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Die große Pause

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
Graefe und Unzer Verlagerschienen am07.10.2020
'Wenn die Welt ein Intensivbett wäre, wollte ich Bastian Bielendorfer als Pfleger. Klug, empathisch, witzig. Unsere Zeit braucht Bücher wie dieses.' Micky Beisenherz Mit genügend Humor wird alles leichter. Bastian Bielendorfer dokumentiert deshalb vom ersten Tag an, durch welche Absurditäten sich unser Leben seit dem Beginn des Corona-Wahnsinns verändert hat. Innerhalb weniger Stunden wird die Hausärztin zur Seuchen-Expertin, der Postbote zum Hochrisikoarbeiter, die Klorolle zum Luxusgut. Und Bastis Zuhause mutiert zur Zwangs-WG mit Frau, Mops und Schwiegermutter. Nach ein paar Tagen im Horror-Hausarrest erklärt Basti der Corona-Angst den Krieg, bügelt entschlossen seine Jogginghose und beginnt mit seinen schriftstellerischen Aufräumarbeiten in einer Welt, die nie wieder so sein wird wie zuvor. 'Bielendorfer schreibt über die Apokalypse und es ist genauso lustig, wie die Bücher zuvor, nämlich: sehr! Vermutlich kann er gar nicht anders.' Torsten Sträter

Bastian Bielendorfer ist Stand-up-Comedian, TV-Host, Podcaster, Diplompsychologe und Lehrerkind. Für den WDR talkt er in 'Bielendorfer!' mit ausgewählten Gästen, auf ProSieben ist er neben Elton als Co-Host der Prime-Time-Live-Show 'Alle gegen einen' zu sehen. Mit seiner Solo-Comedy-Show 'Lustig, aber wahr!' tourt er von München bis Flensburg.
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Produkt

Klappentext'Wenn die Welt ein Intensivbett wäre, wollte ich Bastian Bielendorfer als Pfleger. Klug, empathisch, witzig. Unsere Zeit braucht Bücher wie dieses.' Micky Beisenherz Mit genügend Humor wird alles leichter. Bastian Bielendorfer dokumentiert deshalb vom ersten Tag an, durch welche Absurditäten sich unser Leben seit dem Beginn des Corona-Wahnsinns verändert hat. Innerhalb weniger Stunden wird die Hausärztin zur Seuchen-Expertin, der Postbote zum Hochrisikoarbeiter, die Klorolle zum Luxusgut. Und Bastis Zuhause mutiert zur Zwangs-WG mit Frau, Mops und Schwiegermutter. Nach ein paar Tagen im Horror-Hausarrest erklärt Basti der Corona-Angst den Krieg, bügelt entschlossen seine Jogginghose und beginnt mit seinen schriftstellerischen Aufräumarbeiten in einer Welt, die nie wieder so sein wird wie zuvor. 'Bielendorfer schreibt über die Apokalypse und es ist genauso lustig, wie die Bücher zuvor, nämlich: sehr! Vermutlich kann er gar nicht anders.' Torsten Sträter

Bastian Bielendorfer ist Stand-up-Comedian, TV-Host, Podcaster, Diplompsychologe und Lehrerkind. Für den WDR talkt er in 'Bielendorfer!' mit ausgewählten Gästen, auf ProSieben ist er neben Elton als Co-Host der Prime-Time-Live-Show 'Alle gegen einen' zu sehen. Mit seiner Solo-Comedy-Show 'Lustig, aber wahr!' tourt er von München bis Flensburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783833877575
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum07.10.2020
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse22055 Kbytes
Artikel-Nr.5167931
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Hinweis zur OptimierungImpressumProlog: Nuhr der AnfangBerlin Berlin. Liebes TagebuchMärz 2020April 2020Mai 2020Nachtrag: Einen Tag später, 20.05.2020Juni 2020Epilog: Der leere StuhlDer Autormehr
Leseprobe




IN VIDEO VERITAS

Meine Oma hätte gesagt: Der Russe kommt . Diesmal jedoch nicht in Form des plündernden Ivans, wie er in Schauermärchen der Kriegsgeneration meiner Großeltern dargestellt wurde, sondern einfach als Luftzug.

