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Marilu

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Arena Verlag GmbHerschienen am11.03.2021
Eine tödliche Deadline, ein Wettlauf der Emotionen und eine riesige Liebeserklärung an das Leben. 'Wenn ich ES jemals tue, geb ich dir die Kette zurück, Elli', hatte Marilu geschworen. Zwei Jahre später freut sich Elli auf ihren Schulabschluss und hat sowohl Marilu als auch den Schwur vergessen. Doch dann findet sie die Kette in der Post. Der beiliegende Brief ist ein Hilferuf - und der Startschuss zu einem fiebrigen Roadtrip. Die Spur, die Marilu gelegt hat, bringt Elli und Marilus Bruder Lasse an ihre Grenzen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt und allen wird klar: Marilu testet das Leben. Und Elli muss dafür sorgen, dass das Leben diesen Test besteht. Ein emotionaler Roman über die Kunst, das Leben zu lieben, wenn es am schwierigsten ist. Ein Roadtrip, der alle atemlos zurücklässt. Tania Witte ist unter anderem ausgezeichnet mit dem Mannheimer Feuergriffel und einem Literaturstipendium des Deutschen Literaturfonds. Weitere Bücher von Tania Witte bei Arena: Die Stille zwischen den Sekunden

Tania Witte ist Schriftstellerin, Journalistin und Spoken-Word-Performerin. Sie lebt und schreibt hauptsächlich in Berlin und am liebsten in Den Haag (NL). Neben diversen (inter)nationalen Stipendien erhielt sie 2016 den Felix-Rexhausen-Sonderpreis für ihre journalistische Arbeit, 2017 den Martha-Saalfeld-Förderpreis für Literatur sowie 2019 den Mannheimer Feuergriffel für 'Marilu'. Im selben Jahr wurde ihre Arbeit mit einem Werkstipendium des Deutschen Literaturfonds gefördert. 'Die Stille zwischen den Sekunden' erhielt das KIMI-Siegel für Vielfalt im Jugendbuch. www.taniawitte.de
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR6,99

Produkt

KlappentextEine tödliche Deadline, ein Wettlauf der Emotionen und eine riesige Liebeserklärung an das Leben. 'Wenn ich ES jemals tue, geb ich dir die Kette zurück, Elli', hatte Marilu geschworen. Zwei Jahre später freut sich Elli auf ihren Schulabschluss und hat sowohl Marilu als auch den Schwur vergessen. Doch dann findet sie die Kette in der Post. Der beiliegende Brief ist ein Hilferuf - und der Startschuss zu einem fiebrigen Roadtrip. Die Spur, die Marilu gelegt hat, bringt Elli und Marilus Bruder Lasse an ihre Grenzen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt und allen wird klar: Marilu testet das Leben. Und Elli muss dafür sorgen, dass das Leben diesen Test besteht. Ein emotionaler Roman über die Kunst, das Leben zu lieben, wenn es am schwierigsten ist. Ein Roadtrip, der alle atemlos zurücklässt. Tania Witte ist unter anderem ausgezeichnet mit dem Mannheimer Feuergriffel und einem Literaturstipendium des Deutschen Literaturfonds. Weitere Bücher von Tania Witte bei Arena: Die Stille zwischen den Sekunden

Tania Witte ist Schriftstellerin, Journalistin und Spoken-Word-Performerin. Sie lebt und schreibt hauptsächlich in Berlin und am liebsten in Den Haag (NL). Neben diversen (inter)nationalen Stipendien erhielt sie 2016 den Felix-Rexhausen-Sonderpreis für ihre journalistische Arbeit, 2017 den Martha-Saalfeld-Förderpreis für Literatur sowie 2019 den Mannheimer Feuergriffel für 'Marilu'. Im selben Jahr wurde ihre Arbeit mit einem Werkstipendium des Deutschen Literaturfonds gefördert. 'Die Stille zwischen den Sekunden' erhielt das KIMI-Siegel für Vielfalt im Jugendbuch. www.taniawitte.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783401809427
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum11.03.2021
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2560 Kbytes
Artikel-Nr.5500869
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



14:12 Dienstag

Sie kam mit der Post. An einem Dienstag mitten im Juli lag sie im Briefkasten, in einen billigen weißen Umschlag gestopft, die Adresse mit orangefarbenem Filzstift daraufgeschmiert. Briefmarke aus Deutschland, kein Absender. Der war auch nicht nötig.

