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Gefangen!

Zwei Großväter im Zweiten Weltkrieg
tolino mediaerschienen am01.07.2017
Beide Großväter des Autors waren in der Sowjetunion. Einer in der Kommandantur eines Kriegsgefangenenlagers für sowjetische Kriegsgefangene in der Ukraine, der andere als Kriegsgefangener in genau demselben Lager, nach Ende des Krieges. Auf der Suche nach Verantwortung wird Reuß, ein Jurist aus Berlin, mit dem Problem von deutschen und sowjetischen Soldaten konfrontiert, die in die Hände des Feindes gerieten. Er recherchiert. Aus persönlicher Betroffenheit wird schließlich eine Dokumentation, wie es sie bis dato nicht gab. An die sechs Millionen Rotarmisten gingen in deutsche Kriegsgefangenschaft mehr als die Hälfte kam hier um.

Ernst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Lebt als Autor in Berlin. Publikationsauswahl: Berliner Justizgeschichte, Millionäre fahren nicht auf Fahrrädern, Gefangen! Zwei Großväter im Zweiten Weltkrieg, Mord? Totschlag? Oder was?, Sirius, Katzenkönig und Co.
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Produkt

KlappentextBeide Großväter des Autors waren in der Sowjetunion. Einer in der Kommandantur eines Kriegsgefangenenlagers für sowjetische Kriegsgefangene in der Ukraine, der andere als Kriegsgefangener in genau demselben Lager, nach Ende des Krieges. Auf der Suche nach Verantwortung wird Reuß, ein Jurist aus Berlin, mit dem Problem von deutschen und sowjetischen Soldaten konfrontiert, die in die Hände des Feindes gerieten. Er recherchiert. Aus persönlicher Betroffenheit wird schließlich eine Dokumentation, wie es sie bis dato nicht gab. An die sechs Millionen Rotarmisten gingen in deutsche Kriegsgefangenschaft mehr als die Hälfte kam hier um.

Ernst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Lebt als Autor in Berlin. Publikationsauswahl: Berliner Justizgeschichte, Millionäre fahren nicht auf Fahrrädern, Gefangen! Zwei Großväter im Zweiten Weltkrieg, Mord? Totschlag? Oder was?, Sirius, Katzenkönig und Co.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783739393230
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum01.07.2017
Seiten282 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse8829
Artikel-Nr.5639169
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Vorbemerkungen

Zum Thema

Das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen in deutscher Hand ist eines der dunkelsten Kapitel der Geschichte des Zweiten Weltkrieges1. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs bestand in Deutschland wenig Interesse am Schicksal sowjetischer Kriegsgefangener. Anteilnahme erregten lediglich die enormen deutschen Verluste in der Sowjetunion und das Schicksal deutscher Soldaten in sowjetischen Kriegsgefangenenlagern. Die Bewusstwerdung des Holocaust führte in erheblichem Maße zur Verdrängung der Verbrechen an Bürgern der Sowjetunion. Die eigenen Verbrechen dort, soweit überhaupt zur Kenntnis genommen, wurden mit Verbrechen der Alliierten aufgewogen.

Dies gipfelte darin, dass in Westdeutschland Mahnmale, die von den Sowjets oder von Überlebenden der Kriegsgefangenenlager errichtet worden waren, beseitigt oder entschärft wurden2. Schon harmlose Inschriften, die das Leid der Gefangenen darstellen sollten, waren offenbar dem Wirtschaftswunderdeutschen nicht mehr zuzumuten.

Waren gar Sowjetstern oder Hammer und Sichel auf den Denkmälern zu sehen, wurde dies in der noch jungen BRD häufig entschärft.

Waren auf den Gedenksteinen bei den sowjetischen Massengräbern Zahlen der Opfer genannt, wurde penibel nachgerechnet und notfalls eine Tafel mit einer Gegenrechnung daneben gestellt.

Obwohl bis zu 3,3 Millionen von 5,7 Millionen Gefangenen in den Lagern umgekommen sind und die sowjetischen Kriegsgefangenen somit neben den Juden diejenige Opfergruppe waren, die das schlimmste Schicksal im Zweiten Weltkrieg erleiden musste, wurde nichts Genaueres über die sowjetischen Kriegsgefangenen ermittelt.

