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Der Gesang der Amsel

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am08.02.2022
Nur wenn du die Tür öffnest, kann das Leben dich finden.
An einem Winterabend in Stockholm beobachtet der junge Künstler Elias, wie eine Frau in seinen Wohnkomplex einzieht. Doch nachdem sie ihre Tür geschlossen hat, wird sie nicht mehr gesehen. Ein fehlgeleiteter Brief bietet Elias schließlich die Gelegenheit, mit der Nachbarin Kontakt aufzunehmen. Doch in dem dunklen Apartment rührt sich nichts. Elisabeth will allein sein, und ihre einzige Gesellschaft sind die ungebetenen Geister der Vergangenheit. Elias gibt allerdings nicht so schnell auf und spannt seinen Freund, den älteren Witwer Otto, dazu ein, Elisabeth ins Leben zurückzuholen. Und während der Frühling zum Sommer reift, entspinnt sich zwischen den dreien eine zarte Freundschaft.

Linda Olsson, geboren in Schweden, studierte Jura und arbeitete im Finanzgeschäft. Sie lebte in Kenia, Singapur, Japan und England und hat sich schließlich mit ihrem Mann in Neuseeland niedergelassen. Mit ihrem Debütroman »Die Dorfhexe« gelang ihr sofort der Sprung auf die internationalen Bestsellerlisten. Heute pendelt die Autorin zwischen Neuseeland und Schweden.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextNur wenn du die Tür öffnest, kann das Leben dich finden.
An einem Winterabend in Stockholm beobachtet der junge Künstler Elias, wie eine Frau in seinen Wohnkomplex einzieht. Doch nachdem sie ihre Tür geschlossen hat, wird sie nicht mehr gesehen. Ein fehlgeleiteter Brief bietet Elias schließlich die Gelegenheit, mit der Nachbarin Kontakt aufzunehmen. Doch in dem dunklen Apartment rührt sich nichts. Elisabeth will allein sein, und ihre einzige Gesellschaft sind die ungebetenen Geister der Vergangenheit. Elias gibt allerdings nicht so schnell auf und spannt seinen Freund, den älteren Witwer Otto, dazu ein, Elisabeth ins Leben zurückzuholen. Und während der Frühling zum Sommer reift, entspinnt sich zwischen den dreien eine zarte Freundschaft.

Linda Olsson, geboren in Schweden, studierte Jura und arbeitete im Finanzgeschäft. Sie lebte in Kenia, Singapur, Japan und England und hat sich schließlich mit ihrem Mann in Neuseeland niedergelassen. Mit ihrem Debütroman »Die Dorfhexe« gelang ihr sofort der Sprung auf die internationalen Bestsellerlisten. Heute pendelt die Autorin zwischen Neuseeland und Schweden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641204822
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum08.02.2022
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2173 Kbytes
Artikel-Nr.5691388
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


EINS

Es hatte bereits mehrmals an der Tür geklingelt. Irgendwann rollte sie ein Stück Toilettenpapier zusammen und stopfte es in die Klingel. Seitdem hatte sie nichts mehr gehört. Ob es daran lag, dass niemand mehr läutete, oder daran, dass das Papier seinen Zweck erfüllte, wusste sie nicht. Ohne diesen Eingriff hätte sie das Klingeln entweder ertragen müssen, bis derjenige aufgab, der vor der Tür stand, oder sie hätte ihren Besucher bitten müssen, sie in Ruhe zu lassen. Sie glaubte nicht, dass sie dazu in der Lage gewesen wäre. Sie traute ihrer Stimme nicht mehr. Wusste nicht, ob sie überhaupt noch sprachtüchtig war. Mit jedem Tag, der verging, wurde sie unsicherer.

Die Wohnung war für sie zu einem Kokon geworden, der sie umhüllte. Sie war kein Teil von ihr, aber sie gab ihr Schutz. Die meisten ihrer Besitztümer befanden sich noch in Kartons. Besitztümer. Was für ein seltsames Wort. Es beschrieb so gar nicht die Beziehung, die sie zu diesen Dingen hatte. Sie befanden sich schon lange nicht mehr in ihrem Besitz. Es war ihr egal gewesen, was sie da einpackte; alles war so schrecklich schnell passiert. Jetzt brauchte sie diese Dinge nicht mehr und konnte sich nicht vorstellen, sie jemals aus ihren Kartons herauszuholen.

Geräusche drangen von überallher zu ihr durch. Aus dem Treppenhaus, von der Straße, aus den angrenzenden Wohnungen. Im Stockwerk über ihr wurde ein Stuhl über den Boden gezogen. Schritte. Und was sie am meisten quälte: ferne Stimmen. Leise Geräusche. Lebenszeichen, die wie scharfe Krallen über ihre Haut zu kratzen schienen.

