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Wir Verlorenen

Kirschbuch Verlagerschienen am01.07.2020
Dein Verstand weiß, dass du niemandem mehr trauen kannst - aber was tust du, wenn dein Herz etwas anderes verlangt? Die Welt, wie wir sie kannten, existiert seit einer verheerenden Katastrophe nicht mehr. Die junge Smilla weiß, dass es keinen Platz für Liebe und Glück geben kann. Bis sie ihren einstigen Nachbarn Falk wiedertrifft... Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und Smilla befindet sich mitten in einer Spirale aus Verrat und Lügen. Wem kann sie noch trauen? Und welche zwielichtige Rolle spielt Falk bei alledem? Spannungsgeladen, philosophisch, leidenschaftlich - und aktueller denn je. Der erste Teil der 'Wir Verlorenen-Trilogie'

Jana Taysen wurde 1992 in Hagen geboren und lebt mit Freund und Hund im abenteuerlichen Köln. Dort arbeitet sie in einem Marktforschungsinstitut. Zuvor studierte sie English Studies und Medienwissenschaften im Bachelor und Markt- und Medienforschung im Master. Das Schreiben war schon von klein auf ein wichtiger Teil von Janas Leben und eine ihrer liebsten Freizeitbeschäftigungen. Sie liebt es, neue Welten und Charaktere zu erschaffen und selbst ganz und gar in die Geschichten abzutauchen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00

Produkt

KlappentextDein Verstand weiß, dass du niemandem mehr trauen kannst - aber was tust du, wenn dein Herz etwas anderes verlangt? Die Welt, wie wir sie kannten, existiert seit einer verheerenden Katastrophe nicht mehr. Die junge Smilla weiß, dass es keinen Platz für Liebe und Glück geben kann. Bis sie ihren einstigen Nachbarn Falk wiedertrifft... Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und Smilla befindet sich mitten in einer Spirale aus Verrat und Lügen. Wem kann sie noch trauen? Und welche zwielichtige Rolle spielt Falk bei alledem? Spannungsgeladen, philosophisch, leidenschaftlich - und aktueller denn je. Der erste Teil der 'Wir Verlorenen-Trilogie'

Jana Taysen wurde 1992 in Hagen geboren und lebt mit Freund und Hund im abenteuerlichen Köln. Dort arbeitet sie in einem Marktforschungsinstitut. Zuvor studierte sie English Studies und Medienwissenschaften im Bachelor und Markt- und Medienforschung im Master. Das Schreiben war schon von klein auf ein wichtiger Teil von Janas Leben und eine ihrer liebsten Freizeitbeschäftigungen. Sie liebt es, neue Welten und Charaktere zu erschaffen und selbst ganz und gar in die Geschichten abzutauchen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783948736071
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum01.07.2020
SpracheDeutsch
Dateigrösse1208
Artikel-Nr.5684316
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1  Der Rei­sen­de

Smil­la lag im Laub un­ten am See und dach­te dar­über nach, war­um sie es schon wie­der ge­tan hat­te. Sie dach­te über­haupt oft nach, denn seit­dem die Welt un­ter­ge­gan­gen war, hat­te sie viel Zeit da­für.

Viel­leicht war das der Grund, war­um sie Ka­rens Re­geln ge­bro­chen hat­te - die gan­ze Zeit, die ihr zur Ver­fü­gung stand, und die Lan­ge­wei­le, die die­ser Über­fluss an Zeit mit sich brach­te. Mit Un­wis­sen konn­te sie ihr Ver­hal­ten nicht ent­schul­di­gen, schließ­lich wuss­te sie ge­nau, dass es ver­bo­ten war, in der Tal­sper­re zu schwim­men. Es war zu ge­fähr­lich, denn auf dem See konn­te man sie nur zu leicht ent­de­cken. Und sie durf­te nicht ent­deckt wer­den.

Smil­la stand auf und zog sich an. Sie hob das Ka­nin­chen auf, des­sen Blut sie sich mit dem ver­bo­te­nen Bad im See ab­ge­wa­schen hat­te, und band es kopf­über an den nächst­ge­le­ge­nen Ast. Es war ein­fa­cher, das Tier zu ver­ar­bei­ten, so­lan­ge der Kör­per noch warm war. War­te­te man zu lan­ge, wur­den die Glied­ma­ßen steif und das Blut zu dick. Am An­fang hat­te sie es nicht über sich ge­bracht, ih­re Beu­te ei­gen­hän­dig zu tö­ten. Als wä­re da ei­ne un­sicht­ba­re Schwel­le in ihrem In­nern, die sie nicht hat­te über­schrei­ten kön­nen. Doch dann war die­se Schwel­le lang­sam ver­schwun­den, denn sie war hin­der­lich ge­wor­den; ein Über­bleib­sel aus der Zeit, in der man nicht zu tö­ten brauch­te, weil das Fleisch in Un­men­gen und ro­sa ge­färbt im Kühl­re­gal auf ei­nen war­te­te.

