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Das Geschenk eines neuen Glücks

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Bastei Entertainmenterschienen am28.01.20221. Aufl. 2022
Eine Familie zwischen Spanien und Deutschland. Ein ergreifendes Schicksal. Eine mutige Frau.

Berlin, 1938. Paulina Hoffmann ist noch ein junges Mädchen, als sie miterleben muss, wie ihre jüdische Herzensfreundin Anna spurlos verschwindet. Als der Vater und die beiden Brüder an der Front fallen, versinkt ihre Mutter in tiefer Trauer, und Paulina findet bei Verwandten in Madrid eine neue Heimat.

Berlin, 2016. Nach dem Tod ihrer geliebten Großmutter Paulina erbt Alicia eine Wohnung in Prenzlauer Berg, von deren Existenz niemand in der Familie etwas wusste. Alicias Reise von Madrid nach Berlin wird bald zur spannenden Begegnung mit der unbekannten Vergangenheit ihrer Großmutter. Dabei kommt Alicia einem Geheimnis mit weitreichenden Folgen für ihr eigenes Leben auf die Spur ...

'Ein beeindruckendes Debüt voller Emotionen, das einen eintauchen lässt in die berührende Geschichte einer Frau, die sich mutig ihrem Schicksal stellt' EL PERIÓDICO DE CATALUNYA


Carmen Romero Dorr, geboren 1981 in Madrid, studierte Journalismus und arbeitet als Lektorin für einen spanischen Publikumsverlag. Die Geschichte ihrer deutschen Großeltern, die während des Zweiten Weltkriegs von Berlin nach Madrid ausgewandert sind, inspirierte sie zu ihrem Romandebüt.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,90
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEine Familie zwischen Spanien und Deutschland. Ein ergreifendes Schicksal. Eine mutige Frau.

Berlin, 1938. Paulina Hoffmann ist noch ein junges Mädchen, als sie miterleben muss, wie ihre jüdische Herzensfreundin Anna spurlos verschwindet. Als der Vater und die beiden Brüder an der Front fallen, versinkt ihre Mutter in tiefer Trauer, und Paulina findet bei Verwandten in Madrid eine neue Heimat.

Berlin, 2016. Nach dem Tod ihrer geliebten Großmutter Paulina erbt Alicia eine Wohnung in Prenzlauer Berg, von deren Existenz niemand in der Familie etwas wusste. Alicias Reise von Madrid nach Berlin wird bald zur spannenden Begegnung mit der unbekannten Vergangenheit ihrer Großmutter. Dabei kommt Alicia einem Geheimnis mit weitreichenden Folgen für ihr eigenes Leben auf die Spur ...

'Ein beeindruckendes Debüt voller Emotionen, das einen eintauchen lässt in die berührende Geschichte einer Frau, die sich mutig ihrem Schicksal stellt' EL PERIÓDICO DE CATALUNYA


Carmen Romero Dorr, geboren 1981 in Madrid, studierte Journalismus und arbeitet als Lektorin für einen spanischen Publikumsverlag. Die Geschichte ihrer deutschen Großeltern, die während des Zweiten Weltkriegs von Berlin nach Madrid ausgewandert sind, inspirierte sie zu ihrem Romandebüt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783751710350
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum28.01.2022
Auflage1. Aufl. 2022
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5708797
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


4

Alicia steigt rasch die Treppe hinauf. Sie spürt in jeder Pore ihres Körpers ein gewisses Prickeln und ärgert sich darüber, zugelassen zu haben, dass Iván ähnliche Gefühle in ihr weckt wie vor fünfzehn Jahren. In einer Welt, in der alles schon mal gesagt wurde, in der ein Tag aussieht wie der andere, besitzt Iván noch immer die gleichermaßen irritierende wie erstaunliche Fähigkeit, sie zu überraschen. Und dann erst seine provozierende Art, sie anzusehen. Alicia muss sich eingestehen, dass er noch immer eine gewisse Macht über sie hat, ganz gleich, wie sehr sie sich in der Zwischenzeit verändert hat. Tief im Inneren fühlt sie sich schutzlos und verletzlich.

