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Nachtleben

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
176 Seiten
Deutsch
Atlantik Verlagerschienen am05.10.2021
Liebe in Zeiten von Traum und Wirklichkeit  Anna und Anno bedeuten füreinander das ergänzende Gegenstück, nach dem wir alle suchen. Sie leben ein modernes Großstadtleben, geprägt von Partys, Freundschaften und auch dem emotionalen Ballast, den beide aus ihrer Jugend mitbringen. Als Anno durch einen tragischen Unfall ums Leben kommt, findet Anna dennoch einen Weg, um mit Anno gemeinsam das Leben zu führen, welches sie sich gegenseitig versprochen haben - auch wenn es sie dabei an die Grenzen ihres Verstandes führt. NACHTLEBEN ist eine Geschichte über die Liebe, das Leben und die Erkenntnis, wie schön der Alltag sein kann, solange es noch nicht zu spät ist.

Sabin Tambrea ist ein rumänisch-deutscher Schauspieler und unter anderem bekannt aus der Ku'damm-Reihe im ZDF, Babylon Berlin, Narziss und Goldmund sowie verschiedenen Theaterinszenierungen. Nachtleben ist sein erster Roman.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR20,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextLiebe in Zeiten von Traum und Wirklichkeit  Anna und Anno bedeuten füreinander das ergänzende Gegenstück, nach dem wir alle suchen. Sie leben ein modernes Großstadtleben, geprägt von Partys, Freundschaften und auch dem emotionalen Ballast, den beide aus ihrer Jugend mitbringen. Als Anno durch einen tragischen Unfall ums Leben kommt, findet Anna dennoch einen Weg, um mit Anno gemeinsam das Leben zu führen, welches sie sich gegenseitig versprochen haben - auch wenn es sie dabei an die Grenzen ihres Verstandes führt. NACHTLEBEN ist eine Geschichte über die Liebe, das Leben und die Erkenntnis, wie schön der Alltag sein kann, solange es noch nicht zu spät ist.

Sabin Tambrea ist ein rumänisch-deutscher Schauspieler und unter anderem bekannt aus der Ku'damm-Reihe im ZDF, Babylon Berlin, Narziss und Goldmund sowie verschiedenen Theaterinszenierungen. Nachtleben ist sein erster Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783455012361
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum05.10.2021
Seiten176 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1349 Kbytes
Artikel-Nr.5705416
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
CoverVerlagslogoTitelseiteI. WinterVI. Tiefer WinterDankBiographieImpressummehr
Leseprobe

I. Winter

»Anna!«

 

Die Körper tanzten nach einer Musik, die ihren Bewegungen nicht entsprach. Heiße, schweißdurchtränkte Luft, durch viele Leiber gegangen, rann stückweise vorankriechend an den Fensterscheiben des Clubs herunter, angeschoben durch die Schallwellen der Trommeln. Doch diesen Rhythmus hörte Anna nicht. Sie saß matt auf einem Stuhl, verschwitzte Strähnen versperrten ihren Blick, hinter deren Gitter blaue Augen unbewegt nach innen schauten; die Kraft nur auf ihr Wertvollstes gerichtet, die Erinnerungen an die Zeit, als der Winter noch nicht in ihr Leben eingebrochen war. Die Unumkehrbarkeit des Umbruchs verzehrte ihre letzte Kraft aus allen Sehnen, Venen zeichneten sich deutlich ab auf Hals und Armen, deren Puls den Takt der Tanzenden mit keinem Herzschlag traf.

Die Menschen ihres Alters rundherum suchten für gewöhnlich nach Erfüllung, sofern sie diese noch nicht fanden oder gar sich durch Zerstreuung von der schweren Suche abzulenken wussten. Ihre eigene Erfüllung hatte Anna längst gefunden; und wieder verloren. Dieser Verlust lag als Grundakkord unter all ihren Gedanken, an einem jeden Tag des Winters; nur durch kurze Phasen der Manipulation farblich unterbrochen, so wie in dieser Nacht, zumindest bis die nachlassende Wirkung der Chemie ihr die warme Decke von der Seele reißen sollte. Ihr Puls war seit Stunden um sein Leben gerannt, nun trat er schleichend in den Strom zurück, war bereits im Gleichschritt fast mit der unerwünschten Gegenwart; die Zeichnung des Gesichts wehrte sich noch friedlich. Es war die Stunde der Erschöpfung, kurz bevor der überspannte Bogen letzter Glücksgefühle reißen würde.

»Hier, dein Wasser.«

Eine Gestalt schob sich unscharf in ihren Blick.