Sie zog Gior­gi­os Jagd­mes­ser aus dem Hols­ter an ihrem Bein und schnitt das Fell an den Hin­ter­läu­fen des Ka­nin­chens ein. Wie man Klein­wild häu­te­te, hat­te sie in ei­nem Buch ge­le­sen, das sie nach dem Aus­bruch der Pla­ge aus der Stadt­bü­che­rei ge­klaut hat­te. Al­le hat­ten ge­klaut. Trotz­dem schäm­te sie sich bis zu die­sem Ta­ge da­für. Aber Wis­sen war über­le­bens­wich­tig.

Smil­la trenn­te das Fell wei­ter auf, bis zur Blu­me hoch. Ab da war es ganz leicht, die Haut vom Tier zu lö­sen. Fast, als wür­de man ei­ne Ba­na­ne schä­len.

Ein Kna­cken zer­riss die Stil­le. Sie ließ von dem Ka­nin­chen ab und fuhr her­um. Im Wald reg­te sich nichts. Smil­la kniff die Au­gen zu­sam­men. Vor der gro­ßen Pla­ge hat­te sie Kon­takt­lin­sen ge­tra­gen. In Mo­men­ten wie die­sen fehl­ten sie ihr und sie muss­te al­lein auf ih­re In­stink­te ver­trau­en.

Sie hielt den Atem an und lausch­te in den Wald hin­ein. Et­was ra­schel­te im Laub. Ei­ne Am­sel? Ei­ne Maus? Da­für war das Ra­scheln zu re­gel­mä­ßig. Schrit­te. Hat­te je­mand sie beim Ba­den beo­b­ach­tet? Hat­te man sie ent­deckt?

Ad­rena­lin spreng­te Smil­las Star­re. Sie kapp­te das Seil, an dem das Ka­nin­chen vom Baum hing. Dann zog sie sich an ei­nem Ast nach oben und klet­ter­te in die Baum­kro­ne. Wenn man auf ei­nen Bä­ren traf, soll­te man sich tot stel­len, schoss es ihr da­bei durch den Kopf. Auf kei­nen Fall durf­te man weg­lau­fen oder auf ei­nen Baum klet­tern. Das wuss­te sie aus ei­ner Ge­schich­te, die sie in der ach­ten Klas­se im Eng­lisch­un­ter­richt ge­le­sen hat­ten. Nur, dass ihr die­ses Wis­sen denk­bar we­nig half: In der Ei­fel gab es kei­ne Bä­ren. Da­für gab es Men­schen und die wa­ren manch­mal noch schlim­mer.

Smil­la kau­er­te sich zu­sam­men und ver­such­te, die Quel­le des Ge­räu­sches aus­zu­ma­chen. Dann sah sie ei­ne Ge­stalt zwi­schen den Bäu­men oben am Hang. An der Sta­tur und der Be­we­gung er­kann­te sie, dass es ein Mann war. Ihr Griff um das Mes­ser wur­de fes­ter, ihr Herz schlug noch schnel­ler.

Der Mann kam den Hang in ih­re Rich­tung hin­un­ter. Wenn er sie noch nicht be­merkt hat­te, dann wür­den spä­tes­tens das Blut und der Ka­nin­chen­pelz am Fuß des Bau­mes ver­ra­ten, dass sich in der Nä­he noch je­mand be­fand.

Smil­la kniff die Au­gen en­ger zu­sam­men, um mehr von der Ge­stalt zu er­ken­nen. Au­ßer den Men­schen im Quar­tier kann­te sie kei­ne Über­le­ben­den in die­ser Ge­gend. Aber sie wuss­te von ei­ni­gen. Und wenn das hier ei­ner von ih­nen war, wür­de sie sich et­was Ge­witz­te­res ein­fal­len las­sen müs­sen, als auf ei­nem Ast zu ho­cken und ab­zu­war­ten.

Der Mann war mitt­ler­wei­le so weit her­an­ge­kom­men, dass sie sein Ge­sicht aus­ma­chen konn­te. Sein Haar hing in wei­ßen Sträh­nen un­ter ei­ner grü­nen Woll­müt­ze her­vor und sei­ne Zü­ge wa­ren halb ver­deckt von ei­nem zot­te­li­gen, grau­en Bart. Er war alt. Zu alt, um zu den Ver­lo­re­nen Jungs zu ge­hö­ren. Die nah­men kei­ne Al­ten und Schwa­chen auf. Bei je­dem zwei­ten Schritt ver­zog er das Ge­sicht und gab ein lei­ses Zi­schen von sich. Er hum­pel­te.

Kurz über­leg­te Smil­la, ob sie aus ihrem Ver­steck sprin­gen und fort­lau­fen soll­te. Mit ei­nem ver­letz­ten Bein hat­te er kei­ne Chan­ce, sie ein­zu­ho­len. Doch dann be­schloss sie, zu ver­har­ren. Schließ­lich wuss­te sie nicht, ob er ir­gend­wel­che Schuss­waf­fen bei sich trug oder Mes­ser wer­fen konn­te. Viel­leicht si­mu­lier­te er auch bloß, da­mit sie sich in Si­cher­heit wog und ei­ne leich­te­re Beu­te ab­gab.

