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Das Lied der Zikaden

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
576 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am02.11.20201
Ein historischer Roman um eine junge Frau zwischen Pflicht und Liebe im Frankreich zur Zeit der Reformationskriege   1521, die blutjunge Magali wird an den fünfzigjährigen menschenscheuen Baron de La Motte in ein kleines provençalisches Dorf verheiratet. Der Baron ist enttäuscht über das kindliche Alter seiner neuen Frau, und so scheint ihr zunächst ein bitteres Schicksal bestimmt. Doch mit ihrer Fröhlichkeit und ihrem mitfühlenden Charakter nimmt sie bald ihre Untertanen, meist waldensische Siedler aus dem Piemont, für sich ein. Als Papst und König gegen diese Ketzer in den Krieg ziehen, versucht Magali sie zu beschützen ...

Sabrina Capitani, geboren 1953, studierte Germanistik, Publizistik und Kunst in Berlin und arbeitet seit zwanzig Jahren als Autorin für Hörfunk und Fernsehen. Sie schrieb Drehbücher für deutsche Kinderserien, Hörspiele für den SFB, für Radio Bremen und RAI und ist außerdem als freie Malerin tätig. Inzwischen sind mehrere historische Romane aus ihrer Feder bei Piper Digital erschienen. Dass ihre Romane (fast) alle in der Haute Provence spielen, liegt daran, dass sie seit vielen Jahren die Sommer dort verbringt und von Landschaft und Kultur fasziniert ist.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR4,99

Produkt

KlappentextEin historischer Roman um eine junge Frau zwischen Pflicht und Liebe im Frankreich zur Zeit der Reformationskriege   1521, die blutjunge Magali wird an den fünfzigjährigen menschenscheuen Baron de La Motte in ein kleines provençalisches Dorf verheiratet. Der Baron ist enttäuscht über das kindliche Alter seiner neuen Frau, und so scheint ihr zunächst ein bitteres Schicksal bestimmt. Doch mit ihrer Fröhlichkeit und ihrem mitfühlenden Charakter nimmt sie bald ihre Untertanen, meist waldensische Siedler aus dem Piemont, für sich ein. Als Papst und König gegen diese Ketzer in den Krieg ziehen, versucht Magali sie zu beschützen ...

Sabrina Capitani, geboren 1953, studierte Germanistik, Publizistik und Kunst in Berlin und arbeitet seit zwanzig Jahren als Autorin für Hörfunk und Fernsehen. Sie schrieb Drehbücher für deutsche Kinderserien, Hörspiele für den SFB, für Radio Bremen und RAI und ist außerdem als freie Malerin tätig. Inzwischen sind mehrere historische Romane aus ihrer Feder bei Piper Digital erschienen. Dass ihre Romane (fast) alle in der Haute Provence spielen, liegt daran, dass sie seit vielen Jahren die Sommer dort verbringt und von Landschaft und Kultur fasziniert ist.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492987233
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum02.11.2020
Auflage1
Seiten576 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3627 Kbytes
Artikel-Nr.5189498
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1.

Schwere Räder mahlten über die Auffahrt, metallene Beschläge schleiften auf Kopfstein, hölzerne Speichen knarzten, Hufschlag hallte von den Mauern, ein plötzlicher und geradezu gewaltsamer Ansturm seltener Geräusche in dieser Abgeschiedenheit. Kaum hatte man Zeit, das beschlagene Eichentor ganz aufzuziehen, als auch schon die Kutsche mit dem Wappen der Fürsten von Orange durch den Torbogen einfuhr. Schneidig brachte der Kutscher sie zum Stehen inmitten von flatternden, keifenden Graugänsen und gaffendem Gesinde.

Es war ein fensterloser, schwerer Kasten von einer Karosse, vierrädrig aber immerhin und bereits mit der neumodischen Riemenaufhängung ausgestattet, die Reisenden erlaubte, längere Strecken ohne größere Beschädigungen zu überstehen. Von drinnen klopfte es vernehmlich. Der oder die Insassen vermochten wohl aus eigener Kraft die Türe nicht zu öffnen, und beiderseits, sowohl inner- als auch außerhalb des Kastens herrschte gespannte Erwartung.

»Was gafft ihr! An eure Arbeit!« Die Châtelaine, eine stattliche Mittdreißigerin, segelte mit wenig Wirkung diese kläglich kurze Nachempfindung einer Freitreppe hinunter, hinter ihr ein livrierter Diener und eine Zofe. Madame Puget blieb am Absatz der Treppe stehen, ruckte an ihrer tadellos steifen Haube, strich die rehbraunen Röcke glatt und legte die Hand zur inneren Stärkung auf den großen Schlüsselbund, der an ihrem Gürtel hing, Zeichen ihrer Würde und Verfügungsgewalt über Haus und Keller, seitdem die Dame de La Motte verstorben war.

»Rasch, Bertrand, Ninette: Helft Demoiselle aus dem Wagen! Das Gepäck! Vite!« Herrisch schnippte sie mit den Fingern, während der Diener Bertrand die Stufen der Kutsche herunterklappte und den Schlag aufriss.