»Anna?«, fragte die Person, routiniert darin, keine Antwort zu erhalten. In Annas Wahrnehmung geriet ihr ausgesprochener Name in eine Schleife, wiederholte sich, erklang verändert wieder. Erst mit der Stimme der Frau vor ihr, dann häutete die Farbe sich. Als sie ihren Namen mit seiner Stimme hörte, reagierte sie. Die Stimme fuhr fort.

»Ich habe doch gesagt, nimm nicht so viel.«

Emma, die seit zwanzig Jahren Annas Gang auf allen Wegen stützte, erhielt bloß einen Blick als Antwort still zurück, vor Liebe wund zugrunde gehend. In der neunten Klasse hatte das Schicksal sie zusammengeführt, als Anna wiederholt die Schule wechseln musste, auf der Steintreppe des Schulhofs hatten sie sich einst das erste Mal getröstet. Emma war seitdem alle Pfade tapfer mitgegangen, ließ sich lang die Arme ziehen, als Anna an dieser oder jener Zweigung tiefer nach dem rechten Wege suchen musste, doch sie ließ nie los, wenn es mal der falsche war. Die Entwicklungen der letzten Zeit vermochten die Empathie der Freundin jedoch an Grenzen zu geleiten, deren Existenz in dieser Freundschaft einst undenkbar schien.

Emma bewegte das Gefäß vor Annas Augen, diese nahm vorsichtig das Glas, stellte es aber sofort beiseite, als ein steigend dumpfer Pfeifton grell in die Musik ihrer Gedanken drang.

Es war angezählt. Die Übelkeit kroch in ihren Magen, die Zeit war knapp, um die Toilette zu erreichen. Nichts erinnerte mehr an ihre Trägheit, als sie sich erhob, um den schweren Gang nun anzutreten, doch ihre Würde war gefährdet, sich vor den Augen Unschuldiger zu übergeben. Anna wehrte sich dagegen, stand aufrecht und anmutig, als seine Worte sie ins Genick trafen.

»Soll ich mitkommen?«, fragte Emma, streckte ihr dabei die Hand entgegen. Anna drehte sich um, nachdem sie ihn die Worte sprechen hörte, schüttelte langsam nur den Kopf. Da fiel es ohne Abwehr leise aus ihr heraus: »Ich liebe dich«, sagte sie zu Emma, doch sie meinte ihn.

 

Mit wiedererwachtem Gehör saß Anna auf dem Klodeckel, hörte dumpfe Bässe durch gekachelte Wände hindurch. Dieser Gang war so schwer wie wenige zuvor gewesen, doch sie hatte ungedemütigt ihr Ziel erreicht, auch wenn sie sich an vielen fremden Leibern stützen musste. Das Schmerzmittel verlor an Wirkung, ihre Beine taten weh, es pulsierte in den Narben.

Anna war bleich wie ein Handtuch. Der kalte Schweiß juckte in den Flächen ihrer Hand, ihre Haarwurzeln richteten sich auf, die Kralle alter Ängste streifte sie am Nacken, die Kälte kehrte heim. Lange wehrte Anna sich, die einzige Handlung zu unternehmen, die ihr noch Linderung verschaffen konnte, dann ergab sie sich. Sie zog das Telefon aus ihrer Hosentasche, tippte ein »Ich kann nicht mehr«, versendete die Nachricht. Sie wischte schnell nach unten, Hunderte von ihr verfasste Sätze fielen durch das Display zwischen ihren matten Knien hindurch, dann erschien sein letztes Wort. Es war, schlicht und einfach Abschied nehmend, »Schlüssel?«.

Durch die Kabinenwand hindurch hörte Anna die Toilettentür aufgehen. Ein Schwall der äußeren Musik stürmte wild herein, verebbte wieder zu den Bassfrequenzen von zuvor, als die Tür zurück in ihre Fassung fiel. Nachdem die Klackergeräusche der vier eingetretenen Absätze vor dem Spiegel schwankend festen Stand erlangten, fragte eine heisere Frauenstimme, ob sie bei der anderen übernachten könne. Diese keifte bebend desinteressiert zurück, dass man ihr den Schlüssel an die Hand nageln sollte. »Ja«, hauchte es abwehrend, »ich habe meine Schlüssel halt vergessen.«

Wieder hämmerte das Echo seiner Stimme gegen ihr Bewusstsein, dieses Mal von vorne, mitten in den Bauch hinein.

»Ich habe meine Schlüssel vergessen.«

Die Worte begannen einander zu umkreisen, bis ihre Fliehkräfte sie packten und Anna zurück in die Erinnerung rissen. Das Telefon fiel ihr aus der Hand, sie betrachtete die Flugbahn. Ihre Gedanken rasten mit einer solch flirrenden Geschwindigkeit umeinander, dass sich Annas Wahrnehmung der Außenwelt bis zum Stillstand hin verlangsamte, in zeitloses Schweben geriet, noch bevor das fallende Objekt den Boden erreichen konnte.

