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Einband grossDie Katze, die nicht sterben wollte - Schweden-Krimi
ISBN/GTIN

Die Katze, die nicht sterben wollte - Schweden-Krimi

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
376 Seiten
Deutsch
SAGA Egmonterschienen am30.03.2020
Ab wann wird Notwehr zu Mord? Als Beth und ihr Mann Ulf Urlaub in einer Hütte in den schwedischen Wäldern machen, werden sie von einem fremden Mann in ihrem Schuppen überrascht. Aus Angst erschlägt Beth den Mann mit einer Axt, da zwei Strafgefangene gerade aus dem Gefängnis ausgebrochen sind. Doch dann hört das Ehepaar, dass die entlaufenen Sträflinge schon wieder in Polizeigewahrsam sind... Wen hat Beth also mit der Axt getötet? Und können sie den Mord vertuschen? -

Inger Frimansson, geboren 1944 in Stockholm, entdeckte bereits im Kindesalter, dass das Verfassen von Texten ihre Berufung sein sollte. Der Fokus in Frimanssons Werken liegt weniger auf dem eigentlichen Verbrechen, als auf der menschlichen Psyche, die dahintersteckt, und so werden in ihren Romanen die Abgründe des menschlichen Seins eingehend erkundet.
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Produkt

KlappentextAb wann wird Notwehr zu Mord? Als Beth und ihr Mann Ulf Urlaub in einer Hütte in den schwedischen Wäldern machen, werden sie von einem fremden Mann in ihrem Schuppen überrascht. Aus Angst erschlägt Beth den Mann mit einer Axt, da zwei Strafgefangene gerade aus dem Gefängnis ausgebrochen sind. Doch dann hört das Ehepaar, dass die entlaufenen Sträflinge schon wieder in Polizeigewahrsam sind... Wen hat Beth also mit der Axt getötet? Und können sie den Mord vertuschen? -

Inger Frimansson, geboren 1944 in Stockholm, entdeckte bereits im Kindesalter, dass das Verfassen von Texten ihre Berufung sein sollte. Der Fokus in Frimanssons Werken liegt weniger auf dem eigentlichen Verbrechen, als auf der menschlichen Psyche, die dahintersteckt, und so werden in ihren Romanen die Abgründe des menschlichen Seins eingehend erkundet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9788726445039
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum30.03.2020
Seiten376 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5620492
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



5. KAPITEL


Sie gingen zum Kahlschlag hinauf, es war schon spät. Sie stolperte über Zweige und Wurzeln. Ulf ging neben ihr, hielt sie ab und zu fest, aber nicht mit liebevollen Händen, sondern mit den Händen eines ganz gewöhnlichen Mannes.

Und sie?

Eine ganz gewöhnliche Frau!

Silberglanz zwischen den Blaubeersträuchern, sie musste hin und nachsehen. Es war ein Fisch, ein Barsch, der noch nicht lange tot war. Sein Kopf zeigte von ihr weg und Dreck und Tannennadeln bedeckten sein Auge.

Sie war betrunken, sie waren beide sehr betrunken.

»Sieh mal«, flüsterte sie. »Sieh mal, wie seltsam! Hier gibt es doch gar kein Wasser, wie kann ein Fisch da auf dem Trockenen landen?«

Ulf war bei ihr und stubste ihn mit seinen kurzen sauberen Fingernägeln an.

»Ja, das ist wirklich merkwürdig.«

»Als wäre er vom Himmel gefallen.«

Er drehte ihn mit dem Fuß um, die Kiemen waren aufgerissen und rot. Eine Schmeißfliege summte um sie herum.

»Wo kommt er nur her?«

»Keine Ahnung«, flüsterte sie, hatte aber noch keine Angst.

 

Ulf nahm den Rucksack ab und holte eine verschmierte Flasche und zwei Pappbecher heraus. Es war Madeira, den sie vor vielen Jahren aus Äpfeln gekeltert hatten. Sie verwahrten ihn im Vorratskeller, tranken aber nur selten davon. Er war sämig und viel zu süß. Ulf klemmte die Flasche zwischen die Knie und zog den Korken heraus.

»Na dann, Prost!«

»Prost . . . ich komme einfach nicht über diesen Fisch weg.«

»Jetzt lass das doch!«, fuhr er sie an. »Vermutlich werden wir nie etwas über ihn erfahren. Da brauchen wir auch nicht weiter darüber zu spekulieren.«

»Was ist eigentlich los mit dir, Ulf, was ist los?«

Er fuhr herum, seine Lippen waren blass und aufgesprungen.

