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Die Dirigentin

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
336 Seiten
Deutsch
Atlantik Verlagerschienen am05.08.2020
New York, 1926: Für Antonia Brico gibt es nur die Musik. Unermüdlich übt sie an dem alten Klavier, das ihr Vater, ein Müllmann, auf der Straße gefunden hat. Ihr großer Traum: Dirigentin zu werden. Doch noch nie hat eine Frau in dieser Rolle auf der Bühne stehen dürfen. Als sie sich als junge Frau zu einem Konzert ihres Idols Willem Mengelberg schleicht, und sich auf einem Klappstuhl in den Mittelgang setzt, wird sie herausgeworfen und verliert dabei auch noch ihren Job im Konzerthaus. Sie steht vor dem Nichts. Doch sie gibt nicht auf und reist nach Europa, um für ihren Traum zu kämpfen. Sie verlässt sogar ihre große Liebe Frank, um nicht in dessen Schatten zu stehen. Unermüdlich klopft sie an die Türen der großen Musiker. Karl Muck, der legendäre Dirigent in Berlin, zerreißt vor ihren Augen ihr Empfehlungsschreiben. Antonia sieht letztlich nur einen Weg: Ein Orchester nur mit Frauen, von ihr selbst dirigiert. Mit dem Eröffnungskonzert ist klar: Es wird Antonia befreien - und die Musikwelt für immer verändern.

Maria Peters, geboren 1958, ist Autorin, Drehbuchschreiberin und Regisseurin. Für ihre Filme wurde sie bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Antonia Bricos Leben hat sie so fasziniert, dass sie sowohl ein Buch als auch einen Film daraus machte. Sie lebt mit ihrem Mann, einem Filmproduzenten, in Amsterdam.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
HörbuchCD-ROM
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextNew York, 1926: Für Antonia Brico gibt es nur die Musik. Unermüdlich übt sie an dem alten Klavier, das ihr Vater, ein Müllmann, auf der Straße gefunden hat. Ihr großer Traum: Dirigentin zu werden. Doch noch nie hat eine Frau in dieser Rolle auf der Bühne stehen dürfen. Als sie sich als junge Frau zu einem Konzert ihres Idols Willem Mengelberg schleicht, und sich auf einem Klappstuhl in den Mittelgang setzt, wird sie herausgeworfen und verliert dabei auch noch ihren Job im Konzerthaus. Sie steht vor dem Nichts. Doch sie gibt nicht auf und reist nach Europa, um für ihren Traum zu kämpfen. Sie verlässt sogar ihre große Liebe Frank, um nicht in dessen Schatten zu stehen. Unermüdlich klopft sie an die Türen der großen Musiker. Karl Muck, der legendäre Dirigent in Berlin, zerreißt vor ihren Augen ihr Empfehlungsschreiben. Antonia sieht letztlich nur einen Weg: Ein Orchester nur mit Frauen, von ihr selbst dirigiert. Mit dem Eröffnungskonzert ist klar: Es wird Antonia befreien - und die Musikwelt für immer verändern.

Maria Peters, geboren 1958, ist Autorin, Drehbuchschreiberin und Regisseurin. Für ihre Filme wurde sie bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Antonia Bricos Leben hat sie so fasziniert, dass sie sowohl ein Buch als auch einen Film daraus machte. Sie lebt mit ihrem Mann, einem Filmproduzenten, in Amsterdam.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783455010114
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum05.08.2020
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1361 Kbytes
Artikel-Nr.5167974
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
CoverTitelseiteWidmungMotto1 New York, 1926234567891011 Long Island121314 New York15161718192021222324 New York, 1927252627 Long Island - New York28 Amsterdam29 Long Island30 Amsterdam - Nimwegen31 Nimwegen32 Amsterdam33 Hamburg34 Long Island - New York35 Berlin363738 Berlin, 192939 New York40 Berlin41 Berlin, 19304243 Long Island44 New York, 1933454647484950 New York, 193451525354555657 Long Island5859 New York60~ Nachwort ~~ Dank ~~ Quellen ~BiographienImpressummehr
Leseprobe


~ Willy ~
2


Kurz stehen meine Finger still über den Tasten der Schreibmaschine, und ich schaue auf die große Uhr an der Wand. Noch eine Viertelstunde, dann darf ich gehen. Ich kann es gar nicht erwarten, denn heute dirigiert Mengelberg.