Dann die Kirchenglocken. Das ständige, wiederkehrende Läuten der Kirchenglocken. Diese bedeutungslose Einteilung der Zeit. Es war März. Sie war jetzt seit beinahe zwei Monaten hier. Und heute ist Montag, dachte sie. Oder vielleicht doch schon Dienstag?

Etwas Suppe war noch da. Einige Päckchen Beutelsuppe. Der Kühlschrank und die Speisekammer sahen ansonsten ziemlich leer aus. Das bereitete ihr ein wenig Sorgen. Sie war sich nicht sicher, was sie tun sollte, wenn sie gar nichts mehr hatte. So lange hungern, bis ihr Körper aufgab? Wie lange würde das dauern? Und falls das ihr eigentliches Ziel war, warum beschleunigte sie das Ganze dann nicht und warf das restliche Essen sofort weg? Sie verdrängte den Gedanken. Schob ihn zu den anderen hinter die Tür in ihrem Inneren und warf diese dann zu. Versuchte, sich wieder ganz leer zu machen. Keine Gedanken. Nichts. Mit geschlossenen Augen sehnte sie sich nach einem Zustand völliger Leere. War das zu viel verlangt?

Wenn sie still dalag und sich geduldig gab - ihre Geduld vermochte inzwischen unerwartete Gipfel zu erreichen -, erschien manchmal die Frau in Grün. So wie sie ihr damals in ihren Fieberträumen in der Kindheit erschienen war. Sie stand jedes Mal reglos neben ihrem Klavier, mit ihrem schmalen Rücken, vom Publikum abgewandt. Und immer lautlos. Nie auch nur die geringste Regung. Nur diese unheilvolle, bedeutungsschwangere Stille, voll von erdrückender Hoffnungslosigkeit, die niemals ausgesprochen wurde und dennoch überwältigend war. Einhergehend mit einem Gefühl der Übelkeit, das sich auf ihrer Haut und auf ihrer Zunge ausbreitete. Und sich vollkommen ihrer Kontrolle entzog.

Als diese Visionen - oder wie auch immer man sie nennen mochte - wieder angefangen hatten, dachte sie zuerst, dass es sich um die gleichen wie früher handelte. Sie lag da, döste vor sich hin, die Stirn klebrig feucht, ihr Körper brennend heiß, als ob sie hohes Fieber hätte. Eine ungeheure Übelkeit überkam sie, und dann tauchte die stumme, reglose Gestalt auf, als wäre sie wirklich da. Auf den ersten Blick schien alles sehr friedlich zu sein, und doch erfasste sie ein heftiges Gefühl der Angst und der Verzweiflung.

Sie vermochte sich nicht daran zu erinnern, wann sie die Frau in Grün das erste Mal gesehen hatte. Fast kam es ihr so vor, als hätte sie schon immer existiert, dort in der Dunkelheit jenseits der Wirklichkeit. In ihrer Kindheit war die Furcht so stark gewesen, dass selbst die geringste Andeutung eines Fiebers lähmend auf sie wirkte. Nicht die Gestalt selbst ängstigte sie, sondern die Tatsache, dass nie etwas geschah. Die Frau in Grün tat nichts, sagte nichts. Sie stand reglos da, von ihr abgewandt, gefangen in ihrer düsteren Innenwelt.

Mit den Jahren hörten die Erscheinungen auf, und Elisabeth glaubte, sie hätte sie hinter sich gelassen. Doch jetzt waren sie wieder da, und sie fühlte sich genauso hilflos wie damals als Kind. Es gab keinen Schutz, kein Entkommen. Doch seltsamerweise hatten die Besuche - wie sie die Visionen inzwischen nannte - auch etwas Verführerisches. Allmählich hatte sie begonnen, sich nach ihnen zu sehnen. Sie waren so unheimlich wie früher - vielleicht sogar noch unheimlicher -, aber irgendetwas an ihnen hatte sich verändert. Was genau, war schwer in Worte zu fassen. Hätte sie es erklären müssen, würde sie sagen, dass eine Art Kontakt hergestellt wurde. Eine Art von kommunikationsloser Kommunikation. Fast so, als ob sie beide auf den Beginn von irgendetwas warten würden.

Also legte sie sich auch jetzt mit dem Vorgefühl von etwas Bedeutungsvollem hin. Sie ließ sich von der Dunkelheit umhüllen. Und sie wartete.

Doch auf einmal zerstörte ein Geräusch die Stille, die sie so sorgfältig vorbereitet hatte. In einem einzigen Augenblick löste sich dieses erwartungsvolle Vorgefühl, das sie erfüllt hatte, in Luft auf. Die zum Schweigen gebrachte Klingel klickte mehrmals hintereinander. Ihr Wunsch nach Stille ließ dieses Geräusch nur noch heimtückischer wirken.

Dann war es wieder ruhig.

Sie lag da und dachte an den Besucher, der vor ihrer Tür stand.