»Mit mir? Nichts ist mit mir.«

»Doch, ich weiß, dass da was ist, das sehe ich dir an, ich weiß es. Und ich möchte, dass du mir erzählst, was los ist . . . Im Grunde will ich es gar nicht, aber ich kann doch nicht die ganze Zeit den Kopf in den Sand stecken, du hast doch selbst gesagt, dass ich so bin, dass ich ein feiger und ängstlicher Mensch bin, der am liebsten immer vor allem davonläuft, und das will ich jetzt auch, Ulf, ich will davonlaufen, aber wenn ich dich hier so bei mir stehen sehe, wenn ich weiß, das, was du mir zu sagen hast, könnte mein ganzes Leben verändern, falls es etwas Furchtbares und Schlimmes ist . . . dann muss ich es doch trotzdem . . . wagen. Man muss doch auch mal mit gutem Beispiel vorangehen, nicht wahr?«

Sie lachte mit steifen Lippen.

Ulf hob seinen Becher an die Lippen, sie sah die Bewegungen seines Adamsapfels. Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse.

»Du hast Recht«, sagte er feindselig. »Es ist etwas. Und wenn du nicht so darin herumgestochert hättest, dann hätte es sich vielleicht von selbst wieder gelegt. Aber jetzt hast du es ans Licht gezerrt und wir wollen es uns genauestens ansehen.«

Er sprach ein wenig lallend und machte eine Pause, so als wollte er ihr die Chance geben, sich die Ohren zuzuhalten und sich vor seine Füße zu werfen, um ihn anzuflehen, doch zu schweigen, wie sie es sonst immer tat, diesmal aber nicht.

Also sagte er es.

»Ich habe in letzter Zeit oft mit Ylva geredet und wir sind uns wieder etwas näher gekommen. Wenn man ein Kind mit jemandem hat, wird alles irgendwie . . . so innig.«

»Innig?«

»Ja. Innig.«

Sie fühlte sich auf einmal seltsam leicht und hatte das Gefühl, ihre Füße würden vom Moos abheben und sie würde zwischen den Baumstämmen schweben. Der Sturm hatte im letzten Frühjahr hier gewütet, an mehreren Stellen lagen umgestürzte und abgeknickte Bäume. Ulf saß auf einem Baumstamm. Sie dachte, dass seine Hose Harzflecken bekommen würde, aber dass ihr das jetzt auch egal sein konnte, Ylva, seine frühere Frau, würde sich darum kümmern, so wie sie sich um alles kümmern würde, was mit ihm zu tun hatte. Um seine Kleider, seine Gedanken, seinen Sohn.

 

»Weiß Albin davon?«

Sie hatten sich hingelegt, aber das Zimmer drehte sich in der Dunkelheit.

»Was meinst du, was soll Albin wissen?«

»Dass du und Ylva euch trefft.«

»Wir haben nie aufgehört uns zu treffen.«

»Ja, aber so, wie du gesagt hast. Innig.«

»Es kann Albin ja wohl kaum schaden, dass seine Eltern sich nicht mehr streiten.«

Beth riss sich das Betttuch vom Leib, es drückte auf ihre Brust und machte ihr das Atmen schwer.

»Wie ist es dazu gekommen?«, flüsterte sie. »Wie konnte diese Innigkeit wieder aufleben? Doch! Ich will es wissen.«

Ulf saß auf der Bettkante, nackt und aufrecht.

»Ich weiß nicht, sie ist doch jetzt allein, Robban ist ausgezogen. Aber ich weiß nicht, wie es gekommen ist, dass wir . . . Auf so eine Frage gibt es keine Antwort.«

Sie weinte, konnte nicht mehr klar denken.

Er hatte sich jetzt zu ihr umgedreht, seine Stimme war schneidend und kalt.

»Beth, du hast mich doch selbst gezwungen, es zu erzählen!«

»Was meinst du mit innig?« schrie sie.

»Was?«

»Du hast gesagt, dass alles so innig wird, wenn man Kinder mit jemandem hat. Das hast du da oben auf dem Kahlschlag gesagt.«

»Ach was, ich habe mich vielleicht nicht richtig ausgedrückt, musst du immer jedes Wort auf die Goldwaage legen! Aber ein Kind schweißt einen eben zusammen. Das lässt sich doch nicht abstreiten.«

Beth machte das Licht über ihren Betten an. Er sah krank aus, die Haare auf seinen Armen sträubten sich. Als würde er hier oben unter dem Dach frieren, als wäre es auf einmal Herbst, November.

