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Der reaktionäre Geist

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
344 Seiten
Deutsch
Christoph Links Verlagerschienen am04.10.20181. Auflage
»Eines der einflussreichsten politischen Bücher des letzten Jahrzehnts.«
The Washington Monthly
Der Rechtspopulismus, für den US-Präsident Trump steht, wird meist vom klassischen Konservativismus unterschieden. Zu Unrecht, wie dieses Buch zeigt. Denn alles, was den Rechtspopulismus ausmacht, gehört zum grundlegenden Ideenbestand der Konservativen seit der Französischen Revolution. Europäische Intellektuelle haben das Fundament für die amerikanische Rechte gelegt, in deren Gedankenwelt der Anti-Intellektuelle Trump verankert ist. Anhand prägender Gestalten wie Edmund Burke - von Alexander Gauland gern zitiert -, Friedrich Nietzsche und Ayn Rand deckt Corey Robin die Kontinuitäten im konservativen Denken auf und stellt viele überraschende Verbindungen her. Ein kluges, elegant geschriebenes und provozierendes Buch.
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Produkt

Klappentext»Eines der einflussreichsten politischen Bücher des letzten Jahrzehnts.«
The Washington Monthly
Der Rechtspopulismus, für den US-Präsident Trump steht, wird meist vom klassischen Konservativismus unterschieden. Zu Unrecht, wie dieses Buch zeigt. Denn alles, was den Rechtspopulismus ausmacht, gehört zum grundlegenden Ideenbestand der Konservativen seit der Französischen Revolution. Europäische Intellektuelle haben das Fundament für die amerikanische Rechte gelegt, in deren Gedankenwelt der Anti-Intellektuelle Trump verankert ist. Anhand prägender Gestalten wie Edmund Burke - von Alexander Gauland gern zitiert -, Friedrich Nietzsche und Ayn Rand deckt Corey Robin die Kontinuitäten im konservativen Denken auf und stellt viele überraschende Verbindungen her. Ein kluges, elegant geschriebenes und provozierendes Buch.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783862844364
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum04.10.2018
Auflage1. Auflage
Seiten344 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5601128
Rubriken
Genre9200
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Anderssprachige

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Vorwort

Wie die meisten Beobachter der amerikanischen Politik war ich schockiert über Donald Trumps Wahlsieg bei der Präsidentschaftswahl im Herbst 2016. Anders als die meisten Beobachter der amerikanischen Politik war ich jedoch nicht schockiert über Trumps Sieg bei den Vorwahlen der Republikanischen Partei. Meine Überraschung über Trumps Wahl, mehr noch aber die Tatsache, dass mich seine Nominierung als Präsidentschaftskandidat keineswegs überrascht hatte, brachte mich auf die Idee, mein 2011 erschienenes Buchs Der reaktionäre Geist neu herauszubringen. Diese zweite Auflage liegt auch der deutschen Übersetzung zugrunde.

In der ersten Auflage hatte ich unter anderem die These vertreten, dass viele Merkmale, die wir mit dem gegenwärtigen amerikanischen Konservatismus verbinden - Rassismus, Populismus, Gewaltverherrlichung sowie eine notorische Verachtung für die guten Sitten und Gepflogenheiten, Rechtsprechung, demokratische Institutionen und die Eliten - keine Entwicklung der jüngsten Vergangenheit sind oder eine exzentrische Eigenart der amerikanischen Rechten darstellen. Sondern dass es sich dabei um Kernelemente des Konservatismus handelt, die noch von seinen Anfängen in Europa herrühren, wo er in Reaktion auf die Französische Revolution entstanden ist. Seit damals hat sich der Konservatismus stets auf die eine oder andere Weise einer Mischung aus all diesen Elementen bedient, um eine Koalition aus der Elite und der Masse eines Volkes gegen die Emanzipationsbewegungen der unteren Bevölkerungsschichten zu schmieden.

Im heutigen Amerika setzt Donald Trump am erfolgreichsten auf diese politische Strategie, die den Massen ungehinderten Zugang zu Privilegien verspricht. Deshalb passte er für mich als Konservativer wie als Republikaner vollkommen ins Schema.

