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Mehr Rationalität

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
432 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am29.09.20211. Auflage
Nachdem Bestseller-Autor Steven Pinker die Aufklärung verteidigt hat, zeigt er nun in seinem neuen Buch die Bedeutung von Rationalität. Denn nur mit ihr kann man sich orientieren in einer Welt, die aus den Fugen zu geraten droht. Durch Rationalität entdeckt der Mensch Naturgesetze, fliegt zum Mond und entwickelt in kürzester Zeit Impfstoffe. Auch wenn manche Menschen an Verschwörungstheorien und Fake-News glauben - der Mensch ist rational. Das unterscheidet ihn von allen anderen Lebewesen. Steven Pinker verteidigt aber nicht nur die Rationalität und zeigt ihre Stärken auf; er erläutert auch die wichtigsten Werkzeuge für rationales Denken. Er führt den Leser durch die Grundlagen der Logik und des kritischen Denkens, er erklärt Wahrscheinlichkeit und die Rolle des Zufalls, das Verhältnis von Glaube und Evidenz, Risiko und Statistik. Nach diesem Grundkurs in Rationalität sind wir gewappnet, rationale Entscheidungen allein und mit anderen viel besser treffen zu können. Denn Rationalität ist immer noch das beste Werkzeug, um unser Schicksal in die Hand zu nehmen.

Steven Pinker, geboren 1954, studierte Psychologie in Montreal und an der Harvard University. 20 Jahre lang lehrte er am Department of Brain and Cognitive Science am MIT in Boston und ist seit 2003 Professor für Psychologie an der Harvard University. Seine Forschungen beschäftigen sich mit Sprache und Denken, daneben schreibt er regelmäßig u.a. für die »New York Times« und den »Guardian«. Er war »Humanist of the Year 2006«, das Magazin »Prospect« zählte ihn zu den »Top 100 öffentlichen Intellektuellen«, das Magazin »Foreign Policy's zu den »100 globalen Intellektuellen« und das »Time Magazine« zu den »100 einflussreichsten Menschen in der heutigen Welt«. Im S. Fischer Verlag ist die viel diskutierte Studie »Gewalt. Eine neue Geschichte der Menschheit« (2011) erschienen, außerdem »Wie das Denken im Kopf entsteht« (2011), »Der Stoff, aus dem das Denken ist« (2014) sowie »Das unbeschriebenen Blatt. Die moderne Leugnung der menschlichen Natur« (2017). Sein Werk ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

KlappentextNachdem Bestseller-Autor Steven Pinker die Aufklärung verteidigt hat, zeigt er nun in seinem neuen Buch die Bedeutung von Rationalität. Denn nur mit ihr kann man sich orientieren in einer Welt, die aus den Fugen zu geraten droht. Durch Rationalität entdeckt der Mensch Naturgesetze, fliegt zum Mond und entwickelt in kürzester Zeit Impfstoffe. Auch wenn manche Menschen an Verschwörungstheorien und Fake-News glauben - der Mensch ist rational. Das unterscheidet ihn von allen anderen Lebewesen. Steven Pinker verteidigt aber nicht nur die Rationalität und zeigt ihre Stärken auf; er erläutert auch die wichtigsten Werkzeuge für rationales Denken. Er führt den Leser durch die Grundlagen der Logik und des kritischen Denkens, er erklärt Wahrscheinlichkeit und die Rolle des Zufalls, das Verhältnis von Glaube und Evidenz, Risiko und Statistik. Nach diesem Grundkurs in Rationalität sind wir gewappnet, rationale Entscheidungen allein und mit anderen viel besser treffen zu können. Denn Rationalität ist immer noch das beste Werkzeug, um unser Schicksal in die Hand zu nehmen.

