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Von Monstern und Mythen

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
400 Seiten
Deutsch
DuMont Reiseverlagerschienen am09.02.20211. Auflage
Das E-Book basiert auf: 1. Auflage 2020, Dumont Reiseverlag

Der preisgekrönte Autor Nicholas Jubber bereist Europa von der Türkei bis nach Island und erkundet die großen Epen unseres Kontinents - von der Odyssee und den Kosovo-Mythos über das Rolands- und Nibelungenlied bis zum Beowulf und zur Njálls-Saga.
Er greift zurück auf prägende Werke aus alten Epochen und untersucht Fragen, die die Menschen in Europa seit Jahrtausenden bewegen: Was bedeutet uns Nationalität, was ist Fundamentalismus, welchen Einfluss haben Schicksal oder Klassenzugehörigkeit? In diesen blut- und feuergetränkten Geschichten entdeckt Nicholas Jubber, wie die Welt der Götter und Kaiser, Drachen und Wassermädchen, Ritter und Prinzessinnen zu unserer eigenen wurde: Ihr tiefer Einfluss auf die europäische Identität und ihre Bedeutung in unseren turbulenten Zeiten.
Das neue E-Book des SPIEGEL-Besteller-Autors von 'Acht Lektionen der Wüste'
Die Identität Europas neu entdeckt
Die großen Sagen Europas in einem packenden aktuellen Reisebericht

Tipp: Setzen Sie Ihre persönlichen Lesezeichen an den interessanten Stellen und machen Sie sich Notizen... und durchsuchen Sie das E-Book mit der praktischen Volltextsuche!



Nicholas Jubber, Jahrgang 1977, lebte nach seinem Studium an der Oxford University mehrere Jahre in Jerusalem. Als 2000 die zweite Intifada ausbrach, reiste er durch den Mittleren Osten und Ostafrika und berichtete von dort für The Guardian, The Observer, BBC Radio 4 sowie den amerikanischen Radiosender NPR. Jubber ist Gewinner des Dolman Best Travel Book Award, des renommiertesten Preises für Reiseschriftsteller in Großbritannien.
Sein erstes ins Deutsche übersetze Buch "Die acht Lektionen der Wüste" erschien 2017 ebenfalls im DuMont Reiseverlag.
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Produkt

KlappentextDas E-Book basiert auf: 1. Auflage 2020, Dumont Reiseverlag

Der preisgekrönte Autor Nicholas Jubber bereist Europa von der Türkei bis nach Island und erkundet die großen Epen unseres Kontinents - von der Odyssee und den Kosovo-Mythos über das Rolands- und Nibelungenlied bis zum Beowulf und zur Njálls-Saga.
Er greift zurück auf prägende Werke aus alten Epochen und untersucht Fragen, die die Menschen in Europa seit Jahrtausenden bewegen: Was bedeutet uns Nationalität, was ist Fundamentalismus, welchen Einfluss haben Schicksal oder Klassenzugehörigkeit? In diesen blut- und feuergetränkten Geschichten entdeckt Nicholas Jubber, wie die Welt der Götter und Kaiser, Drachen und Wassermädchen, Ritter und Prinzessinnen zu unserer eigenen wurde: Ihr tiefer Einfluss auf die europäische Identität und ihre Bedeutung in unseren turbulenten Zeiten.
Das neue E-Book des SPIEGEL-Besteller-Autors von 'Acht Lektionen der Wüste'
Die Identität Europas neu entdeckt
Die großen Sagen Europas in einem packenden aktuellen Reisebericht

Tipp: Setzen Sie Ihre persönlichen Lesezeichen an den interessanten Stellen und machen Sie sich Notizen... und durchsuchen Sie das E-Book mit der praktischen Volltextsuche!



