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Mein Herz ist wie das Meer

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
Verlag Krug & Schadenbergerschienen am06.11.20201. Auflage
'Mein Herz ist wie das Meer' - und aus diesem Grund will Amelie nie wieder eine Beziehung eingehen. Amelie ist bipolar, das heißt, sie schwankt zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. In ihren manischen Hochphasen malt sie wie besessen und schafft großartige Kunst. In ihren depressiven Phasen geht nichts mehr. Und schon gar keine Liebe. Amelies fester Vorsatz, sich von der Liebe fernzuhalten, gerät ins Wanken, als sie auf einer Zugfahrt der zauberhaften Zazou begegnet ... Ein langer Weg steht den beiden bevor, und erst ein großes Unglück bringt eine Kehrtwende. 'Mein Herz ist wie das Meer' zeigt, wie sich mit einer bipolaren Störung leben und lieben lässt - ein Buch, das die komplizierte Krankheit nicht beschönigt, aber Hoffnung macht. Und uns manches Mal befreiend lachen lässt.

Daniela Schenk, Jahrgang 1964, diplomierte Journalistin, lebt in Bern. Kurvenreiche Karriere mit Stationen bei: Genossenschaftskneipe, Nachtwache, Fernsehen, Werbung, Buchhandel, sozialpädagogischer Institution und Schulen. 'Mein Herz ist wie das Meer' ist ihr neuntes Buch. Weitere Informationen: www.daniela-schenk.ch.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR16,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

Klappentext'Mein Herz ist wie das Meer' - und aus diesem Grund will Amelie nie wieder eine Beziehung eingehen. Amelie ist bipolar, das heißt, sie schwankt zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. In ihren manischen Hochphasen malt sie wie besessen und schafft großartige Kunst. In ihren depressiven Phasen geht nichts mehr. Und schon gar keine Liebe. Amelies fester Vorsatz, sich von der Liebe fernzuhalten, gerät ins Wanken, als sie auf einer Zugfahrt der zauberhaften Zazou begegnet ... Ein langer Weg steht den beiden bevor, und erst ein großes Unglück bringt eine Kehrtwende. 'Mein Herz ist wie das Meer' zeigt, wie sich mit einer bipolaren Störung leben und lieben lässt - ein Buch, das die komplizierte Krankheit nicht beschönigt, aber Hoffnung macht. Und uns manches Mal befreiend lachen lässt.

Daniela Schenk, Jahrgang 1964, diplomierte Journalistin, lebt in Bern. Kurvenreiche Karriere mit Stationen bei: Genossenschaftskneipe, Nachtwache, Fernsehen, Werbung, Buchhandel, sozialpädagogischer Institution und Schulen. 'Mein Herz ist wie das Meer' ist ihr neuntes Buch. Weitere Informationen: www.daniela-schenk.ch.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783959172202
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum06.11.2020
Auflage1. Auflage
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1948 Kbytes
Artikel-Nr.5433019
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Zug um Zug

Es wäre Zufall,

wenn es Zufälle gäbe.

Mirette Kamal
Zazou

Alle Gegenstände ziehen sich an, egal wie weit sie voneinander entfernt sind. Das hat Newton herausgefunden. Und ich sollte es in den folgenden Jahren verstehen.

Die Anziehungskraft zwischen Gegenständen ist umso stärker, je schwerer die Körper sind und je näher sie sich kommen. Das erfuhr ich an jenem Januarmorgen, als eine schwere Tasche auf meinen Oberschenkel plumpste und mein Leben veränderte. Die Tasche fiel nicht seitwärts oder aufwärts, sondern dank der Gravitationskraft wie immer abwärts. Alles fällt auf die Erde, nur der Mond nicht, der bewegt sich schnell genug, um der irdischen Anziehungskraft zu trotzen, und ist doch groß genug, um die Erde zu beeinflussen: Er zieht das Wasser an wie ein Magnet und bewirkt Ebbe und Flut.

Das überlegte ich mir, als die schwere Tasche auf mir landete. Ich neige dazu, in schwierigen Momenten wissenschaftliche Überlegungen anzustellen, als Ablenkung. Der Oberschenkel schmerzte trotzdem.

»Sakrament, habe ich Sie erschlagen?« Die Attentäterin blickte mich zerknirscht an.

