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Der letzte echte Kuss

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
336 Seiten
Deutsch
Kampa Verlagerschienen am28.01.20211. Auflage
Zuna?chst sieht alles nach einem harmlosen Auftrag aus: Privatdetektiv Chauncey Wayne Sughrue aus Montana soll den Schriftsteller Abraham Trahearne ausfindig machen, der sich auf einer Sauftour quer durch Amerika befindet, und ihn zuru?ck zu seiner Frau und an seinen Schreibtisch bringen. Sughrue trinkt sich von Tresen zu Tresen, doch als er den Autor endlich findet, nimmt das Unheil erst so richtig seinen Lauf. Barbesitzerin Rosie heuert die beiden fu?r gerade mal 87 Dollar an, ihre seit zehn Jahren verschwundene Tochter Betty Sue zu finden. Und weil Sughrue bisweilen selbst hinter der Theke steht, um nicht davor hocken und saufen zu mu?ssen, und weil er ein Herz fu?r die Barkeeperin hat, nimmt er den Auftrag an. Ein wilder Roadtrip beginnt - mit der durstigen Bulldogge Fireball Roberts und dem ramponierten Schriftsteller im Schlepptau.

JAMES CRUMLEY, geboren 1939 im Süden von Texas, wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Studieren konnte er dank einem Football-Stipendium der Navy. Als Examensarbeit am Iowa Writers' Workshop reichte er den ersten Teil seines Romans 'One to Count Cadence' ein, der heute als eines der bedeutendsten Werke über den Vietnamkrieg gilt. Inspiriert von Raymond Chandler und Ross Macdonald schrieb Crumley ab 1975 ausschließlich Kriminalromane. Sein Leben verlief unstet, vier Ehen scheiterten, jahrelang zog er rastlos umher. Schließlich ließ er sich in Missoula, Montana, nieder, wo er seinen Lebensunterhalt als Universitätsdozent der englischen Fakultät verdiente. Das Unterrichten war ihm verhasst, aber vom Schreiben allein konnte er nicht leben. 2008 starb Crumley. Der große Durchbruch blieb ihm zu Lebzeiten verwehrt, sein Einfluss auf die Kriminalliteratur jedoch ist immens: Größen des Genres wie Michael Connelly und Dennis Lehane betrachten ihn als Vorbild, und Ray Bradbury benannte mit seinem Detective Crumley sogar eine Figur nach ihm.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextZuna?chst sieht alles nach einem harmlosen Auftrag aus: Privatdetektiv Chauncey Wayne Sughrue aus Montana soll den Schriftsteller Abraham Trahearne ausfindig machen, der sich auf einer Sauftour quer durch Amerika befindet, und ihn zuru?ck zu seiner Frau und an seinen Schreibtisch bringen. Sughrue trinkt sich von Tresen zu Tresen, doch als er den Autor endlich findet, nimmt das Unheil erst so richtig seinen Lauf. Barbesitzerin Rosie heuert die beiden fu?r gerade mal 87 Dollar an, ihre seit zehn Jahren verschwundene Tochter Betty Sue zu finden. Und weil Sughrue bisweilen selbst hinter der Theke steht, um nicht davor hocken und saufen zu mu?ssen, und weil er ein Herz fu?r die Barkeeperin hat, nimmt er den Auftrag an. Ein wilder Roadtrip beginnt - mit der durstigen Bulldogge Fireball Roberts und dem ramponierten Schriftsteller im Schlepptau.

JAMES CRUMLEY, geboren 1939 im Süden von Texas, wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Studieren konnte er dank einem Football-Stipendium der Navy. Als Examensarbeit am Iowa Writers' Workshop reichte er den ersten Teil seines Romans 'One to Count Cadence' ein, der heute als eines der bedeutendsten Werke über den Vietnamkrieg gilt. Inspiriert von Raymond Chandler und Ross Macdonald schrieb Crumley ab 1975 ausschließlich Kriminalromane. Sein Leben verlief unstet, vier Ehen scheiterten, jahrelang zog er rastlos umher. Schließlich ließ er sich in Missoula, Montana, nieder, wo er seinen Lebensunterhalt als Universitätsdozent der englischen Fakultät verdiente. Das Unterrichten war ihm verhasst, aber vom Schreiben allein konnte er nicht leben. 2008 starb Crumley. Der große Durchbruch blieb ihm zu Lebzeiten verwehrt, sein Einfluss auf die Kriminalliteratur jedoch ist immens: Größen des Genres wie Michael Connelly und Dennis Lehane betrachten ihn als Vorbild, und Ray Bradbury benannte mit seinem Detective Crumley sogar eine Figur nach ihm.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783311702290
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum28.01.2021
Auflage1. Auflage
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1150 Kbytes
Artikel-Nr.5617041
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Als ich Abraham Trahearne endlich einholte, trank er in einer baufälligen Kneipe direkt vor Sonoma in Kalifornien Bier mit einer Säufer-Bulldogge namens Fireball Roberts und soff einen schönen Frühlingsnachmittag kaputt.

