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Die gefallene Stadt

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
464 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am21.04.20211. Auflage
Als Bürger des Vereinigten Königreichs waren sie Achtung, ja Bewunderung gewöhnt. Doch im Jahr 1940 wird es für Harriet und Guy Pringle in Bukarest zunehmend ungemütlich. Sie spüren den Stimmungswechsel, in den Cafés übersieht man sie, die rumänischen besseren Kreise suchen die Nähe der Deutschen. In den Straßen der Haupstadt herrscht Mangel an allem, wütet der faschistische Terror der Eisernen Garde, sieht man immer mehr deutsche Uniformen. Dass über kurz oder lang die Wehrmacht einmarschieren wird, davon geht jedermann aus. Umso bestürzter ist Harriet, als Guy dem fahnenflüchtigen Sohn eines jüdischen Bekannten Unterschlupf bietet. Und da weiß sie noch gar nicht, wer die hochgeheimen Unterlagen aus Guys Schreibtisch in die Hand bekommen hat .... 'Es wäre überraschend oder geradezu schockierend, wenn dieses Werk nicht Anerkennung fände als eine der großen Leistungen der englischen Romanliteratur seit dem Kriege.' (The New York Times)

Olivia Manning wurde 1908 in Portsmouth geboren und wuchs in Nordirland auf. Nach einer Ausbildung als Malerin an der Portsmouth School of Art zog sie nach London und begann zu schreiben. Ihre ersten Bücher veröffentlichte sie unter einem männlichen Pseudonym. Der erste Roman unter eigenem Namen, 'The Wind Changes', erschien 1937. Während des Zweiten Weltkriegs flüchtete sie mit ihrem Ehemann nach Griechenland und danach nach Jerusalem. Ihre dortige Zeit bis 1945 und ihre Erfahrungen im britischen Protektoratsgebiet Palästina verarbeitete sie in ihrem ersten großen Erfolg 'School for Love' von 1951 (dt. erst 2013 als Abschied von der Unschuld).Mannings bekanntestes Werk ist 'Fortunes of War', das aus zwei Trilogien besteht ('The Balkan Trilogy' und 'The Levant Trilogy' -; es zeichnet die Kriegserfahrungen einer Gruppe von Engländern auf, die während des Zweiten Weltkrieges zwischen Rumänien, Griechenland, Ägypten und Palästina hin- und herwandern. Teile des Inhalts wurden zu einer TV-Serie mit Emma Thompson und Kenneth Branagh in den Hauptrollen.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAls Bürger des Vereinigten Königreichs waren sie Achtung, ja Bewunderung gewöhnt. Doch im Jahr 1940 wird es für Harriet und Guy Pringle in Bukarest zunehmend ungemütlich. Sie spüren den Stimmungswechsel, in den Cafés übersieht man sie, die rumänischen besseren Kreise suchen die Nähe der Deutschen. In den Straßen der Haupstadt herrscht Mangel an allem, wütet der faschistische Terror der Eisernen Garde, sieht man immer mehr deutsche Uniformen. Dass über kurz oder lang die Wehrmacht einmarschieren wird, davon geht jedermann aus. Umso bestürzter ist Harriet, als Guy dem fahnenflüchtigen Sohn eines jüdischen Bekannten Unterschlupf bietet. Und da weiß sie noch gar nicht, wer die hochgeheimen Unterlagen aus Guys Schreibtisch in die Hand bekommen hat .... 'Es wäre überraschend oder geradezu schockierend, wenn dieses Werk nicht Anerkennung fände als eine der großen Leistungen der englischen Romanliteratur seit dem Kriege.' (The New York Times)

Olivia Manning wurde 1908 in Portsmouth geboren und wuchs in Nordirland auf. Nach einer Ausbildung als Malerin an der Portsmouth School of Art zog sie nach London und begann zu schreiben. Ihre ersten Bücher veröffentlichte sie unter einem männlichen Pseudonym. Der erste Roman unter eigenem Namen, 'The Wind Changes', erschien 1937. Während des Zweiten Weltkriegs flüchtete sie mit ihrem Ehemann nach Griechenland und danach nach Jerusalem. Ihre dortige Zeit bis 1945 und ihre Erfahrungen im britischen Protektoratsgebiet Palästina verarbeitete sie in ihrem ersten großen Erfolg 'School for Love' von 1951 (dt. erst 2013 als Abschied von der Unschuld).Mannings bekanntestes Werk ist 'Fortunes of War', das aus zwei Trilogien besteht ('The Balkan Trilogy' und 'The Levant Trilogy' -; es zeichnet die Kriegserfahrungen einer Gruppe von Engländern auf, die während des Zweiten Weltkrieges zwischen Rumänien, Griechenland, Ägypten und Palästina hin- und herwandern. Teile des Inhalts wurden zu einer TV-Serie mit Emma Thompson und Kenneth Branagh in den Hauptrollen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644005488
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum21.04.2021
Auflage1. Auflage
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2735 Kbytes
Artikel-Nr.5447704
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1 Das Erdbeben
1

