Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Das Imperium der Puppen

Steampunk Roman
tolino mediaerschienen am01.07.2019
Künstliche Intelligenz im viktorianischen England? Irgendwie ist Graham dafür verantwortlich. Nicht für die Mechanisatoren, die von echten Menschen kaum zu unterscheiden sind, sondern dafür, dass deren künstliche Intelligenz es für eine gute Idee hält, die Menschheit auszurotten. Davon ahnt er natürlich nichts, als er 150 Jahre später geboren wird. Und auch die ersten dreißig Jahre des Business Analytikers (Sie kennen den Typ: Gut mit Mathe, schlecht mit Menschen) verlaufen relativ ereignislos. Das ändert sich schlagartig, als er, von einer Gruppe Schläger verfolgt, durch eine uralte Tür stolpert, die eine Minute vorher noch gar nicht da war und sich in einem London wiederfindet, das es seit anderthalb Jahrhunderten nicht mehr geben dürfte. Als dann noch sein bester Freund versucht, ihn umzubringen und er im ehrlichen Zweikampf von einer Kakerlake besiegt wird, weiß Graham: Dieser Ort und diese Zeit sind nichts für ihn. Ach ja: Wenn er den Knopf drückt, verschwindet auch Miranda van Storm aus seinem Leben. Und das allein garantiert im Moment die Existenz dieser Welt.

Nach Jobs als Banker, Journalist und Zeitungsbote studierte Philipp Nathanael Stubbs im Vereinigten Königreich Informatik und brachte von dort nebst Abschluss auch seine Vorliebe für Understatement und britischen Humor mit. Heute schreibt er tagsüber Software und nachts Bücher. Er möchte der erste Märchen- und Steampunk-Autor zu werden, der den Literaturnobelpreis bekommt. Den er wegen Schüchternheit ablehnt.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR16,99

Produkt

KlappentextKünstliche Intelligenz im viktorianischen England? Irgendwie ist Graham dafür verantwortlich. Nicht für die Mechanisatoren, die von echten Menschen kaum zu unterscheiden sind, sondern dafür, dass deren künstliche Intelligenz es für eine gute Idee hält, die Menschheit auszurotten. Davon ahnt er natürlich nichts, als er 150 Jahre später geboren wird. Und auch die ersten dreißig Jahre des Business Analytikers (Sie kennen den Typ: Gut mit Mathe, schlecht mit Menschen) verlaufen relativ ereignislos. Das ändert sich schlagartig, als er, von einer Gruppe Schläger verfolgt, durch eine uralte Tür stolpert, die eine Minute vorher noch gar nicht da war und sich in einem London wiederfindet, das es seit anderthalb Jahrhunderten nicht mehr geben dürfte. Als dann noch sein bester Freund versucht, ihn umzubringen und er im ehrlichen Zweikampf von einer Kakerlake besiegt wird, weiß Graham: Dieser Ort und diese Zeit sind nichts für ihn. Ach ja: Wenn er den Knopf drückt, verschwindet auch Miranda van Storm aus seinem Leben. Und das allein garantiert im Moment die Existenz dieser Welt.

Nach Jobs als Banker, Journalist und Zeitungsbote studierte Philipp Nathanael Stubbs im Vereinigten Königreich Informatik und brachte von dort nebst Abschluss auch seine Vorliebe für Understatement und britischen Humor mit. Heute schreibt er tagsüber Software und nachts Bücher. Er möchte der erste Märchen- und Steampunk-Autor zu werden, der den Literaturnobelpreis bekommt. Den er wegen Schüchternheit ablehnt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783739470658
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum01.07.2019
Seiten331 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse612
Artikel-Nr.5643799
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel 1 - Die Frau im Spiegel

KAFFEE! DANN WIRD NIEMAND VERLETZT!

Graham starrte auf das weiße Porzellan mit der gesprungenen Glasur, ohne etwas davon in sein Hirn aufzunehmen. Das war morgens halb Sieben ohne Koffein auch nicht möglich. Die Tasse hatte ihm Helen Fields, die Sekretärin der kleinen Investmentbude, in der er als Student gejobbt hatte, zum Abschied geschenkt. Das war Ewigkeiten her - zumindest im Investmentbusiness, wo kein Mensch weiter als zwei Monate, geschweige denn zwei Jahre dachte. Entweder hatte die Frau sich keine weiteren Gedanken über das Geschenk gemacht, als dass es das 5-Pfund-Budget nicht überschreiten durfte - oder sie kannte Graham besser, als ihm lieb war. Während der Kaffee aus dem Automaten in die Tasse floss, versuchte Graham, sich ihr Gesicht ins Gedächtnis zurückzurufen. Der Versuch blieb erfolglos.

Der Kaffeestrom versiegte zu früh. Hektisch rot blinkende Lichter zeigten an, dass die Maschine ihren Dienst verweigerte und eine aus dem Innern herauskräuselnde Rauchwolke wies darauf hin, dass sich daran in nächster Zukunft nichts ändern würde. Graham zerrte den Stecker aus der Steckdose und fluchte leise vor sich hin. Dann schnappte er sich seine Tasche und verließ die Wohnung. Die Zeit war knapp, doch der Umweg notwendig. Ohne Koffein war Graham eine Gefahr für sich selbst und seine Mitmenschen.

