Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Und morgen fliege ich auf

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am21.05.20211. Auflage
Die trügerische Selbstwahrnehmung besiegen Menschen, die unter dem Impostor- oder Hochstapler-Syndrom leiden, schreiben ihren Erfolg nicht eigenen Fähigkeiten zu, sondern einem glücklichen Umstand oder dem Zufall. Obwohl sie in ihrem beruflichen und privaten Umfeld geschätzt und anerkannt sind, leben sie in der ständigen Angst, als Blender und Betrüger enttarnt und bloßgestellt zu werden. Michaela Muthig erklärt die verschiedenen Facetten dieses weit verbreiteten Phänomens. Vor allem aber zeigt sie Wege auf, wie man sich von dieser speziellen Form des Minderwertigkeitskomplexes befreien und einen gesunden Stolz entwickeln kann.

Dr. Michaela Muthig, Fachärztin für Allgemeinmedizin und Psychosomatik mit Schwerpunkt Verhaltenstherapie, war Oberärztin an der Universitätsklinik Tübingen. Sie bietet Online-Coaching und Kurse an.
mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextDie trügerische Selbstwahrnehmung besiegen Menschen, die unter dem Impostor- oder Hochstapler-Syndrom leiden, schreiben ihren Erfolg nicht eigenen Fähigkeiten zu, sondern einem glücklichen Umstand oder dem Zufall. Obwohl sie in ihrem beruflichen und privaten Umfeld geschätzt und anerkannt sind, leben sie in der ständigen Angst, als Blender und Betrüger enttarnt und bloßgestellt zu werden. Michaela Muthig erklärt die verschiedenen Facetten dieses weit verbreiteten Phänomens. Vor allem aber zeigt sie Wege auf, wie man sich von dieser speziellen Form des Minderwertigkeitskomplexes befreien und einen gesunden Stolz entwickeln kann.

Dr. Michaela Muthig, Fachärztin für Allgemeinmedizin und Psychosomatik mit Schwerpunkt Verhaltenstherapie, war Oberärztin an der Universitätsklinik Tübingen. Sie bietet Online-Coaching und Kurse an.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423438476
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum21.05.2021
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse2213 Kbytes
Artikel-Nr.5424225
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

KAPITEL 1
WAS STIMMT NUR NICHT MIT MIR?

Kaum ein Laut dringt durch das geöffnete Fenster. Nur von fern hört Oliver ab und zu das gedämpfte Geräusch eines vorbeifahrenden Fahrzeugs. Um diese Zeit ist fast niemand mehr unterwegs. Oliver liegt reglos im Bett. Es ist schon die vierte Nacht in Folge, in der er nicht schlafen kann. Ständig kreisen die immer gleichen Überlegungen in seinem Kopf. »Ich muss schlafen. Morgen habe ich ein schwieriges Gespräch mit Herrn Schwarz, da brauche ich doch all meine Konzentration. Warum nur kann ich nicht schlafen?!« Vorsichtig dreht er sich auf die andere Seite. Schon allein beim Gedanken an die morgige Besprechung spürt er, wie sich sein Magen verkrampft. »Wie konnte ich mich nur auf diese Sache einlassen? Wäre ich doch einfach Sachbearbeiter geblieben!« Nicht zum ersten Mal verflucht er innerlich seine Entscheidung, das Angebot seines Chefs angenommen zu haben.

Neun Monate ist es nun her, dass er zum Abteilungsleiter befördert wurde, und seitdem geht es Oliver zunehmend schlechter. Er, der bisher seinen Job geliebt hat, fährt nun morgens mit einem unangenehmen Gefühl zur Arbeit, hat weniger Appetit und nachts keinen erholsamen Schlaf. Anfangs hat ihn diese Veränderung noch nicht beunruhigt. Schließlich ist es normal, sich in einer neuen Position erst eingewöhnen zu müssen. Aber statt nachzulassen, sind das Gefühl der Überforderung und der Erfolgsdruck immer stärker geworden. Und das, obwohl er von seinem Chef gute Rückmeldungen bekommt. Ja, mit jeder gemeisterten Aufgabe, mit jedem positiven Feedback empfindet Oliver seine Situation nur noch belastender.