Trahearne war schon fast drei Wochen auf dieser Wander-Sauftour, und der große Mann in zerknittertem Kaki sah aus wie ein alter Soldat nach einem langen Feldzug; er trank langsam ein Bier nach dem anderen, um den Geschmack des Todes fortzuspülen. Der Hund kauerte wie sein müder kleiner Kumpel zusammengesunken auf dem Nachbarhocker und hob nur gelegentlich den Kopf, um aus einem schmutzigen Aschenbecher auf der Theke Bier aufzuschlabbern.

Keiner von beiden machte sich die Mühe, einen Blick auf mich zu werfen, als ich mich auf einen Barhocker zwischen der Bulldogge und den zwei anderen Gästen dort schob, stellenlosen Baumschatten-Mechanikern, die über ihre verlorenen Arbeitslosen-Schecks, ihre letzte Vorstrafe wegen Volltrunkenheit und den vermutlichen Verbleib der Steuerkette eines 57er Chevrolet sprachen. Ihre knorrigen Gesichter und die nasale Sprechweise stammten aus einer anderen Zeit, einem anderen Ort. Aus den dreißiger Jahren mit der großen Dürre und einem selbst gebastelten Klapperkasten von Lastwagen Model T, der untergehenden Sonne entgegen. Als ich mich hinsetzte, warfen sie mir mit den schmalen Augen der Leute vom Land Blicke zu und musterten mich von oben bis unten, als wäre ich ein aufgegebenes Autowrack, das sie ausschlachten wollten. Ich nickte freundlich, um ihnen klarzumachen, dass ich ein Wrack sein mochte, aber noch kein Totalschaden. Sie erwiderten meinen stummen Gruß mit leeren Augen und nachdenklichem Nicken, das anzudeuten schien, man könnte für Unfälle sorgen.

Von zu vielen Meilen auf den falschen Straßen schon erschöpft, ließ ich sie denken, was sie mochten. Als ich bei dem älteren Barmädchen ein Bier bestellte, kippte sie aus ihren Tagträumen in ein schläfriges Grinsen. Sie machte die Flasche auf, und der Hund erwachte aus seinem Trunkenheitsschläfchen, rülpste wie ein Drache, stemmte seine mageren Hinterbeine hoch und watschelte über drei wacklige Hocker durch die muffige Wolke aus schalem Bier und Bulldoggen-Atem, um mir für einen Schluck von meinem Bier einen nassen, fadenziehenden Kuss anzubieten. Ich gab ihm nichts, und er erhöhte den Einsatz, indem er meinen ganzen sonnenverbrannten Ellenbogen besabberte. Trahearne knurrte scharf einen Befehl und schüttete etwas Bier in den Aschenbecher. Der Hund starrte mich traurig klagend an, dann wackelte er zu einer sicheren Sache zurück.

Während ich mit einem feuchten Lappen, der vor zu kurzer Zeit und zu oft denselben Zweck erfüllt hatte, den Hundespeichel von meinem Arm wischte, fragte ich das Barmädchen nach einem Münztelefon. Sie deutete stumm auf die grauen staubigen Bereiche hinter dem Billardtisch, wo ein schwarzes Telefon hing.

Als ich an Trahearne vorbeiging, hatte er seinen schweren Arm um die faltigen Schultern der Bulldogge gelegt und rezitierte Lyrik in das Stummelohr. »Der Fels vor uns beginnt zu reißen â¦ vor diesem grünen Meereswind â¦ die â¦ Der Salzgestank des Wales â¦ ach, Mensch â¦ hundsgemein waren wir, alter Freund, hundearm sind wir geworden, und Hundekacke werden wir sein â¦« Dann kicherte er ziellos in sich hinein, wie ein alter Mann, der seine Brille sucht.

