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Die elternlosen Erlebnisse der unzertrennlichen Fünf

von
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am19.02.20211. Auflage
Unerschrocken, ungewöhnlich, unvergesslich, UNZERTRENNLICH Vor zwölf Jahren wurde Milou mit ihrem Kuscheltier auf dem Dach des berühmtesten Waisenhauses von Amsterdam gefunden. Seitdem hofft sie auf die Rückkehr ihrer Eltern. Doch bevor diese auftauchen, steht der Zuckerhändler Bas Rotman vor der Tür. Er will Milou und ihre vier Freunde adoptieren, um sie auf seinem Schiff schuften zu lassen. Höchste Zeit zu fliehen! Die fünf folgen einer Spur, die in Milous Kuscheltier versteckt war: eine Taschenuhr, in die Koordinaten eingraviert sind. Der Weg zu Milous Familie? Er führt sie durch enge Gassen und über gefrorene Kanäle bis zu einer alten Windmühle. Wo sind ihre Eltern? Was ist damals passiert? Während die fünf nach Antworten suchen, sucht jemand anders längst nach ihnen ...

Hana Tooke wuchs bei Amsterdam auf und zog mit zwölf Jahren nach England. Sie arbeitete als Grundschullehrerin, bevor sie Literarisches Schreiben in Bath studierte und ihr Debüt schrieb. Dort lebt sie immer noch, mit zwei Menschen und einer Katze.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR14,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextUnerschrocken, ungewöhnlich, unvergesslich, UNZERTRENNLICH Vor zwölf Jahren wurde Milou mit ihrem Kuscheltier auf dem Dach des berühmtesten Waisenhauses von Amsterdam gefunden. Seitdem hofft sie auf die Rückkehr ihrer Eltern. Doch bevor diese auftauchen, steht der Zuckerhändler Bas Rotman vor der Tür. Er will Milou und ihre vier Freunde adoptieren, um sie auf seinem Schiff schuften zu lassen. Höchste Zeit zu fliehen! Die fünf folgen einer Spur, die in Milous Kuscheltier versteckt war: eine Taschenuhr, in die Koordinaten eingraviert sind. Der Weg zu Milous Familie? Er führt sie durch enge Gassen und über gefrorene Kanäle bis zu einer alten Windmühle. Wo sind ihre Eltern? Was ist damals passiert? Während die fünf nach Antworten suchen, sucht jemand anders längst nach ihnen ...

Hana Tooke wuchs bei Amsterdam auf und zog mit zwölf Jahren nach England. Sie arbeitete als Grundschullehrerin, bevor sie Literarisches Schreiben in Bath studierte und ihr Debüt schrieb. Dort lebt sie immer noch, mit zwei Menschen und einer Katze.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423438780
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum19.02.2021
Auflage1. Auflage
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse6959 Kbytes
Artikel-Nr.5424267
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

WAISENHAUS
»KLEINE TULPE«,
AMSTERDAM, JANUAR 1892




Die »Kleine Tulpe« war ein ungewöhnlich hohes Haus, eingequetscht in eine lange Reihe ebenso ungewöhnlich hoher Häuser. Aus dem kleinen Fenster des obersten Stockwerks blickte ein Mädchen mit ungewöhnlich dunklen Augen auf die zugefrorene Gracht. Milou beobachtete die Schneeflocken, die langsam nach unten schwebten und sich wie eine Zuckergussschicht auf die kunstvoll verzierten Dächer legten. Auf dem Eis unten in der Gracht versammelten sich immer mehr Menschen mit strahlenden Gesichtern und rot gefrorenen Nasen. Die Fahrräder hatten sie gegen Schlitten eingetauscht, die Holzschuhe gegen Schlittschuhe. Ihr Jauchzen mischte sich mit dem Wiehern der Kutschpferde.

Je mehr die kalte Fensterscheibe von Milous Atem beschlug, desto verschwommener wurde die Sicht. Seufzend wandte sie sich ab. Ein Stück gefrorener Wandfarbe blätterte ab und fiel mit einem leisen Kling neben ihr auf den Boden. Selbst die Dielen des Schlafsaals waren von einer hauchdünnen Frostschicht überzogen, und Milous Augäpfel waren so kalt, dass das Blinzeln wehtat. Der winzige Kamin an der gegenüberliegenden Wand war dunkel und leer, wie immer.

»Halbgefrorenes Waisenkind - das klingt wie ein edles Dessert, Mona, oder?«, sagte sie zu dem rothaarigen Mädchen, das auf dem Bett gegenüber hockte. »Ob das Gassbeeks neuer Plan ist? Wenn sie uns schon nicht als Adoptivkinder verscherbeln kann, dann vielleicht als leckere Eiscreme?«

Mona zog eine Grimasse, dann widmete sie sich wieder der kleinen grauen Ratte auf ihrem Schoß und fütterte sie mit harten Brotkrümeln.

