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Schneewittchen schläft

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am21.06.2021
Das Mädchen sagt nur ein Wort: »Daddy«. Sie blickt Gabe von der Rückbank des Autos vor ihm an. Dann ist der fremde Wagen verschwunden und mit ihm Gabes fünfjährige Tochter Izzy. Er wird sie nie mehr wiedersehen. Drei Jahre später verbringt Gabe seine Tage und Nächte noch immer damit, die Autobahn abzufahren, besessen von der Hoffnung, sie zu finden. Auch Fran und ihre Tochter Alice sind unterwegs auf den Straßen Englands. Aber sie sind nicht auf der Suche, sie sind auf der Flucht. Denn Fran kennt die Wahrheit. Sie weiß, was damals mit Izzy geschah. Und was ihre Verfolger tun werden, wenn Alice und sie ihnen in die Hände fallen ...

C.J. Tudor wuchs in Nottingham auf, wo sie auch heute mit ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter lebt. Ihr erster Thriller »Der Kreidemann« sorgte international für Furore und wurde in 40 Länder verkauft. Auch ihre nachfolgenden Thriller, alle im Goldmann Verlag erschienen, waren große SPIEGEL-Bestsellererfolge.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDas Mädchen sagt nur ein Wort: »Daddy«. Sie blickt Gabe von der Rückbank des Autos vor ihm an. Dann ist der fremde Wagen verschwunden und mit ihm Gabes fünfjährige Tochter Izzy. Er wird sie nie mehr wiedersehen. Drei Jahre später verbringt Gabe seine Tage und Nächte noch immer damit, die Autobahn abzufahren, besessen von der Hoffnung, sie zu finden. Auch Fran und ihre Tochter Alice sind unterwegs auf den Straßen Englands. Aber sie sind nicht auf der Suche, sie sind auf der Flucht. Denn Fran kennt die Wahrheit. Sie weiß, was damals mit Izzy geschah. Und was ihre Verfolger tun werden, wenn Alice und sie ihnen in die Hände fallen ...

C.J. Tudor wuchs in Nottingham auf, wo sie auch heute mit ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter lebt. Ihr erster Thriller »Der Kreidemann« sorgte international für Furore und wurde in 40 Länder verkauft. Auch ihre nachfolgenden Thriller, alle im Goldmann Verlag erschienen, waren große SPIEGEL-Bestsellererfolge.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641265090
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum21.06.2021
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1927 Kbytes
Artikel-Nr.5425427
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1
Montag, 11. April 2016
M1, Fahrtrichtung Norden

Als Erstes fielen ihm die vielen Aufkleber auf, mit denen die Heckscheibe und der Stoßfänger vollgeklebt waren.

Hupe, wenn du geil bist.

Fahr mir nicht nach, ich kenn mich auch nicht aus.

Wer so fährt wie ich, glaubt auch an Gott.

Hupe kaputt. Achten Sie auf den Finger.

Real men love Jesus.

Nicht gerade ein einheitlicher Auftritt. Eines kam trotzdem sofort rüber: Der Fahrer war ein Blödmann, das stand außer Frage. Einer von denen, die auch Motto­shirts trugen und auf der Arbeit diesen Spruch an der Wand hatten: Man muss nicht wahnsinnig sein, um hier zu arbeiten, aber es erleichtert die Sache ungemein. Dazu das Bild eines Schimpansen, der sich an den Kopf fasst.

Gabe fragte sich, wie der Kerl durch die Heckscheibe überhaupt noch etwas sehen konnte. Immerhin, er bot Lesestoff für alle, die im Stau hinter ihm standen. Wie gerade wieder. Die Baustelle, an der sich die Blechkarawane gerade vorbeiquälte, existierte gefühlt seit der Jahrtausendwende. Fertigstellung vermutlich irgendwann im nächsten Jahrhundert, falls nichts dazwischenkam.

Gabe seufzte und trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad, als ließe sich der Verkehrsfluss dadurch beschleunigen oder eine Zeitmaschine in Gang setzen. Er war schon jetzt so gut wie zu spät. Also noch nicht wirklich zu spät. Noch nicht. Theoretisch konnte er immer noch pünktlich zu Hause sein. Große Hoffnung hatte er aber nicht. Die Hoffnung war bereits hinter der Ausfahrt 19 gestorben, wo viele andere so schlau waren, auf ihr Navi zu hören und die Umleitung über die Landstraße zu nehmen.

Was besonders frustrierend war: An diesem Tag war er sogar pünktlich losgefahren. Und bis halb sieben zu Hause zu sein schien eigentlich machbar. Halb sieben, damit Izzy ihn zumindest an diesem Tag zu Gesicht bekam. Um halb sieben wurde zu Abend gegessen, danach hieß es für Izzy: ab ins Bett. Das war alles. Er hatte es Jenny sogar ausdrücklich versprochen.