Es störte mich nicht, wenn er Selbstgespräche führte. Das machte ich selbst auch schon lange.

Das hatte ich ebenfalls an dem Nachmittag gemacht, als Trahearnes geschiedene Frau mich angerufen hatte - in meinem kleinen Blechwandbüro in Meriwether, Bundesstaat Montana, sitzend, während ich über die Gasse hinweg auf den überquellenden Müllcontainer gestarrt und mir gesagt hatte, es mache mir nichts aus, wenn das Geschäft schlecht ginge, es sei mir sogar recht. Dann schnurrte das Telefon. Trahearnes Ex-Frau war ganz sachlich. In weniger als einer Minute hatte sie erklärt, dass sowohl die Gesundheit als auch die Trinkgewohnheiten ihres Ex-Ehemannes schlecht seien und sie den Wunsch habe, ich solle ihn finden, ihn auf seiner langen Sauftour aufspüren, bevor er sich in ein frühes Grab hineintrinke. Ich schlug vor, dass wir uns über den Auftrag unter vier Augen unterhalten sollten, aber sie wollte mich sofort auf der Straße haben; ich sollte keine Zeit mehr damit verlieren, dass ich die drei Stunden nach Cauldron Springs hinauffuhr. Um Zeit zu sparen, hätte sie bereits ein Lufttaxi ab Kalispell bestellt, das in eben diesem Augenblick Richtung Meriwether fliege und mir einen Barscheck als Vorschuss, eine Liste von Trahearnes Lieblingskneipen im Westen - vor allem jene, über die er nach anderen Sauftouren Gedichte geschrieben hatte - und ein Schutzumschlag-Foto von seinem letzten Roman bringe.

»Und wenn ich den Auftrag nicht annehmen will?«, fragte ich.

»Wenn Sie gesehen haben, wie hoch der Vorschuss ist, werden Sie ihn wollen«, erwiderte sie kühl und legte auf.

Als ich am Flugplatz Meriwether den großen braunen Umschlag abholte, warf ich einen Blick auf den Scheck und beschloss, den Auftrag zu übernehmen, bevor ich mir noch das Foto ansah.

Trahearne schien ein großmächtiger Mann zu sein, ein Dockarbeiter im Ruhestand, wie er an einer Säule auf der Veranda des Cauldron Springs Hotels lehnte, in einer Hand ein leuchtendes Getränk, in der anderen eine rauchende Zigarre. Man sah ihm sein Alter sogar durch das jungenhafte Grinsen hindurch an, aber zur Kur war er gewiss nicht nach Cauldron Springs gegangen. Hinter ihm schlurften zwei arthritische Gespenster in gleichen Karo-Bademänteln durch den breiten, dunklen Eingang in die Sonne. Ihre uralten Gesichter schienen vor Vorfreude darauf zu lächeln, ihre spröden Knochen in die heißen Mineralquellen zu tauchen.

In den Jahren, die ich damit verbracht hatte, nach vermissten Ehemännern, Ehefrauen und Kindern zu suchen, hatte ich gelernt, nicht zu glauben, ich könnte in ein eindimensionales Gesicht blicken und den Menschen hinter der Fotografie erkennen. Der große Mann wirkte aber wie einer, der eine breite Bahn zieht und eine unübersehbare Spur hinterlässt.

Anfangs war es zu einfach. Wieder in meinem Büro, rief ich fünf oder sechs von den Bars an und erwischte den Alten in Ovanda, Montana, in einer großartigen kleinen Bar, die Trixi s Antler Bar hieß. Trahearne war aber schon fort, bis ich die achtzig Meilen zurücklegte, und hatte dem Barmann erklärt, er sei unterwegs nach Two Dot, um sich die Bierdosensammlung in einer der beiden Bars von Two Dot anzugucken. Ich verfolgte ihn durch ganz Montana, aber als ich Two Dot erreichte, war Trahearne zur 666 in Miles City weitergefahren. Von dort aus fuhr er in Richtung Süden nach Buffalo in Wyoming, um ein episches Werk über den Krieg im Johnson County zu schreiben. Das erzählte er jedenfalls der Kellnerin. Wie sich herausstellte, unternahm Trahearne nie einen Schritt, ohne ihn mit allen Leuten im Lokal zu besprechen. Dadurch konnte man ihm mühelos folgen, ihn aber nicht einholen.

