. Versuch s ruhig, ich werde es dir schon zeigen!«

Jasna sparte sich eine Antwort, sondern griff in ihre Tasche und fand als Erstes ihre Uhr, die fleißig mit jeder verstreichenden Sekunde tickerte. Innerlich seufzend tastete Jasna weiter.

»Du bist genauso verdreht wie die anderen Arschlöcher hier«, klagte Vigga hinter Jasnas Rücken. »Ihr glaubt, ich weiß nicht, was hier gespielt wird, dass wir alle es nicht wissen. Dabei wisst ihr nix! Gar nichts! Ihr seid blind!« Ihr Gezeter war nun schon deutlich näher als zehn Schritte, wahrscheinlich war der Abstand auf sieben oder eher sechs Schritte geschrumpft, während Vigga sich in ihre Tobsucht immer mehr reinsteigerte.

Die extra Schicht Make-up hätte ich mir sparen können, dachte Jasna, als ihr der Schweiß ausbrach. Der ganze Kleister würde ihr übers Gesicht rinnen und die tiefen Schatten unter ihren Augen freilegen. Dann würde sie Professor Leopold nicht nur erklären müssen, warum sie sich nach ihrem Gespräch über die Wichtigkeit, als seine Assistentin stets überpünktlich zu sein, verspätet hatte, sondern auch, warum sie aussah wie eine Mondsüchtige.

Gut drei Schritte von...
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Tanja Heitmann ist Literaturagentin und Autorin. Schon als Kind waren Bücher ihre große Leidenschaft, später stand sie selbst mit ihrem Debüt »Morgenrot« monatelang auf den Bestsellerlisten. Seitdem veröffentlichte sie erfolgreich zahlreiche Romane, viele davon in der Phantastik. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Norddeutschland, wo sie ein altes Reetdachhaus mit Monsterspinnen und streunenden Katzen teilt.
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