Systematische Massenmorde an Kriegsgefangenen sind nicht allein vom nationalsozialistischen Deutschland begangen worden. Vielmehr hat es sie in der Geschichte seit der Antike immer wieder gegeben. Dennoch ragt auch hier wieder der deutsche Fall heraus, wegen der enormen Dimensionen, die noch einmal durch das kalkulierte Hungersterben in den Schatten gestellt wurden. 3Wenngleich es sich bei den deutschen Lagern im Osten zumindest anfangs um reine Vernichtungslager für slawische Untermenschen handelte, interessierten sich weder Sowjets noch Amerikaner für eine umfassende Aufklärung.

Die Amerikaner hatten zu Beginn des Kalten Krieges kein sonderliches Interesse, das Leiden der sowjetischen Kriegsgefangenen ausführlich zu dokumentieren. Außerdem wurden mitverant-wortliche Wehrmachtsgeneräle für den Neuaufbau einer westdeutschen Armee, als Bollwerk gegen den Kommunismus, dringend gebraucht.

Den Sowjets andererseits war daran gelegen, den weitgehenden Zusammenbruch ihrer Armee im Sommer 1941, bei dem über 5 Millionen sowjetische Soldaten gefangen genommen wurden, zu verschleiern.

Außerdem galt ein Kriegsgefangener nach stalinistischer Doktrin als Verräter, und sich gefangen nehmen zu lassen, wurde als Straftat bewertet. Propagandastellen hatten dazu aufgerufen, sich stattdessen das Leben zu nehmen. Alle sowjetischen Kriegsgefangenen standen unter einem generellen Kollaborationsverdacht, wurden nach Ende des Krieges in Filtrationslagern verhört und in vielen Fällen erneut zu langjähriger Lagerhaft verurteilt.

Aus diesen Gründen unterblieb lange Jahre auch jede Beschäftigung deutscher Historiker mit diesem brisanten Thema. Die Vergangenheitsbewältigung in Büchern und anderen Massenmedien während des Kalten Krieges bestärkte vielmehr die Überzeugung, dass im Krieg gegen die Sowjetunion lediglich einige Exzesse der SS zu bedauern wären.

Immer wieder wurde versucht, Kriegsverbrechen von sowjetischen Soldaten und die vielen Untaten des Diktators Stalin mit den deutschen Verbrechen in der Sowjetunion und den Untaten des Diktators Hitler aufzurechnen.

Mit diesem Buch sollen das Unternehmen Barbarossa , also der Feldzug der deutschen Wehrmacht gegen die Sowjetunion, und die damit verbundenen Folgen, insbesondere die Kriegsgefangenschaft, aus der Sicht zweier einfacher Soldaten dargestellt werden. Als zentraler Punkt wird die Behandlung und das unterschiedliche Schicksal von sowjetischen und deutschen Gefangenen thematisiert, was bisher - zumindest betrifft dies die kriegsgefangenen sowjetischen Soldaten - nur sehr unzureichend und im Hinblick auf die kriegsgefangenen deutschen Soldaten oftmals lediglich verzerrt geschah.

Durch die Tatsache, dass beide Protagonisten des Buches in grundsätzlich unterschiedlichen Positionen im selben Kriegsgefangenenlager in Winniza in der Ukraine waren - der eine in der Kommandantur unter deutscher Herrschaft, der andere als Gefangener unter sowjetischer Herrschaft - kann die ungleiche Behandlung von Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg exemplarisch dargestellt werden.

Möglicherweise ist der unterschiedliche militärische Werdegang dieser beiden Soldaten auch typisch für jene Zeit. Auf jeden Fall werden aber zwei deutsche Militärangehörige an der Ostfront gezeigt, die gegenüber dem Nationalsozialismus gegensätzliche Haltungen einnehmen. Aus den noch vorhandenen persönlichen Zeugnissen jener Zeit, insbesondere Fotos und Feldpostbriefen, soll ein Bild der Geschichte gezeichnet werden, welches das Schicksal einfacher Menschen im Zweiten Weltkrieg begreifbarer macht.


Quellenlage

Auf Weisung des Oberkommandos der Wehrmacht wurde nach Kriegsbeginn bei allen Wehrkreisen je ein Kommandeur der Kriegsgefangenen für die einzurichtenden Kriegsgefangenenlager bestellt. Die Abteilung Kriegsgefangenenwesen, die für die Angelegenheiten der Kriegsgefangenen zuständig war, führte ab 1942 die Bezeichnung Chef des Kriegsgefangenenwesens . Auf Weisung Hitlers wurde Ende Juni 1943 zudem ein Generalinspekteur für das Kriegsgefangenenwesen der Wehrmacht eingesetzt. Zuletzt wurde Heinrich Himmler, der Reichsführer SS, angewiesen, Aufsicht und Kontrolle über das Kriegsgefangenenwesen auszuüben. Zu diesem Zeitpunkt waren aber bereits fast alle außerhalb des Deutschen Reichs befindlichen Kriegsgefangenenlager geräumt.