Milou rümpfte die Nase und zog einen Schmollmund. »Halbgefrorene Waisenkinder!«, ahmte sie die heisere Stimme der Hausmutter nach. »Sichern Sie sich ein halbgefrorenes Waisenkind! Die besten halbgefrorenen Waisenkinder in ganz Holland! Nur fünf Cent pro Kugel!«

Monas gerunzelte Stirn glättete sich und ihre Mundwinkel begannen zu zucken, was Milou gleich ein bisschen von innen wärmte.

»Wir müssen uns beeilen«, sagte sie, plötzlich wieder ernst. Sie wischte eine kreisrunde Fläche in die beschlagene Scheibe und spähte zur Turmuhr am anderen Ende der Straße. »Noch vier Minuten bis zur Wäschekontrolle. Gassbeek zieht uns die Armhaare lang, wenn wir zu spät kommen.«

Ein Prickeln, das am Rand ihrer Ohrmuscheln begann, lief Milou den Rücken hinunter. Es war kein Kälte-, sondern ein Warnschauder.

Schrittgeräusche im Flur! Die Mädchen tauschten einen panischen Blick. Milou sprang vom Fensterbrett, Mona rollte sich rückwärts über ihr Bett, die Ratte fest an die Brust gedrückt. Während Milou sich einen Armvoll Wäsche vom Fußende schnappte, stopfte Mona die Ratte in ihren Picknickkorb - nur eine Sekunde, bevor die Tür des Schlafsaals aufflog.

Der Kopf eines Jungen mit merkwürdig unproportionierten Ohren und blondem Haarwust tauchte im Flur auf, gefolgt von einem schlaksigen Körper mit ellenlangen Gliedmaßen, die aussahen, als würden sie zu mindestens vier verschiedenen Spinnenarten gehören.

»Da seid ihr ja!«, keuchte er atemlos und seine langen Finger nestelten am Saum seines fettfleckigen Hemdes.

»Oh, Gisbert, du bist´s!«, rief Milou erleichtert. »Was ist los?«

Gisbert grinste schief. »Wir haben Besuch!«

In seinen Worten lag so viel atemlose Hoffnung, dass es in Milous Magen zu kribbeln begann, als würde ein Gespenst darin herumflattern. Es gab nur eine Art von Besuch, bei der Gisbert so aufdrehte: adoptionswillige Eltern.

»Besuch«, wiederholte Milou, während Mona leise japste.

Es war Monate her, seit zum letzten Mal jemand in der »Kleinen Tulpe« aufgetaucht war, um sich nach einem Waisenkind umzusehen. Was, wenn heute endlich der große Tag war? Was, wenn Milous Eltern endlich gekommen waren, um sie abzuholen? Sie konnte sich nicht an sie erinnern, natürlich nicht, aber sie hatte so ihre Theorien über sie. Ja, sie hatte sogar ein ganzes Buch voller Theorien! Das steckte im linken Ärmel ihres Kittels. In allen der darin notierten Theorien waren ihre Eltern klug und mutig. Und in allen bis auf einer versuchten sie, zu ihr zurückzukommen. Vielleicht hatten sie es nach zwölf langen Jahren ja jetzt endlich geschafft!

»Beeilung, Milou«, drängte Gisbert.

»Warte kurz.«

Milou kletterte über drei Matratzen, um zu dem Bett zu gelangen, das sie mit Mona und Lotta teilte. Mit zitternden Fingern hangelte sie unter dem Bettgestell nach ihrem sargförmigen Korb, der immer fertig gepackt dastand, für alle Fälle. Obenauf lag ihre Katzenmarionette. Milou strich mit dem Finger über deren Fuß, da, wo in geschwungenen Buchsta-
ben die Worte »Bram Poppenmaker« eingewebt waren. Die Marionette umklammerte eine rote, lockige Haarsträhne, die von einer smaragdgrünen Schleife zusammengehalten wurde. Milou legte sie zur Seite und tastete nach zwei Kohlezeichnungen, Porträts von ihr selbst, und einem Werbeplakat der berühmten Pariser Zirkustruppe Cirque de Lumière. Unter diesen Schätzen lag ein säuberlich zusammengefaltetes schwarzes Kleid aus feinstem Amsterdamer Samt.

Gisbert setzte sich neben sie aufs Bett, die langen Beine unter dem Kinn zusammengefaltet. »Milou ...«

»Sekunde.«

In seinem Blick las sie, was er von ihrer Hoffnung hielt, eines Tages von ihren Eltern abgeholt zu werden: nichts. Aber er hatte auch nie so empfunden wie sie. Er hatte seine leiblichen Eltern immer gehasst. Milou verstand das. Wenn sie mit nichts anderem als einem schäbigen Weizensack ausgesetzt worden wäre, hätte sie ihre Eltern auch gehasst. Von daher war klar, dass Gisbert ihre Hoffnung nicht nachvollziehen konnte. Aber sie ließ sich davon nicht beirren: Die Frage für sie war nicht, ob ihre Eltern sie holen kämen, sondern wann.