Nicholas Jubber, Jahrgang 1977, lebte nach seinem Studium an der Oxford University mehrere Jahre in Jerusalem. Als 2000 die zweite Intifada ausbrach, reiste er durch den Mittleren Osten und Ostafrika und berichtete von dort für The Guardian, The Observer, BBC Radio 4 sowie den amerikanischen Radiosender NPR. Jubber ist Gewinner des Dolman Best Travel Book Award, des renommiertesten Preises für Reiseschriftsteller in Großbritannien.
Sein erstes ins Deutsche übersetze Buch "Die acht Lektionen der Wüste" erschien 2017 ebenfalls im DuMont Reiseverlag.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783616491196
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum09.02.2021
Auflage1. Auflage
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5633737
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
CHRONIK DER EREIGNISSE

PROLOG

ERSTER TEILAUF DEN SPUREN EINES SPATHEIMKEHRERS - Die Odyssee

ZWEITER TEILKLAGELIED AUF EINE EWIG SCHMERZENDE WUNDE - Der Kosovo-Zyklus

DRITTER TEILEIN LIED FÜR EUROPA - Das Rolandslied

VIERTER TEILDER BITTERE GESCHMACK DER GÖTTERDÄMMERUNG - Das Nibelungenlied

FÜNFTER TEILWIE MAN MONSTER TÖTET - Beowulf

SECHSTER TEILEIN ÖDLAND DER GLEICHEN - Die Saga von Brennu-Njáll

EPILOG

DANKSAGUNG

FÜR DIE BIBLIOTHEK
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Leseprobe


PROLOG

Unter einem Epos stellen wir uns meist eine Geschichte vor, die vor langer Zeit in einem fernen Lande spielt. Doch als ich vor einigen Jahren in die europäische Sagenwelt eintauchte, ging mir auf, wie aktuell diese Erzählungen sind. Sie berühren uns nicht weniger unmittelbar als die Tagesnachrichten, sie haben die erzählerische Wucht von Blockbuster-Filmen, und sie bieten die knisternde Spannung von Lagerfeuererzählungen.

Die Idee zu diesem Buch kam mir während einer Reise durch Europa. Meine Frau hatte Mutterschaftsurlaub, und ich redigierte ein Buch, es sprach also nichts dagegen, »uns ein paar Monate zu vergnügen«, wie sie es ausdrückte. Auch stand am Ende des Sommers die Einschulung unseres Ältesten bevor, und das hieß: jetzt oder nie. Und so kam es, dass wir vier Monate lang von einer Minikatastrophe zur nächsten kreuz und quer durch sieben Länder Europas zockelten, mal bei Freunden und Verwandten unterkrochen, mal günstig eine Bleibe über Airbnb organisierten. Auf Sardinien ruinierten wir auf einer Schotterstraße unsere Reifen und mussten das Auto in die Werkstatt bringen, und die Überfahrt mit der Fähre nach Sizilien verbrachten wir zum größten Teil auf der Krankenstation, weil ich vergessen hatte, unser Baby im Kinderstuhl anzuschnallen. Aber im Großen und Ganzen schlugen wir uns gar nicht so schlecht: Wir brachten die Kinder heil und ganz nach Hause, wir zerstritten uns nicht, und unser zehn Jahre alter Peugeot 206 gab nicht den Geist auf.

Es war also eine unbeschwerte, friedliche Zeit, und wir hatten viel Spaß dabei, Europa mit den Augen kleiner Kinder zu entdecken. In Nürnberg bestaunten wir mit glänzenden Augen Modelleisenbahnen in Europas schönstem Spielzeugmuseum und anschließend, ziemlich ernüchtert, das Aufmarschgelände für die Reichsparteitage der Nazis. In Syrakus besuchten wir ein Puppentheater, nachdem wir ein antikes Amphitheater erkundet hatten. Hie und da drangen auch die wachsenden Probleme des Kontinents bis in die Glücksblase unserer kleinen Familie - von rassistischen Graffiti in Hannover bis zu Migranten aus Afrika, die uns auf Sardinien um Hilfe baten. Doch schmutzige Windeln und aufgeschlagene Knie lenkten unsere Aufmerksamkeit schnell von solchen Dingen ab. Wenn uns die Nachrichtenmeldungen zu sehr aufs Gemüt schlugen, konnten wir uns einfach in die Abenteuer der Oktonauten versenken oder uns an der schönen Holzausstattung der deutschen Kindergärten freuen.

Ich lernte Europa in diesem Sommer lieben: das messingfarbene Licht auf den Stränden des Mittelmeers, wo das türkisfarbene Meer unsere Füße umschmeichelte; das staubige Goldgrün der Nadelwälder; die traditionellen Bräuche, die auf dem Kontinent noch gepflegt werden: angefangen bei den sizilianischen signoras, die die Füßchen unseres Babys und den blonden Schopf seines älteren Bruders berührten und sich dabei bekreuzigten, bis hin zu den Doktoranden in Göttingen, die nach bestandener Prüfung auf dem Marktplatz der Figur der Gänseliesel einen Kuss auf die bronzenen Lippen drücken. Großartiger Kaffee, köstliches Eis, und wo die Würste nicht ganz so gut waren, wurden sie wenigstens größer, genau wie die Bierkrüge.

