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Machtkampf am Mittelmeer

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Christoph Links Verlagerschienen am15.02.20211. Auflage
Stehen wir kurz vor einem Krieg innerhalb der NATO? Werden Terrororganisationen wie der IS wieder an Boden gewinnen? Ist eine ähnlich große Migrationsbewegung zu erwarten wie 2015? Am östlichen Mittelmeer findet derzeit ein internationales Kräftemessen statt, bei dem es ebenso um regional- wie um geopolitische Rivalitäten geht. Konflikte zwischen der Türkei und Griechenland oder Russland überlagern sich mit anderen und befeuern sich gegenseitig. Thomas Seibert macht klar: Eskaliert auch nur einer dieser Konflikte, kann dies schnell eine Kettenreaktion auslösen. Die Konsequenzen wären weltweit zu spüren.
»Das östliche Mittelmeer ist zu meinem Erstaunen wieder ein Konfliktgebiet ... Es ist wirklich eine starke Rückkehr der Muster des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.« (Christopher Clark)


Matthias Seibert, Jahrgang 1963, berichtet seit mehr als 20 Jahren über die Türkei und den Nahen Osten. Nach dem Studium der Politikwissenschaft in Bonn und einer journalistischen Lehre als Redaktionsassistent bei der New York Times arbeitete er in der Bundeshauptstadt für die Nachrichtenagenturen Reuters und AFP, bevor er 1997 als freier Korrespondent nach Istanbul zog. Von 2016 bis 2018 war er als USA-Korrespondent in Washington, seither lebt er wieder am Bosporus.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextStehen wir kurz vor einem Krieg innerhalb der NATO? Werden Terrororganisationen wie der IS wieder an Boden gewinnen? Ist eine ähnlich große Migrationsbewegung zu erwarten wie 2015? Am östlichen Mittelmeer findet derzeit ein internationales Kräftemessen statt, bei dem es ebenso um regional- wie um geopolitische Rivalitäten geht. Konflikte zwischen der Türkei und Griechenland oder Russland überlagern sich mit anderen und befeuern sich gegenseitig. Thomas Seibert macht klar: Eskaliert auch nur einer dieser Konflikte, kann dies schnell eine Kettenreaktion auslösen. Die Konsequenzen wären weltweit zu spüren.
»Das östliche Mittelmeer ist zu meinem Erstaunen wieder ein Konfliktgebiet ... Es ist wirklich eine starke Rückkehr der Muster des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.« (Christopher Clark)


Matthias Seibert, Jahrgang 1963, berichtet seit mehr als 20 Jahren über die Türkei und den Nahen Osten. Nach dem Studium der Politikwissenschaft in Bonn und einer journalistischen Lehre als Redaktionsassistent bei der New York Times arbeitete er in der Bundeshauptstadt für die Nachrichtenagenturen Reuters und AFP, bevor er 1997 als freier Korrespondent nach Istanbul zog. Von 2016 bis 2018 war er als USA-Korrespondent in Washington, seither lebt er wieder am Bosporus.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783862844913
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum15.02.2021
Auflage1. Auflage
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Illustrationen2 Karten/Tabellen
Artikel-Nr.5645474
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Machtkampf am Mittelmeer

Als der amerikanische Zerstörer »USS Porter« im August 2020 den Bosporus passierte, erregte das wenig Aufsehen. Mehr als 40 000 Schiffe durchfahren die Meerenge in der türkischen Metropole Istanbul jedes Jahr, darunter viele Kriegsschiffe. Die Istanbuler interessieren sich kaum dafür, wenn ein moderner Zerstörer mitten durch ihre Stadt fährt. Dabei sollte man genau hinschauen, wenn die »Porter« unterwegs ist, denn das Schiff hat schon mehrere Kriegseinsätze im östlichen Mittelmeer hinter sich. Die »Porter«, die zur 6. US-Flotte gehört, feuerte im Jahr 2003 aus dem Mittelmeer ihre Tomahawk-Raketen auf den Irak, um die US-Invasion zur Entmachtung von Saddam Hussein zu unterstützen. Im April 2017 war sie erneut im östlichen Mittelmeer im Kriegseinsatz: Damals schoss sie Raketen auf einen Luftwaffenstützpunkt in Syrien ab, nachdem syrische Regierungstruppen im Kampf gegen Rebellen offenbar Giftgas eingesetzt hatten.