»Was soll ich nur tun?«, fragt er sich verzweifelt. »Ich merke, wie es mir Tag für Tag schlechter geht. Wenn ich nichts ändere, dann werde ich davon noch krank. Ich kann so nicht weitermachen. Aber ich kann doch auch meinen Chef nicht enttäuschen! Und wenn ich kündige, was sollen dann meine Frau und meine Mutter von mir denken? Sie wären ebenfalls enttäuscht. Keiner weiß, wie es mir wirklich geht. Alle denken, dass ich selbstbewusst und belastbar bin. Ich könnte es nicht ertragen, ihnen reinen Wein einzuschenken.«

Auch Oliver trägt einen Zerrspiegel in sich. Egal, was er erreicht, wie oft er Anerkennung erhält und wie schnell er befördert wurde, in seinem Inneren ist er fest davon überzeugt, dass er all diese Bestätigung gar nicht verdient hat. Schlimmer noch: Mit jedem Lob wächst die Angst, dass er irgendwann auffliegen könnte. Je erfolgreicher er ist, desto schlechter geht es ihm. Denn eines der ganz wesentlichen Kennzeichen des Hochstapler-Phänomens ist es, dass Erfolg nicht zu einer Zunahme an Selbstvertrauen führt, sondern vielmehr zu Versagensängsten und Selbstzweifeln.

Das ist eigentlich unlogisch. Normalerweise lernen wir aus unseren Erfahrungen und aus den Konsequenzen, die sich durch unser Verhalten ergeben. Verhaltenspsychologen nennen dies »Lernen am Erfolg«. Wenn wir also Angst vor einem Vortrag haben, uns dieser Herausforderung aber dennoch stellen und anschließend Applaus erhalten, werden wir nach und nach unsere Ängste abbauen. Wir erfahren, dass unsere Befürchtung, uns zu blamieren oder andere zu enttäuschen, überflüssig war.

Bei Menschen, die vom Hochstapler-Phänomen betroffen sind, ist das aber anders. So auch bei Oliver. Er übt nun schon eine ausreichend lange Zeit seinen neuen Job aus und hat alle Führungsaufgaben bisher gut gemeistert. Sein Chef ist zufrieden mit ihm, und von seinen Kollegen und Mitarbeitern wird er in seiner neuen Rolle akzeptiert. Eigentlich sollte er gelernt haben, dass seine Fähigkeiten ausreichend sind. Warum also werden Olivers Probleme nicht kleiner, sondern nehmen stattdessen von Woche zu Woche zu?

Weil es sich bei Oliver - und vielleicht auch bei Ihnen - nicht einfach nur um ein reines Selbstwertproblem handelt. Natürlich schätzt er seinen eigenen Wert und seine Fähigkeiten zu gering ein, sonst würde er nicht ständig an sich zweifeln. Aber das reicht nicht aus, um seine Befindlichkeitsstörung zu erklären. Menschen, die »nur« einen geringen Selbstwert haben, lernen irgendwann aus Erfahrungen und freuen sich über Anerkennung. Positives Feedback und Erfolge sind für sie wie eine Art Nahrung für ihr Selbstbewusstsein, das daraufhin wächst und gedeiht.


Merke: Beim Impostor-Phänomen führt Erfolg nicht zu einer Verbesserung der Versagensängste. Er verschlimmert sie sogar.


Menschen, die sich mit dem Impostor-Phänomen herumschlagen, scheinen aber gegen dieses »Selbstwertfutter« allergisch zu sein. Denn es nährt sie nicht, sondern stürzt sie in noch größere Selbstzweifel. Sie sind nicht in der Lage, die Bestätigung und die Erfolge abzuspeichern, damit sie sie später wieder abrufen können. Ihr Gehirn verarbeitet Anerkennung ganz anders. Wenn sie eine Herausforderung gemeistert haben, denken sie nicht etwa: »Ich bin gut. Ich kann das, und andere erleben das auch so.« Stattdessen geht etwas ganz anderes in ihrem Kopf vor: »So ein Glück, dass ich das geschafft habe. Das hätte schiefgehen können. Vermutlich wird es auch irgendwann schiefgehen. Aber jetzt erwartet man von mir, dass es auch beim nächsten Mal klappt. Was, wenn ich es dann nicht schaffe? Irgendwann - vielleicht sogar schon morgen - fliege ich auf!«

Falls Sie nun denken, dass die bisherigen Erfolge von Oliver oder auch von anderen Betroffenen vielleicht einfach zu klein und unbedeutend waren, um sie von ihren Fähigkeiten überzeugen zu können, so muss ich Ihnen diese Illusion nehmen: Im »Klub der Hochstapler« befinden sich auch gefeierte Keynote-Speaker mit Millionenpublikum, Spitzenverdiener und preisgekrönte Schauspieler. Jodie Foster ist eine der bekanntesten Betroffenen. Als sie 1989 ihren ersten Oscar verliehen bekam, konnte sie das nicht glauben. Sie war innerlich darauf gefasst, dass ihr jemand die Trophäe entreißen und sich bei ihr für diesen bedauerlichen Irrtum entschuldigen würde. Denn aus ihrer Sicht hatte doch gar nicht sie, sondern vielmehr Meryl Streep den Oscar verdient.

