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Honey Girl

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
336 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am12.01.20221. Auflage
»Kennen wir uns?« »Naja, wir ... haben in Vegas geheiratet.« Als einzige schwarze Frau in einer weißen Umgebung ist die 29-jährige Grace es gewohnt, überall die Beste sein zu müssen - und so hat sie auch ihr Astronomiestudium mit Bestnote bestanden. Doch nach einem Wochenende in Las Vegas gerät ihr sonst so vorbestimmtes Leben aus den Fugen: Verkatert erwacht Grace mit einer Frau namens Yuki im Bett - und einem Ehering am Finger! Und obwohl sie und Yuki noch am selben Tag getrennter Wege gehen, kann Grace Yuki nicht vergessen. Zusehends unwillig, den Karriereansprüchen ihrer Umgebung Folge zu leisten, schmeißt sie alles hin und folgt Yuki nach New York - in ein Leben, das alle Gewissheiten, Lebensziele und vor allem ihre Haltung zum Thema Liebe fundamental infrage stellt.

Morgan Rogers stammt aus Baltimore und schreibt am liebsten über lesbische Frauen und ihre verrückten Leben. Sie mag Katzen und Hunde und hat beim Schreiben meistens Kopfhörer auf.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

Klappentext»Kennen wir uns?« »Naja, wir ... haben in Vegas geheiratet.« Als einzige schwarze Frau in einer weißen Umgebung ist die 29-jährige Grace es gewohnt, überall die Beste sein zu müssen - und so hat sie auch ihr Astronomiestudium mit Bestnote bestanden. Doch nach einem Wochenende in Las Vegas gerät ihr sonst so vorbestimmtes Leben aus den Fugen: Verkatert erwacht Grace mit einer Frau namens Yuki im Bett - und einem Ehering am Finger! Und obwohl sie und Yuki noch am selben Tag getrennter Wege gehen, kann Grace Yuki nicht vergessen. Zusehends unwillig, den Karriereansprüchen ihrer Umgebung Folge zu leisten, schmeißt sie alles hin und folgt Yuki nach New York - in ein Leben, das alle Gewissheiten, Lebensziele und vor allem ihre Haltung zum Thema Liebe fundamental infrage stellt.

Morgan Rogers stammt aus Baltimore und schreibt am liebsten über lesbische Frauen und ihre verrückten Leben. Sie mag Katzen und Hunde und hat beim Schreiben meistens Kopfhörer auf.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423439053
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum12.01.2022
Auflage1. Auflage
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1291 Kbytes
Artikel-Nr.5702543
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Eins

Das Wachwerden fühlt sich zäh an, klebrig wie Sirup. Wobei Sirup süß schmeckt, das hier dagegen - der ausgetrocknete Mund, die dröhnenden Kopfschmerzen - ist bitter. Grace wird von der Wüstensonne geblendet, Hitze dringt durch die Fenster und wärmt ihre dunkle Haut, schon jetzt Ende März.

Der Weckton schrillt weiter, bringt die rosarote Traumblase zum Platzen.

Grace wacht nicht in ihrer Wohnung in Portland auf, sondern in Las Vegas, was sie aufstöhnen lässt.

Sie trägt immer noch die Sachen von gestern Nacht: zerrissene High-Waist-Jeans und dazu ein kurzes weißes T-Shirt, mit dem Aufdruck BRAUT, das neu sein muss. Das Bett fühlt sich warm an, was keine Überraschung ist. Aber während Grace versucht, Arme und Beine wieder in Gang zu setzen, bemerkt sie eine andere Art von Wärme. Das Laken, die Decke, der seidige Bezug des Kissens neben ihrem ist körperwarm. Schlafwarm.

Das Hotelbett riecht nach Meersalz und magischen Kräutern. Kräutern der Art, wie man sie zerstoßen unter Teeblätter mischt oder mit Öl in Fläschchen füllt, die dann mit einem geheimnisvollen Spruch verschlossen werden. Es riecht nach Küchenzauber.

Sie rafft alle Energie zusammen, die sie aufbringen kann, und rollt sich rüber auf den warmen Fleck. Langsam sickern die Erinnerungen an die vergangene Nacht in ihr Bewusstsein, wie ein Film, der zurückgespult wird. Grelle Lichter und süße Drinks, ein Club nach dem anderen. Eine Frau mit rosenroten Wangen und rabenschwarzem Haar, dazu dieser Duft, nach Meersalz und Salbei, hinter den Ohren und an den weichen, fein geäderten Innenseiten ihrer Handgelenke. Der Name der Frau liegt Grace auf der Zunge, aber sie kommt einfach nicht drauf.