Steven Pinker, geboren 1954, studierte Psychologie in Montreal und an der Harvard University. 20 Jahre lang lehrte er am Department of Brain and Cognitive Science am MIT in Boston und ist seit 2003 Professor für Psychologie an der Harvard University. Seine Forschungen beschäftigen sich mit Sprache und Denken, daneben schreibt er regelmäßig u.a. für die »New York Times« und den »Guardian«. Er war »Humanist of the Year 2006«, das Magazin »Prospect« zählte ihn zu den »Top 100 öffentlichen Intellektuellen«, das Magazin »Foreign Policy's zu den »100 globalen Intellektuellen« und das »Time Magazine« zu den »100 einflussreichsten Menschen in der heutigen Welt«. Im S. Fischer Verlag ist die viel diskutierte Studie »Gewalt. Eine neue Geschichte der Menschheit« (2011) erschienen, außerdem »Wie das Denken im Kopf entsteht« (2011), »Der Stoff, aus dem das Denken ist« (2014) sowie »Das unbeschriebenen Blatt. Die moderne Leugnung der menschlichen Natur« (2017). Sein Werk ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104915135
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum29.09.2021
Auflage1. Auflage
Seiten432 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse6987 Kbytes
Artikel-Nr.5712724
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1

Mit Vernunft begabt?


Nach allem, was man mir gesagt und mich gelehrt hat, ist der Mensch mit Vernunft begabt. Ein ganzes langes Leben hindurch habe ich eifrig nach einer Bestätigung dieser These Ausschau gehalten - leider ohne den geringsten Erfolg.

Bertrand Russell[1]



Wer die Schwäche des menschlichen Geistes recht beredt oder scharf durchzuhecheln versteht, der wird wie ein göttliches Wesen angesehen.

Baruch Spinoza[2]


Homo sapiens bedeutet »weiser Mensch«, und in vielerlei Hinsicht haben wir das Epitheton specificum, den zweiten Teil unseres Linné´schen Artnamens, auch verdient. Unsere Spezies hat den Ursprung des Universums datiert, das Wesen von Natur und Energie ergründet, die Geheimnisse des Lebens decodiert, die Schaltkreise des Bewusstseins enträtselt und unsere Geschichte und Verschiedenartigkeit aufgezeichnet. Wir haben dieses Wissen genutzt, um unser eigenes Wohlergehen zu fördern und den Geißeln, die unsere Vorfahren fast die gesamte Menschheitsgeschichte hindurch plagten, ihren Schrecken zu nehmen. Wir haben unsere Lebenserwartung von 30 auf über 70 (in den Industriestaaten über 80) Jahre erhöht, von extremer Armut sind mittlerweile statt 90 Prozent der Menschheit weniger als neun Prozent betroffen, in Kriegen sterben zwanzigmal weniger Menschen, an Hunger hundertmal weniger.[3] Selbst als uns im 21. Jahrhundert erneut der uralte Fluch der Pestilenz heimsuchte, identifizierten wir die Ursache innerhalb von Tagen, sequenzierten ihr Genom innerhalb von Wochen und verfügten innerhalb eines Jahres über Impfstoffe gegen das Virus, womit die Zahl der Toten auf einen Bruchteil der Todesopfer historischer Pandemien eingedämmt werden konnte.

Das kognitive Rüstzeug, mit dessen Hilfe wir die Welt verstehen und zu unserem Vorteil gestalten, ist keine Trophäe der westlichen Zivilisation; es ist das Erbe unserer Spezies. Die in der Kalahari im Süden Afrikas lebenden San gehören zu den ältesten Völkern der Erde, und ihre Lebensweise als Wildbeuter, die sie bis vor kurzem aufrechterhalten konnten, erlaubt uns Einblicke in das Leben, das die Menschen den größten Teil ihrer Existenz über geführt haben.[4] Jäger und Sammler schleudern nicht einfach nur Speere auf vorbeilaufende Tiere oder suchen Früchte und Nüsse, die um sie herum wachsen.[5] Der Fährtensucher Louis Liebenberg, der mehrere Jahrzehnte unter den San geforscht hat, beschreibt, wie sie dank ihrer wissenschaftlichen Denkweise überleben können.[6] Sie erschließen sich den Weg von bruchstückhaften Daten bis zu weit entfernt liegenden Folgerungen mit einem intuitiven logischen Verständnis, kritischem Denken, statistischer Argumentation, Kausalschlüssen und Spieltheorie.

Die San betreiben die Hetzjagd, wobei sie von unseren drei hervorstechendsten Merkmalen profitieren: unserer Zweibeinigkeit, die effizientes Rennen ermöglicht, unserer Haarlosigkeit, die uns in heißem Klima erlaubt, Wärme zu verdunsten, und unseren großen Köpfen, die uns zu rationalem Denken befähigen. Die San nutzen diese Rationalität, um die flüchtenden Tiere mittels ihrer Hufabdrücke, Ausdünstungen und anderer Spuren aufzuspüren und sie so lange zu verfolgen, bis sie wegen Erschöpfung oder einem Hitzschlag zusammenbrechen.[7] Manchmal folgen die San einem Tier auf dessen üblichen Wegen, oder sie suchen es, wenn die Fährte kalt geworden ist, indem sie um seine letzten entdeckten Spuren immer weitere Kreise ziehen. Oft aber spüren sie die Tiere mit Hilfe von Schlussfolgerungen auf.