Vorsicht, Zerrspiegel:
Wenn Sie für eine Leistung Anerkennung erfahren haben, heißt das nicht, dass von Ihnen jederzeit eine ähnliche Leistung erwartet wird und man enttäuscht ist, wenn Sie diese nicht erbringen.


Und Sie? Denken Sie, dass Jodie Foster eine grandiose Schauspielerin ist, die durchaus zu Recht ausgezeichnet wurde? Dann teilen Sie diese Meinung mit sehr vielen Menschen. Nur nicht mit Jodie Foster. Wie der Bauer im Märchen glaubte sie ihrem inneren Zerrbild mehr als Millionen Fans. Sie sehen also, dass Erfolg, und sei er auch noch so groß, nicht zwangsläufig dazu führt, das Impostor-Phänomen zu verbessern oder gar zu beseitigen. Weil nämlich die Betroffenen ihre Erfolge ganz anders verarbeiten, als man erwarten würde. Für sie sind sie weniger eine Bestätigung ihres Könnens als ein Zufall, und so befürchten sie, dass sie beim nächsten Mal nicht so viel Glück haben werden. Zudem bewirken Anerkennung und Lob nicht etwa, dass sie langsam selbst an ihre Fähigkeiten glauben, sondern steigern vielmehr den Druck. Und da sie niemand enttäuschen wollen, liegt die Latte der Erwartungen von Mal zu Mal höher.

Zum Hochstapler-Phänomen gehört aber noch viel mehr als nur der ständig zunehmende Erfolgsdruck. Wir glauben so sehr unserer eigenen verzerrten Wahrnehmung, dass wir davon ausgehen, dass alle Menschen um uns herum sie über kurz oder lang mit uns teilen werden. Wenn wir stattdessen Lob oder Anerkennung bekommen, sind wir davon überzeugt, dass die anderen sich täuschen. Ja, schlimmer noch, dass wir sie getäuscht haben. Daher fühlen wir uns ständig wie der Hochstapler, der dem Phänomen auch seinen Namen gegeben hat. Wir fühlen uns schuldig wegen dieser Täuschung und befürchten, dass es bei den Menschen, mit denen wir zu tun haben, zu einer Enttarnung, genauer gesagt, zu einer Ent-Täuschung kommt. Unsere größte Sorge ist es, dass man uns irgendwann einmal unseren eigenen Spiegel vorhalten könnte und dann plötzlich alle dieses schreckliche Bild sehen werden, für das wir uns doch so sehr schämen. Die Angst davor, plötzlich als Betrüger aufzufliegen, verstärkt die Versagensängste und verhindert, dass wir stolz auf unsere Erfolge sein können. Denn in unseren Augen beweisen sie nur eins: dass wir geschickt andere Menschen manipulieren.

Vorsicht, Zerrspiegel:
Wenn Sie Erfolg haben, liegt das nicht einfach daran, dass Sie mal wieder mehr Glück als Verstand hatten. Schon möglich, dass auch einmal eine ordentliche Portion Glück dabei war. Wenn Sie aber mehrmals eine Situation gut gemeistert haben, ist das kein Zufall mehr, sondern ein Indiz für Ihre Fähigkeiten - auch wenn Sie diese aktuell nicht erkennen können.

DAS GEFÜHL, EIN FAKE ZU SEIN

Mit pochendem Herzen klickt Marla auf »Senden«. Hoffentlich hat ihr Chef nichts an der Präsentation auszusetzen, die sie ihm gerade geschickt hat. Jemand anders hätte den Auftrag vermutlich in drei Tagen erledigt. Sie dagegen hat zwei Wochen bis spät in die Nacht daran gesessen. Und das, obwohl sie doch langsam Routine darin haben sollte. Sie fühlt sich erschöpft und ausgelaugt. Müde lässt sie ihren Kopf auf die Tischplatte sinken. »Ich hab´ einfach keine Ahnung von dem ganzen Zeug«, seufzt sie leise. »Alles muss ich...
mehr