Als ich die sechzig Frauen sehe, die in meiner Abteilung arbeiten, werde ich nervös. Schaffe ich es, als Erste bei der Stechuhr zu sein? Meine Tasche steht gepackt unter dem Tisch, ich muss nur noch diesen einen Brief beenden. Ich beobachte, wie meine Chefin durch die Reihen läuft. Ich konzentriere mich wieder auf die Arbeit und lasse die Finger über die Tasten rasen. Sie soll bloß nicht auf die Idee kommen, ich wäre schon fertig. Aber ich habe Pech. Sie bleibt genau vor meinem Tisch stehen.

»Könntest du kurz einen Test beaufsichtigen?«, fragt sie.

Verflixt und zugenäht, warum sucht sie immer mich für solche Sachen aus? Aber ich antworte natürlich beflissen: »Jetzt?«

»Genau, jetzt.«

Sie winkt zwei wartende Bewerberinnen herbei.

Widerwillig stehe ich auf. Mit meiner Chefin diskutiert man nicht. Sie ist eine typische alte Jungfer, die mit ihrer Arbeit verheiratet ist. Ich habe mir gelegentlich ausgemalt, wie sie wohl ihre Abende verbringt. Aber im Laufe der zwei Jahre, die ich mittlerweile hier an der Maschine sitze, habe ich es aufgegeben, mir darüber Gedanken zu machen. Die Einsamkeit steht ihr ins Gesicht geschrieben; es ist klar, dass sie mutterseelenallein auf der Welt ist. Sie überspielt das recht gut, indem sie sich auf die Arbeit stürzt.

Hinter ihrem Rücken nennen die Schreibkräfte sie den Pitbull, weil sie nie zurückweicht, aber ich beteilige mich nicht daran. Ich finde es unfair, Frauen so bloßzustellen. Würde man einen Mann so bezeichnen, als Pitbull? Oder gar als Furie oder Zimtzicke? Das ist eher unwahrscheinlich. Männer werden auch nicht alte Hexe, Schreckschraube oder Miststück genannt. Ich kenne einige Männer hier auf der Arbeit, die schlimmer sind als unsere Chefin, die nie auch nur einen Zentimeter nachgeben, aber die bekommen keinen bescheuerten Spitznamen.

Für den Boss ist sie natürlich Gold wert. Es gibt Gerüchte, dass sie einmal eine Affäre hatten, aber soweit ich weiß, ist der Kerl ein grundsolider Ehemann; ich kann mir die beiden einfach nicht zusammen vorstellen.

Während die Chefin weitergeht, präsentieren sich mir die Bewerberinnen. Ihre Namen vergesse ich sofort wieder. Die eine Frau ist um die vierzig und macht einen strengen Eindruck. Ihr dunkles Haar ist straff zu einem Dutt zurückgebunden, außerdem trägt sie eine Brille. Unter ihrem Arm klemmt eine Zeitung.

Ich nehme meinen Brief aus der Maschine, gebe ihr ein leeres Blatt und deute auf den Stuhl. Als sie sich hinsetzt, legt sie die Zeitung neben sich ab. Mein Blick bleibt an einem Artikel hängen, in dem das Konzert von Mengelberg ankündigt wird. Sie hat sofort einen Pluspunkt bei mir, allerdings habe ich hier nichts zu entscheiden.

Die andere Frau schätze ich zehn Jahre jünger. Sie hat diese merkwürdig dünnen, unnatürlich hochgezogenen Augenbrauen. Ihre Brüste stechen für meinen Geschmack etwas zu deutlich unter ihrem engen Pullover heraus, und sie kann keinen Schritt auf ihren hohen Absätzen machen, ohne anzüglich mit dem Hintern zu wackeln. Warum sie in solch einem großen Bogen zu dem freien Tisch neben mir laufen muss, ist mir schleierhaft - denn weit und breit ist kein Mann zu entdecken.