Milou streifte das schwarze Samtkleid über ihren fleckigen Baumwollkittel und strich mit dem Finger über den flauschigen Stoff. Falls die Besucher tatsächlich ihre Eltern waren, würden sie ihre alte Babydecke sicher wiedererkennen. Das Kleid war inzwischen ziemlich eng. Gisbert hatte die Säume und Nähte über die Jahre immer weiter rausgelassen, aber trotzdem würde es bald nicht mehr passen.

Stirnrunzelnd sah er sie an, dann glättete er vorsichtig den Kragen des Kleids. Milou packte die Zeichnungen in den Korb zurück, schnappte sich ihre Katzenmarionette und drückte sie auf ihr trommelndes Herz. Als kleines Kind hatte sie fest geglaubt, dass die Marionette ebenfalls einen Herzschlag hatte. Jahrelang hatte diese Vorstellung sie durch die kalten, schlaflosen Nächte getröstet, doch irgendwann hatte es nicht mehr funktioniert. Da war Milou schlagartig klar geworden, dass sie sich den Marionettenherzschlag nur einbildete.

Aber vielleicht war ja jetzt Schluss mit den kalten, schlaflosen Nächten? Vielleicht würde sie diesen trostlosen Ort heute endlich verlassen?

»Los, wir müssen runter«, drängte Gisbert und lief bereits mit Mona zur Tür.

Milou folgte ihnen. Der Schlafsaal befand sich im vierten Stock des alten, schmalen Grachtenhauses - das hauptsächlich aus dunklen Schatten und losen Bodendielen bestand und von abblätternder Farbe zusammengehalten wurde. Milou stapfte die heimtückisch steile Treppe hinunter, vorbei an der Flickwerkstatt im dritten Stock, der Wäscherei im zweiten und dem Klassenzimmer im ersten. Gisbert überwand das Treppenhaus quasi im Sturzflug, immer drei Stufen auf einmal nehmend, während Mona zu schweben schien, geschmeidig und vollkommen lautlos.

Das Erdgeschoss war der einzige Bereich, der nicht aussah, als würde er zusammenklappen, sobald mal jemand kräftig nieste. Der Marmorfußboden war spiegelglatt gebohnert, die Wände waren in einem charmanten Violett gestrichen und in der Ecke tickte und tockte eine große Standuhr. Eine zusammengewürfelte Kinderschar versuchte gerade, sich in einer Reihe vor der Wand aufzustellen: die Jüngsten am einen Ende, die Ältesten am anderen. Und alle waren sie hektisch dabei, sich präsentabel zu machen: Fettflecken wurden weggerubbelt, Hemden in Hosen gestopft, Unterröcke zurechtgezupft, Strümpfe hochgezogen. Doch trotz aller Bemühungen konnten sie nicht verbergen, was sie waren: schmuddelige, hungrige, verzweifelte Waisenkinder.

Gisbert und Mona glitten in die Reihe, während drei kleine braune Ratten in unterschiedliche Richtungen über den Marmorboden davonschossen. Ein Mädchen mit einer Weste über dem blauen Baumwollkleid rubbelte am Hemdsärmel eines Jungen mit kohlschwarzen Haaren. Sie warf Milou einen besorgten Blick zu.

»Wieso hast du so lange gebraucht?«, fragte Lotta und bemerkte erst jetzt Milous Kleid und die Katzenmarionette. »Egal, hilf mir lieber, den Kohlenstaub von Mads´ Hemd abzubekommen.«

Milou schnappte sich den anderen Ärmel des Jungen und rieb mit der Innenseite ihres Ärmels darauf herum. Aber die Kohle verschmierte nur zu einem undefinierbaren Grauton.

»Gassbeek wollte noch ein Porträt«, sagte Mads entschuldigend, als er ihnen schließlich das Hemd entzog und vorsichtig sein rußgeschwärztes Halstuch zurechtrückte. »Ich hatte keine Zeit mehr, mich umzuziehen.«

»Kein Problem«, sagte Milou. »Es ist nur ...«

Das Ohrkribbeln fing wieder an - und diesmal war es ein Tausend-Stecknadeln-Kribbeln. Milou zog Lotta neben Gisbert in die Reihe und stellte sich neben sie. Sie hatte kaum Position bezogen, als ein vertrautes Geräusch aus dem Flur drang, der zum »Verbotenen Bereich« führte....
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Hana Tooke wuchs bei Amsterdam auf und zog mit zwölf Jahren nach England. Sie arbeitete als Grundschullehrerin, bevor sie Literarisches Schreiben in Bath studierte und ihr Debüt schrieb. Dort lebt sie immer noch, mit zwei Menschen und einer Katze.