Eigentlich nur für seine Mitmenschen.

Graham drückte eine Viertelstunde später die Glastür der Starbucks Filiale auf und quetschte die Masse der Neun-Bis-Fünf Bürozombies noch enger zusammen, die auf der Jagd nach etwas Motivation oder wenigstens Koffein geduldig wie Schafe in der Schlange standen. Das unwillige Gemurmel der Gequetschten quittierte Graham mit einem leisen Sorry und dem Versuch, möglichst unsichtbar zu werden.

Graham war kein Schaf wie die anderen hier. Zumindest in seiner Vorstellung. Er war ein Wolf. Er war der aufsteigende Star der Investmentabteilung von Poor, Moore & Moody - was zugegeben ein bescheuerter Name für eine Vermögensverwaltungsagentur ist - hatte den Brooklyn-Deal eingefädelt, geplant und durchgezogen. Einen Deal, der ihm persönlich in wenigen Stunden siebenundzwanzig Millionen Pfund bringen würde. Was für Graham im Grunde genommen nicht mehr als eine Zahl war. Und genau das war der Grund, warum ihn viele seiner Mitmenschen für äußerst seltsam hielten.

Trotzdem war er ein Wolf. Keine Frage. Aber ein Wolf braucht die Schafe, die er fressen konnte. Kein Grund, die Herde zu vergraulen - Investmentbanker hatten im Augenblick sowieso nicht gerade den besten Ruf - deshalb stellte er sich hinten an und wartete.

Die Warteschlange bei Starbucks bestand aus neunzehn Personen, die auf einen jungen, leicht überforderten und ganz sicher unterbezahlten Aushilfsstudenten warteten. Graham überschlug in seinem Kopf, was ihn erwartete: Bei der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von siebenundachtzig Sekunden dauerte es fast achtundzwanzig Minuten bis zu seinem Kaffee. Graham stöhnte. Innerlich. Und ergab sich seinem Schicksal. Ganz so, wie es von einem wohlerzogenen Engländer erwartet wurde.

Eine Jacht musste es sein. Grahams Gedanken hatten die Wartezeit genutzt, um auf Wanderschaft zu gehen. Was stellte man mit siebenundzwanzig Millionen Pfund an? Für einen jungen Mann ohne Familie und nennenswerte weitere Bedürfnisse, dessen Vorstellung von Spaß das Lösen mathematischer Rätsel einschloss, war Geld etwas, was man hatte - und nichts was man brauchte. Fred, sein Boss und Freund seit Internatstagen, hatte ihm erklärt, dass er sich mal etwas Luxus gönnen sollte und dabei eine Jacht erwähnt. Mangels Alternativen hatte sich diese Vorstellung in Grahams Gehirn festgesetzt. Er stellte sich vor, wie er mit aufheulendem Motor, eine beachtliche Bugwelle hinter sich herziehend, am Tower vorbei brauste. Weißes Holz, viel Chrom und schwarzes Leder. Dann tauchte am Horizont eine Insel mit Sandstrand, Palmen und einer offenen Bar auf, die sich zugegebenermaßen nicht in der Nähe von London befand, aber eher nach Grahams Vorstellung vom Paradies aussah1.

»To Go oder hier?« fragte der unterbezahlte Aushilfsstudent hinter der Theke.
»Was?«
»To Go oder hier?«
»To Go natürlich.« Wer hatte schon Zeit und ein so niedriges Selbstbewusstsein, sich bei Starbucks hinzusetzen?
»Einmal Kaffee schwarz To Go. Kommt sofort.« Kaffee schwarz? Wann hatte er was von Kaffee schwarz gesagt? Oh! Schwarzes Leder. Fing er schon an, Selbstgespräche zu führen? Graham hatte von Typen gehört, die den Stress nicht vertrugen und durchgedreht waren. Der Mann hinter der Theke stellte ihm ein paar Sekunden später den Pappbecher auf den Tresen. Graham zögerte zuzugreifen. Er mochte keinen schwarzen Kaffee. Er mochte Milch und Zucker. Der Barista, der sich schon dem nächsten Kunden zugewandt hatte, drehte sich nochmal um und sah Graham prüfend an.
»Ist noch was?« Graham zuckte zusammen und griff nach dem Becher.
»Nein, danke.«
»Sie sehen nicht gut aus. Vielleicht sollten Sie sich krankmelden.« Aber Graham war schon zur Tür raus.