Sie hatte schon immer ein Faible für salopp gekleidete Männer, denen ihr Aussehen vermeintlich egal war. Und Iván sah toll aus in seinem schwarzen T-Shirt und dieser Jeans, die ihm ehrlicherweise richtig gut stand. An seinen Koteletten und im Bart zeigten sich die ersten grauen Haare, aber er hatte noch immer den gleichen widerspenstigen, krausen Schopf wie früher. Auch der Rest war wie gehabt: der forschende Blick hinter der Nickelbrille und die leichte Adlernase. Sie fragt sich, wie sie ihm wohl gefallen hatte.

Sie holt den Schlüsselbund mit dem P-Anhänger aus der Tasche und öffnet die Wohnungstür. Im Flur streift sie rasch die Keilsandalen ab, die ihr auf dem Rückweg eine wunde Stelle an der Ferse beschert haben. Die Nachmittagssonne wirft einen sanften Schimmer auf die breiten, lackierten Dielen des Fußbodens. Die friedliche Stille und das schummrige Licht schaffen die richtige Stimmung für einen ausgedehnten Mittagsschlaf. Vielleicht sollte sie ein paar Kapitel in John Irvings Roman lesen, bevor sie sich von der wohligen Müdigkeit übermannen lässt. Alicia zieht unter dem T-Shirt den BH aus und geht auf den angenehm kühlen Dielen in Richtung Schlafzimmer.

Da sieht sie es plötzlich. Mitten auf dem Esszimmertisch liegt ein altes Fotoalbum mit granatrotem Ledereinband und abgestoßenen Ecken. Daneben ist ein kleiner Metallspiegel.

Alicia entfährt ein Schrei. Lag das Album schon am Morgen da? Ist sie wirklich so durcheinander, dass sie es nicht bemerkt hat? Nein, ganz sicher nicht. Es lag nichts auf dem Tisch. Erst vor wenigen Stunden hat sie das Frühstückstablett dort abgestellt. Dann war also jemand in der Wohnung? Wer? Warum? Ihre Verwirrung schlägt um in Panik. Die diffuse Präsenz ihrer Großmutter wächst ins Maßlose und nimmt ihr die Luft zum Atmen. Alicias Hände schwitzen, ihr Herzschlag fühlt sich an wie der Galopp eines durchgehenden Pferdes.

Noch beunruhigender sind die Fragen, die ihr als Nächstes durch den Kopf gehen. Sie blickt sich um, aus Angst, einen Schatten in Richtung Flur entwischen oder, schlimmer noch, auf sie zukommen zu sehen. Ist jemand in der Wohnung? Ist sie in Gefahr? Ohne zu überlegen, nimmt Alicia das Album an sich und hastet aus der Wohnung. Im Aufzug drückt sie zwanghaft auf den Knopf für das Erdgeschoss, bis sich die Türen endlich schließen. Etwas Weißes fällt zu Boden, aber in ihrer Nervosität achtet Alicia nicht darauf.

Sie rennt drauflos, bis sie drei Blocks weiter einen Park erreicht. Das Album noch immer an die Brust gepresst, bleibt sie stehen, um ihre Atmung unter Kontrolle zu bringen. Ihr Herz rast wie wild. Sie lässt sich auf eine Bank sinken und versucht, ihre Gedanken zu ordnen. Was machen die alten Fotos ihrer Großmutter in ihren Händen? Wie sind sie auf den Tisch gekommen? Es ist offensichtlich, dass jemand in der Wohnung war, jemand, der einen Schlüsselbund hat, da die Tür keine Einbruchsspuren aufwies. Wer ist der Eindringling? Was geht hier vor? War es richtig, so schnell zu flüchten, ohne nachzuschauen, ob jemand da war?

