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Erstaunen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am29.09.20211. Auflage
Auf der Shortlist für den Booker Prize 2021 und nominiert für den National Book Award - der neue Roman von Richard Powers über die Frage, die alle berührt: Wie kann eine Familie in einer unberechenbaren Welt überleben, ohne zu zerbrechen? Vater und Sohn allein: Der hochbegabte Robbie mit Asperger-Zügen kann den Tod der Mutter nicht verwinden. In der Schule unverstanden, will er die Mission seiner Mutter vollenden: Er malt Plakate, demonstriert auf den Stufen des Kapitols, um die Natur zu retten. Der verzweifelte junge Vater will ihm mit ungestümer Liebe alles geben. Als Astrobiologe sind ihm die Sterne nah, und auf Wanderungen entdecken sie, dass die Wunder vor ihren Füßen liegen und sie einander brauchen. Doch was geschieht, wenn die Welt schneller endet, als unsere Zukunft beginnt? Mit unvergesslichen Bildern taucht der Roman tief in das Innenleben von Vater und Sohn. Richard Powers erzählt in seinem Roman »Erstaunen« von den Rätseln, die jede Familie bewegen.  »Ein erschütterndes Meisterwerk« Beth Coates, Vintage

Wie kaum ein anderer ist Richard Powers der Gegenwart auf der Spur: Das Wissen unserer Zeit will er in Geschichten erfahrbar, die Verwerfungen emotional erlebbar machen. Er wurde 1957 geboren und lebt in den USA. Auf sein Romandebüt ?Drei Bauern auf dem Weg zum Tanz? (1985) erschienen neun weitere Romane. Sie wurden Bestseller wie ?Der Klang der Zeit? und mehrfach preisgekrönt. 2006 erhielt er den National Book Award für ?Das Echo der Erinnerung?, es folgte ?Das größere Glück?. In der Reportage ?Das Buch Ich #9? beschreibt Richard Powers den Prozess, als neunter Mensch überhaupt sein Genom vollständig entschlüsseln zu lassen. Für seinen Roman ?Die Wurzeln des Lebens? (2018) wurde Richard Powers mit dem Pulitzer Prize ausgezeichnet. 2021 erschien sein Roman ?Erstaunen?, der für den Booker Prize und den National Book Award nominiert ist, Heute lebt Richard Powers in den Great Smoky Mountains der Appalachen.Literaturpreise:Pulitzer Prize 2019 für »Die Wurzeln des Lebens«National Book Award 2006 für »Das Echo der Erinnerung«
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextAuf der Shortlist für den Booker Prize 2021 und nominiert für den National Book Award - der neue Roman von Richard Powers über die Frage, die alle berührt: Wie kann eine Familie in einer unberechenbaren Welt überleben, ohne zu zerbrechen? Vater und Sohn allein: Der hochbegabte Robbie mit Asperger-Zügen kann den Tod der Mutter nicht verwinden. In der Schule unverstanden, will er die Mission seiner Mutter vollenden: Er malt Plakate, demonstriert auf den Stufen des Kapitols, um die Natur zu retten. Der verzweifelte junge Vater will ihm mit ungestümer Liebe alles geben. Als Astrobiologe sind ihm die Sterne nah, und auf Wanderungen entdecken sie, dass die Wunder vor ihren Füßen liegen und sie einander brauchen. Doch was geschieht, wenn die Welt schneller endet, als unsere Zukunft beginnt? Mit unvergesslichen Bildern taucht der Roman tief in das Innenleben von Vater und Sohn. Richard Powers erzählt in seinem Roman »Erstaunen« von den Rätseln, die jede Familie bewegen.  »Ein erschütterndes Meisterwerk« Beth Coates, Vintage

Wie kaum ein anderer ist Richard Powers der Gegenwart auf der Spur: Das Wissen unserer Zeit will er in Geschichten erfahrbar, die Verwerfungen emotional erlebbar machen. Er wurde 1957 geboren und lebt in den USA. Auf sein Romandebüt ?Drei Bauern auf dem Weg zum Tanz? (1985) erschienen neun weitere Romane. Sie wurden Bestseller wie ?Der Klang der Zeit? und mehrfach preisgekrönt. 2006 erhielt er den National Book Award für ?Das Echo der Erinnerung?, es folgte ?Das größere Glück?. In der Reportage ?Das Buch Ich #9? beschreibt Richard Powers den Prozess, als neunter Mensch überhaupt sein Genom vollständig entschlüsseln zu lassen. Für seinen Roman ?Die Wurzeln des Lebens? (2018) wurde Richard Powers mit dem Pulitzer Prize ausgezeichnet. 2021 erschien sein Roman ?Erstaunen?, der für den Booker Prize und den National Book Award nominiert ist, Heute lebt Richard Powers in den Great Smoky Mountains der Appalachen.Literaturpreise:Pulitzer Prize 2019 für »Die Wurzeln des Lebens«National Book Award 2006 für »Das Echo der Erinnerung«
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104914732
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum29.09.2021
Auflage1. Auflage
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1706 Kbytes
Artikel-Nr.5712738
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