Die Kommandeure der Kriegsgefangenen mussten Kriegstagebücher führen, die dann in das Heeresarchiv nach Potsdam gelangten. Vermutlich wurden diese Bestände jedoch in der Nacht zum 15. April 1945 bei einem schweren britischen Luftangriff vernichtet oder zusammen mit anderen Kriegstagebüchern und Akten von den deutschen Stellen verbrannt.

Man hatte ja schließlich einiges vor den anrückenden Alliierten zu verbergen. Die Registraturen der Kriegsgefangeneneinrichtungen selbst mussten keine Unterlagen an das Heeresarchiv abgeben. Wahrscheinlich wurden beim Rückzug oder zum Kriegsende all diese Unterlagen vernichtet.

Dadurch gibt es große, nicht mehr zu schließende Lücken, so dass die Aufarbeitung des Schicksals der Gefangenen sich heute zum Teil schwierig gestaltet und umfassende Aussagen zu den meisten Lagern überhaupt nicht mehr möglich sind.

Das Bundesarchiv in Freiburg verwahrt lediglich Akten von wenigen, im Reichsgebiet befindlichen Kriegsgefangenenlagern. Einige Angaben zu den Kriegsgefangenenlagern im Osten lassen sich auch auf Wehrkreisebene bei den Kommandeuren der Kriegsgefangenen oder bei den Beständen mit Bezug auf die rückwärtigen Armeegebiete finden. Allerdings sind auch diese Überlieferungen mehr als lückenhaft, geben aber teilweise anschauliche Einblicke in die katastrophalen Zustände einzelner Lager. Material zum Thema Kriegsgefangenenwesen ist neben den regionalen Archiven auch in ministeriellen Beständen sowie in den erhalten gebliebenen Unterlagen der zentralen Ämter der SS zu finden, die vom Bundesarchiv in Berlin verwahrt werden. Auch die Zentralstelle für die strafrechtliche Aufarbeitung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg verfügt über Schriftgut im Umfang von etwa einem Kilometer, darunter einzelne Unterlagen zu Kriegsgefangeneneinrichtungen.

Zum Teil befinden sich von den Alliierten erbeutete Akten auch noch in deren Archiven, beispielsweise im Staatsarchiv Moskau und im Militärarchiv in Prag. Personenbezogene Unterlagen über das Kriegsgefangenenwesen wurden grundsätzlich in der Wehrmachtsauskunftsstelle in Berlin verwahrt, aber zu Kriegsende in der Drachenbergkaserne in Meiningen ausgelagert. Dort wurden die Unterlagen nach dem Krieg von den Amerikanern beschlagnahmt und nach dem Wechsel der Besatzungsmacht in Thüringen mit unbekanntem Ziel in die UdSSR gebracht. Das sehr umfangreiche Schriftgut soll beim Abtransport in 377 Kisten verpackt worden sein. Im Zentralen Archiv des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation in Podolsk bei Moskau wurde dieser Aktenbestand der Wehrmachtsauskunftsstelle gefunden. Aber auch diese Unterlagen tragen wenig zur Aufarbeitung des Kriegsgefangenenwesens im Zweiten Weltkrieg bei, da es sich dabei nur um Personalakten handelt.

Literatur zum Thema Kriegsgefangene gibt es reichlich. Allerdings beschränkt sich diese zumeist auf das Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion oder auf das Schicksal der zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppten Kriegsgefangenen. Andere Bücher streifen bei der Beschreibung des Zweiten Weltkrieges oder bei einzelnen Aspekten des Krieges die Kriegsgefangenen lediglich am Rande.

Die wenigen vorhandenen deutschen Publikationen über Kriegsgefangenenlager sind eher dem heimatkundlichen Bereich zuzuordnen. Daher verwundert es nicht, dass es auch keine fundierte Untersuchung über die Lager auf den Gebieten des Generalgouvernements und der Reichskommissariate Ostland und Ukraine gibt.

Bücher auf Deutsch, die sich wirklich intensiv mit den Verbrechen an den sowjetischen...


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