»Aber es muss natürlich ein lebendiges Kind sein«, sagte sie.

»Nein, fang jetzt nicht wieder damit an.«

»Sollte einen ein totes Kind dann nicht noch mehr zusammenschweißen? Oder zwei wie bei uns. Zwei kleine, tote Zwillinge . . . die einen Tag gelebt haben . . . und dann gestorben sind.«

»Reiß dich zusammen, das geht zu weit.«

»Wenn du mir damals eine Stütze gewesen wärst . . . wenn du dich nicht von mir abgewandt und mich allein gelassen hättest . . . dann hätten wir gemeinsam trauern können. Wenn du nicht so egoistisch gewesen wärst. Du hast mir Angst gemacht, ich saß die Tage und Abende da, Juni rief an, bist du etwa ganz allein, du darfst jetzt nicht allein sein, dann kam sie vorbei und hatte Pastete und dunkle Trauben gekauft, du musst essen, Beth, du musst jetzt stark sein!«

»Das geht unter die Gürtellinie. Ich habe das alles schon hundert Mal gehört, so oft, dass es nicht mehr . . . und das weißt du auch, es hat keinen Sinn, weiter mit dir zu reden, es funktioniert nicht, ich komme nicht an dich heran, das ist mir noch nie gelungen, jedenfalls nicht, wenn es um dieses Thema geht.«

Sie konnte einfach nicht aufhören:

»Und Juni hat mich gefragt, was ist mit Ulf, wo ist er, hat sie gefragt. Was sollte ich denn antworten? Er ist auf der Arbeit, ich glaube, es sind ein paar Leute ausgefallen, deshalb musste er . . . Wenn ich dich ausgeliefert hätte . . . dann wäre das doch auch auf mich zurückgefallen, ich wäre eben nicht in der Lage gewesen, meinen Mann zu Hause zu halten, den Vater der toten Kinder, sie wäre wahnsinnig wütend auf dich geworden und das konnte ich nicht ertragen . . . als hätte ich dich dadurch dann auch noch verloren, Ulf, ich brauchte dich doch so sehr. Ja, innig.« Sie lachte auf. »Wenn ich so sagen darf.«

Er saß mit gesenktem Kopf da.

»Ich habe doch auch getrauert«, sagte er mit belegter Stimme, »und das weißt du verdammt gut. Aber auf meine Art eben. Es können nicht alle so trauern wie du. Wenn du das doch irgendwann einsehen könntest! Ich konnte nicht schreiben, die Worte verhedderten sich und wurden Buchstabensalat, ich konnte nicht weinen. Nicht wie du, du hast es doch wenigstens irgendwie rausgelassen. In gewisser Weise hast du mir die Trauer abgenommen.«

»Oh nein, mein Lieber!«, schrie sie. »Das kannst du nicht sagen! Trauer lässt sich nicht messen, sie ist nicht rationiert. Die Trauer reicht für alle, alle.«

Er schwieg.

»Albin durfte seine kleinen Halbschwestern nicht behalten«, fuhr sie fort und wusste, dass sie jetzt zu weit ging, aber sie konnte sich nicht bremsen. »Ich weiß, dass er traurig darüber war. Während der ganzen Schwangerschaft haben Albin und ich uns über sie unterhalten, jeden Tag. Über Kinder und wie sie entstehen. Und dann . . . Er wusste, dass er zwei Schwestern bekommen hatte, sie aber nie nach Hause kommen würden, er würde sie nie zu Gesicht bekommen oder ihre kleinen warmen Köpfchen anfassen dürfen, die Fontanellen, ich hatte ihm das alles erklärt, er war alt genug, um es zu verstehen, fünf Jahre alt. Er war ein aufgeweckter kleiner Junge, dein Albin. Trotz allem, was er durchgemacht hatte.«

Ulf stand bei den Kleidern, suchte in seinen Taschen nach Zigaretten. Seine Fersen donnerten die Treppe hinunter. Sie folgte ihm in ihrem nahezu durchsichtigen Nachthemd.

Nylon, dachte sie. Aber es war aus gewöhnlicher Baumwolle.
...

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