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Das geistliche Amt im Wandel

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
228 Seiten
Deutsch
Evangelische Verlagsanstalterschienen am01.02.20181. Auflage
In den letzten Dekaden haben sich das Profil, die Aufgabenstellungen und die Rahmenbedingungen des geistlichen Amtes grundlegend verändert. Fachwissenschaftler aus den Bereichen Pastoraltheologie, Systematischer und Historischer Theologie, Medienwissenschaft, Genderforschung, Ökumene und Liturgik betrachten und analysieren aus unterschiedlichen Blickwinkeln diese Veränderungsprozesse. Dazu bringen drei Personen, die in kirchenleitender Stellung den Wandel mit verantworten und begleiten, weitere Perspektiven ein. [Ministry in Transition. Developments and Perspectives] In the last decades there has been a fundamental change in the profile, tasks and framework conditions of the ministry. Experts from the field of pastoral theology, systematic and historical theology, media studies, gender studies, ecumenism and liturgics consider and analyze from different perspectives the processes of change. Furthermore, three church leaders, sharing responsibility in these processes and accompanying them, offer further perspectives.mehr
Verfügbare Formate
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Produkt

KlappentextIn den letzten Dekaden haben sich das Profil, die Aufgabenstellungen und die Rahmenbedingungen des geistlichen Amtes grundlegend verändert. Fachwissenschaftler aus den Bereichen Pastoraltheologie, Systematischer und Historischer Theologie, Medienwissenschaft, Genderforschung, Ökumene und Liturgik betrachten und analysieren aus unterschiedlichen Blickwinkeln diese Veränderungsprozesse. Dazu bringen drei Personen, die in kirchenleitender Stellung den Wandel mit verantworten und begleiten, weitere Perspektiven ein. [Ministry in Transition. Developments and Perspectives] In the last decades there has been a fundamental change in the profile, tasks and framework conditions of the ministry. Experts from the field of pastoral theology, systematic and historical theology, media studies, gender studies, ecumenism and liturgics consider and analyze from different perspectives the processes of change. Furthermore, three church leaders, sharing responsibility in these processes and accompanying them, offer further perspectives.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783374050802
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum01.02.2018
Auflage1. Auflage
Seiten228 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1724 Kbytes
Artikel-Nr.5498020
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
GEISTLICH LEBEN UND LEITEN IM PASTORALEN BERUF

Dorothea Greiner

VORBEMERKUNG

Die seit 2012 gültige Ordinationsagende ist einen entscheidenden Schritt voran gegangen im Anliegen eines geistlichen Profils des Pfarrberufs; der Wortlaut der zweitletzten Ordinationsfrage lautet: »Bist Du bereit, dich selbst im Glauben stärken zu lassen durch tägliches Beten und das Lesen der Heiligen Schrift deine Kenntnisse zu vertiefen und für dich Seelsorge in Anspruch zu nehmen?1» Mit dieser Frage in der Ordinationsagende ist unmissverständlich geistliches Leben wesentlicher (!) Teil des Berufsprofils geworden.

Zudem kann die Wiedergewinnung geistlichen Lebens für Pfarrer und Pfarrerinnen ein grundlegender Schritt heraus aus empfundener Selbstentfremdung im Beruf sein und Element umfassender Regeneration inmitten gesundheitlicher Einschränkung. Geistliches Leben - es sei denn es ist unseren christlichen Wurzeln entwöhnt oder gesetzlich überformt - ist m.E. eine der wirkungsvollsten Prophylaxen vor Burn-out und dient immer der Erhaltung der eigenen Gesundheit und der beruflichen Zufriedenheit. Dies ist nach 18 Jahren Begleitung der Pfarrer und Pfarrerinnen als Personalreferentin und Regionalbischöfin klarer Ertrag meiner Erfahrungen - übrigens auch in meiner eigenen Vita.

Im Jahr 2004 ging ich zum ersten Mal selbst eine Woche in Schweigeexerzitien zur Christusbruderschaft nach Selbitz, denn der oben erwähnte Konsolidierungsprozess war kräftezehrend; ich merkte, dass ich nicht nur Urlaub brauchte, sondern ein Verweilen bei der Quelle des Lebens.

Es war die richtige Entscheidung und ich ging im Folgejahr wieder. Für diese zweiten Schweigeexerzitien hatte ich mir vorgenommen, darüber nachzudenken, was es für mich heißt, geistlich zu leiten.