Als ich den Kopf schüttelte, atmete sie sichtlich auf und setzte sich mir gegenüber, sie holte ihren E-Reader aus der Mördertasche und begann zu lesen. Das gefiel mir. Ich vermeide Gespräche mit anderen Fahrgästen, weil ich sonst bei einem nächsten Aufeinandertreffen wieder reden müsste oder abschätzen, ob es drin läge, nur zu grüßen. Ich setzte die Kopfhörer auf und schloss die Augen, während mein Oberschenkel pochte. Kurz vor dem Hauptbahnhof tippte die Frau mir zum Abschied leicht auf die Schulter, lächelte entschuldigend und schleppte ihre Tasche Richtung Ausgang.

Am Abend entdeckte ich auf dem linken Oberschenkel einen großen blauen Fleck. Da kam mir die Tasche in den Sinn - nicht ahnend, dass dies die erste von vielen Spuren war, die diese Frau bei mir hinterlassen sollte.

Am nächsten Morgen setzte ich mich in den vordersten Wagen, was für mich ein großes Opfer bedeutete: Der hinterste kam im Hauptbahnhof an genau der richtigen Stelle zum Stehen, außerdem hasse ich es, Routinen zu ändern. Ich brachte dieses Opfer, weil ich mich vor herunterfallenden Taschen schützen und mit keiner Attentäterin plaudern wollte. An die Scheibe gelehnt schaute ich aus dem Fenster. Der Himmel hatte sich rot verfärbt, vermutlich würde es am Abend regnen. Die Landschaft schlummerte im rötlichen Zwielicht, ich schlummerte mit und ließ mich mit der Musik treiben.

Diese entzückende Idylle fand ihr Ende, als jemand etwas auf meinen Oberschenkel legte. Mit geschlossenen Augen fegte ich den Störenfried weg, dann erst schaute ich auf: vor mir eine gebeugte Gestalt, die sich nun aufrichtete und mich ansah. Eine Hand hielt mir etwas hin. Ich streifte die Kopfhörer ab.

»Wegen gestern«, erklärte die Frau.

»Wie bitte?«

»Weil ich Sie mit meiner Tasche fast erschlagen habe.«

Da erkannte ich sie: die Frau mit der Mordwaffe. Diesmal hatte sie das Haar nach hinten gebunden, ihre Wangen waren gerötet, die Finger von der Kälte rosa gefärbt. Sie setzte sich neben mich.

Unentschlossen schaute ich auf das Ding in meiner Hand. »Das wäre nicht nötig gewesen. Es ist ja nichts geschehen - nur ein blauer Oberschenkel und eine malträtierte Zeitung.«

»Oje! Ich kaufe Ihnen eine neue.«

»Das wird schwierig werden - es war eine Gratiszeitung.«

»Also doch mein Geschenk.« Sie hielt es mir vor die Nase.

»Schokolade. Mag ich leider nicht so.«

»Machen Sie Witze?!« Sie betrachtete einen Moment lang sehnsüchtig die Schokolade, die weit mehr war, nämlich eine pralle Praline, und dann sagte sie: »Na, dann halt nicht« und stopfte sich die Praline in den Mund. Ihre linke Wange sah aus, als wäre sie im neunten Monat schwanger. Als sie fertig gegessen hatte, seufzte sie und fuhr sich wie eine Katze mit der Zunge mehrmals über die Lippen. »Aarauer Brändli Bombe, im Kern Marzipan, drumherum dunkle Schokolade, gefolgt von einer cremigen Schicht, zuäußerst Milchschokolade mit Mandelsplittern durchsetzt.«

»Ziemlich viele Mandeln. Ich bin allergisch gegen Mandeln.«

»Nur ein paar Mandelsplitter.«

»Was ist mit dem Marzipan?«

Verständnisloser Blick.

»Marzipan besteht aus Mandeln.«

»Das wäre mir das Neueste.« Neugierig geworden, zog die Frau das Handy aus der Manteltasche, befragte Siri und las den Wikipedia-Eintrag über Marzipan.

»Da bellt der Kuckuck - Sie haben recht!«

»Ich habe meistens recht.«

»So?« Sie drückte, bis Siri sich wieder in Form eines Strichs meldete, und fragte: »Hat meine Zugnachbarin immer recht?«

Siris Antwort: Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstanden habe.

