Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Hannas Wahrheit

tolino mediaerschienen am01.07.2020
Als sie sich das erste Mal begegnen, sind sie Feinde: die Fotografin Hanna Rosenbaum und Major Ben Wahlstrom, Soldat einer deutschen militärischen Spezialeinheit. Hanna versucht, die Menschen zu beschützen, die sie liebt, Ben hingegen will die Wahrheit hinter einem Anschlag auf ein afrikanisches Dorf aufdecken, um die Verantwortlichen ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Hanna gibt Ben für eine einzige Nacht Einblick in ihre Seele, die sie so lange verschlossen hielt, und muss am nächsten Morgen feststellen, dass er ihr Vertrauen missbraucht. Gibt es immer nur eine Wahrheit? Und wenn ja - was ist, wenn diese Wahrheit bedeutet, einen Menschen zu verlieren, der aus tiefstem Herzen etwas Gutes erreichen wollte, aber dafür einen Weg wählt, der Leben kostet?

Kerstin Rachfahl, geboren in Stuttgart schreibt seit 2011. Sie studierte internationale Betriebswirtschaft, arbeitet u.a. als Controllerin in einem Verlag und gründete 1991 mit ihrem Mann ihr IT-Unternehmen. Von 2012 bis 2016 zählte sie zu den wenigen deutschen Frauen, die mit dem MVP-Award (Microsoft most valueable Award) ausgezeichnet worden sind. Seit 1996 lebte Kerstin Rachfahl mit ihrer Familie in Hallenberg. Mehr über die Autorin auf ihrer Webseite: Kerstin-Rachfahl.
mehr

Produkt

KlappentextAls sie sich das erste Mal begegnen, sind sie Feinde: die Fotografin Hanna Rosenbaum und Major Ben Wahlstrom, Soldat einer deutschen militärischen Spezialeinheit. Hanna versucht, die Menschen zu beschützen, die sie liebt, Ben hingegen will die Wahrheit hinter einem Anschlag auf ein afrikanisches Dorf aufdecken, um die Verantwortlichen ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Hanna gibt Ben für eine einzige Nacht Einblick in ihre Seele, die sie so lange verschlossen hielt, und muss am nächsten Morgen feststellen, dass er ihr Vertrauen missbraucht. Gibt es immer nur eine Wahrheit? Und wenn ja - was ist, wenn diese Wahrheit bedeutet, einen Menschen zu verlieren, der aus tiefstem Herzen etwas Gutes erreichen wollte, aber dafür einen Weg wählt, der Leben kostet?

Kerstin Rachfahl, geboren in Stuttgart schreibt seit 2011. Sie studierte internationale Betriebswirtschaft, arbeitet u.a. als Controllerin in einem Verlag und gründete 1991 mit ihrem Mann ihr IT-Unternehmen. Von 2012 bis 2016 zählte sie zu den wenigen deutschen Frauen, die mit dem MVP-Award (Microsoft most valueable Award) ausgezeichnet worden sind. Seit 1996 lebte Kerstin Rachfahl mit ihrer Familie in Hallenberg. Mehr über die Autorin auf ihrer Webseite: Kerstin-Rachfahl.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783752101294
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum01.07.2020
Seiten330 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse533
Artikel-Nr.5655999
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe







1


Afrika






Sie waren für National Geographic in Nigeria unterwegs. Harald Winter schrieb eine Reportage über die Umweltschäden durch Erdölförderung im Nigerdelta und Hanna Rosenbaum war für die Fotos zuständig.

Hanna sah in allem, was sie umgab, die Schönheit der Schöpfung. Was sie in der Natur berührte, versuchte sie in ihren Fotos einzufangen.

Die Reise war für alle anstrengend gewesen, und eine kurze Pause, dachte Hanna, würde allen guttun. Außerdem war sie neugierig auf die Schwester von Ochuko Mutai. In seiner unvergleichlich indirekten Art hatte er Hanna einiges über sie erzählt, voller Liebe und Respekt in seinen Worten. Bis zu ihrem Rückflug nach Nairobi, von wo sie in zwei Tagen die Rückreise nach Deutschland antreten würden, war noch genügend Zeit für den kleinen Abstecher.

»Hanna, wir fahren weiter!«

Hanna lag flach auf dem Boden, um eine bessere Perspektive auf den Käfer zu haben, den sie entdeckt hatte.

In Harrys Stimme lag eine Spur von Ekel. Hanna musste grinsen. Als sie ihm vorher das Foto einer monströsen Spinne, gezeigt hatte, die sie am Tag zuvor in ihrem Lager fotografiert hatte, war er kreidebleich geworden.

Sie stand auf, klopfte sich den Staub aus den Klamotten, obwohl das völlig vergeblich war, und stieg zu den Männern ins Fahrzeug. Ochuko Mutai grinste, was Hanna zum Anlass nahm, ein weiteres Foto von ihm zu schießen.