Entgegen Madame Pugets Anweisung waren sämtliche Arbeiten im Hof zum Erliegen gekommen. Die Mützen waren von den Köpfen genommen, die Köpfe gebeugt, aber nur so viel, dass man unter den Brauen hervor alles erkennen konnte, was da vor sich ging. Ninette ging in Knicksstellung. Alle Blicke hingen gebannt an der lackierten Kutschentür.

»Wo ist denn nun mein Mann?«, ertönte eine helle, klare Kinderstimme. Ninette, die als Erste die neue Herrin zu Gesicht bekam, kicherte los, und leises Gelächter setzte sich über den gesamten Innenhof des Schlosses fort, eine aufgeregte kleine Welle, die über seichten Kiesgrund streicht. Die beiden Frauen hoben die Hand vor den Mund. Die Männer machten sich schnell wieder zu schaffen, Holz stapeln, ein Weinfass in den Keller rollen, Pferde striegeln â¦

Auf der obersten von den drei Stufen der Kutsche, aber dennoch nicht hoch über dem Boden stand die zukünftige Herrin von Cabrièttes, die Princesse de Chalon-Rosselini aus dem Hause der Fürsten von Orange: Ein Kind mit zerzausten braunen Locken und vor Aufregung funkelnden Augen, eine hölzerne Puppe an sich gepresst.

»Tiens, Loulou, lachen die etwa über mich?«

»Ja sicher«, antwortete die Puppe. Es konnte sie natürlich niemand außer Magali hören. Es war ja ihre Puppe.

»Aber wie können sie es wagen? Ich bin die Princesse de ⦫

»Sei nicht so aufgeblasen. Du bist ein Kind, und sie haben eine Dame erwartet.«

»Oh, Loulou, aber ich bin eine Dame!«

»Ja, morgen vielleicht, aber jetzt schau nur den kleinen Esel dort!«

Mit einem Aufschrei des Entzückens sprang die Fürstin mit einem Satz von der obersten Stufe mitten hinein in den Schlamm und Pferdemist, dass es nur so spritzte, vorbei an den helfend ausgestreckten Händen von Bertrand und Ninette, und hopste in ihren dünnen Schuhen über den schlammigen Hof zur Eselstute und ihrem Fohlen hin. Freundlich sah sie zu dem Mann auf, der die Eselin am Zaum hielt. Da er aus Schüchternheit den Blick gesenkt hielt und nicht gleich reagierte, zupfte sie ihn am Ärmel seines Kittels. »Beißt es? Hat es Angst? Kann man es streicheln?«

Der Knecht sah sich Hilfe suchend um, er wusste nicht recht, wie man sich hier zu verhalten hatte. »Madame?«

»Bah! Nenn mich nicht Madame, noch bin ich nicht verheiratet. - Duldet die Stute, dass man ihr Kleines berührt? Mag es Zuckerzeug?«

Das Eselchen zog sich vorsichtig unter den Bauch seiner Mutter zurück, doch die Eselin suchte mit weichen Lippen die entgegengestreckten Hände nach Leckereien ab. Sie blies ihren warmen, grasigen Atem in Magalis weite Ärmel und knabberte an den Zaddeln. Das Mädchen kicherte hell auf.

»Ach, dummes Tier, das kann man nicht essen!«

Oben im ersten Stock wurde ein Fenster mit einem heftigen Ruck zugeschlagen. Der Baron wandte sich vom Hof ab und wieder seinem Verwalter zu.

»Nicht zu fassen! Man hat mich betrogen! Dieses Mädchen da ist nie und nimmer zwölf Jahre alt!«

»Wie willst du das von hier oben sehen? Warte doch ab. Auf dem Porträt sah sie außerordentlich reizvoll aus.«

»Ha! Das Bild! Diese Maler sind doch die reinsten Gaukler. Ich habe nicht übel Lust, sie auf der Stelle wieder zurückzuschicken!«

Claude, der über die Schulter seines Herrn das Mädchen beobachtete, fühlte sich an eine junge Katze erinnert, die - nach erzwungener Ruhestellung - erst einmal ihrem Bewegungsdrang mit den tollsten Kapriolen Luft zu verschaffen suchte. Nein, eine Frau war das sicher nicht. Doch umso mehr fühlte er sich zu ihr hingezogen. Noch besaß sie jene unbewusste Leichtigkeit der Bewegung, um die sich die besten Tänzer des Königreichs erfolglos mühten, perlende Bewegungen wie Sonnenlicht, das durch grüne Blätter tanzt. Sie rührte ihn, obwohl er wusste, dass sie nicht für ihn bestimmt war.