Es ist plötzlich wieder kalt. Nach frühsommerlichen Tagen, an denen der Kölner bereits auf jedem freien Quadratmeter Parkrasen angegrillt hätte. Wenn denn so was wie öffentliches Leben noch existieren würde.

Der Radiosprecher berichtet, dass sehr kalte, reine Luftmassen aus Russland nach Deutschland schwappen und in den nächsten Tagen zu Nachtfrost führen werden.

Die Bild titelt, dass uns die Russenkälte jetzt gegen das Virus helfen soll. Letzte Woche war es noch die Hitze, bei der die Viren angeblich nicht überleben können und deshalb austrocknen, jetzt ist es Kälte. Nicht, dass die Bild-Zeitung jemals eine verlässliche Quelle für irgendetwas jenseits des Gemütszustands von Ballermannsängern gewesen wäre, trotzdem ist dieses komplette Umschwenken der Berichterstattung in den Medien in Bezug auf Details zu Corona sehr irritierend.

Erst sind Masken nicht notwendig, dann auf einmal doch. Ibuprofen soll die Erkrankung verschlimmern, dann doch wieder nicht, dann doch. Und obendrein soll die Wetterlage, egal ob kalt oder warm, dem Virus Schaden zufügen.

So oder so, Quarantäne ist schöner, wenn das Wetter gut ist, so hat man zumindest eine Ahnung von den warmen Freuden eines Frühsommers, die einem entgehen. In NRW gilt nun auch die Kontaktsperre - was für das gesellige Gemüt der Kölner, die am liebsten 365 Tage im Jahr als Darth-Vader Karneval feiern würden, der Höchststrafe gleichkommt.

Als ich Otto um 11 Uhr das erste Mal vor die Haustür zerre, schaut mich der Hund verunsichert an. Wo gestern noch eine warme Luftmasse von der Straßenbahn vor unserer Tür durch die Häuserschluchten geschoben wurde, herrscht jetzt plötzlich eisige Kälte.

Otto geht schnurstracks zu der Laterne gegenüber unserem Hauseingang, dreht sich zweimal im Kreis und kackt direkt an den Masten.

Als ich die Tüte heraushole, um seine Hinterlassenschaft aufzuheben, sitzt der Hund bereits wieder in unserem Hauseingang und mustert mich irritiert. Was genau ich mit seiner Notdurft anstellen will, erschließt sich ihm auch nach vielen Jahren gemeinsamer Gassi-Routine offensichtlich nicht.

Der Spaziergang ist hiermit beendet, auch auf mehrmaliges, flehendes Bitten bewegt sich der Hund keinen Zentimeter mehr vorwärts.

Wenn Otto wirklich mit dem Wolf verwandt sein sollte, dann aber nur als Schwippschwager vierten Grades. Dieser Hund ist so bequem - wenn ich ihn bei Regen einfach über die Balkonbrüstung halten würde, würde er wahrscheinlich ohne zu zögern aus dem vierten Stock kacken, nur um wenige Augenblicke später wieder seinen Platz auf der Couch einnehmen zu können.

Aber selbst der wird ihm gerade streitig gemacht, weil meine Schwiegermutter mit einem Handstaubsauger die Sitzpolster absaugt. Seit gefühlt drei Stunden. Der Handstaubsauger meiner Schwiegermutter ist das Exkalibur der Hausfrau. Sie hütet das Gerät wie ihren Augapfel und zieht ihn in den unwahrscheinlichsten Momenten heraus, um die Welt und unsere Wohnung von Wollmäusen und Staubpartikeln zu befreien. Selbstverständlich hat sie ihn auch zu uns mitgebracht.