»Lügt meine Zugnachbarin?«

Siri wieder: Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstanden habe.

»Wer ist meine Zugnachbarin?«

Und Siri: Interessante Frage, Amelie.

Diese seltsame Frau hieß also Amelie. Laut sagte ich: »Siri ist eben auch nur kein Mensch.«

Amelie nickte. Sie schaute hinaus, die Welt spiegelte sich glitzernd in ihren dunklen Augen. »Ich bin gespannt, ob man heute die Berge sieht: Welches Glückgefühl, wenn sie gestochen scharf dastehen oder eine verträumte Ahnung am Horizont sind. Tagelang halten sie sich verborgen, und plötzlich stehen sie da und tun so, als wären sie nie weggewesen.«

Am Horizont zeigten sich graue Wolken, die Berge waren nicht auszumachen, ein typischer Januarmorgen.

Als wir im Bahnhof einfuhren, stand Amelie auf, die Tasche schon geschultert. »Dir einen schönen Tag, du Pralinenverächterin.« Lächelnd hob sie die Hand zum Gruß und strebte dem Ausgang entgegen, obschon der Zug noch gar nicht hielt. Sie hatte es wohl eilig. Und sie hatte mich geduzt.

Es macht mir nichts aus, nach der Arbeit den Zug zu nehmen, aber es macht mir etwas aus, dass andere das ebenfalls tun. Ich frage mich, warum Menschen nicht harmonisch im Gleichschritt gehen können - vor allem im Gleichschritt mit mir. Warum stoppen sie abrupt vor mir oder trampeln beim Vorbeihasten meine Füße platt? Zombies mit Handy vor der Nase rammen mich oder täten es, wenn ich nicht zur Seite springen würde. Reisende mit Rollkoffern begreifen nicht, dass ihr Wirkungskreis sich durch das Gepäck fast verdoppelt, und schauen mich entrüstet an, wenn sie mir ein Bein stellen. Und warum stehen gesunde Menschen auf Rolltreppen, anstatt zügig voranzugehen? Manchmal höre ich, wie jemand zu seiner Begleitung stöhnt: Ach, die vielen Leute, wie nervig! Offensichtlich zählen sie sich nicht zu den Leuten. Wie schön mussten es unsere Vorfahren gehabt haben, als sie höchstens mit Mammuts oder Bäumen kollidierten - keine Probleme mit Bahnhöfen samt Rollkoffern und -treppen.

An diesem Abend stand ich unruhig auf dem Bahnsteig, weil ich befürchtete, Amelie zu begegnen. Gerade abends bin ich froh um Ruhe. Ich äugte um mich, bereit, mich hinter Säulen, Werbetafeln oder dicken Menschen zu verstecken. Zu meiner Erleichterung tauchte sie nicht auf.

Raffiniert wie ich bin, stieg ich am folgenden Morgen in einen mittleren Wagen ein - Amelie würde mich nicht finden. Amelies Station kam. Ich atmete gerade schon auf, als eine strahlende Amelie vor mir stand. Verflixt! Sie warf die Tasche auf den Boden und nahm mir gegenüber Platz. Keine höfliche Frage, ob der Platz noch frei sei. Durchsuchte Amelie etwa den Zug nach mir? Eine äußerst unangenehme Vorstellung!

Amelie grüßte mich mit einem kleinen Lächeln in den Mundwinkeln. Das schwarze Haar trug sie offen - ein Großteil davon steckte unter einer dunkelblauen Wollmütze mit weißen Tupfen. Sie blickte mich prüfend an. »Was magst du so?«

»Ich verstehe nicht.«

»Was magst du auf die gleiche Weise wie ich Brändli Bomben?«

»Da müsste ich erst wissen, auf welche Weise du sie magst.«

»Wenn sich jemand frühmorgens einen Schokoladenball in den Mund stopft, dann wohl auf gierige Weise. Mein Geschenk war wieder einmal der Beweis: Man schenkt oft das, was einem selber gefällt, nicht unbedingt der anderen. Das ist der Grund, warum viele Geschenke in einer Ecke verstauben, im Küchenschrank vergammeln oder weiterverschenkt werden.«

»Ich schenke nie Dinge, die nicht...
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