â¯

Womöglich finden wir sie nie? Wir hatten das Teleskop auf der Veranda aufgestellt, in einer klaren Herbstnacht ganz am Rand eines der letzten Fleckchen Dunkelheit, die es im Osten der Vereinigten Staaten noch gab. Eine so tiefe Dunkelheit fand man kaum noch, und so viel Dunkelheit gebündelt an einem Ort erhellte den Himmel. Wir schauten mit unserem Rohr durch eine Lücke zwischen den Kronen der Bäume, hoch über dem Dach unserer Ferienhütte. Robin, der durchs Okular geblickt hatte, zog den Kopf zurück - mein trauriger, einzigartiger, demnächst neunjähriger Sohn, immer im Clinch mit dieser Welt.

»Ganz recht«, antwortete ich. »Womöglich finden wir sie nie.«

Ich versuchte immer, ihm die Wahrheit zu sagen, wenn ich sie wusste und es nichts geradewegs Tödliches war. Er merkte es ohnehin sofort, wenn ich log.

Aber die sind überall, stimmt´s? Das habt ihr bewiesen.

»Na ja, nicht gerade bewiesen.«

Vielleicht sind sie zu weit weg. Zu viel leerer Raum oder so was.

Er fuchtelte mit den Armen, wie immer, wenn er mit Worten nicht weiterkam. Außerdem war bald Schlafengehenszeit, auch nicht gerade hilfreich. Ich legte ihm die Hand auf den kastanienbraunen Strubbelschopf. Seine Farbe - die von Aly.

»Und wenn wir nie einen Ton von dort draußen hörten? Was hätte das zu bedeuten?«

Er hielt eine Hand in die Höhe. Alyssa hatte immer gesagt, wenn er angestrengt nachdenke, höre man die Rädchen surren. Er kniff die Augen zusammen, starrte in die schwarze baumbestandene Schlucht unter uns. Mit der anderen Hand rieb er sich die Kerbe in seinem Kinn, Zeichen der Konzentration. Er rieb dermaßen heftig, dass ich ihm die Hand fortziehen musste.

»Robbie. Hey! Komm runter.«

Er streckte die Hand aus, um mich zu beschwichtigen. Alles gut. Er wollte nur noch einen Augenblick mit dieser Frage durchs Dunkel laufen, solange er noch durfte.

Du meinst, wenn wir überhaupt nie etwas von ihnen hören würden?

Ich nickte meinem Wissenschaftler ermutigend zu - nur keine Aufregung. Ende der Sternguckerstunde. Es war ein wunderbar klarer Abend gewesen, dabei galt diese Gegend als regenreich. Dick und rot kam der herbstliche Vollmond über den Horizont. Oberhalb der Baumspitzen, so klar, dass man glaubte, man könne danach greifen, ergoss sich die Milchstraße - unzählige glitzernde Goldkörnchen in der Schwärze eines Bachbetts. Wenn man ganz stillhielt, konnte man beinahe sehen, wie die Sterne über den Himmel zogen.

Das würde überhaupt nichts bedeuten.

Ich lachte. Mindestens einmal am Tag brachte er mich zum Lachen, auch öfter, wenn er in guter Verfassung war. So trotzig. So radikal skeptisch. Genau wie ich. Genau wie sie.

»Stimmt«, pflichtete ich ihm bei. »Überhaupt nichts.«

Aber wenn wir tatsächlich einen Ton hören würden. Dann wären wir ein Riesenstück weiter!

»Allerdings.« An den folgenden Abenden würde noch Gelegenheit genug sein zu überlegen, was das im Einzelnen für ein Stück war. Jetzt war es Zeit fürs Bett. Noch ein letztes Mal schaute er ins Okular, blickte hinauf zum strahlenden Mittelpunkt des Andromedanebels.

Können wir heute Nacht draußen schlafen, Dad?

Ich hatte ihn für eine Woche aus der Schule genommen und war mit ihm in die Wälder gefahren. Es hatte wieder einmal Ärger mit seinen Klassenkameraden gegeben, wir brauchten ein wenig Abstand. Ich konnte ihn ja schlecht den ganzen Weg bis in die Smokies mitnehmen und ihm dann eine Nacht im Freien verweigern.

Wir gingen nach drinnen und holten die Ausrüstung für unsere Expedition. Der untere Stock war ein einziger großer Raum und duftete wie Kiefernholz mit Speck. Die Küche roch nach feuchten Geschirrtüchern und Mörtel - das Aroma des gemäßigten Regenwalds. An den Schranktüren hingen Zettel mit Hinweisen: Kaffeefilter über dem Kühlschrank. Bitte dieses Geschirr nicht benutzen! Ein grünes Spiralheft mit Anweisungen lag aufgeschlagen auf dem schartigen Eichentisch: Eigenheiten des Abflusses, Standort des Sicherungskastens, Notfalltelefonnummern. Jeder Lichtschalter im Haus war beschriftet: Deckenlicht, Treppe, Flur, Küche.