»Nur einen Abend in der Woche, mehr verlange ich nicht. Ein einziges Mal, wo wir gemeinsam zu Abend essen und du Izzy noch etwas vorliest. Können wir nicht wenigstens einmal so tun, als wären wir eine ganz normale Familie?«

Das tat weh. Und sollte es wohl auch.

Klar, er hätte jetzt darauf verweisen können, dass er es war, der die Kleine am Morgen schulfein gemacht hatte, da Jenny ja schon so früh einen Kundentermin hatte. Und wer, bitte, hatte Izzys Kinn mit Bepanthen verarztet, als ihre unberechenbare Katze aus der Auffangstation die Krallen ausgefahren hatte? Übrigens ein Tier, das von Jenny ins Haus geholt worden war, nicht von ihm.

Aber er sagte nichts von alledem. Weil sie beide ganz genau wussten, dass es seine chronische Abwesenheit nicht wettmachte. Und normalerweise war Jenny ­jemand, mit dem man reden konnte. Nur in puncto Fami­lienleben hatte sie klare Vorstellungen. Wenn man da eine bestimmte Grenze überschritt, beruhigte sie sich so schnell nicht mehr.

Und genau dafür liebte er sie, ihr Löwenherz bei allem, was Izzy betraf. Gabes eigene Mutter hatte eher die Wodkaflasche zu ihrem Lebensmittelpunkt gemacht, und seinen Vater hatte er sowieso nicht gekannt. Er, Gabe, hatte sich vorgenommen, es einmal anders zu machen als seine Mutter, ganz anders. Er selbst würde seine Tochter nie im Stich lassen.

Allerdings wurde er einmal mehr von der Realität ausgebremst und hing jetzt in diesem vermaledeiten Stau fest. Und für Izzy blieb wieder mal keine Zeit. Was Jenny dazu sagen würde, konnte er sich ausmalen - und ließ es genau deswegen.

Er hatte noch versucht, sie anzurufen, aber nur die Mailbox erreicht. Jetzt stand sein Akku auf ein Prozent und das Handy kurz vor der Selbstabschaltung, und ausgerechnet an diesem Tag hatte er sein Ladegerät zu Hause gelassen. Wie gern hätte er in diesem Moment das Gaspedal niedergetreten und das rollende Blech vor ihm mit Bulldozergewalt aus dem Weg geräumt. Ging natürlich nicht. Deshalb blieb ihm auch nichts weiter übrig, als in ohnmächtiger Wut das Lenkrad zu bearbeiten und auf diesen kleinen Stinker zu starren, der mit einem Heck voller Aufkleber vor ihm herschlich.

Diese Scheißaufkleber waren wirklich historisch. Und so vergammelt, dass sie schon Wellen warfen. Nicht anders als die ganze Karre. Alter Ford Cortina oder so was in der Art, vermutlich noch in Originallackierung, Knallorange aus den Siebzigern. Doch die Farbe war defi­nitiv im Herbst ihres Lebens angelangt, das alte Leuchten in etwa so brillant wie ein schmutziges Heftpflaster. Angegrabbeltes Abendrot.

Stilecht jedenfalls die rußigen Abgasschleier, die der Wagen hinter sich herzog. Auf dem ehemals verchromten Stoßfänger blühte der Rost, und eine Herstellerplakette war auch nirgendwo zu sehen. Hatte sich sicher ebenso verabschiedet wie die eine Hälfte des Kennzeichens, von dem nur die Buchstaben T und N sowie Fragmente einer Zahl (6 oder 8) geblieben waren. Gabe verzog abschätzig den Mund. War so etwas überhaupt zulässig? Er konnte sich nicht vorstellen, dass so ein Schrotthaufen noch durch die Hauptuntersuchung kam. Ähnliches galt vermutlich für den Fahrer. Führerschein Fehlanzeige. Also lieber nicht so dicht auffahren.

Er überlegte noch, ob er - sicher ist sicher - die Spur wechseln sollte, als zwischen den Aufklebern im Heckfenster plötzlich das Gesicht dieses kleinen Mädchens auftauchte. Ein rundes Gesicht mit roten Bäckchen, vielleicht fünf, sechs Jahre alt mit zwei kurzen blonden, abstehenden Zöpfen.

Sein erster Gedanke: Haben die keinen Kindersitz? Kinder müssen angeschnallt sein.

Sein zweiter: Izzy!

Das Mädchen sah ihn an und riss auf einmal die Augen auf. Öffnete auch den Mund, wobei eine Zahnlücke sichtbar wurde. Er erinnerte sich, wie er den Zahn in ein Kleenex gewickelt und unter ihr Kopfkissen gesteckt hatte - für die Zahnfee.