Wir machten die Tour durch die Bars, sahen uns die Sehenswürdigkeiten an. Das Hotel Chugwater unten in Wyoming, das Mayflower in Cheyenne, das Stockman s in Rawlings, eine Stacheldrahtsammlung in der Bar des Hotels Sacajawea in Three Forks, Montana, Gesteinsbrocken in Fossil, Oregon, betrunkene Mormonen in ganz Nord-Utah und Süd-Idaho - ziellos im Kreis herum. Zweimal charterte ich Privatflugzeuge, um dem Alten zuvorzukommen, und zweimal tauchte er erst auf, als ich wieder fort war. Sein Geschmack an Bars gefiel mir, aber ich betrat und verließ so viele davon, dass sie alle anfingen, wie stets dieselbe Bar auszusehen. Mitte der zweiten Woche wurden meine Spesen sogar mir peinlich, sodass ich die gewesene Mrs. Trahearne anrief, um zu fragen, wie viel Geld sie in das rollende Saufloch schütten wolle.

»So viel nötig ist«, erwiderte sie in gereiztem Ton, weil ich überhaupt gefragt hatte.

Ich ließ mich also wieder in den Schalensitz meines El-Camino-Transporters zu einer langen Belagerung auf Rädern sinken, folgte Trahearne von Bar zu Bar, auf allen Straßen, die seine Laune ihm eingab. Ich wieselte dahin wie ein aufgeregter junger Jagdhund, nur um seine Witterung nicht zu verlieren, folgte ihm, während er weiterzog, einem Sturmwind zugewandt, den nur er spürte, sein Ohr gespitzt, um die Melodie eines fernen Liedes zu vernehmen, das nur er hörte.

Bis zur Mitte der zweiten Woche hatte ich dasselbe hohe, einsam-scharfe Pfeifen in der Brust, und hätte ich das Geld nicht so dringend gebraucht, ich hätte Abraham Trahearne vielleicht zum Teufel fahren lassen, eine Willie-Nelson-Kassette in den Rekorder gesteckt und versucht, in einem eigenen Whiskey-Strom zu ertrinken. Aber ich werde dafür bezahlt, Leute zu finden, nicht dafür, mich zu verlieren; deshalb hielt ich seine Spur wie ein alter Jagdhund, der hinter letzten Waschbären her ist.

Und es machte mich noch verrückter als Trahearne. Ich sah mich Gespenster über graue Bergpässe verfolgen und hinab durch grüne Täler, die gesprenkelt waren mit Spätfrühlingsschnee. Ich fing an, in denselben Motelbetten zu schlafen, die er benutzt hatte, bemüht, ihn im Traum heraufzubeschwören, fing an, mich in denselben Bars zu betrinken, in der Hoffnung auf eine Whiskey-Vision. Sie kamen auch, diese tristen Motelträume, die Whiskey-Visionen, aber sie stammten aus meiner eigenen verwehten Vergangenheit. Was Trahearne anging, hatte ich keinen Anhaltspunkt.

Einmal bumste ich sogar dieselbe traurige junge Hure auf einem Wohnwagenplatz draußen in der Wüste von Nevada. Sie war ein zerbrechliches,...
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JAMES CRUMLEY, geboren 1939 im Süden von Texas, wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Studieren konnte er dank einem Football-Stipendium der Navy. Als Examensarbeit am Iowa Writers' Workshop reichte er den ersten Teil seines Romans "One to Count Cadence" ein, der heute als eines der bedeutendsten Werke über den Vietnamkrieg gilt. Inspiriert von Raymond Chandler und Ross Macdonald schrieb Crumley ab 1975 ausschließlich Kriminalromane. Sein Leben verlief unstet, vier Ehen scheiterten, jahrelang zog er rastlos umher. Schließlich ließ er sich in Missoula, Montana, nieder, wo er seinen Lebensunterhalt als Universitätsdozent der englischen Fakultät verdiente. Das Unterrichten war ihm verhasst, aber vom Schreiben allein konnte er nicht leben. 2008 starb Crumley. Der große Durchbruch blieb ihm zu Lebzeiten verwehrt, sein Einfluss auf die Kriminalliteratur jedoch ist immens: Größen des Genres wie Michael Connelly und Dennis Lehane betrachten ihn als Vorbild, und Ray Bradbury benannte mit seinem Detective Crumley sogar eine Figur nach ihm.