»Ich frage mich, wen du mit deiner Fotografiererei nervst, wenn du wieder zu Hause bist«, brummte Harald.

»Dich«, antwortete sie und schoss ein Foto von ihm.

»Sag mal, Ochuko«, wandte sich Hanna an den Fahrer, »warum hast du gerade über mich gelacht?«

»Weil ich noch keine Frau kennengelernt habe, die jede Gelegenheit nutzt, um sich im Dreck zu wälzen, und das für die ekeligsten Geschöpfe auf dieser Erde.«

Sie lachten alle. Als Beschreibung von Hannas Tätigkeit in den letzten Wochen war das ziemlich zutreffend. Vor vier Jahren war sie das erste Mal mit Harald Winter zusammen unterwegs gewesen. Ein Fotoreporter war erkrankt, und die Agentur hatte Hanna kurzfristig für einen Auftrag über den Ganges angefragt. Das war ihre Chance gewesen, in die Liga der professionellen Fotoreporter einzusteigen.

Damals war sie vierundzwanzig und ein vollkommen unbeschriebenes Blatt. Harald Winter hatte sich maßlos aufgeregt, als er sie in Indien an die Seite gestellt bekam. Hanna erinnerte sich noch genau an seinen Wutanfall und seinen umgehenden Anruf bei der Agentur. Sie war ganz ruhig geblieben und hatte abgewartet, bis er einsah, dass es keine andere Möglichkeit gab. Missmutig schimpfte er über sie als Frischling und beklagte sich, dass er mit einer Frau dem Lauf des Ganges in die Berge folgen sollte. Wenn Hanna glaube, dass er ihre Kameraausrüstung tragen würde, dann habe sie sich geschnitten.

Belustigt war Hanna ihm gefolgt. Nicht sie war es, die nach dem vierten Tag über die Strapazen klagte. Ihr war kein Fußmarsch zu weit, sie kletterte jeden Baum hoch, wenn es dort eine bessere Perspektive für ein Foto gab.

Ihre Ausrüstung gab Hanna niemals aus der Hand. Sie packte ihren Rucksack immer mit denselben Utensilien, lediglich die Stoffe änderten sich je nach Klimazone. Eine Hose, ein zweites Oberteil, sechs Unterhosen, drei BHs, drei Paar Socken, Zahnbürste, Zahnpasta, Seife, Shampoo und Hygieneartikel. An der einen Seite ihres Rucksacks war eine Halterung mit Schutzhülle für ihr größtes Objektiv. Auf der anderen Seite gab es eine Halterung für das Stativ. Um die Taille trug sie einen Gurt, in dem sich ein weiteres Objektiv befand, ein Tuch, ein Schweizer Offiziersmesser, ein Jagdmesser, Batterien sowie in verschiedenen kleinen Taschen, nach einem bestimmten Farbencode sortiert, die Speicherkarten für die Kamera. Hanna konnte mit verbundenen Augen einen Objektiv- und Chipkartenwechsel vornehmen, noch dazu in der Geschwindigkeit, wie Profis in Thrillern die Magazine ihrer Waffen wechselten.

Schon bald waren Winters Bedenken verschwunden. Nachdem er ihre ersten Fotos zu Gesicht bekommen hatte, hatten sie sich zu Begeisterung gewandelt. Sein Artikel mit Hannas Fotos trieb die Auflagenhöhe der Zeitschrift nach oben.

Hanna Rosenbaum wurde in der Szene schnell bekannt und eine begehrte Partnerin für den Fotopart. Ihr Blick für die Seele eines Landes und noch mehr für die Menschen darin war unbestechlich. Schon häufig war Hanna das Staunen in Winters Gesicht aufgefallen, wenn sie ihm Fotos von ihren gemeinsamen Unternehmungen zeigte. Sie wusste, dass er sich fragte, wieso er nicht sah, was ihre Bilder ihm klar offenbarten. Manchmal machte sie sich einen Spaß daraus und brachte ihn völlig aus der Fassung, wenn sie durch digitale Nachbearbeitung besondere Merkmale in den Bildern hervorhob.

Es war Hannas einzigartiger Blick durch das Objektiv, der ihn zu ganzen Geschichten inspirieren konnte. Letztes Jahr war Harald Winter auf der ersten Ausstellung ihrer Fotos in einer Berliner Kunstgalerie gewesen. Die Ausstellung stand unter dem Motto: Menschen dieser Erde. Die Fotos zeigten Menschen aus verschiedenen Ländern in unterschiedlichen Lebenssituationen. Es war ihr perfekt gelungen, die Gesichter und ihre Wesenszüge festzuhalten, und die Fotos berührten Winter tief. Viele von den Bildern waren bei ihren gemeinsamen Aufträgen entstanden: die Mutter, die ihr Kind tröstete, das gestürzt war, peruanische Frauen, die sich, in bunte Trachten gewickelt, lachend etwas erzählten. Ein Massai, der konzentriert in die Ferne blickte oder buddhistische Mönche in tiefer Meditation, sodass Stille und Ruhe förmlich greifbar waren.