Diesmal nahm die »Porter« nur gemeinsam mit Schiffen aus sieben anderen Ländern an einem Manöver im Schwarzen Meer teil. Doch sie schickte damit ein Signal an Russland, das seit einigen Jahren aus dem Schwarzen Meer heraus seine Marine-Verbände im östlichen Mittelmeer verstärkt. Russland unterhält einen Marinestützpunkt an der syrischen Küste, keine 200 Kilometer vom EU-Staat Zypern entfernt, und könnte sich in den kommenden Jahren auch in Libyen militärisch etablieren. Mit ihren Marine-Missionen im Schwarzen Meer wollen die USA demonstrieren, dass sie sehr genau darauf achten, was Russland tut, und dass sie ihre Verbündeten schützen.

Die Fahrt der »Porter«, so alltäglich sie auf den ersten Blick auch schien, war Teil eines internationalen Kräftemessens in einer Region, in der sich mehrere Konflikte überlagern und gegenseitig anfachen. Im östlichen Mittelmeer geht es um Macht, um Öl und Gas und um regional- wie geopolitische Rivalitäten. Die Streitigkeiten zwischen einem Dutzend Staaten haben lange Vorgeschichten. Diese historischen Vorbelastungen beeinflussen das Verhalten der Politiker und die öffentliche Meinung und erschweren oft Lösungen. In Europa mögen »Erbfeindschaften« zwischen Nachbarländern der Vergangenheit angehören - am Ostufer des Mittelmeeres sind sie lebendig.
Ererbte Feindschaften

Rings um das östliche Mittelmeer, am Berührungspunkt der drei Kontinente Europa, Afrika und Asien, prallen seit Jahrtausenden Weltreiche, Kulturen, Völker und Armeen aufeinander. Sie handeln miteinander, kämpfen gegeneinander, vermischen sich und schaffen Neues. Die Region hat Glanzpunkte der Menschheitsgeschichte wie die sieben Weltwunder der Antike und die griechische Klassik hervorgebracht. Von Gebieten, die heute zu Israel, Palästina, Libanon, Syrien und der Türkei gehören, zog das Christentum aus, um die Welt zu verändern. Das östliche Mittelmeer war der Anfangspunkt der Seidenstraße nach China und später die Heimat des islamischen Osmanenreiches. Der Bosporus und der Suezkanal, zwei der wichtigsten Wasserstraßen der Welt, liegen ebenso in der Region wie das antike Olympia und die Stadt Sardes in Kleinasien, in der das Geld erfunden wurde.

Heute macht das östliche Mittelmeer vor allem als Krisenregion weltweit Schlagzeilen: Kriege in Syrien und Libyen, Gasstreit zwischen der Türkei und Griechenland, Konflikt um Zypern, Dauerkrach zwischen der Türkei und der EU, Kollaps staatlicher Institutionen im Libanon, der israelischpalästinensische Konflikt, Militärherrschaft in Ägypten. Die Region exportiert Instabilität: Im Jahr 2015 wurde Europa von einem Migrationsschub aus dem östlichen Mittelmeerraum erschüttert, der in etlichen Staaten der EU rechtspopulistische Kräfte stärkte und zum Ausstieg der Briten aus der Europäischen Union beitrug.

Lange ordnete sich das östliche Mittelmeer in das globale Muster des Kalten Krieges ein, das mit seinen klar umrissenen Einflusssphären viele regionale Konflikte kalkulierbar und beherrschbar machte. Nie wäre es den USA in dieser Zeit in den Sinn gekommen, Truppen in den sowjetischen Partnerstaat Syrien zu schicken - heute sind dort mehrere tausend US-Soldaten stationiert.

Auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Dezember 1991 herrschte in den ersten Jahren noch weitgehende Stabilität in der Region, weil die USA als unangefochtene Supermacht allein auf der Bühne zurückgeblieben waren, während Russland als Weltmacht ausfiel. Doch heute meldet sich Russland zurück und versucht, seinen Einfluss in der Region wieder auszuweiten. Das hat Folgen für alle Staaten und alle Konflikte im östlichen Mittelmeer.