Sie hat schon lange nicht mehr an das lederne Fotoalbum gedacht. Seit den Nachmittagen ihrer Kindheit, als sie es zusammen mit ihrer Großmutter in deren Wohnzimmer in der Calle Velázquez angeschaut hatte, hat sie es nicht mehr gesehen. Sie war davon ausgegangen, dass es noch irgendwo in der großen Bibliothek dort sein würde. Ein so vertrautes, bedeutungsvolles Objekt wieder in Händen zu halten, ist ein eigenartiges Gefühl. Als wären nicht fünfundzwanzig Jahre, sondern nur ein paar Minuten vergangen und sie wäre noch immer ein schüchternes kleines Mädchen, das an einer großen Tasse heißer Schokolade nippt.

Vor ihr schaukeln ein paar Kinder auf einem Spielplatz. Es ist sechs Uhr nachmittags. Sie rutschen, backen Sandkuchen, graben mit ihren Schaufeln und Rechen, lachen. Ein kleiner Junge, der wohl keine zwei Jahre alt ist, weint, weil ein älteres Kind ihm einen Spielzeuglaster weggenommen hat. Trotz ihrer Angst und Verwirrung muss Alicia an Jaime denken. Was ihr Sohn wohl gerade macht?

Sie hat das Bedürfnis, mit jemandem zu reden. Ihr Vater fällt ihr ein, aber sie weiß, wenn sie ihm diese Geschichte erzählt, dreht er durch. Er würde es sogar fertigbringen und tags darauf in Berlin auftauchen. Immerhin hat er wochenlang auf sie eingeredet, sie solle nicht allein reisen, da die Scheidung und der Tod ihrer Großmutter sie so stark mitgenommen hätten. Nein, ihn ruft sie besser nicht an.

Am liebsten würde sie mit Marcos sprechen. Sie würde ihm gern erzählen, was passiert ist, und sich von ihm beruhigen lassen. Er hat schon immer mit beiden Beinen fest auf dem Boden gestanden und sie zu besänftigen vermocht, hat, wenn nötig, an ihren gesunden Menschenverstand appelliert. Sich daran zu gewöhnen, dass sie sich diesem Menschen, der früher immer da war, nicht mehr anvertrauen kann, ist gar nicht so einfach, so sehr sie sich über ihn auch geärgert hat. Dabei wäre es jetzt wohltuend, ihn sagen zu hören, dass es für alles eine vernünftige Erklärung gibt. Außerdem würde sie gern erfahren, was Jaime heute Nachmittag macht.

Vielleicht badet er ja im Pool, mit Schwimmflügeln an den Armen, oder er spielt auch im Park im Sandkasten. Sie weiß es nicht.

Seit mehr als vierundzwanzig Stunden hat sie absolut keine Ahnung, was ihr Sohn macht.

Sie erhebt sich von der Bank und beginnt zu laufen. Als sie an einem Vier-Sterne-Hotel ankommt, tritt sie ein und fragt, ob es ein freies Zimmer gibt. Ja, eins ist noch frei, und es ist sehr teuer, aber sie reicht dem Rezeptionisten ihren Ausweis und checkt ein. Es ist eine dieser unpersönlichen Niederlassungen einer großen Kette, die in Berlin oder sonst wo auf der Welt sein könnte. Ein perfektes Versteck.