Jäger unterscheiden Dutzende Arten anhand der Form und des Abstandes ihrer Spuren und stützen sich dabei auf ihr Wissen über Ursache und Wirkung. So folgern sie, dass eine tiefe, spitz zulaufende Spur von einem agilen Springbock stammt, der auf gute Griffigkeit angewiesen ist, während eine flachfüßige Spur auf einen schweren Kudu schließen lässt, der sein Gewicht zu tragen hat. Sie können das Geschlecht der Tiere aufgrund der Anordnung ihrer Spuren und der relativen Entfernung ihres Urins von den Hinterfüßen und ihren Exkrementen bestimmen. Mit Hilfe dieser Kategorien ziehen sie syllogistische Schlussfolgerungen: Während der Regenzeit kann man Steinantilopen und Ducker zu Tode hetzen, weil der nasse Sand ihre Hufe spaltet und ihre Gelenke steif werden lässt; Kudus und Elenantilopen kann man in der Trockenzeit jagen, weil sie im lockeren Sand schnell ermüden. Wir haben Trockenzeit, und das Tier, das diese Fährte hinterlassen hat, ist ein Kudu; darum können wir dieses Tier zu Tode hetzen.

Die San ordnen Tiere nicht nur Kategorien zu, sondern nehmen auch feinkörnigere logische Differenzierungen vor. Sie halten Individuen derselben Art anhand ihrer Hufabdrücke auseinander, indem sie auf verräterische Kerben und Variationen achten. Und sie unterscheiden die dauerhaften Eigenschaften eines Individuums wie Spezies und Geschlecht von kurzfristigen Zuständen wie Müdigkeit, die sie aus Anzeichen wie dem Nachziehen der Hufe und Ruhepausen erschließen. Entgegen dem landläufigen Irrtum, dass prämoderne Völker über keinerlei Zeitkonzept verfügen, schätzen sie das Alter eines Tieres ausgehend von der Größe und Scharfkantigkeit seiner Hufabdrücke und können seine Spur aufgrund der Frische der Fährte, der Feuchtigkeit von Speichel oder Exkrementen, des Einfallswinkels der Sonne in Relation zu einem schattigen Ruheplatz und der Überlagerungen durch die Fährten anderer Tiere datieren. Ohne diese logischen Feinheiten würde die Hetzjagd nicht funktionieren. Ein Jäger darf nicht irgendeinen beliebigen Spießbock unter den vielen, die Spuren hinterlassen haben, verfolgen, sondern nur den einen, den er schon in die Erschöpfung getrieben hat.

Überdies beherrschen die San auch kritisches Denken. Sie wissen, dass sie nicht allein auf den ersten Eindruck vertrauen dürfen, und sind sich der Gefahr bewusst, nur das zu sehen, was sie sehen wollen. Zudem akzeptieren sie keine Argumente, die sich nur auf Autorität stützen. Jeder, auch ein junger Schnösel, darf eine Vermutung verwerfen oder selbst eine äußern, bis die Diskussion zu einem Konsens führt. Auch wenn hauptsächlich die Männer auf die Jagd gehen, sind die Frauen ebenso gute Spurenleserinnen; Liebenberg berichtet, dass eine junge Frau, !Nasi, »die Männer in den Schatten stellte«.[8]

Die San justieren ihre Überzeugung von einer Hypothese je nach der Aussagekraft der Indizien - hier operieren sie also mit bedingter Wahrscheinlichkeit. So weist der Fuß eines Stachelschweins zwei proximale Ballen auf, während ein Honigdachs nur einen besitzt. Es kann jedoch sein, dass sich auf hartem Untergrund nur ein Ballenabdruck abzeichnet. Das bedeutet: Obwohl es sehr wahrscheinlich ist, dass eine Fährte nur einen Ballenabdruck aufweist, falls sie von einem Honigdachs stammt, ist umgekehrt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Fährte von einem Honigdachs stammt, falls sie nur einen Ballenabdruck aufweist, geringer (da es sich auch um die unvollständige Fährte eines Stachelschweins handeln könnte). Die San bringen diese bedingten Wahrscheinlichkeiten nicht durcheinander - sie wissen: Da zwei Ballenabdrücke nur von einem Stachelschwein stammen können, ist es sehr wahrscheinlich, dass es sich bei zwei Ballenabdrücken um ein Stachelschwein handelt.