Ihre Lippen bildeten - unhörbar für ihn - das Wort Daddy. Daddy!

Dann langte eine fremde Hand nach hinten und zog das Mädchen von der Heckscheibe weg, worauf es nicht mehr zu sehen war. Fort, als wäre es nie da gewesen.

Er starrte auf das leere Fenster des vorausfahrenden Fahrzeugs.

Izzy!

Das gab´s doch gar nicht!

Izzy war zu Hause bei ihrer Mutter. Schaute sicher gerade Disney Channel, während Jenny das Abendessen vorbereitete. Wie also konnte sie gleichzeitig in einem fremden Auto sein und nicht einmal angeschnallt? Wohin fuhr sie da? Und mit wem?

Aber die vielen Aufkleber verdeckten die Sicht auf den Fahrer. Oberhalb von Hupe, wenn du geil bist sah er zwar die Spitze eines Schädels, aber mehr auch nicht. Er hupte trotzdem, betätigte sogar die Lichthupe. Der vorausfahrende Wagen schien einen Tick schneller zu werden. Sie näherten sich dem Ende der Baustelle, und die 50-Meilen-Schilder wechselten zu 70.

Izzy! Er gab Gas. Sein neuer Range Rover ging ab wie eine Rakete, aber die alte Rostlaube zog ebenfalls davon. Gabe beschleunigte weiter, sah, wie die Tachonadel die 70 hinter sich ließ, 75, 85 ... bis er schließlich doch aufholte. Urplötzlich scherte der orangefarbene Wagen auf die Mittelspur aus und zog auf der falschen Seite an mehreren Fahrzeugen vorbei. Gabe blieb dran und schnitt dabei einen Lkw, der mit ohrenbetäubendem Horn protestierte. Gabe spürte, wie sich sein Herz bemerkbar machte, als sei es ein fremdes Wesen. Beinahe so wie in dieser krassen Szene von Alien 3.

Der orangefarbene Wagen schlängelte sich in riskanten Manövern weiter durch den Verkehr, während Gabe zwischen einem Ford Focus und einem Toyota eingekeilt war. Verdammt, so kam er nicht weiter. Er blickte in den Rückspiegel, überholte den Toyota und kehrte auf die Mittelspur zurück, was im selben Moment auch ein Jeep probierte. Um ein Haar hätte er ihn gerammt. Gabe stieg auf die Bremse, worauf der Jeep seine Warnblinkanlage einschaltete und ihm den Stinkefinger zeigte.

»Du mich auch, du dämlicher Wichser!«

Unterdessen hatte der Fahrer der Schrottkarre weiter an Vorsprung gewonnen und legte sogar zu, indem er sich dreist in jede Lücke drängelte. Gabe gab sich geschlagen. Bei dieser Fahrweise kam er nicht mit, zu gefährlich.

Und überhaupt, wer sagte, dass er sich nicht geirrt hatte? Das Ganze war doch vollkommen absurd. Izzy hier auf der Autobahn? Unmöglich. Was sollte sie hier? Und dann noch in diesem Auto. Er war müde und abgespannt, die Dunkelheit brach herein. Es musste irgendein anderes Mädchen gewesen sein. Eines, das nur so aussah wie Izzy. Zugegeben, die Ähnlichkeit war verblüffend. Ein kleines Mädchen mit denselben blonden Zöpfen und derselben Zahnlücke im Frontbereich. Okay, so etwas kam vor. Aber auch ein Mädchen, das ihn mit Daddy ansprach? Im Ernst?

Ein Hinweisschild kündigte in einer halben Meile eine Rastanlage an. Er könnte kurz rausfahren und anrufen, das würde ihn sehr beruhigen. Aber er war eh schon spät dran und sollte zusehen, dass er nach Hause kam - einerseits. Andererseits, ein Anruf kostete nur wenige Minu­ten. Er war bereits in Höhe der Ausfahrt, also was jetzt? Von der Autobahn runter oder weiterfahren? Ja oder nein? Izzy. In letzter Sekunde riss er das Steuer nach links und bretterte über den weißen Rüttelstreifen der Ausfahrt, was weiteres hektisches Gehupe anderer Autos zur Folge hatte. Immerhin war damit eine Entscheidung getroffen.

Normalerweise mied Gabe...

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C.J. Tudor wuchs in Nottingham auf, wo sie auch heute mit ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter lebt. Ihr erster Thriller »Der Kreidemann« sorgte international für Furore und wurde in 40 Länder verkauft. Auch ihre nachfolgenden Thriller, alle im Goldmann Verlag erschienen, waren große SPIEGEL-Bestsellererfolge.