Die Karte von Frankreich war aus dem Schaufenster des Deutschen Propagandabüros verschwunden und durch eine Karte der Britischen Inseln ersetzt worden. Die Leute entspannten sich. Es herrschte Bedauern darüber, dass ihr alter Verbündeter zum nächsten Opfer werden sollte, aber es hätte schließlich auch Rumänien selbst treffen können.

Der ausgehende Juni brachte eine trockene, staubige Hitze nach Bukarest. Das Gras in den öffentlichen Parks verdorrte. An der Chaussée kräuselten sich die Blätter der Linden und Kastanien in einem Wind, der an den heißen Atem eines Hochofens erinnerte, wurden braun und trocken und fielen zu Boden, als wäre es bereits Herbst. Jeder Tag begann damit, dass unbarmherziges weißes Licht durch die Ritzen der Jalousien und Fensterläden gleißte. Wenn die Menschen auf den Balkonen frühstückten, hing der Geruch von Hitze in der Luft. Bis zur Mittagszeit hatte sich der Goldbarren der Sonne am Himmel aufgelöst wie in einem Bottich geschmolzenen Silbers. Über dem aufgeweichten Asphalt der Straßen schimmerten Luftspiegelungen. Die blendende Helle schmerzte in den Augen.

An den Nachmittagen ballte sich die heiße Luft zwischen den Häuserwänden. Erschlagen davon lagen die Menschen daheim und schliefen. Wenn die Büros zur Mittagszeit schlossen, hingen die Angestellten in Trauben an den Straßenbahnwaggons und kämpften sich nach Hause in ihre abgedunkelten Schlafzimmer. Um fünf, wenn sich die Luft anfühlte wie Filz, öffneten die Büros wieder, doch die Reichen und die Arbeitslosen regten sich bis in den Abend hinein nicht.

Es war Abend, als das Gerücht von dem Ultimatum Kreise zog. Auf den Straßen wimmelte es von Menschen, die im Licht des Sonnenuntergangs umherbummelten.

Passanten sahen sich die Karte im Deutschen Propagandabüro an und spekulierten darüber, wie lange die Briten wohl noch standhalten würden. Da hörten sie von der Forderung der Russen, und Großbritannien war vergessen.

Die Forderung war natürlich nicht offiziell bekanntgegeben worden. In den Abendzeitungen tauchte sie nicht auf. Wie es bei allem, was für Beunruhigung sorgen konnte, der Fall war, versuchten die Behörden sie geheim zu halten, doch in Bukarest konnte nichts lange geheim bleiben. Der sowjetische Gesandte hatte das Ultimatum kaum überbracht, da wurden die Einzelheiten bereits den Journalisten im Athénée Palace Hotel zugetragen. Russland verlangte die Rückgabe Bessarabiens sowie eines Teilstücks der Bukowina, auf das es nicht wirklich einen Anspruch hatte. Das Ultimatum sollte um Mitternacht des folgenden Tages ablaufen.

Nur wenige Minuten nach ihrem Eintreffen bei den Journalisten im Hotel drang die Nachricht hinaus auf die bevölkerten Straßen und wurde in den Restaurants und Cafés weitergegeben. Besorgnis steigerte sich augenblicklich zu großer Unruhe, denn schnell aufflammende Hysterie war in der Hauptstadt ein verbreiteter Gemütszustand.

An diesem Abend saß Guy Pringle, Englisch-Dozent an der Universität, mit seiner Frau Harriet im Mavrodaphne. Jemand kam herein, rief etwas in den großen, hell erleuchteten Raum, und augenblicklich brach Tumult aus. Die Leute sprangen auf, schrien etwas nach rechts und nach links, Fremde stritten mit Fremden. Die Pringles hörten, wie den Juden die Schuld gegeben wurde, den Kommunisten, den unterlegenen Alliierten, Madame Lupescu, dem König und dem verhassten Oberhofmarschall des Königs, UrdÄrianu - aber woran gab man ihnen die Schuld?