Doch zu Hause in England beherrschte der Brexit die Schlagzeilen. Dort versuchte man, aus der nationalen Identität politisches Kapital zu schlagen; historische Begriffe wie »Angelsachse« und verstaubte Ansichten über »Souveränität« wurden für den Stimmenfang instrumentalisiert; Facebook-Profile wurden ausgespäht, und Politstrategen, die sich ihre Ideen aus Sun Tzus Die Kunst des Krieges klaubten oder die uralten politischen Manöverspielchen eines Bismarck kopierten, produzierten provokative Videos auf YouTube.

Als wir in den bayerischen Alpen ankamen, war das Kind (keines der unseren, zum Glück) dann endgültig in den Brunnen gefallen: Eine Mehrheit der Briten stimmte dafür, nach 42 Jahren die politische Union mit dem Festland aufzukündigen. Wir hatten uns in eine Pferdekutsche gequetscht und klapperten Neuschwanstein entgegen. Ein netter Düsseldorfer, der mir seinen Ellbogen in die Rippen drückte, hielt mir mit dem mitfühlenden Kommentar »Da habt ihr euch ja was Schönes eingebrockt!« sein iPhone unter die Nase, um mich über den freien Fall des britischen Pfunds auf dem Laufenden zu halten. Das Schloss ist ein romantischer Fantasiebau, errichtet für einen Schöngeist des 19. Jahrhunderts, den verrückten »Märchen­könig« Ludwig II. von Bayern, aber wir waren nicht in Stimmung für eine Schlossbesichtigung. Meine Frau dachte an ihre Handtasche, die sie in der Kutsche vergessen hatte, und mir ging angesichts des aberwitzigen Prachtbaus im Kopf herum, was dabei herauskommen kann, wenn die politisch Verantwortlichen im Wolkenkuckucksheim leben. Zum Glück war wenigstens ein Mitglied unserer Familie auf Zack.

»Daddy«, rief unser Jüngster, »da ist ein Drache!«

Meine Augen folgten seinem Finger zu einem Fresko in einem Mauerbogen, und ich erblickte ein Schuppenbiest mit langem Schweif, dem ein Held in goldschimmernder Rüstung mit einem glänzenden Schwert die Brust durchbohrte. Wir schauten uns an und lächelten.

Das war der Moment, in dem es bei mir »Klick!« machte.

Bei dem Helden handelte es sich um Sigurd, auch Siegfried genannt, aus der mittelalterlichen Nibelungen-Sage. Es existieren mehrere Fassungen der Geschichte. Vor einigen Wochen hatte ich mir die Version aus dem 12. Jahrhundert - das Nibelungenlied - auf meinen Kindle heruntergeladen. Die Gemälde, die Ludwig II. in Auftrag gab, orientierten sich allerdings an einer anderen Version, die im Island des 13. Jahrhunderts angesiedelt war. Bei der Betrachtung rekapitulierte ich kurz die Geschichte von Siegfried: Er tötet einen Drachen, reißt sich einen sagenhaften Schatz unter den Nagel, heiratet eine schöne Prinzessinâ... und fällt auf einem Jagdausflug im Wald dem Speer eines hinterlistigen Mörders zum Opfer.

In den folgenden Tagen und Wochen ging mir diese düstere Geschichte nicht mehr aus dem Sinn. Wie ein Wollknäuel, mit dem ein Kätzchen spielt, verwickelten sich ihre Fäden mit anderen Erzählungen. Ich dachte an ihren Einfluss auf das angelsächsische Epos Beowulf und die isländischen Sagas und später auch auf die Bücher von J.âR.âR. Tolkien, der Geschichten über Drachen so populär gemacht hat, dass das Bild eines schuppigen, geflügelten Wesens heutzutage jedem Dreijährigen etwas sagt. Und ich dachte an Siegfrieds Verbindungen zu den großen Helden Homers: Er ist ein Meister der Tarnung, genau wie der listenreiche Odysseus, aber auch ein fast unsterblicher Kraftprotz wie Achilles - samt dessen »Achillesferse«, die bei ihm allerdings ein Fleck auf der Schulter in Form eines Lindenblatts ist.