Der Film in ihrem Kopf wechselt jetzt auf Fast Forward. Die Hand der Frau bleibt für den Rest der Nacht fest in ihrer. Und da ist dieser Mund, so herrlich rosa. Als Agnes und Ximena zurück ins Hotel wollten, hat das Mädchen Grace am Ellbogen gepackt und geflüstert: »Bleib bei mir.«

Und genau das hat Grace getan, sie ist geblieben. Grace tut immer, was man von ihr verlangt, sie kennt es nicht anders. Steh auf, wenn der Wecker klingelt. Halte dich an den Terminplan. Beachte den Leitfaden zum wissenschaftlichen Schreiben. Zieh deinen Abschluss durch. Bleib bei der Frau, die nach Salz und Salbei duftet, lauf mit ihr durch die Straßen und lande auf den Stufen einer Kirche.

Vielleicht war es auch gar keine Kirche. Bloß ein Raum mit künstlichen Blumen, einem weinroten Teppich und einem Mann in einem weißen Anzug. In ihrer Wolke aus Sektperlen haben die beiden Frauen kichernd Ja gesagt. Grace legt die Hand über die Augen und sieht die Szene vor sich.

»Herrgott«, murmelt sie und krallt sich am Bettzeug fest.

Dann erhebt sie sich mit weichen Knien. »Reiß dich zusammen, Grace Porter.« Ihre Kehle ist so ausgedörrt, dass die Zunge am Gaumen klebt. »Du hast zu viel getrunken. Egal, woran du dich erinnerst, das ist alles nur Einbildung.« Sie schaut auf ihr T-Shirt und stöhnt auf. »Das kann alles gar nicht passiert sein. Du bist nämlich schlau und vorsichtig und hast immer alles im Griff. Jemand wie du heiratet doch nicht einfach so!«

Sie versucht das Bett zu machen und murmelt dabei kopfschüttelnd vor sich hin. Die Aktion bringt zwar nichts, ist aber grundsätzlich sinnvoll, während sonst rein gar nichts Sinn ergibt. Als Grace am Laken zieht, segeln drei Dinge zu Boden, alle drei federleicht.

Ein Zettel mit Hotelaufdruck. Eine Visitenkarte. Ein Foto.

Grace hebt als Erstes das Hochglanzfoto auf. Es zeigt die Plastikkapelle aus ihren unscharfen Erinnerungen, die mit dem weinroten Teppich und den künstlichen Blumen. Einen Elvis gibt es auf dieser Hochzeit nicht, stattdessen einen Pseudopfarrer mit zurückgegelten Haaren und Glitzersteinen um die Augen.

Und es zeigt Grace, groß und schmal, mit dunkler Haut und goldenen Kringellocken bis über die Schultern. Wie strahlend sie lächelt! Es tut ihr fast weh, sich auf diese Art lächeln zu sehen - kaum zu fassen, dass sie in einer Umgebung, an die sie sich nicht mal richtig erinnert, so glücklich wirken kann.

Neben Grace steht die Frau, die Hände haben die beiden ineinander verschlungen. Auf dem Foto sind die Wangen der Frau so rosenrot wie in der Erinnerung und ihre Haare rabenschwarz wie ein leerer Nachthimmel. Sie lächelt genauso strahlend wie Grace. An ihrer Hand steckt ein schwarzer Ring.

Verkatert und misstrauisch gegenüber dieser neuen Realität hebt Grace die eigene Hand. Und da ist er, ein goldener Ring. Vieles aus dieser letzten Nacht entzieht sich ihrer Erinnerung, ist für immer in klebrig süßem Alkohol untergegangen. Aber der Ring bleibt. Ein Ring, der bindet, ein Ring, der Dauer will, ein Ring, der Ansprüche erhebt.

»Was hast du da bloß gemacht, Porter?«, sagt sie und fährt mit einem Finger über den Ring.

Dann nimmt sie die Visitenkarte, die kleiner ist und persönlicher wirkt als das Foto. Das Kärtchen riecht wie die rechte Seite des Bettes. Meersalz. Salbei. Zerstoßene Kräuter. Sternanis. Ein angenehmer Geruch.

Auf der Vorderseite ein schlichter, knapper Text:


BIST DU DA?

Brooklyns Late-Night-Show für einsame Kreaturen und paranormale Phänomene. Manchmal auch beides.

99,7 FM


Grace nimmt den Notizzettel. Die enge Schrift ist kaum zu lesen - was hier steht, wurde offenbar in Eile geschrieben.


Wer ich bin, das weiß ich, aber wer bist du? Als ich bei Sonnenaufgang wach geworden bin, haben deine Haare und deine Haut geleuchtet wie Gold, sogar die Sommersprossen auf deiner Nase waren golden. Eine Farbe wie Honig. Anscheinend bist du meine Frau und ich will dich Honey Girl nennen. Du hast mein Kärtchen, falls du mal - na ja, keine Ahnung, wie soll ich das ausdrücken? - eine Freundin brauchst? Eine -


Ehefrau steht da, doch das Wort ist durchgestrichen.