Harriet, eine schmale Frau, die während ihrer Monate in dieser sich auflösenden Gesellschaft noch dünner geworden war, wurde inzwischen bei jeder Art von Aufregung um sie herum nervös. Sie sagte: «Bestimmt sind es die Deutschen. Wir sitzen in der Falle», denn Gerüchte über eine bevorstehende deutsche Invasion gab es ständig.

Guy versuchte, am Nachbartisch etwas in Erfahrung zu bringen. Der Mann, den er ansprach, erkannte ihn sofort als Engländer und schleuderte ihm auf Englisch entgegen: «Sir Stafford Cripps ist schuld an dieser Sache!»

«An welcher Sache?»

Der Mann antwortete: «Er hat die Russen dazu angestiftet, uns unser Bessarabien wegzunehmen.»

«Und», ergänzte seine weibliche Begleitung, «uns unsere Bukowina mit ihren herrlichen Wäldern zu stehlen.»

Guy, ein großer junger Mann, dessen sanfte und harmlose Ausstrahlung durch seine Brille noch unterstrichen wurde, antwortete mit der für ihn typischen Aufgeräumtheit und wies darauf hin, dass Cripps erst am selben Morgen in Moskau eingetroffen sei und deswegen kaum in der Lage gewesen sein dürfte, irgendjemanden zu irgendetwas anzustiften. Das Paar am Nachbartisch jedoch wandte sich unwillig ab.

Harriet sagte: «Man möchte beinahe annehmen, dass niemand die Russen zuvor für eine Gefahr gehalten hat.» Tatsächlich jedoch waren die Kommunisten mit ihrem gottlosen marxistischen Glauben in Bukarest gefürchteter als die Nazis.

Sobald er hörte, dass englisch gesprochen wurde, sprang ein älterer Mann von einem Tisch in der Nähe auf und rief allen in Erinnerung, dass Großbritannien Rumäniens Sicherheit garantiert hatte. Was würden die Briten also tun, jetzt, da Rumänien bedroht wurde? «Nichts, nichts!», schrie er erbost. «Sie sind erledigt!» Er stieß seinen Sonnenschirm aus Tussahseide in Richtung der Pringles in die Luft.

Harriet blickte sich unbehaglich um. Als sie vor zehn Monaten in Bukarest eingetroffen war, hatte man den Briten hier Respekt entgegengebracht. Jetzt, wo sie sich auf der Verliererseite befanden, respektierte man sie nicht mehr. Halb fürchtete Harriet schon, tätlich angegriffen zu werden - doch dazu kam es nicht. Man hegte nach wie vor etwas wie Zuneigung für die einstmals große Schutzmacht, die man nun dem Untergang geweiht glaubte.

Da sie keine Furcht zeigen wollten, blieben die Pringles inmitten des Aufruhrs sitzen, dessen Grundtenor sich plötzlich veränderte. Ein Mann hatte sich erhoben und zog durch die ruhige Besonnenheit seiner Rede Aufmerksamkeit auf sich. Er fragte, ob sie sich nicht vielleicht verfrüht Sorgen machten. Es stimme zwar, dass Großbritannien nichts für Rumänien tun könne, aber wie stehe es mit Hitler? Habe der König nicht kürzlich die Seiten gewechselt? Er könne nun die Deutschen herbeirufen. Wenn der Führer von diesem Ultimatum erführe, würde er Stalin zwingen, es zurückzuziehen.

Ah! Das Geschrei ebbte ab. Die Menschen sogen diese Beschwichtigung gierig auf und nickten einander zu. Diejenigen, die sich am meisten geängstigt hatten, wurden augenblicklich heiter und hoffnungsfroh. Diejenigen, die sich am lautesten beklagt hatten, taten nun laut ihre Zuversicht kund. Es war noch nichts verloren. Hitler würde sie beschützen. Ausnahmsweise einmal kam der König in den Genuss von Zustimmung. Seine Verschlagenheit, unter der das Land so lange gelitten hatte, wurde nun mit Beifall bedacht. Er hatte sich genau im richtigen Augenblick zugunsten der Achsenmächte ausgesprochen. Es bestand kein Zweifel daran, dass er sich als der Retter seines Landes erweisen würde.