Letztens tauchte sie, als ich am Esstisch saß und ein Stück Kuchen aß, plötzlich wie ein Ninja im Windschatten auf und staubsaugte in einer Kreisbewegung an meiner Tellerkante entlang. Ich war schon froh, dass sie währenddessen nicht auch Beachte mich nicht, ich bin gar nicht da brüllte. Wäre auch schwierig, denn ihr Sauger ist im Gegensatz zum Schwert eines Samurai eine recht laute Waffe.

Nadja ist seit ein paar Tagen in Kurzarbeit und macht Home Office, weshalb sie das kleine Arbeitszimmer, das ich als letztes Refugium toxischer Männlichkeit mit Nippes wie Sammeleditionen von Videospielen und Deadpool-Figuren verziert habe, dauerhaft in Beschlag genommen hat. Nadja braucht für ihre Arbeit als Grafikerin einen potenten Rechner - weshalb mein Gamer-PC nun voller pinker Post-it-Zettel ist und ich mich ihm nicht mehr nähern darf. Unser Gedankenaustausch darüber, warum sie nicht einfach ihren iMac von der Arbeit mit nach Hause genommen hat, wurde von meiner Frau mit dem Argument Ich bin doch nicht bescheuert beendet. Ihre Fähigkeit zum Diskurs bewegt sich manchmal auf dem Level eines Diktators.

Der Umstand, dass bundesweit plötzlich Home Office Normalität geworden ist, obwohl viele Arbeitgeber seit Jahren behaupten, reibungslose Arbeitsabläufe könnten nur gewährleistet werden, wenn alle Mitarbeiter im Büro sind, beweist einmal mehr: Alles geht, wenn es muss.

Dies hat auch zu einer plötzlichen Renaissance von Videokonferenzen geführt, eine Spielart der Kommunikation, die man eigentlich nur aus schlechten Hollywoodfilmen kennt. Der Videoanruf hatte sich bisher nicht durchgesetzt. Es musste erst eine weltweite Pandemie kommen, damit plötzlich Webcams bei Amazon ausverkauft sind und jeder die Namen Skype, Zoom und Team-Meeting kennt.

Das Problem ist, wenn plötzlich alle eine Technologie nutzen, geht sie aufgrund des Ansturms schnell in die Knie. Weltweit sitzen Arbeitnehmer in (nicht sichtbaren) Unterhosen an ihrem Küchentisch und schauen ihrem ebenfalls in (nicht sichtbaren) Unterhosen dasitzenden Chef dabei zu, wie er, aufgrund schlechter Internetverbindung, über den Bildschirm ruckelt, während sie heucheln, alle Anweisungen verstanden zu haben.

Mein Versuch, auf dem Boden kriechend mein Handyladekabel aus meinem von Nadja in Beschlag genommenen Arbeitszimmer zu evakuieren, führte dazu, dass in ihrer Videokonferenz plötzlich ein wackelnder Hügel aus Gepunktetem im Bild auftauchte. Bei genauerem Hinschauen konnte man diesen Hügel als meinen Hintern in Boxershorts identifizieren. Ich hatte diesen wohl aufgrund mangelnder Athletik beim Kriechen ins Bild gehalten. Wenigstens habe ich nicht Beachtet mich gar nicht, ich bin gar nicht da! gerufen.

Das Vordringen der Arbeit ins Private hat Vor- und Nachteile. Bereits nach wenigen Wochen des Zuhausebleibens sind die Feinstaubwerte in den Innenstädten deutlich gesunken. Selbst die Tauben auf den Straßen können ihre Todessehnsucht nicht mehr mit dem Feierabendverkehr ausfechten, indem sie so lange auf der Fahrbahn sitzen bleiben, bis ein herankommender Wagen sie fast zermalmt. Wie haben es diese Tiere bloß geschafft, als Gewinner aus der Lotterie der Evolution hervorzugehen?