In meiner Schlussbemerkung zur ersten Auflage von Der reaktionäre Geist war ich allerdings der Meinung, der amerikanische Konservatismus sei im Niedergang begriffen, zumindest in seiner jüngsten Erscheinungsform als Reaktion auf Kommunismus, Sozialismus und Sozialdemokratie, auf den New Deal und die Befreiungsbewegungen der 1960er-Jahre. Nicht, weil er nicht mehr genügend Anhänger hatte, auch nicht, weil er zu radikal oder rechtsextrem geworden war, sondern weil er nicht mehr über eine zwingende Daseinsberechtigung verfügte. Sein Lebenselixier war die Gegnerschaft zur Sowjetunion, zu Arbeiterbewegung, Wohlfahrtsstaat, Feminismus und Bürgerrechtsbewegung gewesen - und in dieser Hinsicht hatte er die meisten seiner Ziele erreicht. Der New Deal, die 1960er-Jahre und der Kalte Krieg waren überstanden und überwunden. Durch diesen Mehrfach-Triumph über den Kommunismus, die Afroamerikaner sowie zu einem gewissen Grad auch die Frauen hatte die Bewegung ihren konterrevolutionären Impuls und ihre Anziehungskraft verloren, jedenfalls für die Mehrheit der Wahlbevölkerung. Mit anderen Worten, der Sieg des Konservatismus schien zum Auslöser seines Untergangs zu werden.

Sicher mochte es immer noch Gruppierungen wie seinerzeit die Tea-Party geben, welche die Anhängerschaft der Rechten aufzurütteln und ihren reaktionären, rebellischen Geist zu bündeln vermochten. Doch das waren Aufwallungen eines Aktionismus, die lediglich vorübergehend den Verbleib an der Macht ermöglichten. Auf lange Sicht zeigte die Kurve nach unten.

Genauer gesagt, so lange, bis die Linke eine neue Runde emanzipatorischer Politik einläutete, so wie es 1789, im 19. Jahrhundert mit der Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei und der Arbeiterbewegung, 1917, in den 1930er-Jahren und in den 1960er-Jahren der Fall gewesen war. Allerdings durfte eine solche linke Revolte nicht Episode bleiben, sondern musste in eine umfassende und anhaltende Bewegung münden, sonst sah die Prognose für die Rechte nicht gut aus.

In den Wochen nach der Wahl Donald Trumps und in der bisherigen Zeit seiner Präsidentschaft erschien mir sein Wahlsieg schließlich immer weniger überraschend. Im Rückblick bin ich nach wie vor nicht der Meinung, Trump und die Republikaner unterschätzt oder missverstanden zu haben; ich glaube jedoch, dass ich Hillary Clinton und die Demokraten überschätzt habe. Seither konnten wir alle dabei zusehen, wie Trump anhaltend die Partei und das Establishment in Bedrängnis brachte und bringt, die er kräftig aufzumischen gedroht hatte - egal ob es die Handelspolitik, die Beziehungen zu China, das Vorhaben, eine Mauer entlang der Grenze zu Mexiko zu bauen, Infrastrukturmaßnahmen, Sozialleistungen oder viele andere Themen betraf. Gleichzeitig war zu beobachten, wie die Republikanische Partei, obwohl sie den Präsidenten stellt und über die Mehrheit in Repräsentantenhaus und Senat verfügt, nicht in der Lage war - jedenfalls bis jetzt - ihre Reformvorhaben im Gesundheitswesen, im Steuersystem und bei den Haushaltsausgaben umzusetzen. Deshalb bin ich nach wie vor davon überzeugt, dass meine ursprüngliche These von der Schwäche und mangelnden inneren Kohärenz der konservativen Bewegung ihre Richtigkeit hat.1

Sogar jetzt, wo sie an der Macht ist, mit ihrer dreifachen Dominanz auf Bundesebene in den Vereinigten Staaten, haben die Konservativen mit sich zu kämpfen. Und zwar deshalb, weil ihre Vorgänger, bis hin zur Regierung von George W. Bush, die Ziele der Bewegung im Wesentlichen erreicht haben. Die Schwäche der Konservativen hat aber auch damit zu tun, dass ihre traditionellen Gegenspieler auf der Linken noch nicht präsent oder schlagkräftig genug sind, um für die etablierte Macht eine wirkliche Bedrohung darzustellen. Frühere reaktionäre Bewegungen lenkten ihre Feindschaft gegenüber der Linken in eine umfassende Rekonstruktion der überkommenen Herrschaftsordnung um. Das Versprechen dieser Bewegungen lautete, dass sie das alte System besser gegen die linken Aufrührer verteidigen konnten als die etablierteren Vertreter konservativen Gedankenguts. Von Barry Goldwater bis Ronald Reagan hat die konservative Bewegung auf diese Weise ihre Macht gefestigt.