Außerdem justieren die San ihre Überzeugung von einer Hypothese je nach ihrer A-priori-Plausibilität. Wenn eine Fährte uneindeutig ist, nehmen die San an, dass sie von einer häufig vorkommenden Art stammt; nur bei eindeutigen Indizien kommen sie zu dem Schluss, dass die Fährte von einer selteneren Art verursacht wurde.[9] Wie wir sehen werden, ist dies der Kern des Bayes´schen Schlussfolgerns.

Eine weitere von den San angewandte Fähigkeit kritischen Denkens ist die Unterscheidung zwischen Kausalität und Korrelation. Liebenberg erinnert sich: »Ein Spurenleser, Boroh//xao, sagte, wenn [die Lerche] singe, trockne sie das Erdreich, sodass die Wurzeln gut zu essen seien. Danach meinten !Nate und /Uase, Boroh//xao habe unrecht - es sei nicht der Vogel, der das Erdreich trockne, sondern die Sonne. Der Vogel erzähle ihnen nur, dass der Boden in den kommenden Monaten austrocknen werde und dies die Zeit des Jahres sei, in der die Wurzeln gut zu essen seien.«[10]

Die San nutzen das Wissen über die Kausalzusammenhänge in ihrer Umwelt nicht nur, um zu verstehen, wie sie beschaffen ist, sondern auch, um sich vorzustellen, wie sie beschaffen sein könnte. Indem sie im Geiste Szenarien durchspielen, sind sie den Tieren in ihrer Welt gedanklich um einige Schritte voraus und entwickeln komplizierte Fallen, um sie zu fangen. Das eine Ende eines elastischen Zweiges wird im Boden verankert und der Zweig in der Mitte gebogen; das andere Ende wird an einer Schlinge befestigt, die unter Zweigen und Sand verborgen ist und von einem Auslöser fixiert wird. Die San errichten die Fallen an der Öffnung von Barrieren, die sie um den Ruheplatz einer Antilope errichtet haben, und leiten das Tier über ein Hindernis, das es überwinden muss, an den todbringenden Ort. Wenn sie die Spuren eines Straußes unter einem Kameldornbaum ausmachen (dessen Hülsenfrüchte für den Strauß eine Delikatesse sind), locken sie das Tier in die Falle, indem sie dort auffällig einen Knochen platzieren, der zu groß ist, um vom Strauß verschluckt zu werden, ihn aber auf einen kleineren, jedoch...
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Autor

Steven Pinker, geboren 1954, studierte Psychologie in Montreal und an der Harvard University. 20 Jahre lang lehrte er am Department of Brain and Cognitive Science am MIT in Boston und ist seit 2003 Professor für Psychologie an der Harvard University. Seine Forschungen beschäftigen sich mit Sprache und Denken, daneben schreibt er regelmäßig u.a. für die »New York Times« und den »Guardian«. Er war »Humanist of the Year 2006«, das Magazin »Prospect« zählte ihn zu den »Top 100 öffentlichen Intellektuellen«, das Magazin »Foreign Policy's zu den »100 globalen Intellektuellen« und das »Time Magazine« zu den »100 einflussreichsten Menschen in der heutigen Welt«. Im S. Fischer Verlag ist die viel diskutierte Studie »Gewalt. Eine neue Geschichte der Menschheit« (2011) erschienen, außerdem »Wie das Denken im Kopf entsteht« (2011), »Der Stoff, aus dem das Denken ist« (2014) sowie »Das unbeschriebenen Blatt. Die moderne Leugnung der menschlichen Natur« (2017).Sein Werk ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden.Martina Wiese studierte Anglistik und Linguistik an der Universität Düsseldorf und ist seit 1984 als freie Übersetzerin und Lektorin tätig. Sie hat u.a. Steven Pinker, Richard E. Nisbett sowie die Nobelpreisträger Peter Doherty und Eric Kandel ins Deutsche übersetzt.