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Mit einem Mann möcht ich nicht tauschen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
328 Seiten
Deutsch
Gebrüder Mann Verlagerschienen am29.06.20201. Auflage
Marie Bode wurde in eine äußerst anregende kulturelle Atmosphäre hineingeboren. Ihr Vater war Wilhelm von Bode, der Generaldirektor der Berliner Museen. Durch seine Vermittlung wurde sie 1907 als Lehrerin für Kunstgeschichte an den Kaiserhof berufen. 1915 heiratete sie Viktor Bruns, internationaler Richter beim Völkerbund in Den Haag und Begründer des Kaiser Wilhelm Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Berlin. In ihren Tagebüchern und Briefen entsteht das Bild einer kreativen und humor- vollen Frau, die trotz der restriktiven Atmosphäre autoritär männlich geprägter Gesellschaften in erstaunlicher Weise emanzipatorisch denkt und wirkt. »Erobere die Festung! Wozu sind wir Frauen emanzipiert?« Eingebunden in das gesellschaftliche Leben des Berliner Bildungsbürgertums zeichnet sie dessen Porträt, von den Zeiten Kaiser Wilhelms II. bis nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Maries Schwiegermutter war eine geborene Weizsäcker, und drei Generationen dieser Familie treten in den Tagebüchern auf. Enge Kontakte gab es u. a. zu Berthold Schenk Graf von Stauffenberg, Pastor Martin Niemöller und Leopold Reidemeister. Den Hintergrund von Maries Schilderungen bildet stets das an Freundschaften und Festivitäten reiche Leben ihrer eigenen Familie. Ihre Tagebücher sind mit eigenhändigen Aquarellen und Zeichnungen illustriert sowie mit zeitgenössischen Postkarten und Fotografien.mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR14,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
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E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
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Produkt

KlappentextMarie Bode wurde in eine äußerst anregende kulturelle Atmosphäre hineingeboren. Ihr Vater war Wilhelm von Bode, der Generaldirektor der Berliner Museen. Durch seine Vermittlung wurde sie 1907 als Lehrerin für Kunstgeschichte an den Kaiserhof berufen. 1915 heiratete sie Viktor Bruns, internationaler Richter beim Völkerbund in Den Haag und Begründer des Kaiser Wilhelm Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Berlin. In ihren Tagebüchern und Briefen entsteht das Bild einer kreativen und humor- vollen Frau, die trotz der restriktiven Atmosphäre autoritär männlich geprägter Gesellschaften in erstaunlicher Weise emanzipatorisch denkt und wirkt. »Erobere die Festung! Wozu sind wir Frauen emanzipiert?« Eingebunden in das gesellschaftliche Leben des Berliner Bildungsbürgertums zeichnet sie dessen Porträt, von den Zeiten Kaiser Wilhelms II. bis nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Maries Schwiegermutter war eine geborene Weizsäcker, und drei Generationen dieser Familie treten in den Tagebüchern auf. Enge Kontakte gab es u. a. zu Berthold Schenk Graf von Stauffenberg, Pastor Martin Niemöller und Leopold Reidemeister. Den Hintergrund von Maries Schilderungen bildet stets das an Freundschaften und Festivitäten reiche Leben ihrer eigenen Familie. Ihre Tagebücher sind mit eigenhändigen Aquarellen und Zeichnungen illustriert sowie mit zeitgenössischen Postkarten und Fotografien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783786175032
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum29.06.2020
Auflage1. Auflage
Seiten328 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse73926 Kbytes
Illustrationenmit 13 Farb- und 42 s/w-Abbildungen
Artikel-Nr.5238644
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Briefe 1893-1951

Charlottenburg, 29.6.[1900], Uhlandstr. 4

Liebes Mariechen [Freiin Marie von Gebsattel],

ich habe das Zeichnen wieder mit aller Leidenschaft aufgenommen, übe mich einen Vormittag in der Woche in dem Atelier meiner Lehrerin an lebenden Modellen, und fahre mit ihr einen Nachmittag heraus nach Dahlem oder in den Grunewald, wo sichʼs in der Einsamkeit der Wälder und Felder beim Trillern der Lerche so herrlich zeichnet.

Gestern war ich auch 4 Stunden in Zoologischen Garten, um mich dort an Tieren zu versuchen, das macht mir nämlich so sehr viel Freude; denn ich finde, auch abgesehen von der guten Zeichenübung, lernt man die ganzen Sitten und Bewegungen der Tiere so herrlich kennen und schätzen. - Außer dem Zeichnen spiele ich auch sehr fleißig Klavier, übe mich matt und müde an dem »rondo cappricioso« von Mendelssohn, habe mit meinen beiden Schwestern Turnstunde und ferner Nähmaschinennähen. Daneben lese ich viel, mache Handarbeiten, gebe meinem ältesten Schwesterchen Stunde, spiele fast täglich mit den beiden Kleinen. Da legen wir im Gebüsch miteinander die allerschönsten Gärten an, errichten Windmühlen aus Blumentöpfen. Da werden Witze aufgeführt, die natürlich den Kleinen furchtbare Freude machen. - An diesen heißen Tagen stehʼ ich auch oft schon um 5 Uhr auf, und - aber das ist mein spezielles Geheimnis, das Du ja nicht verraten darfst - dann dichte ich gern nach Herzenslust, das heißt ich schreibe kleine Lustspiele so recht aus eigener Erinnerung und Erfahrung und lese sie dann meinen Freundinnen vor. - Und nun rüsten wir auch schon zur Sommerreise: am 15. Juli gehʼ ich mit den Schwesterchen auf 14 Tage nach Königsberg und später mit den Eltern höher herauf in den Harz. -