Elli stand vor der Reihe blauer Metallbriefkästen im Hausflur und starrte in das dunkle Fach, in dem der weiße Umschlag zu leuchten schien. Sie musste ihn nicht anfassen, um zu wissen, was er enthielt, sie konnte es sehen - an der leichten Ausbuchtung am rechten unteren Rand des Kuverts, an dem kleinen Loch, das das Metall ein paar Zentimeter weiter oben hineingebohrt hatte. Das Wissen legte sich wie eine Schicht nassen Wassers um ihren Körper.

Sie stand und schaute, der Briefkastenschlüssel baumelte im Schloss, irgendwann baumelte er nicht mehr, sondern hing ruhig da und Elli stand noch immer. Sie stand und merkte kaum, dass Frau Reckling aus dem Zweiten an ihr vorbeiging und sie selbst automatisch »Guten Tag« sagte, merkte nicht, wie die Schicht aus nassem Wasser zu einer Schicht aus Eis wurde, als die Sonne aufhörte, durch das Glas der Tür zu scheinen. Merkte nichts.

Was sie dachte, war:

Oh.

Sie hat sie zurückgeschickt.

Das ist nicht wahr.

Das kann nicht wahr sein!

Und, wie ein summender Grundton, der unter allem lag:

Warum?

Als sich eine Hand auf ihre gefrorene Schulter legte, hatte Ellis gesamter Körper das Summen längst aufgegriffen.

warumwarumwarumwarumwarum

»Warum stehst du hier?«

Das war ihr Vater und es gelang ihm kaum, die Anspannung in seiner Stimme zu verbergen. Sein Summen mischte sich in ihres. Nicht schon wieder, flehte es, bitte nicht schon wieder. Sagen tat er: »Alles okay?«

Reiß dich zusammen, Elli, reiß dich verdammt noch mal zusammen!

Sie schüttelte sich, griff nach dem Kuvert und schob es eilig in die Tasche ihrer viel zu warmen Jacke. Klappte die Briefkastentür zu, schloss ab, zog den Schlüssel heraus. Dann erst drehte sie sich um und lächelte ihren Vater an. Was hatte er gefragt? Alles okay?

»Klar!«

»Wie lang stehst du hier schon?«

Sie überschlug im Kopf, wann sie von der Schule gekommen war, rechnete hinzu, wann er von der Arbeit kam, erschrak, und log so gelassen wie möglich: »Paar Minuten.«

»Am Briefkasten?«

Ich war eingefroren, sagte sie nicht.

»War in Gedanken. Hast du eingekauft?«

Sie deutete auf den großen Stoffbeutel in seiner linken Hand. Es ragte die Krone einer Ananas heraus, daneben duftete eine Basilikumpflanze und wieder daneben beulte etwas, von dem sie wusste, dass es eine Flasche Wein sein musste. Dumme Frage, schalt sie sich. Und warf schnell hinterher: »Soll ich dir was abnehmen?«

»Lass mal«, antwortete ihr Vater. »Hast ja selbst genug zu schleppen.« Er meinte den Schulrucksack, den sie auf dem Rücken trug, aber nicht fühlte. Von dem Gewicht in ihrer Jackentasche, das sie zu Boden zog, konnte er nichts ahnen. »Gehst du mit oder musst du ⦠noch weiter denken?«

Er machte sich Sorgen. Natürlich. Die Situation war schon beängstigend genug, wenn man Elli, und musste umso beängstigender sein, wenn man ihr Vater war. Wenn man wusste, was im vorletzten Jahr passiert war.

»Nö«, erwiderte sie. »Bin fertig.« Lächelte noch ein bisschen breiter und setzte sich in Bewegung, Fuß vor Fuß den Flur entlang und dann die Treppe hoch, in den ersten Stock. Ihr Vater folgte ihr langsam.