Die Aufgabe, die ich ihnen stelle, ist einfach. Sie müssen nur einen Brief abtippen. »Sie haben zehn Minuten«, sage ich kurz vor dem Startzeichen. Ich drücke die Stoppuhr. Die Sekunden verrinnen, genauso wie auf der Wanduhr.

Mir fällt sofort auf, dass die strenge Bewerberin blind und unglaublich schnell tippt, schneller, als ich es je zuvor gesehen habe. Vermutlich sind das mehr als dreihundert Anschläge pro Minute. Was für ein Kontrast zu der koketten Dame, die sich offensichtlich Sorgen um ihre zu langen, rot lackierten Nägel macht. Wenn sie hundert schafft, ist das schon viel. Ich betrachte ihr platinblondes Haar. Ich kann den Blick nicht von dem unvorteilhaften dunklen Haaransatz abwenden. Was muss sie wohl alles für diese Frisur opfern und erleiden, finanziell, aber auch körperlich?

Das Zeichen zum Büroschluss ertönt, und rundum brechen die Kolleginnen auf. Nur die Chefin thront ungerührt auf ihrem Podest. Sie muss erst noch die Briefe korrigieren, die die Schreibkräfte bei ihr abgeben.

»Halt«, rufe ich nach zehn viel zu langen Minuten. Ich reiße das Papier aus den Maschinen und renne durch das mittlerweile leere Büro zur Chefin. In meiner Eile stoße ich gegen den Schreibtisch. Eine Thermoskanne fällt um. Ungläubig schaut die Chefin auf den kalten Kaffee, der über die Papiere schwappt. Ich versuche das Ganze abzutupfen, aber das macht alles nur noch schlimmer. Sie schaut mich verärgert an, als ich ihr die beiden Briefe überreiche.

Sie braucht nicht lange.

»Von wem ist dieser?« Sie hält den kürzeren Brief in die Höhe und beobachtet die beiden näher kommenden Frauen prüfend.

»Von mir«, antwortet die kokette Dame.

»Geschwindigkeit zu langsam, Nägel zu lang, zu viele Fehler. Und Sie â¦«, sie hält jetzt den langen Text hoch: »Flotte Finger, kurze Nägel, null Fehler.«

Die Brillenträgerin freut sich über die Komplimente, aber dann kommt es: »Morgen können Sie anfangen«, wendet sich die Chefin ausdrücklich an die jüngere Frau.

Was war das? Die strenge Bewerberin blickt bestürzt von der Chefin zu ihrer Konkurrentin, die mit ihren unterwürfigen Dankesäußerungen gar nicht aufhören kann. Ich senke beschämt die Augen und vergesse fast, dass ich schon längst weg sein sollte, so sehr tut sie mir leid.

»Ich verstehe das nicht«, sagt sie zu meiner Chefin, als die neue Mitarbeiterin - nicht ohne das obligatorische Hüftwackeln - die Abteilung verlässt.

»Sie denken vielleicht, dass wir die Besten haben wollen«, erläutert die Chefin ihre Entscheidung. »Aber mein Vorgesetzter will hier keine weiblichen Angestellten, die er nicht attraktiv findet, und ich kann niemanden gebrauchen, der mir Konkurrenz macht.«

Aufgebracht geht die unterlegene Bewerberin, und ich mache Anstalten, ihr zu folgen. Aber die Chefin hebt demonstrativ den Stapel tropfender Briefe hoch. Ich würde viel darum geben, wenn ich aus diesem Albtraum einfach aufwachen könnte; allerdings ist er noch nicht vorbei.

Wie besessen tippe ich, um die nass gewordenen Dokumente zu ersetzen. Neben mir liegt die Zeitung, die die strenge Bewerberin liegen gelassen hat. Die Porträtaufnahme von Mengelberg starrt mich an. Ich greife nach der Zeitung und springe auf. Mir reicht es jetzt.