Doch nun endlich addio! Bald ist meine Tinte alle, und Deine Geduld, diese lange Epistel zu lesen. Also lebe wohl, mein Liebes! Es grüßt Dich herzlich Deine Dich liebende Marie Bode

Paris, 7.4.1903

Lieber Vater,

heute früh bekam ich die Karte von Mutter, in der sie mir schrieb, dass Du wieder aufs Museum gingest und sie mit den Kindern Dienstag reisen würde. Ich bin natürlich sehr glücklich darüber, hoffe, dass nichts dazwischen gekommen ist und Du recht bald nach Italien abreisen kannst! Schreibe mir dann bitte bald, wo Du bist, damit ich weiß, wohin ich meine Briefe richten kann. Grüße mir mein liebes Italien! Ich würde Sehnsucht danach haben, wenn ich hier nicht gerade genug anderes zu tun hätte!

Heute war ich zum Frühstück bei Dreyfusens (ist das nicht ein hübscher Plural?) und habe mir hinterher die schönen Skulpturen und Gemälde unter Monsieur Gustaves Leitung sehr genau angesehen. Ich habe ziemlich alle richtig taxiert, nur bei einem bin ich grenzenlos reingefallen! Denke Dir bloß - aber bitte erschrick nicht zu sehr - ich habe die famose Büste von Mino für einen Donatello gehalten!!! Ist das nicht haarsträubend? Zum Glück habe ich diese Weisheit bei mir behalten, denn ich wüsste nicht, wie ich eine ähnliche Schande überleben sollte!

Mit am meisten haben mich die Desiderios und die wundervollen Medaillen begeistert. Herr Dreyfus selbst hat mir gar nicht gefallen. Vielleicht fühlt er sich auch immer noch gekränkt, dass ich nicht gleich zu ihm gekommen bin. Er fragte mich nämlich ganz unverfroren, ob ich schon bei Rodolphe Kann (i.e. Rudolf Kann) gewesen wäre, und als ich das verneinte, fügte er etwas bissig hinzu: »Il sait que vous êtes à Paris!«

Was soll ich nun anfangen? Ich kann doch einem Junggesellen allein keinen Besuch machen?! M. Emile Michel hat mich schon einmal gefragt, ob ich mit ihm zusammen seine Sammlung besehen wollte, aber ich habe es dankend abgelehnt, da doch Mutter im Juni mit mir hingehen will. - Jetzt, wo R. Kann weiß, dass ich hier bin, ist ja die Sache anders. Soll ich M. Michel bitten, dass er mich hinführt? Aber eigentlich ist es überflüssig, wenn ich mit Mutter hingehe. Schreibe mir doch bitte, was Du für gut hältst.

Von Dreyfusʼ aus bin ich ins Louvre gegangen und habe mir die griechischen und römischen Vasen, die Tanagrafigürchen und Glassachen angesehen und war ganz entzückt davon. Neulich habe ich in einer Dreiviertelstunde alle antiken Statuen im Louvre besehen und hatte reichlich genug davon, aber bei diesen kleinen Sachen hätte ich stundenlang bleiben können. Ich finde auch, in den kleinen Statuetten ist viel mehr Abwechslung und Leben als in den großen Statuen.

Doch für heute addio! - Glückliche Reise!

Es küsst Dich Dein treues Mariechen

Paris, 3. Mai 03

Lieber Vater,

willkommen in Venedig! Wie siehtʼs denn aus ohne seinen Campanile? Grüße es mir herzlich, besonders San Marco, die Accademia, San Giovanni e Paoló und Museo Corrèr!

Hoffentlich bist Du glücklich dort angelangt und geht es Dir weiter so gut wie in Florenz! -

Denke Dir nur, mit dem Landschaftszeichnen ist es vor Monat Juni nichts, aber da mir Dein Freund Michel solch vorzüglichen Zeichenkurs empfohlen hat, habe ich nicht widerstehen können, mich noch für den Monat Mai auf 2 Vormittage wöchentlich zu engagieren.