Das Haus, in dem sie wohnten, war absurd. Der Architekt musste auf Drogen gewesen sein, als er es entworfen hatte, komplett im damals schon veralteten Stil der 1980er-Jahre. Weil ihre Eltern einen gewaltigen Achtziger-Tick pflegten, hatten sie eine viel zu hohe Hypothek aufgenommen und kurz vor Ellis Geburt eine der Wohnungen gekauft. Leider hatte der Tick ihrer Eltern auch vor ihrer Tochter nicht haltgemacht, sonst hätten sie sie nie im Leben Elisabeth getauft.

Vor vierzig Jahren mochte der Name angesagt gewesen sein - wer seine deutlich nach der Jahrtausendwende geborene Tochter allerdings so nannte, gehörte bestraft, fand Elli. Solange sie denken konnte, hatte sie selbst sich nie anders als Elli genannt.

Die Wohnung, in der sie seit siebzehn Jahren mit ihren Eltern lebte, erstreckte sich über zwei Etagen - sie hätten sie also auch ebenerdig betreten können, aber dann wären sie geradewegs in der Physiotherapie-Praxis ihrer Mutter gelandet.

Deshalb also treppauf.

In der Tasche den Umschlag, den sie totschweigen musste. Die Last war kaum zu tragen.

Hinter ihr ächzte ihr Vater. Sie dachte an seine Bandscheibe und daran, wie sie sich zwischen den Wirbeln herausdrückte, mit jedem Schritt ein bisschen mehr. Sein Stöhnen klang besorgniserregend. Über die Schulter beobachtete sie, wie er auf der dritten Stufe innehielt und sich an dem Geländer abstützte. Elli seufzte und stieg die Stufen wieder hinab.

»Jetzt gib schon her«, befahl sie. Zu ihrer Überraschung ließ er sich den Beutel tatsächlich abnehmen, ließ zu, dass seine Tochter erneut an ihm vorbei nach oben trabte, die Tür aufschloss, die Schuhe abstreifte und die Einkäufe in die Küche trug.

Als er den Stuhl im Hausflur erreichte, hatte Elli die Sachen bereits wegsortiert.

»So schlimm heute?«, erkundigte sie sich, als sie wieder in den Flur trat und den Beutel an seinen Haken neben der Tür hängte.

Ihr Vater knurrte bejahend. Sie kniete sich vor ihn, um ihm mit den Schuhen zu helfen.

»Heftiger Tag im Laden?«

Er nickte. »Buchlieferungen.«

»Och, Papa! Hast du etwa die ganzen Kisten selbst geschleppt?«

Beschämt sah er zu Boden, als hätte sie ihn dabei ertappt, wie er heimlich unter der Bettdecke gelesen hatte. Elli seufzte. Ihr Vater bat nie um Hilfe und es gelang ihm auch nicht, die Kontrolle abzugeben. Deshalb radelte er noch immer jeden Tag in seinen Buchladen, den er einfach nicht alleinlassen konnte, trotz Bandscheibenvorfalls und Krankschreibung. Und schleppte Bücherkisten, weil er fest davon überzeugt war, dass es ohne ihn nicht laufen würde. Es war zum Heulen.

»Soll ich Mama rufen?«

Dieser Satz erinnerte ihn offensichtlich daran, dass er der Vater und sie die Tochter war und was das in seinem Wertesystem bedeutete: Er, der Vater, musste stark sein, um seiner Tochter Sicherheit zu vermitteln. Eine Strategie, die Elli seit Jahren durchschaute und die sie mittlerweile zur Weißglut trieb. Weil sie das Gegenteil dessen bewirkte, was er damit bezwecken wollte - nämlich, dass sie ihm nicht mehr vertraute, wenn er, wie jetzt, ein tapferes, aber wenig überzeugendes »Geht gleich wieder« hervorstieß.