»Brauchen Sie Hilfe mit dem Gepäck?«

»Nein, danke.«

Mit einem misstrauischen Blick überreicht der Mitarbeiter am Empfang ihr den Schlüssel. In ihrem Zimmer, ihrem Obdach für diese Nacht, lässt sie das Album aufs Bett fallen. Was sie jetzt mehr als alles andere auf der Welt braucht, ist eine Dusche. Eine lange Zeit unter dem heißen Wasserstrahl, um ihre noch immer vor Furcht verkrampften Muskeln zu entspannen. Glücklicherweise finden sich im Badezimmer alle möglichen Körperpflegeartikel. Das allein macht den völlig überzogenen Preis des Zimmers wett. Sie hatte nicht den Mut, in die Kastanienallee zurückzukehren, um ihre eigenen Sachen zu holen, und jetzt noch einmal loszuziehen, um eine Zahnbürste und eine Flasche Shampoo zu besorgen, erschien ihr wie eine unüberwindliche Hürde. Wie relativ der Wert der Dinge sein kann.

Nach der Dusche ruft sie, in den flauschigen Bademantel gehüllt, den sie hinter der Badezimmertür gefunden hat, beim Zimmerservice an und bestellt ein Club-Sandwich und ein Bier. Es wird ihr guttun, etwas zu essen. Sie hat ihre Fassung inzwischen wiedererlangt. Ihre nächsten Schritte müssen wohl überlegt sein.

Ob es ratsam ist, am nächsten Tag in die Wohnung zurückzugehen? Sie hat gesehen, dass das Haus eine Pförtnerloge hat. Morgen ist Montag, da ist der Hausmeister sicher da. Vielleicht weiß er ja, wer noch einen Schlüssel zur Wohnung hat, oder kann zumindest mit ihr hineingehen, wenn sie ihn darum bittet. Sie muss sich nur eine plausible Ausrede einfallen lassen.

Während sie auf den Zimmerservice wartet, setzt sie sich auf das Bett und beginnt, in dem Album zu blättern. Vor ihren Augen tauchen die alten Schwarz-Weiß-Fotografien auf, die sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen hat. Menschen und Momente aus der Vergangenheit, Erinnerungen an eine Welt, die seit Langem nicht mehr existiert. Ihre Großmutter, im gleichen Alter, in dem Jaime jetzt ist, blickt, Hand in Hand mit ihren älteren Brüdern, freudig in die Kamera. Ihre eleganten Urgroßeltern, für den Opernbesuch feingemacht, sie mit einer herrlichen Pelzstola. Alicia kann fast Paulinas Stimme mit ihrem melodischen deutschen Akzent hören, die ihr erklärt, wer ihre Eltern waren, wie ihre Brüder hießen und wo dieses Porträt entstand.

In diesem Moment fällt ein vergilbter Umschlag auf die weiße Bettdecke. Er hatte sorgsam zwischen den Trennblättern aus Spinnenpapier gesteckt. Alicia hat ihn noch nie zuvor gesehen. Sie öffnet den Umschlag und findet darin einen vor fünfundsiebzig Jahren beidseitig in zittriger Handschrift verfassten Brief. Er ist fleckig, und an einigen Stellen ist die Tinte verschwommen.

Sie beginnt zu lesen.

Dr. Otto Hoffmann

Allgemeinmedizin und Chirurgie

Schliemannstraße 15

Berlin

23. November 1941

Liebste Julia!

Seit über einem Monat habe ich keine Briefe mehr von Dir erhalten, was mich sehr beunruhigt hätte, wenn es uns hier nicht allen gleich erginge. Die Post arbeitet bedeutend schlechter, seit wir in Russland sind. Ich habe Dir seit einigen Wochen nicht mehr geschrieben und hoffe gleichwohl, dass Du nicht denkst, ich hätte Euch vergessen. Das Gegenteil ist der Fall, ich denke ständig an Euch. Wenn...

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Autor

Carmen Romero Dorr, geboren 1981 in Madrid, studierte Journalismus und arbeitet als Lektorin für einen spanischen Publikumsverlag. Die Geschichte ihrer deutschen Großeltern, die während des Zweiten Weltkriegs von Berlin nach Madrid ausgewandert sind, inspirierte sie zu ihrem Romandebüt.
Das Geschenk eines neuen Glücks
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Dorr, Carmen Romero