»Bist du schon fertig?«, fragt die Chefin von ihrem Podest herunter erstaunt durch den Raum. Sie sitzt etwa zwanzig Meter entfernt.

Gerade jetzt lobe ich mir diesen Abstand: »Nein, aber ich muss zu einem Konzert.«

»Das muss fertig werden!«

Ich fange an zu rennen. »Morgen!«

Hinter meinem Rücken wird sie lauter: »Wenn du jetzt abhaust, bist du entlassen!«

Ich bleibe wie erstarrt stehen und denke über diese Drohung nach. Damit ich etwas Zeit gewinne, drehe ich mich ganz langsam um.

»Wie gut, dass Sie gerade eine so flotte Schreibkraft eingestellt haben.« Und dann renne ich durch die Abteilung. Zum Glück kann ich die Stechuhr jetzt links liegen lassen.

Frag nicht, wie ich das geschafft habe. Rücksichtslos muss ich Fußgänger zur Seite geschubst haben, die mir im Weg waren, und auch rote Ampeln waren mir egal. Zwischen hupenden Autos bin ich ohne Rücksicht auf Verluste auf die Straße gesprungen. Ich bin gerannt, gerannt, gerannt - als würde mein Leben davon abhängen. Das Erste, was ich wieder bewusst wahrgenommen habe, ist die Ankündigung des Konzerts an der Fassade des Theaters.

Keuchend lege ich mein Geld hin und kann gerade noch sagen, dass ich auf der Warteliste stehe. Der Kassierer macht sich nicht einmal die Mühe, nach meinem Namen zu suchen.

»Es tut mir leid, Willy, du bist zu spät.«

»Aber der Direktor ⦠der Direktor â¦« Ich schnappe nach Luft.

Mitfühlend schüttelt er den Kopf. »Du kennst die Regeln. Eine halbe Stunde vor Beginn müssen die Karten abgeholt werden.«

Stinksauer sammle ich mein Geld wieder ein.

Ich gehe in den Umkleideraum und ziehe meine Uniform an. Ich weiß nicht genau, warum ich das mache, aber jetzt einfach nach Hause zu gehen ist keine Option. Ich will zumindest im selben Gebäude wie Mengelberg sein.

Gedankenverloren stolpere ich im Gedränge an Marjorie vorbei. Sie spricht mich an. Ich schaue nicht auf, gehe einfach weiter. Ich vermeide jeden Blickkontakt mit den anderen Platzanweiserinnen, die in den letzten Minuten vor Beginn des Konzerts alle Hände voll zu tun haben. Sie würden meine Wut nicht verstehen.

»Wieso steht du hier so rum? Warum arbeitest du nicht?« Marjorie taucht wieder neben mir auf und lässt einen Kaugummi an meinem Ohr zerplatzen. Sie ist sauer, dass ich mich vor der Arbeit drücke. Dass ich mir heute Abend freigenommen habe, hat sie schon längst wieder vergessen. Mein Herz schlägt laut in meinem Brustkorb. Ich muss mich zusammenreißen.

Ich tue so, als würde ich zu einer Besuchergruppe hinübergehen. Aber ich kann mich jetzt nicht so benehmen, als wäre das nur ein ganz normaler Arbeitstag. Das kann niemand von mir verlangen. Trotz des Risikos, erwischt zu werden, rette ich mich auf die Herrentoilette. Zum Glück ist niemand dort. Aufgewühlt tigere ich durch den Raum, bis mir mein Spiegelbild auffällt. Ich bleibe stehen, gehe hinüber und schaue in...
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Autor

Maria Peters, geboren 1958, ist Autorin, Drehbuchschreiberin und Regisseurin. Für ihre Filme wurde sie bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Antonia Bricos Leben hat sie so fasziniert, dass sie sowohl ein Buch als auch einen Film daraus machte. Sie lebt mit ihrem Mann, einem Filmproduzenten, in Amsterdam.