Elli biss hart auf ihre Unterlippe, um keine sarkastische Bemerkung zu machen. Stattdessen wandte sie sich ab und stellte schweigend seine Schuhe in den Schuhschrank, ihre eigenen ebenfalls. Obwohl es viel zu warm dafür war, ließ sie die Jacke mit dem Kuvert darin an, als sie ein Glas Wasser und die Schmerztropfen aus der Küche holte. Sie zählte dreißig Tropfen ins Wasser und drückte ihm das Glas in die Hand. Er trank.

Fahl sah er aus, die Bartstoppeln wirkten grau, seine Augen flüchtig. Er ließ den Kopf gegen die Wand sinken. »Ich schaff das schon«, sagte er. »Keine Sorge, ich schaff das schon.«

Nee, dachte sie, ist klar. Kurz überlegte sie, ob sie seine Aussage ignorieren und ihre Mutter rufen sollte oder einen Arzt oder doch besser gleich einen Krankenwagen, dann spürte sie den Brief, seine Schwere, und hatte kein Quäntchen Kraft übrig für ihren Vater, der zu stolz war, einmal nicht zu funktionieren. Was sie umso wütender machte, weil sie es von ihm gelernt hatte, das Funktionieren. Weil es genau das war, was sie beinahe das Leben gekostet hatte, vor ungefähr zwei Jahren, und weil er das zwar in ihrem Fall ganz genau wusste, es aber für sich selbst nicht zu begreifen schien.

Soll er doch, dachte sie trotzig, soll er doch.

»Lass wissen, wenn ich noch was tun kann, ja?«

Sie tätschelte seinen Arm. Er hielt ihre Hand mit mehr Kraft fest, als sie in diesem Moment von ihm erwartet hätte. »Elli«, seine Stimme klang bereits gestärkt. »Da unten, am Briefkasten, was war das? Bist du wieder ⦠Geht s dir gut?«

»Keine Sorge.« Sie versuchte, es nicht zu zynisch klingen zu lassen. »Ich schaff das schon, Papa.«

Dann ging sie in ihr Zimmer.

Der Brief ließ sich kaum aus der Tasche ziehen, es war, als hätte er sich festgekrallt. Die kleine silberne Kante, die sich durch das Kuvert gedrückt hatte, hatte sich im dünnen Innenfutter verfangen, und je hektischer sie zog, desto weniger löste sich das Problem. Zuerst riss das Papier, dann das Jackenfutter.

Panisch begann Elli zu zappeln, als hätte sich etwas in ihre Haut gebrannt, das sie dringend abschütteln müsste. Es gelang ihr, sich aus der Jacke zu winden und sie in die Zimmerecke zu pfeffern, wo sie neben ihrem Lieblingssessel landete. Elli zappelte weiter, zappelte und schluchzte.

Irrational, hörte sie Dr. Verveins Stimme in ihrem Kopf. Das ist komplett irrationales Verhalten. Atme es fort, ganz langsam, und zähl rückwärts â¦

Elli zählte nicht, sondern schlug nach Dr. Vervein, die sich unbeeindruckt wegduckte, bis Elli genug gewütet hatte. Bis sie erschöpft auf dem Boden saß, den Rücken an das Bettgestell gepresst, unter sich den Teppich spürte (Spür den Boden!), einen Schluck Wasser aus ihrer Trinkflasche nahm (Trink einen Schluck Wasser!), dabei die Jacke nicht aus den Augen ließ, ihren geliebten rostfarbenen Panzer.

Auf allen vieren krabbelte Elli hinüber, schnappte sich die Jacke, schleifte sie hinter...

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Tania Witte ist Schriftstellerin, Journalistin und Spoken-Word-Performerin. Sie lebt und schreibt hauptsächlich in Berlin und am liebsten in Den Haag (NL). Neben diversen (inter)nationalen Stipendien erhielt sie 2016 den Felix-Rexhausen-Sonderpreis für ihre journalistische Arbeit, 2017 den Martha-Saalfeld-Förderpreis für Literatur sowie 2019 den Mannheimer Feuergriffel für "Marilu". Im selben Jahr wurde ihre Arbeit mit einem Werkstipendium des Deutschen Literaturfonds gefördert. "Die Stille zwischen den Sekunden" erhielt das KIMI-Siegel für Vielfalt im Jugendbuch.taniawitte.de