 

Das Herbstblatt fiel. Ein spätsommerlicher Windstoß hatte das protestierende Blatt vom Zweig gelöst, legte es in schaukelnden Bewegungen auf die Wurzel des Baumes nahe am Bordstein, an dessen Straßenseite vereinzelt Autos im orangenen Licht der Straßenlaternen geparkt waren. Vorsichtig wurde es aufgehoben.

»Was tust du da?«, fragte Anna, während sie sich neugierig die Brille den Nasenrücken hinaufdrückte.

»Das erste Herbstblatt - für dich«, erwiderte die Stimme des Mannes ohne Brille, während er das Blatt ihr überreichte. Dies war Anno.

»Oha!«, bemerkte er ein weiteres.

»Das ist deins!«, sprach Anna, als er ihr auch dieses Blatt noch reichen wollte.

Anno fiel auf, dass sie leider bereits wieder vor der Haustür standen, an der er Anna zuvor abgeholt hatte. Er bedankte sich, es sei ein wirklich schöner Abend gewesen. Als er sich sein Herbstblatt in die Hosentasche steckte, stockte er, denn es fehlte etwas Wichtiges darin.

Es sei ihm äußerst unangenehm, aber sie könne ihm aushelfen, wenn sie wolle. Doch natürlich sei es auch kein Problem, wenn sie einfach »Nein« sage.

Anna dachte nicht daran, ihn weiterhelfend zu fragen, worum es sich handele, sie wartete still, sehr gespannt und lächelnd ab. Also fuhr er fort.

»Ich habe meine Schlüssel vergessen.«

Hinter ihrer Brille schoben sich die Augenbrauen ernst nach oben. Er habe nicht viele Defizite, fuhr er rechtfertigend fort, aber mit Schlüsseln sei er noch nie klargekommen. Als dem trotz langer Wartezeit nichts weiter folgen wollte, fragte Anna schließlich nach, wie es sich denn mit den anderen verhalte, doch darauf ging er weiter nicht mehr ein, auch wenn er flüchtig überlegte, ob jetzt der rechte Augenblick für sein Geständnis sei, dass er äußerst ungern tanzte, doch die Gedanken führten an kein Ziel, denn die Formung ihrer Lippen lenkte ihn sehr leicht von seinen Defiziten ab. Nach einer zögerlichen Pause fragte Anno, ob er sie küssen dürfe. Seiner Frage folgte eine weitere Stille, von Anna derart formuliert, als dass seine Hoffnung Wurzeln schlagen konnte. Sie stimmte der Fortführung des Abends zu und sprach, bevor er sich ihr nähern konnte: »Du müsstest nur noch pumpen.«

Entgegen der Befürchtung Annas schien das aufgepumpte Gästebett nicht undicht zu sein; zumindest lag Anno schon mehr als zwei Stunden darauf, ohne dass es an Härte nachgelassen hätte. Sie hatten es diagonal von Annas Bett aus in der entgegengesetzten Ecke ihres Zimmers aufgestellt. Beide lagen unter den Decken ihrer separierten Betten, hörten noch Musik über die Anlage, welche an einem langen Kabel mit dem Telefon in Annos Hand verbunden war. Er suchte nach dem letzten Titel, den er vor der Nacht noch mit ihr teilen wollte, die Klänge setzten ein.

»Ernsthaft, Coldplay?«, hinterfragte sie die Wahl.

»Ja, ich mag es halt.«

»Ja, das mögen viele«, kam es abwertend zurück, er konterte, mit Musikvorlieben sei nicht zu spaßen, er sei nur ganz zu haben oder eben gar nicht. Anna unterbrach, befahl ihm unbeirrt den nächsten Titel. Anno schmunzelte, als er bedeutungsvoll den Namen wiederholte. Ihr gewünschtes Lied, es hieß »Matilda«.

Anna wollte es sich nicht eingestehen, doch rang sie schon seit einiger Zeit mit ihrer Müdigkeit, um den schönen Abend ein wenig nur noch fortzuführen, dann ergab sie sich, nahm ihre Brille ab und legte sie neben die einzige noch brennende Lampe ihres Zimmers auf den Nachttisch.

»Machst du bitte das Licht aus?«

Anno vergewisserte sich, ob sie die Lampe an ihrem Kopf, in der anderen Ecke des Zimmers meine, ohne sich zu trauen, die getarnte Bitte einer Annäherung auch als solche zu verstehen. Sie meine genau diese. Anno schlug die Decke auf, kroch balancierend aus dem...
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