Die plötzliche Euphorie verbreitete sich genauso schnell wie zuvor die Panik. Die Pringles gingen durch Straßen nach Hause, in denen sich die Menschen gegenseitig gratulierten, als hätten sie einen Sieg errungen. Doch am nächsten Morgen begannen die Flüchtlingswagen aus dem Norden einzutreffen. Grau von Staub und mit Gepäckbergen auf den Dächern, sahen sie aus, wie vor zehn Monaten die polnischen Automobile ausgesehen hatten, als sie in Bukarest Einzug gehalten hatten.

Die Automobile brachten die deutschen Landbesitzer Bessarabiens in die Stadt, die auf die Warnung der deutschen Gesandtschaft hin geflohen waren - nicht aus Furcht vor den Russen, sondern vor den Bauern, bei denen sie verhasst waren. Ihr Auftauchen sorgte für eine neue Welle der Beunruhigung, denn wenn jemand über Hitlers Absichten hätte Bescheid wissen müssen, waren wohl sie es, und doch waren sie geflohen.

Von der Wohnung der Pringles aus konnte man den großen Platz überblicken. Im Laufe des Vormittags strömten immer mehr Menschen dorthin, blieben stumm stehen und sahen in Richtung Palast.

Prinz Jakimov, ein Engländer russischer Abstammung, den Harriet widerwillig als Gast in ihrer Wohnung tolerierte, kam von seinem Lieblingsort zurück, der Englischen Bar, und verkündete: «Alle sind sehr optimistisch, mein liebes Mädchen. Ich bin sicher, man wird eine Lösung finden.» Und nachdem er gespeist hatte, zog er sich zu einem sorglosen Schläfchen zurück.

Guy beaufsichtigte die Semester-Abschlussprüfungen und kam zum Mittagessen nicht nach Hause. Am Nachmittag trat Harriet auf den Balkon hinaus und sah die Menschenmenge noch immer in der sengenden Sonne stehen. Die Siesta war traditionell die Zeit für die Liebe, aber nun hatte niemand mehr die Nerven, zu schlafen oder Liebe zu machen. Es gab noch immer keine Bestätigung des Ultimatums, doch war bekannt geworden, dass der König den Kronrat einberufen hatte. Die Minister waren in ihren weißen Uniformen nicht zu verkennen. Alle sahen, wie sie eintrafen.

Direkt unter Harriets Balkon befand sich eine kleine byzantinische Kirche mit goldenen Kuppeln und verzierten Kreuzen. Ihre Pforte knarrte andauernd, als die Leute kamen und um Hilfe beteten.

Die Kirche war von verwaisten Baustellen umgeben, denn der Krieg hatte die «Verschönerungsarbeiten» des Königs zum Erliegen gebracht. Hinter diesen Ruinen lagen unter der sengenden Sonne der Platz mit der...
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Olivia Manning wurde 1908 in Portsmouth geboren und wuchs in Nordirland auf. Nach einer Ausbildung als Malerin an der Portsmouth School of Art zog sie nach London und begann zu schreiben. Ihre ersten Bücher veröffentlichte sie unter einem männlichen Pseudonym. Der erste Roman unter eigenem Namen, 'The Wind Changes', erschien 1937. Während des Zweiten Weltkriegs flüchtete sie mit ihrem Ehemann nach Griechenland und danach nach Jerusalem. Ihre dortige Zeit bis 1945 und ihre Erfahrungen im britischen Protektoratsgebiet Palästina verarbeitete sie in ihrem ersten großen Erfolg 'School for Love' von 1951 (dt. erst 2013 als Abschied von der Unschuld).Mannings bekanntestes Werk ist 'Fortunes of War', das aus zwei Trilogien besteht ('The Balkan Trilogy' und 'The Levant Trilogy' -; es zeichnet die Kriegserfahrungen einer Gruppe von Engländern auf, die während des Zweiten Weltkrieges zwischen Rumänien, Griechenland, Ägypten und Palästina hin- und herwandern. Teile des Inhalts wurden zu einer TV-Serie mit Emma Thompson und Kenneth Branagh in den Hauptrollen.Silke Jellinghaus, geboren 1975, ist Übersetzerin, Autorin und Lektorin und lebt in Hamburg. Unter anderem hat sie Jojo Moyes und Graham Norton übersetzt.