Auf der Straße nippte Graham an dem bitteren Kaffee und verzog das Gesicht. Er suchte nach einem Mülleimer, als er rechts aus Bodennähe eine Stimme hörte.
»Etwas Kleingeld, Sir?« Sir. Bald würden ihn alle in der Firma so ansprechen und nicht mit Grams, dem Spitznamen, den er verabscheute. Sir, das hatte einen Klang, selbst wenn es von einem Penner auf der Straße kam.
»Sie können meinen Kaffee haben.« Die verwitterte Gestalt griff zu.
»Danke, Sir! Gott segne Sie!« Gott segne mich, wenn ich zu spät komme, dachte Graham. Der Brooklyn Deal war unter Dach und Fach, aber die Umstrukturierung noch nicht. Und ohne Grahams Informationen wäre Fred, der für diesen Teil des Jobs zuständig war, hilflos. Und Freund oder nicht - dann würde Fred den Boss raushängen lassen.

Graham schaute sich um. Die Fußwege waren verstopft mit zielstrebigen Büroangestellten (gut) und trödelnden Touristen (schlecht), die Straßen zugestopft mit Autos. Zu Fuß oder mit dem Taxi bestand keine Chance, durchzukommen. Aber die Busspur war leer. Graham seufzte. Er mochte keine Busse2. Aber ihm blieb keine andere Wahl. Er ging zum Wartehäuschen der City-Linie, die ihn in zehn Minuten in den Finanzdistrikt brächte und dachte darüber nach, was mit der alteingesessenen Frachtschiff-Gesellschaft Brooklyn Limited zu tun wäre, die dank seiner tatkräftigen Mithilfe in wenigen Wochen wieder schwarze Zahlen schreiben würde. Dass der Hauptgrund für diese finanzielle Genesung darin lag, fast alle erfahrenen, langjährigen und britischen Angestellten durch nicht ganz so erfahrene, dafür wesentlich billigere brasilianische Arbeitskräfte zu ersetzen, war ein Fakt, der Graham beim Betrachten wohlformatierter Excel-Tabellen selten zu Bewusstsein kam. Oder um genauer zu sein: nie. Ein Umstand, den er in weniger als achtundvierzig Stunden bitter bereuen sollte.

Es regnete nicht. In einer Stadt wie London war das ein erwähnenswerter Umstand und deshalb war es auch egal, dass das Wartehäuschen vollgepackt mit anderen Pendlern war. Graham stellte daneben und wartete. Er sah nach rechts und nach links, spähte nach einem Anzeichen des roten Doppeldeckers, der sich durch den Verkehr schlängeln sollte und sah wieder nach rechts. Nicht wegen des Busses, sondern wegen der Frau, die mitten auf der Straße stand. Und hingebungsvoll die leere Luft putzte.

Niemand sonst schien die junge Frau zu bemerken. Keiner der Wartenden, keiner der Fußgänger, kein Autofahrer. Auch nicht der, der direkt auf sie zufuhr. Graham sprang nach vorn.
»Vorsicht!« Ein brutales Hupen war die Antwort.
»Augen auf, du Trottel!« brüllte der Toyota-Fahrer. Graham sprang zurück und sah die erschrockenen Gesichter der Wartenden. Dann kamen die Geräusche zurück, der ganz normale Verkehr, der weiterging, als wäre nichts gewesen. Aber auch kein Zusammenprall, kein Aufkreischen - er sah wieder nach vorn, auf die Straße, auf die Frau, die ihn jetzt ansah, blass, erschrocken, mit offenem Mund. Und er sah, wie der morgendliche Londoner Berufsverkehr durch sie durchfuhr.

Eine Hand legte sich auf seine Schulter und zog ihn weiter von der Fahrbahn weg.
»Alles in Ordnung?«
»Die, die Frau da...« Graham zeigte zurück auf die Straße, aber da war nichts. Der Mann, der zu der Hand gehörte, sah ebenfalls in die Richtung und runzelte die Stirn.
»Welche?« Graham suchte weiter nach der Frau, aber fand sie nicht.
»Sie ist weg. Ich dachte, sie wird... Ach nichts, wahrscheinlich nur Stress.«
»Aber sonst ist alles in Ordnung?«
»Ja, ja klar. Nur... Übermüdung.« Der Mann steckte seine Hand in die Manteltasche und zog eine Visitenkarte heraus.
»Falls Sie mal drüber reden wollen.« Graham las irgendeinen Namen und darunter die Berufsbezeichnung: Psychiater. Er lachte trocken auf.
»So schlimm ist es noch lange nicht.«
»Das sehe ich anders. Tun Sie mir einen Gefallen: Bevor Sie diesen endgültigen Abschied wählen, reden Sie mit mir. Die erste Stunde ist gratis.«
»Ich, äh, das war kein, ich wollte mich nicht umbringen oder so.«
»Sieht Ihr Unterbewusstsein das genauso?«
»Ach verdammt, mein Bus kommt. Ich muss los.«

Dreizehn Minuten später betrat Graham sein Büro und hatte den Vorfall schon fast vergessen.

*

Es war weit nach Mitternacht, als Graham die Tür zu seiner Wohnung aufschloss, seinen Rucksack in die eine Ecke warf und seine Schuhe in die andere kickte. Der Tag war überhaupt nicht so gelaufen, wie es sollte. Irgendein Gewerkschafter, der sich profilieren wollte, hatte mitbekommen,...
mehr