Aber Schweigeexerzitien haben ihre eigene Dynamik. Ich kam nicht dazu, nachzudenken, was ich unter »Geistlichem Leiten« verstehe. Ich blieb hängen an dem, was für mein geistliches Leben tragende Bedeutung hat. Erst im Folgejahr gelang es mir, mich dem Thema des Geistlichen Leitens anzunähern. Nachträglich betrachtet meine ich, dass dieser Umweg des Nachdenkens über das geistliche Leben der direkteste Weg war, um dem auf die Spur zu kommen, was es heißt, geistlich zu leiten.Denn Geistliches Leiten ist eingebettet in den Gesamtkontext des geistlichen Lebens und Arbeitens. Geistliches Leiten ohne geistliches Leben ist unmöglich. Daher beginnt meine Ausführungen über Geistliches Leiten mit einem Teil über geistliches Leben.

GEISTLICH LEBEN UND ARBEITEN

Gebet

Die Liebe zu Gott sucht und braucht Gestalt. Ihre Grundgestalt ist das Gebet. Geistlich leben und arbeiten heißt für mich darum zu allererst: Mit Gott in Verbindung sein, zu ihm zu sprechen, still vor ihm zu sein, auf ihn zu hören. Beten ist eben nicht nur ein Reden; sondern - wie jedes gute Gespräch - auch ein Stillsein, um den anderen zu hören.

Die paulinische Aufforderung »Betet ohne Unterlass«2 gilt wohl allen Christen und Christinnen, aber noch mehr denen, die ihr Leben in den Dienst für Gott gestellt haben wie wir Pfarrer und Pfarrerinnen. Es gibt kein geistliches Leben und Arbeiten ohne Gebet. Ich glaube nicht, dass von dieser Aussage Abstriche gemacht werden können. Es mag Zeiten geben, in denen wir nicht beten können oder auch einfach nicht beten, weil wir es vergessen, verlernt haben; aber dann ist auch unser geistliches Leben und Arbeiten in Gefahr. Denn das Gebet ist die Grundgestalt, in der sich die liebende Beziehung zu Gott entfaltet und Raum gewinnt in unserem Leben und Arbeiten.

Die Aufforderung: »Betet ohne Unterlass«, meint nicht, dass wir unaufhörlich zu Gott reden. Gebet ist mehr als das »Reden des Herzens mit Gott«; es ist das »Gespräch des Herzens mit Gott«. Zu jedem Gespräch gehört wechselseitiges Zuhören, also Schweigen. Dabei geht es nicht um das Schweigen an sich, sondern es geht um ein Schweigen zum Hören. Gebet ist darum auch wesentlich ein hörendes »Stillsein zu Gott hin« als Grundhaltung des Lebens.3

Wenn wir hörend leben, hat die verstandene Zusage Gottes nicht weniger Folgen als die verstandenen Aufforderungen für unser Handeln und Verhalten. Wahrscheinlich ist sogar das Gegenteil der Fall. Denn die Aufforderungen zielen unmittelbar auf unser Handeln und Verhalten; die Zusagen aber sagen, was Gott für uns getan hat und tut; sie zielen auf unser Sein: »Ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein«; »ich bin mit dir, dass ich dir helfe«.

Diese Zusagen meinen uns selbst mit unseren Sehnsüchten und Ängsten, eben mit dem was uns antreibt oder lähmt. Manchmal erkennen wir erst durch das Hören dessen, was Gott an uns getan hat und tut, was uns im Innersten wirklich beschäftigt. Was uns beschäftigt, macht uns Arbeit -manchmal mehr Arbeit als die, die auf unserem Schreibtisch liegt. Aus dieser Selbstbeschäftigung brauchen wir Erlösung. Die Zusagen Gottes berühren uns just an dieser Stelle. Darum haben die Zusagen - gerade weil sie nicht auf unser Handeln direkt zielen, sondern auf unser Sein - eine indirekte und manchmal umso dauerhaftere Auswirkung auf unser Handeln und Verhalten.

Die Zusagen rücken dieses Innerste in Gottes Liebe. Die Anrede an uns in der Zusage meint ja wirklich uns, unser ganzes Sein mit allem, das eben nicht ganz und heil sein muss, um vor Gott zu treten. Uns - mit unseren Lebensfragmenten, zerbrochenen und tragenden Brücken - zu hören, zu verstehen als geliebt, als gefunden, als bereits befreit, als gerettet, als behütet, ist ein Prozess, der uns erst einmal erlöst aus allem Handeln, weil hier eben ein anderer gehandelt hat und handelt für uns.