Leise lachte er in sich hinein, als sie, die Umgebung vollständig vergessend, unter den Bauch der Eselin tauchte, um nach dem Füllen zu haschen. Und er spürte jetzt schon, nach wenigen Augenblicken, dass er sie ungern missen würde. So wandte er sich ab und sagte so beiläufig wie möglich:

»Zurückschicken kannst du sie nicht mehr. Der Ehevertrag ist unterschrieben. Willst du dir die Chalon zu Feinden machen?«

Der Baron zog ein saures Gesicht und spitzte verächtlich die Lippen, sodass Claude fürchtete, er würde ausspucken, wie es seine Gewohnheit war, wenn er sich im Freien aufhielt.

»Na komm schon! So schlimm ist es nicht. Du musst nur ein wenig Geduld aufbringen, und bald wird man dich um deine schöne junge Frau beneiden ⦫

»Pah! Frau? Nun, man wird sehen. Zurück zum Geschäft.« Die beiden Männer setzten sich wieder an den Schreibtisch, von dem sie beim Einfahren der Kutsche aufgestanden waren. »Wie viele Siedler sind in dieser Gruppe?«

»Noch einmal 56 Familienoberhäupter, 42 verheiratete Frauen, 21 ledige, 39 junge Männer und 68 Kinder, 216 insgesamt.«

»Hm, so - und es sind religiöse Flüchtlinge, nicht wahr?«

»Kann schon sein, dass es Waldenser sind. Ich habe nicht danach gefragt.«

»Nun ja, du hättest wohl kaum eine offene Antwort bekommen. Hat es nicht kürzlich wieder Ketzer-Vertreibungen gegeben im Tal von Freissinières? Warum sonst sollte einer Haus und Feld verlassen - eh? Ich frage mich nur: Kann man ihnen trauen?«

»Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf: Wenn es um Fleiß geht, dann gibt s keine besseren. Sogar der Bischof von Marseille duldet sie in seinen Ländereien - Glauben contra Profit, da ist die Geistlichkeit auch nicht zimperlicher als andere.«

»Ah, mon vieux. Es ist ja wahr, aber irgendwann führst du solche Reden unter den falschen Ohren!«

Jean-Marie de La Motte und sein Verwalter gingen recht vertraut miteinander um, sie waren schließlich Vettern.

» Allez - Jean-Marie! Aufrichtige Freunde der Paperei wirst du wenige finden!«

»Na, sei vorsichtig, einige von den Alten im Dorf sind strenggläubig und verstehen keinen Spaß, aber schon gut. Was soll ich schließlich machen? Das Land muss bestellt werden. Also: Der Notar Guillaume aus Cabrièttes soll den Vertrag aufsetzen. Ich biete den Siedlern - hm - fünf Jahre Abgabenfreiheit und Freistellung von Frontagen für mich.«

»Üblich sind zehn.«

»Ja, das können sich die Boulier leisten, ich nicht. Wem s nicht passt, der kann ja weiterziehen. Im Übrigen: Für die Kirche kann ich nicht sprechen, natürlich. Das sollen sie mit dem Pfaffen aushandeln. Und sie müssen meinen Brotofen benutzen und unsere Ölmühle. Dafür zahlen sie - wie viel?«

»Ein Fünftel vom Öl, ein Brot auf vierzig.«

»Gut. Einschlaggenehmigung für Holz zur eigenen Verwendung aus unseren Wäldern, - noch was, Claude?«

»Steine zum Aufbau des Dorfes Cabrièttes ⦫

»Sollen sie sich von den römischen Ruinen holen. Ich werde das Pack doch nicht in meinen guten Steinbruch lassen!«

»Und dann ist da einer dabei, der will die Ziegelei wieder in Betrieb nehmen. Man muss festlegen, wann und wie viel Wasser aus der Croc er nutzen darf.«

»Besprich es mit dem Sourcier, unserem Quellenmeister.«

Die kleine Fürstin war inzwischen von Madame Puget und Ninette in ihre Räume geleitet worden: Ein großes, leer wirkendes Empfangszimmer mit einem venezianischen Sekretär - dem einzigen Luxusgegenstand -, zwei abgeschabten, schäbigen Sesseln und einem Fußschemel, um einen ochsenblutfarbenen Kamin herum gruppiert, in dem einige dicke Scheite glühten und knackten, sodann ein Ankleideraum, ein Schlafraum, kleiner und intimer mit einem breiten Himmelbett, welches den Raum fast völlig ausfüllte. Angrenzend fand sich ein salle d eau mit Waschtisch, Krug und Schüssel und einer kleinen hölzernen Sitzwanne. Seitlich abgeteilt an der meterdicken Außenwand war die »retrète«, das Örtchen.

Magali hüpfte durch die Räume, inspizierte alles, ließ sich in einen der Sessel fallen, strich über die mit Krapp gefärbte Steppdecke auf dem...
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Autor

Sabrina Capitani, geboren 1953, studierte Germanistik, Publizistik und Kunst in Berlin und arbeitet seit zwanzig Jahren als Autorin für Hörfunk und Fernsehen. Sie schrieb Drehbücher für deutsche Kinderserien, Hörspiele für den SFB, für Radio Bremen und RAI und ist außerdem als freie Malerin tätig. Inzwischen sind mehrere historische Romane aus ihrer Feder bei Piper Digital erschienen.