Auch Trump bediente sich der Affekte gegen das Establishment auf vielfältige Weise. Er stand in keinerlei Beziehung zu der herrschenden politischen Führungsschicht und er verfügte über populistische Qualitäten. Den hohen Tieren bei den Republikanern und den liberalen Eliten würde er zeigen, wo s langgeht. Er würde den Dämon der politischen Korrektheit besiegen. Er würde die einengenden Normen des Feminismus und Anti-Rassismus sprengen. Dieses Lied aus uralten Zeiten reichte aus, um ihn und seine Partei an die Macht zu bringen.

Als Regierungsprogramm war es jedoch zu wenig. Trumps Unfähigkeit seit der Wahl, die Republikanische Partei umzugestalten, seine beständige Rückkehr zum Status quo, was die Partei betrifft, sowie seine Unfähigkeit - abgesehen von Maßnahmen, die nicht von anderen Verfassungsinstitutionen abhängig sind -, den generellen Status quo zu verändern, sind Merkmale einer Bewegung, die nicht genau weiß, was sie mit der Macht anfangen soll und wohin sie will.

Dieses Regierungsversagen, die mangelnde Umsetzung vieler grundlegender Punkte des Wahlprogramms - zumindest bis jetzt -, ist kein Zeichen von Inkompetenz, sondern von Inkohärenz. (Gefragt, wofür seine Partei denn stehe, antwortete der republikanische Senator Ben Sasse aus Nebraska im Mai 2017: »Ich weiß es nicht.« Darum gebeten, die Republikanische Partei mit einem Wort zu beschreiben, antwortete Sasse, immerhin ein in Yale promovierter Historiker: »Fragezeichen.« Nachdem die Republikaner im Sommer 2017 im Senat damit gescheitert waren, ihren Gesetzesentwurf zum Rückbau von Obamacare noch vor den Parlamentsferien durchzubringen, äußerte sich der republikanische Abgeordnete Steve Womack aus Arkansas nicht weniger unverblümt: »Wir haben die Gelegenheit zu regieren und finden alle möglichen Ausreden, es nicht zu tun.«)2 Trump hat diesen Zustand nicht verursacht. Wie ich im letzten Kapitel ausführen werde, ist er sein auffälligstes Symptom.

Bei meiner Überarbeitung des Buchs ging es mir jedoch nicht darum, irgendwelche Vorhersagen über die Zukunft zu machen oder wenige Monate nach Trumps Amtsantritt bereits ein Urteil über seine Präsidentschaft abzugeben. Mein Feld ist nicht die Empirische Politikwissenschaft, sondern die Politische Theorie. Mein Material sind Texte und Ideen, meine Methoden sind Close Reading und historische Analyse. Ziel des Buchs ist es, Trumps Aufstieg und seine Präsidentschaft in den großen Bogen konservativer Tradition einzuordnen, die wesentlich eine Tradition darstellt, in der Ideen in politisches Handeln umgesetzt wurden. Um Trumps Aufstieg zu verstehen - wodurch er die Wähler anspricht, mit welchen Bildern und Themen er bei ihnen punktet - müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf das lenken, was er gesagt hat. Um seine Präsidentschaft zu verstehen, müssen wir uns damit befassen, wie er gehandelt hat. Der Großteil meiner Analyse widmet sich Trumps Aufstieg und deshalb seinen Worten, wenngleich ich es mir nicht nehmen lasse, dabei auch aufzuzeigen, wo sein Handeln von seinen Worten abweicht - was ziemlich häufig der Fall ist.

Vieles am Phänomen Trump, so meine These, das besonders verstört und auf besonders große Empörung trifft - vor allem der Rassismus, die mangelnde Selbstbeherrschung, die Rhetorik der Gewalt - ist nicht neu. Doch gibt es andere Aspekte seines Aufstiegs und seiner Präsidentschaft, die durchaus neu sind. Um besser herausstellen zu können, was an Trump neuartig ist, konzentriere ich mich deshalb nicht so...
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