Kurz darauf hörte sie ein Klopfen. Einmal. Dann, aufdringlicher, ein zweites Mal. Sie ballte die Fäuste und biss die Zähne zusammen, als ob sie sich auf einen Angriff vorbereitete. Denn genau das war es, dieses Eindringen. Sie setzte sich im Bett auf und stützte sich auf ihre Ellbogen. Dann lauschte sie. Hielt den Atem an und wartete.

Ein kratzendes Geräusch. Eine Stimme.

»Hallo? Ist jemand da?« Die Stimme klang nach einem jungen Mann.

Eine Pause.

»Ich habe ein Päckchen für Sie. Es wurde aus Versehen bei mir abgegeben.«

Offenbar erwartete er, dass sie antworten würde.

Wieder hielt sie den Atem an.

»Ich lasse es hier draußen vor der Tür liegen, wenn Ihnen das recht ist. Es passt nämlich leider nicht durch den Briefschlitz.«

Sie wartete.

Das Geräusch der zufallenden Metallklappe.

Hatte er einen Blick ins Innere der Wohnung geworfen? Ihre Dunkelheit gesehen? Falls ja, würde er doch sicher annehmen, dass niemand zu Hause war.

Endlich herrschte wieder Stille und Reglosigkeit. Sie ließ sich auf das Kissen zurücksinken und bemerkte erst jetzt, dass ihr Gesicht schweißüberströmt war.

Da hörte sie, wie der Briefschlitz erneut geöffnet wurde. Wie ein Schlag ins Gesicht.

»Also, auf Wiedersehen.«

Als ob er genau wüsste, dass sie sich dort drinnen versteckte.

Sie vernahm den leisen Widerhall von Schritten auf dem Treppenabsatz, gefolgt vom Zufallen einer Tür.

Erleichtert atmete sie auf und schloss einen Moment lang die Augen. Dann stand sie auf und ging in die Küche hinüber.

Ohne das Licht anzumachen, tastete sie nach einem Glas, von dem sie wusste, dass es auf der Küchentheke stand, und füllte es mit Wasser aus dem Hahn. Sie trank langsam, während sie versuchte, sich zu orientieren und zu erraten, wie spät es war. Was nicht hieß, dass es irgendeinen Unterschied gemacht hätte. Zeit war wie eine Sprache, die man da draußen sprach, in einer anderen Welt - eine Sprache, die sie nur dann zu verstehen versuchte, wenn ihr Leben einen Moment lang mit der Realität außerhalb dieser Wohnung in Kontakt kam.

Im Grunde ging es ihr nur darum, herauszufinden, ob sie ihre Wohnungstür öffnen und das Päckchen hereinholen konnte, ohne zu riskieren, gesehen zu werden. Sie wollte nicht, dass es dort draußen blieb, die Neugier der Nachbarn erregte und ihnen einen Grund gab, mit ihr reden zu wollen. Sie stand am Fenster und blickte hinaus. Es war dunkel, aber nicht länger so dunkel wie im Winter. Der Himmel kam ihr wie eine durchsichtige Haut vor, die über etwas Größeres, Helleres gespannt war.

Die Straße war menschenleer, daher vermutete sie, dass es mitten in der Nacht war. Leise schlich sie zur Wohnungstür, blieb einen Moment lang mit der Hand auf der Klinke stehen und drückte diese dann vorsichtig nach unten. Die Tür ging einen Spaltbreit auf. Das Treppenhaus lag im Dunkeln. Sie bückte sich rasch und hob das Päckchen auf. Es war im Grunde kein Päckchen, sondern nur ein wattierter Umschlag. Aber der Mann hatte recht gehabt: Der Umschlag war zu dick, um durch den Briefschlitz zu passen.

Sie holte mehrmals tief Luft. Sie wollte diesen Kontakt nicht. Sie wollte nicht an die Welt da draußen erinnert werden. Es war bereits schlimm genug, dass auf ihrem Fußabstreifer die ganze normale Post landete, die sie auf dem Küchentisch stapelte und dann versuchte, nicht mehr daran zu denken. Als sie den Umschlag dazulegte, fragte sie sich, warum sie die gesamte Post nicht einfach sofort nach dem Eintreffen in den Müll warf. Warum sammelte sie diese Hinweise auf das Leben da draußen? Sie hatte sowieso nie vor, sie zu öffnen und nachzusehen, was man ihr geschickt hatte.

Doch dieser Umschlag war etwas anderes. Er hatte im Nu das Gefühl in ihr wachgerufen, dem Überbringer verpflichtet zu sein. Diese Sendung hatte eine Beziehung zwischen...

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Linda Olsson, geboren in Schweden, studierte Jura und arbeitete im Finanzgeschäft. Sie lebte in Kenia, Singapur, Japan und England und hat sich schließlich mit ihrem Mann in Neuseeland niedergelassen. Mit ihrem Debütroman »Die Dorfhexe« gelang ihr sofort der Sprung auf die internationalen Bestsellerlisten. Heute pendelt die Autorin zwischen Neuseeland und Schweden.