Ich war schon Freitag und Sonnabend dort und bin allerdings begeistert von der wundervollen Methode - Madame Mourier, die Lehrerin, hat sich meine Zeichnungen zeigen lassen und war sehr zufrieden mit meiner Kopie des Bronzino-Portraits, der kleinen Houdon-Büste und einer Mantegna-Zeichnung. Von meinen eigenen Sachen gefiel ihr mein Selbstporträt am besten, das ich für Amélie gemacht habe. Sie meint, ich hätte einen guten Bleistiftstrich und viel originelle Anschauung in der Beleuchtung, aber es ginge nicht an, dass ich die Köpfe so klein machte, und nun hat sie mich gestern vor eine Staffelei gesetzt und verlangt, dass ich den Kopf unseres schönen Modelles, einer düsteren Italienerin, mit Kohle in Lebensgröße aufs Papier brächte. Und denke Dir, ich habe es wirklich zu Stande gebracht! Nur ist das Ding gräulich schwach in der Ausführung. Aber ich glaube wirklich, dass ich in den 8 Vormittagen schon eine ganze Menge lernen werde und mehr als bei Fräulein Meeger. Die Methode ist zwar ähnlich: einfach und eckig, aber Madame Mourier verlangt mehr Sorgfalt in der Ausführung. Das erste Mal haben wir einen Fischer aus der Bretagne in ganzer Figur gezeichnet. Das war recht schwer; die weite steife Kleidung lässt den Körper so wenig durchschauen, und ich habe die Falten sehr schlecht gemacht. Da hat mir aber meine Lehrerin alle Fehler gezeigt und wundervoll erklärt, wie man den Stoff charakterisieren müsste; ich glaube, ich werde wirklich Fortschritte machen.

Ich erwarte jetzt Antwort von M. Michel; ich habe verabredet, mit ihm Rodolphe Kann zu besuchen, aber er will erst anfragen, wann es dem passt. Ich freue mich riesig auf die Sammlung; meine Liebe zur Kunst ist hier eine wahre Leidenschaft geworden! Ich muss mein Examen darin machen und dann unterrichten. Das ist jetzt mein heißester Wunsch!

Ich freue mich jetzt rasend darauf, Dich wiederzusehen, ich denke ja immerzu an Dich! -

Im Louvre bin ich jetzt ganz heimisch und habe fast alles gesehen; ich will jetzt den letzten Monat hauptsächlich dazu benützen, die Umgegend zu besuchen (Versailles, Chartres, St. Denis), Amélie in den Museen zu führen und ein wenig in die Ausstellung zu gehen.

Für heute addio! - Hoffentlich findest Du einen Schreibtisch für Amélie, es ist ja furchtbar schade, da sie das Sofa nicht brauchen kann, aber sie hat einfach keinen Platz dazu. Wenn Du etwas suchst, was ich schenken kann, wäre vielleicht ein bisschen alter Stoff auch was sehr Hübsches; den könnte ich dann als Kissen zurechtmachen!

Leb wohl und lasse es Dir weiter gut gehen!

Es umarmt Dich herzlich

Dein

treues Mariechen.

Charlottenburg, den 28. Okt. 1903

Mein liebes Herze [Marie von Gebsattel],

was bin ich grässlich, dass ich Deinen reizenden, intimen, herzlichen Brief über 4 Monate unbeantwortet ließ! Ich habe ja oft genug an Dich gedacht, mein Liebes, aber vor lauter Häuslichkeit bin ich nicht zum Schreiben gekommen.

Erst seit 4 Wochen bin ich Hänschen vom Lande wieder in der Großstadt. Wie seltsam kam es mir im Anfang vor! Wenn ich auf der Straße ging, dachte ich immer: Was ist das hier nur für ein unsinniges Getöse? Was laufen die Leute so aufgeregt durcheinander? Und dann wieder guckte ich an den langen Wolkenschnüfflern, den Mietskasernen in die Höhe und wunderte mich, wie es überall so fürchterlich eng war! -

Ja, es war golden schön, dieses halbe Jahr der Freiheit auf dem Lande! [Marie Bode war in Reifenstein auf einer Haushaltsschule.] Ich hätte nicht geglaubt, dass der Mensch so viel Arbeit leisten kann und dabei immer noch Muße hat, im Freien nach Herzenslust herum zu streifen! - Denkʼ aber nur nicht, dass ich an diesem genialen Gedanken, ein halbes Jahr die Frauenschule zu besuchen, schuld gewesen wäre. Mutter hat die Idee gehabt, als sie hörte, dass eine mir befreundete Kusine dorthin abreisen würde und da kam es so ganz von selbst. Und wenn Du wüsstest, wie lieb uns auch die allerkleinsten Pflichten des täglichen Lebens dort gemacht worden sind, so würdest Du ebenso für Reifenstein schwärmen wie ich.

Schon die Zeiteinteilung war so berechnet, dass wir nie zu arg ermüden und nie die Lust verlieren konnten. Um 6 Uhr wurde aufgestanden, nach dem Frühstück machte jeder sein Zimmer, um ½ 9 begannen die Stunden. Das waren nun entweder Kochen oder Plätten, Garten oder Hühner, häusliche Arbeiten oder Molkerei. Um ½ 12 oder 12 hörten wir auf, zogen uns zum Essen an und hatten nachher 2 Stunden frei. Nach dem Kaffee begann der theoretische Unterricht: Physik oder Chemie, Krankenpflege, Botanik,...
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