Die wiedererwachte Konkurrenz der Supermächte schafft neue Streitfälle, heizt bestehende an und verschafft beteiligten Regierungen und Autokraten mehr Möglichkeiten zur Profilierung und Bündnisbildung. Das Ergebnis ist eine Vielzahl von verblüffenden und verwirrenden Konstellationen, bei denen die Politiker wie Jongleure immer mehr Bälle in der Luft zu halten versuchen. So arbeiten die Türkei und Russland in Syrien eng zusammen, obwohl sie im Bürgerkrieg dort verschiedene Seiten unterstützen. Russland verkauft der Türkei ein milliardenschweres Flugabwehrsystem, bemüht sich aber gleichzeitig um gute Beziehungen zu Zypern, das mit der Türkei im Streit liegt, und unterstützt im Libyen-Konflikt den Rebellengeneral Khalifa Haftar, einen Gegner Ankaras. Zu den Ad-hoc-Allianzen, wechselnden Loyalitäten und historischen Rivalitäten kommen divergierende wirtschaftliche Interessen und konkurrierende Ansprüche auf Energiequellen: Im Osten Syriens geht es um Erdöl, unter dem Meeresboden zwischen Zypern, Ägypten und Israel um Erdgas, und in Libyen geht es um beides.

Dieses an sich schon brandgefährliche Konfliktgemisch breitet sich in einer Region aus, in der mehrere Staaten schon »gescheitert« sind und wo Institutionen und die legitime Autorität einer Regierung über ihr Land zusammenbrechen. Syrien und Libyen gehören dazu, doch auch der Libanon steht am Abgrund. Andere Länder werden von Autokraten regiert. Die Europäische Union hat mit Griechenland und Zypern zwei Mitgliedsländer im östlichen Mittelmeer, versagt aber bei der Aufgabe, die Region mit einer einheitlichen Politik mitzugestalten. Diese Instabilität gibt entschlosseneren - oder rücksichtsloseren - Akteuren die Chance, ihren eigenen Einfluss auszuweiten.

Der französische Präsident Emmanuel Macron zählte in einem Video-Grußwort für eine Konferenz im schweizerischen Lugano im September 2020 die Gefahren auf, die Europa aus dieser Region drohen. Vor einer europäischen und einer französischen Fahne stehend, warnte Macron, das Gleichgewicht der Kräfte im Mittelmeer sei ins Wanken geraten. Der Schutzschirm der USA und der NATO sei so gut wie verschwunden. Syrien und Libyen würden von »permanenten Kriegen« zerrissen, während mit Russland und der Türkei zwei regionale Großmächte ihren Einfluss geltend machten. Der Terror des Islamischen Staates (IS) sei trotz der Erfolge in den vergangenen Jahren noch nicht besiegt, die Flüchtlingskrise nicht bewältigt.

Macron forderte insbesondere wegen des Streites um Gasvorräte unter dem Meeresboden eine neue Friedensordnung für die Weltgegend - eine »Pax Mediterranea«, wie er es formulierte. Wie diese Ordnung aussehen soll, deutete der Präsident nur an. Mit Blick auf den Streit um Gebietsansprüche und Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer gehört für ihn eine europäische Reaktion auf das offensive Auftreten der Türkei und die russischen Ambitionen in der Region auf jeden Fall dazu.
Die Gewichte verschieben sich

Dieses Buch will erklären, was hinter den diversen Konflikten steckt, was die Akteure antreibt und warum es so schwer ist, Lösungen für die Probleme zu finden. Es beleuchtet die Verbindungen und die gefährliche Dynamik zwischen den einzelnen Krisenherden sowie den historischen Ballast, den die beteiligten Länder und Politiker mit sich herumschleppen. Geschrieben in der Türkei, einem der wichtigsten Machtzentren in diesen Entwicklungen, soll das Buch einen Überblick über die Vielzahl von Konflikten und Kriegen bieten, die das Geschehen in dieser Region prägen. Es erhebt keinen Anspruch auf eine umfassende Darstellung jeder Facette - wenn Leserinnen und Leser nach der Lektüre das Gefühl haben, dass sie die Ereignisse im östlichen Mittelmeer besser einordnen und verstehen können, dann hat das Buch seinen Zweck erfüllt. Es ist so angelegt, dass jedes Kapitel für sich alleine steht und der Leser einzelne Themen überspringen kann, ohne dass der Gesamtzusammenhang verloren geht.

Um Ordnung ins Chaos zu bringen, ist das Buch folgendermaßen gegliedert: Teil I beschreibt die verschiedenen Wurzeln der vielen Probleme in dieser...
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