Ein gravierender Nachteil der neuen Home-Office-Welt ist bei unseren Freunden Anja und Robert zu bestaunen, die in einem Architekturbüro arbeiten. Als wir uns gestern per Videoanruf auf ein Bier getroffen haben, war ihr halbes Wohnzimmer mit weißen Tüchern verdeckt, als würden sie gerade die Sixtinische Kapelle renovieren. Wir dachten erst, sie wollten ihre unordentliche Wohnung vor uns verbergen, es verhielt sich jedoch anders. Anja erläuterte, dass sie zur mentalen Abgrenzung ihren Arbeitsplatz, also den Computer und die Modelle, an denen sie derzeit sitzen, verhüllten, damit ihr Privatleben nicht unter dem ständigen Anblick der Arbeit leidet.

Ob es wirklich hilft, seine eigenen vier Wände zur Lakenausstellung des dänischen Bettenlagers umzufunktionieren, damit die Arbeit sich nicht ins Private frisst, darf allerdings bezweifelt werden.

Einer der Nachteile des Autorendaseins ist, dass man gar kein wirkliches Arbeitsgerät hat. Im weitesten Sinne ist die Werkbank der Kopf - und den abends in ein Tuch einzuschlagen, um das Privatleben vom Arbeitsdasein abzugrenzen, scheint selbst mir keine praktikable Lösung zu sein.

Ich habe Nadja nun bereits die vierte Videokonferenzsoftware auf ihrem iPad installiert, da die Führungsetage ihrer Firma mit keiner bisherigen Lösung zufrieden war. Entweder war das Bild zu schlecht, der Ton zu undeutlich oder die Datenschutzrichtlinien des Anbieters so undurchsichtig, dass man das Meeting theoretisch gleich halten könnte, indem man Geschäftsgeheimnisse per Megafon aus dem offenen Bürofenster brüllt.

Die Wahrheit, die weder Nadja noch ihre Arbeitgeber einsehen wollen, ist die, dass Videokonferenzen mit mehr als vier Teilnehmern so effektiv sind wie ein Gespräch in einem Bus voller Menschen, in dem sich alle Gesprächsteilnehmer abwechselnd Ohren und Mund zuhalten und sich ständig unterbrechen.

Was hingegen erstaunlich gut klappt, sind virtuelle Treffen mit Freunden. Interessanterweise aber auch nicht bei allen Freundschaften. Wir haben die letzten Tage fast jeden Abend Freunde per Facetime in unser Wohnzimmer geschaltet, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Es scheint ein bisschen am Grundgerüst der jeweiligen Freundschaft zu liegen, ob es auch per Videocall funktioniert, die gleiche Vertrautheit herzustellen, die persönliche Treffen sonst erzeugen.

Bei guten Freunden, die ein Baby haben, schreit dieses mit der Zielsicherheit einer Cruise Missile in dem Moment los, in dem die Verbindung zustande kommt, der Rest des Gesprächs ist dann davon geprägt, dass der Vater mit dem Kind im unscharfen Hintergrund umherläuft, während man so leise wie möglich versucht, mit der Mutter Privates auszutauschen. Die Mutter flüstert aber dann irgendwann nur noch, sodass man meinen könnte, man sei Teilnehmer eines Volkshochschulkurses im Lippenlesen.

Bei Freundinnen, die sich in einer lebenslangen Sinnkrise befinden, kommt man sich eher vor, als hätte man das psychotherapeutische Betreuungsangebot der Krankenkassen um die Videocall-Therapie erweitert. Mit unserer gemeinsamen Freundin Susan funktioniert so ein Videocall beispielsweise...




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Autor

Bastian Bielendorfer ist Stand-up-Comedian, TV-Host, Podcaster, Diplompsychologe und Lehrerkind. Für den WDR talkt er in "Bielendorfer!" mit ausgewählten Gästen, auf ProSieben ist er neben Elton als Co-Host der Prime-Time-Live-Show "Alle gegen einen" zu sehen. Mit seiner Solo-Comedy-Show "Lustig, aber wahr!" tourt er von München bis Flensburg live, mehr unter www.bastianbielendorfer.de