Als er nur noch we­ni­ge Me­ter von ihrem Baum ent­fernt war, hielt der Mann in­ne. Er hat­te das Ka­nin­chen­fell ent­deckt. Schwer­fäl­lig bück­te er sich, hob ei­nen Stock auf und stups­te das Fell an. Dann sah er auf. Er er­blick­te Smil­la so­fort.

Smil­las Mus­keln spann­ten sich in Angst an, als sich ih­re Bli­cke tra­fen. Im sel­ben Mo­ment er­griff sie der über­mäch­ti­ge Wunsch, zu über­le­ben. Sie wür­de sich mit je­der Fa­ser ihres aus­ge­hun­ger­ten Kör­pers ge­gen den Mann weh­ren. In­ner­lich wapp­ne­te sie sich für den Kampf. Auch wenn sie kei­nen Schim­mer hat­te, wie man kämpf­te.

»Gu­ten Tag«, sag­te er, zog sich die Müt­ze vom Kopf und rich­te­te sich lang­sam wie­der auf. Smil­la ant­wor­te­te nicht, hielt sei­nem Blick aber stand.

»Mein Na­me ist Ed­win. Dr. Ed­win Hab­s­tedt. Ich kom­me aus Bay­reuth und bin auf dem Weg nach Brüs­sel.« Er hielt sei­ne Müt­ze mit bei­den Hän­den vor der Brust und fum­mel­te an ei­nem lo­sen Fa­den her­um, wäh­rend er sprach. Er wirk­te un­si­cher, bei­na­he ängst­lich.

»Ich bin vor vier Ta­gen von ei­nem Hund an­ge­fal­len wor­den. Mei­nen Pro­vi­a­nt ha­be ich auf­ge­braucht. Und hier­mit ...« Sei­ne Hand glitt nach un­ten und schob sei­nen Man­tel zur Sei­te. Zer­ris­se­ner Jeans­stoff und ge­trock­ne­tes Blut ka­men zum Vor­schein. »Hier­mit kann ich kaum noch ja­gen. Viel­leicht be­sit­zen Sie die Gü­te, Ihr Abend­brot mit mir zu tei­len?«

Smil­la fi­xier­te den Mann. Die Angst ge­bot ihr, sich nicht zu be­we­gen und nichts zu ant­wor­ten. Doch in der hin­ters­ten Ecke ihres Be­wusst­seins emp­fand sie Mit­leid für ihn. Er war alt. Er war al­lein. Und wenn es stimm­te, was er sag­te, dann war er auch noch ver­wun­det. Aber Mit­leid war ei­ne ge­fähr­li­che Sa­che, das wuss­te Smil­la. Sei­ne Be­haup­tung konn­te Teil ei­ner List sein. Am En­de steck­ten doch die Ver­lo­re­nen Jungs da­hin­ter.

»Ich ver­ste­he, dass Sie miss­trau­isch sind und dass Sie wahr­schein­lich selbst nicht viel zum Tei­len ha­ben. Aber ich bit­te Sie.« In sei­nem Blick lag et­was Fle­hen­des und Smil­la spür­te, wie sich et­was in ih­rer Brust zu­sam­men­zog. Sie schürz­te die Lip­pen, über­leg­te.

»Wie ist das mit dem Hund pas­siert?«, frag­te sie dann, um ihn auf die Pro­be zu stel­len. Wenn sei­ne Ge­schich­te aus­ge­dacht war, wür­de er sich nun schnell glaub­wür­di­ge De­tails über­le­gen müs­sen, oh­ne sich in Wi­der­sprü­che zu ver­stri­cken.

Ed­win hob die Schul­tern. »Er stand plötz­lich vor mir auf dem Weg. Ich bin um­ge­dreht, weil ich ihm nicht das Ge­fühl ge­ben woll­te, ei­ne Be­dro­hung zu sein. Da hat er sich von hin­ten in mein Bein ver­bis­sen.«

»War­um hat er wie­der von Ih­nen ab­ge­las­sen?«

»Ich ha­be mich auf ihn fal­len las­sen und ihm mit ei­nem Stein auf den Schä­del ge­schla­gen.«

»Ha­ben Sie ihn ge­tö­tet?«

»Ich bin mir nicht si­cher.«

»Wie kön­nen Sie nicht si­cher sein?«

»Ich ha­be ihn davon­lau­fen las­sen und ich weiß nicht, wie schwer ich ihn ver­letzt ha­be.«

So sehr sie sich auch an­streng­te, sie konn­te nie­mand an­de­res in der Um­ge­bung ent­de­cken. Kei­ne lau­ern­den Ver­lo­re­nen Jungs und auch sonst kei­ne Men­schen­see­le. Die Angst, die sie eben noch er­füllt hat­te, wich aus ihren Glie­dern. Ob das Men­schen­kennt­nis oder pu­rer Na­i­vi­tät ge­schul­det war, ver­moch­te Smil­la nicht zu sa­gen.

»Ich bin nicht al­lein«, er­wi­der­te Smil­la dann und hoff­te, we­der zu dro­hend, noch zu ängst­lich zu klin­gen. »Ich ge­hö­re zu ei­ner Grup­pe nicht weit von...
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