Die ermutigende Zusage hat damit freilich eine starke Zumutung in sich: Uns los zu lassen, fallen zu lassen in Gottes Hand, das Handeln für unsere Selbstkonstitution, für unsere Selbstfindung, ruhen zu lassen. Er hat uns gefunden, er hat alles Wesentliche für uns getan.

Ebenso hat die gehörte Aufforderung eine starke Ermutigung in sich: Aus jeder gehörten Aufforderung Gottes an uns ist zugleich zu entnehmen: Gott will etwas von mir. Er braucht mich. Er traut mir etwas zu. Ich bin wichtig, nicht nur weil ich bin, sondern auch, weil ich da bin, an dem Platz, an den Gott mich gestellt hat. An meinem Platz ist keine andere Person. Den Platz, an dem ich bin, soll ich seinem Willen entsprechend gestalten. Eine von Gott gegebene Aufgabe zu haben ist nicht nur Last, sondern auch Sinn, Erfüllung, verwirklichtes Zutrauen, tiefe Würdigung unserer Person.

Dass die Zusagen und Aufforderungen in mir Wurzeln schlagen und mich stark im glaubenden Leben machen, hat seine Voraussetzung notwendigerweise im Hören dieser Zusagen und Aufforderungen.

Ich meine, dass beim Beten das Hören schwerer ist als das Reden; zumindest gilt das für mich. Und doch sind wir so angewiesen, seine Stimme zu hören, weil sie zum Leben erweckt, zur Liebe, zur Freude, zum Dienst, zur Nachfolge. Wir nehmen uns wirklich etwas, wenn wir nicht hören. Positiv ausgedrückt: Wir schöpfen aus einer nicht versiegenden Quelle im Hören auf Gott.

Dieses hörende Leben kann umschrieben werden als ein Aufmerksamsein auf seine Stimme mitten in der aufmerksamen Zugewandtheit zu den Menschen, der Arbeit, der Welt.

Gott redet zu uns im Gottesdienst in Lesungen, in Predigten, in Liedern. Unsere Kirchen und unser Christsein wären leer, wenn er nicht auch an ganz anderen Orten sprechen würde, am Schreibtisch bei der Predigtvorbereitung, auf dem Weg in die Sitzung, in der Sitzung selbst durch andere Menschen, die mir widersprechen, am Familientisch mitten im Streit, im Theater, im Bett, wohl auch im dafür verpönten Wald. Sein Reden führt nicht aus der Wirklichkeit, sondern geschieht mitten in der wirklichen Welt und sogar durch sie.

Das zweite, das aber dem ersten wirklich immer nur folgen - nachfolgen -kann, ist das Befolgen dessen, was ich gehört habe. Unser Tun hat Antwortcharakter. Wenn diesem Tun die Liebe fehlt, uns nicht in die Liebe zu den Menschen und der Welt führt, dann ist es keine Folge der Liebe zu unserem Gott, der die Welt liebt. Die im Gebet wachsende Liebe zu Gott führt zur wachsenden Liebe zu den von Gott geliebten Menschen. Das Beziehungsgeschehen des Hörens und Antwortens ist durch seinen Bezug auf den liebenden Gott immer schon näher bestimmt.4

Dem Hören folgt das gehorchende Tun nicht als fremdbestimmter (heteronomer) Akt, sondern als selbstbestimmtes Gehen des vor Gott und durch Gott gefundenen Weges.

Und das Reden im Gebet? Oft ist es nur das Öffnen des Herzens oder das Ausstrecken der Seele in Sehnsucht zu Gott. »Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele Gott nach Dir« - ohne Worte oder mit dem Stoßseufzer »Hilf mir« oder »Hilf ihm«.

Manchmal begegne ich Menschen in der Stadt, denen ihr Leid ins Gesicht geschrieben ist. Das rührt mich an und ich kann nichts tun als still bitten: »Lieber Heiland hilf Du ihm.« Oft ist es »nur« die dankende Vergewisserung: »Du bist da Gott, Du umgibst mich von allen Seiten. Deine Gegenwart ist meine Kraft« oder die Öffnung in schönen Momenten zum Geber des Guten: »Wie schön ist das jetzt. Ich danke dir.«

In meinen ersten Schweigeexerzitien habe ich insofern neu gelernt, mit Gott zu reden, als ich gemerkt habe, wie gut es ist, ein Gebet zu sprechen, das immer gleich ist. Zum Vater-unser, mit...
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