Hanna wusste, seit Harald Winter mit ihr für Reportagen unterwegs war, gewann sein Stil an Klarheit und Kraft. Nun wagte er sich sogar an sein erstes Buch, das aus der Reportage über den Ganges hervorging.

Sie waren ein gutes Team, Hanna Rosenbaum reiste gerne mit Harald Winter. Er hätte ihr Vater sein können. Nie versuchte er mit ihr zu flirten oder gar mehr. Er erzählte ihr gerne und viel von seinem Leben, hatte vieles gesehen und über noch mehr geschrieben.

Manchmal dachte Hanna, es gäbe nichts, was er nicht wüsste.

Kurze Zeit später saßen alle drei mit Ochuko Mutais Schwester sowie mit zehn Kindern an einem Tisch und aßen Moi-Moi, die traditionelle afrikanische Speise aus in einem Fladen gebackenen Bohnen mit Eiern einer willkommenen Abwechslung nach dem einseitigen Essen der letzten Wochen. Ochuko erzählte den anderen von ihrer Reise, und obwohl Hanna und Winter die Sprache nicht verstanden, erkannten sie an seinen Gesten recht gut, wovon gerade die Rede war: mal von Harald Winter, der ständig in sein Buch kritzelte, mal von Hanna Rosenbaum, die Fotos machte. Hanna beobachtete die Geschwister, und wie ungezwungen sie miteinander umgingen. Rukia Mutai schien jünger zu sein als ihr Bruder Ochuko. Ihr Blick war wachsam und ernst, um ihren Mund war ein trauriger Zug, und in ihrem Lachen lag immer auch Vorsicht.

An der Art, wie Rukia mit den Kindern umging, war Hanna ziemlich schnell klar geworden, dass keines davon ihr eigenes war. Sie fragte sich, weshalb jemand zehn Kinder betreute. Eine weitere Sache fiel ihr auf: Obwohl das Dorf fernab jeder größeren Stadt lag, waren die hygienischen Bedingungen ausgezeichnet. Es gab eine Wasserpumpe im Haus und Strom, die Kinder waren sauber und ordentlich gekleidet, ihre Fingernägel geschnitten, die Haare kurz oder geflochten. Der Staub, wie er ihre Reisegruppe den ganzen Tag verfolgt hatte, war aus dem kleinen Haus verbannt.

Harald Winter hatte sein Notizbuch aus seinem Rucksack herausgezogen und zu schreiben begonnen, während sich das Gespräch zwischen Ochuko und seiner Schwester einem neuen Thema zuwandte.

Die Stimmen der beiden wurden leiser. Ihr Blick streifte immer wieder Hanna, die still aß. Schon bei der Begrüßung war ihr aufgefallen, wie Rukia Mutai sie mit großen Augen betrachtete und ihren Bruder etwas fragte. Ochuko hatte ihr ebenfalls einen Blick zugeworfen, die Stirn gerunzelt und seiner Schwester dann ihren Namen genannt. Hanna wurde das Gefühl nicht los, dass sie in irgendeiner Form der Gegenstand des leise geführten Gesprächs zwischen den beiden war. Sie fühlte sich wie eine Lauscherin, obwohl sie kein Wort verstand.

Andere scheue Blicke streiften die weißen Besucher. Als Hanna Grimassen zog, kicherten die Kinder hinter vorgehaltener Hand. Sie waren wirklich gut erzogen.

Hanna wusste nicht, was sie an den Kindern irritierte. Nachdenklich holte sie ihre Kamera heraus. So rückte sie jeder Frage in ihrem Leben auf den Pelz, mit der Distanziertheit durch das Objektiv ihres Fotoapparats nahm sie Abstand und richtete den Fokus auf den Wesenskern des Motivs, egal ob es eine Landschaft, Tiere oder Menschen waren.

Sie begann, Bilder von den schokoladenbraunen Augen der Kinder zu machen, die neugierig auf ihre Kamera gerichtet waren. Sie stand auf und bat die Kinder, ihr nach draußen zu folgen. Fragende Blicke gingen zu Rukia Mutai, und als sie nickte, kamen die Kinder hinter Hanna hergelaufen. Der Reiz des Neuen hielt aber nicht lange an, und bald waren alle in ihre Spiele vertieft. Nur ein Junge beobachtete sie neugierig, als sie weiter Bilder machte.

Auf dem Display des Fotoapparates zeigte Hanna ihm die Fotos. Dann fragte sie ihn in Zeichensprache, ob er es selbst probieren wollte....


mehr