»Das Epos schildert eine Reise, auf der jemand etwas sucht«, bemerkte der Dichter Derek Walcott. »Das Grundschema ist bekannt: Ein Ritter zieht in die Welt hinaus, um irgendetwas zu erreichen, und unterwegs begegnet er diversen Drachen und so weiter.« Aristoteles hat es vor mehr als zwei Jahrtausenden formaler definiert: »Die Epik stimmt mit der Tragödie insoweit überein, als sie Nachahmung guter Menschen in Versform ist; sie unterscheidet sich darin von ihr, daß sie nur ein einziges Versmaß verwendet und aus Bericht besteht.« Was mich an den europäischen Epen ansprach, war allerdings nicht so sehr ihre Form als vielmehr die Ähnlichkeit ihrer Motive und Handlungsstränge, die den Kontinent wie mit einer Patchworkdecke aus Erzählungen überzogen.

Die Literaturwissenschaft hat diese Verbindungen ins Korsett ihrer Theorien zu zwingen versucht, Jacob Grimm suchte in ihnen eine einigende Klammer für das deutsche Nationalgefühl, Joseph Campbell sprach von den zwölf Stationen der Heldenreise, für die James Joyce den Begriff Monomythos prägte. Bereits in den 1870ern parodierte George Eliot diese Bemühungen in ihrem Roman Middlemarch in der Figur des Casaubon, der nach dem »Schlüssel aller ­Mythologien« forscht. Die Literaturwissenschaft hat viele Erkenntnisse zutage gefördert, aber insgesamt finde ich sie zu schematisch für die verwickelten und tiefgründigen Verbindungen zwischen den mythischen und folkloristischen Elementen dieser Erzählungen. In meinen Augen bestehen zwischen diesen Geschichten so viele überraschende Verknüpfungen, sie sind so organisch miteinander verwoben, dass ihre Bezüge dem kreuz und quer verlaufenden Wurzelgeflecht der Bäume eines großen, undurchdringlichen Waldes gleichen.

Einige Monate nach unserem Familientrip durch Europa plante ich eine neue Reise, die mich auf den Spuren der europäischen Sagen von Anatolien bis zum Polarkreis führen sollte. Diesmal wollte ich mich ohne Familie auf den Weg machen. Im Unterschied zu Odysseus wurde ich nicht von einem kriegslüsternen Herrscher zum Militärdienst genötigt, und ich begab mich auch nicht wie Siegfried auf die Jagd nach Ruhm und Reichtum. Ich bin bloß ein schlaksiger, bebrillter Büchermensch, kein muskelbepackter Held. Mein Ziel war es, den Geschichten und ihren vielen Figuren nachzuspüren, und als Lohn für meine Mühen erhoffte ich mir, ein Buch nach Hause zu bringen.

Einige Jahre zuvor hatte ich auf einer Reise versucht, mich dem persischen Epos Schahnameh (»Buch der Könige«) anzunähern. Ich hatte Bauern getroffen, die seine Verse während der Feldarbeit rezitierten, und ehemalige Soldaten, die das Buch in den 1980er-Jahren in die Schützengräben des iranisch-irakischen Kriegs mitgenommen hatten. Die alten Geschichten waren für sie keine hehre Kunst, die man im Elfenbeinturm pflegte, sondern lebendiger Teil ihres täglichen Lebens.

Bis vor Kurzem hatte ich noch gedacht, Europa sei anders, hier habe man die Geschichte fein säuberlich in den Vitrinen von...
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Autor

Nicholas Jubber, Jahrgang 1977, lebte nach seinem Studium an der Oxford University mehrere Jahre in Jerusalem. Als 2000 die zweite Intifada ausbrach, reiste er durch den Mittleren Osten und Ostafrika und berichtete von dort für The Guardian, The Observer, BBC Radio 4 sowie den amerikanischen Radiosender NPR. Jubber ist Gewinner des Dolman Best Travel Book Award, des renommiertesten Preises für Reiseschriftsteller in Großbritannien.Sein erstes ins Deutsche übersetze Buch "Die acht Lektionen der Wüste" erschien 2017 ebenfalls im DuMont Reiseverlag.