Partnerin oder was weiß ich. Ich muss jetzt los. Aber ich glaube, ich hatte Spaß und war glücklich. Sonst hätte ich dich bestimmt nicht geheiratet. Hoffentlich ging es dir genauso.

Wie heißt noch mal dieser Spruch? Was in Vegas passiert, bleibt in Vegas? Ich kann nicht bleiben.

Vielleicht machst du dich ja irgendwann auf die Suche nach mir, Honey Girl. Bis dahin kannst du meiner Stimme folgen. Hörst du mich?


Das ist irgendwie schräg, dieses immer wieder Abbrechen und neu Anfangen, trotzdem hält sich Grace an dem Zettel fest. Eine Visitenkarte ohne Nummer, eine Nachricht ohne Klarheit.

Als es an der Tür klopft, explodiert das aufgestaute Adrenalin in ihrem Körper. Sie kreischt auf. Mit rasendem Puls öffnet sie die Zimmertür.

»Hör auf zu schreien«, sagt Ximena. Sie ist fertig angezogen - ihr burgunderrotes Haar ist zu einem Knoten geschlungen und sie trägt ihr Flughafen-Outfit, wie sie das nennt. Grace fragt sich, wie Ximena es schafft, ihr krauses Haar in dieser Hitze so perfekt zu bändigen. »Wenn hier jemand ausflippt, dann ja wohl ich.«

Ich habe gestern Nacht geheiratet, denkt Grace. Eine Frau mit Rosenknospen auf den Wangen. Eine Frau, deren Namen ich nicht mal weiß. Ich habe allen Grund zum Schreien.

»Wieso das denn?«, gibt Grace zurück. »Und warum bist du schon fertig angezogen?«

»Ich bin dran mit Fragenstellen«, erwidert Ximena mit zusammengekniffenen Augenbrauen.

»Oh mein Gott.« Hinter Ximenas Schulter taucht der Kopf von Agnes auf. »In einer Stunde müssen wir am Flughafen sein. Wenn du nicht fertig bist, kannst du unmöglich Grace sein, sondern nur ihre fiese Doppelgängerin. Also hab ja wohl vor allem ich Grund zum Kreischen, oder? Lässt du uns jetzt endlich rein? Keine Manieren, echt!«

Während sie sich ins Zimmer drängt, schiebt Grace das Foto, die Visitenkarte und den Zettel unter eine verirrte Bibel auf dem Nachttisch.

Ximena lässt sich langsam auf der Kante vom Bett nieder, auf dem Agnes sich schon hemmungslos breitgemacht hat. Beide starren Grace an, sie starrt zurück.

»Und?«, fragt Ximena. »Willst du uns nicht erzählen, wo du dich gestern Nacht rumgetrieben hast?«

Grace runzelt die Stirn. »Ich war hier, wo denn sonst?«

Ximena schaut sie mit großen Augen an, enttäuscht von dieser offensichtlichen Lüge.

Agnes stützt sich auf den Ellbogen. »Nettes Shirt«, sagt sie gedehnt. »Jetzt erzähl schon, was hast du wirklich getrieben, nachdem wir gestern weg sind?«

Grace zupft an dem Oberteil. Der goldene Ring an ihrem Finger kommt ihr schwer und verräterisch vor. Jemand erhebt Anspruch auf diesen Menschen, sagt der Ring. Er gehört nicht mehr euch, sondern mir. Grace kann nur hoffen, dass die beiden ihn nicht bemerken. »Nicht viel«, sagt sie. »Bisschen gechillt, das ist alles.«

Ximena blinzelt. »Gechillt.«

Grace blinzelt zurück. »Ja.« Sie versucht sich zu erinnern, wann genau Ximena und Agnes gegangen sind. War das bevor die Frau sie über den Shot-Gläsern angelächelt hat oder danach? Diese Frau, die die Finger mit ihren verschränkt hat, als sie durch die vollen Straßen geschlendert sind, vorbei an Theaterlichtern und Clubs, aus denen laute Musik schallte. Grace hat an der Frau gehangen und gelacht, laut und unkontrolliert gelacht. »Wir sind halt irgendwie durch die Gegend spaziert.«

Agnes setzt sich mit einem Ruck auf und verzieht den Mund, sodass er wie ein scharfes, schimmerndes Messer wirkt. »Du lügst doch«, sagt sie. Ihre gebleichten Haare sind zerzaust und auch die Schatten unter ihren Augen zeigen, wie verkatert sie ist. Trotzdem strahlt ihr Gesicht vor Aufregung, sie wirkt wie ein Hund auf der Jagd...
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