Hohe Fenster gingen hinaus auf das, was morgen früh ein großartiges Panorama sein würde, Berge über Berge. Zwei abgewetzte klobige Sofas rahmten einen Kamin aus großen Steinplatten, die Kissen eine Parade aus Elchen, Kanus und Bären. Wir schnappten uns die Polster, schleppten sie nach draußen und breiteten sie auf der Veranda aus.

Gibt es auch was zu knabbern?

»Schlechte Idee, Junior. Ursus americanus. Zwei auf jede Quadratmeile, und die riechen Erdnüsse von hier bis North Carolina.«

Dann auf keinen Fall! Er hielt einen Finger in die Höhe. Aber da fällt mir ein!

Er lief nach drinnen und kam mit einem kleinen Taschenbuch zurück: Tierwelt der Smokies.

»Was willst du denn damit, Robbie? Es ist stockdunkel hier draußen.«

Er hielt eine Notfalltaschenlampe in die Höhe, eine von denen, die man mit einer Kurbel auflädt. Die hatte es ihm schon bei unserer Ankunft am Morgen angetan, und er hatte sich erklären lassen, wie dieses Wunder funktionierte. Jetzt wollte er mit der Elektronenproduktion gar nicht wieder aufhören. Wir machten es uns in unserem improvisierten Lager bequem. Er schien glücklich, und das war ja der Sinn und Zweck dieses Ausflugs. Wir legten uns nieder, in unseren selbstgebauten Betten auf den krummen Verandabohlen, gemeinsam sprachen wir laut das alte, weltliche Gebet seiner Mutter, und dann schlief er ein, unter den vierhundert Milliarden Sternen unseres Sonnensystems.

â¯

An die Diagnosen, mit denen die Ärzte meinen Sohn abfertigten, habe ich nie geglaubt. Wenn eine Krankheit binnen dreier Jahrzehnte mit drei verschiedenen Namen bezeichnet wird, wenn man zwei Unterkategorien braucht, um einander vollkommen widersprechende Symptome zu erklären, wenn sie sich im Laufe einer einzigen Generation von nonexistent zur am häufigsten diagnostizierten Störung bei Kindern im Land entwickelt, wenn zwei verschiedene Ärzte drei verschiedene Medikamente verschreiben wollen, dann stimmt etwas nicht.

Mein Robin schlief nicht immer gut. Manchmal kam es vor, dass er ins Bett machte, und dann verging er fast vor Scham. Lärm bereitete ihm Angst; den Fernsehton stellte er immer ganz leise, so leise, dass ich nichts mehr verstehen konnte. Es machte ihn verrückt, wenn der Stoffaffe nicht an seinem Platz auf dem Regalbrett über der Waschmaschine saß. Jeden Dollar Taschengeld gab er für Sammelkärtchen aus - Sammle sie alle! -, aber die Karten rührte er nie an, sondern bewahrte sie nach Zahlen sortiert in Plastiktäschchen in einer eigenen Mappe auf.

Selbst in einem vollbesetzten Kino roch er, wenn am anderen Ende jemand furzte. Stundenlang konnte er sich mit den Mineralien Nevadas oder den Königshäusern von England beschäftigen - alles, was sich in Listen fassen ließ. Er zeichnete ständig und gut, gab sich unendliche Mühe mit Einzelheiten, die ich überhaupt nicht sah. Ein Jahr lang die kompliziertesten Bauwerke und Maschinen. Dann Tiere und Pflanzen.

Seine Äußerungen waren abstrus und unverständlich für alle außer mir. Er konnte ganze Szenen aus Filmen zitieren, schon nach dem ersten Sehen. Immer wieder ließ er Erinnerungen Revue passieren, und mit jedem wiederholten Detail wurde er glücklicher. Hatte er ein Buch, das ihm gefallen hatte, zu Ende gelesen, fing er sofort wieder von vorn an, auf der ersten Seite. Wegen der kleinsten Kleinigkeit konnte er in rasende Wut geraten. Aber ebenso sehr überwältigte ihn oft die Freude.

Wenn er bei einem nächtlichen Unwetter zu mir ins Bett kroch, wollte Robin immer auf die Seite, die am weitesten von den Schrecken der Welt draußen entfernt war. (Seine Mutter hatte auch immer auf die sichere Seite gewollt.) Er war ein Tagträumer, tat sich schwer mit Terminen, und ja, er konnte sich auf nichts konzentrieren, was ihn nicht interessierte. Allerdings war er kein Kind, das ständig zappelte oder hin und her lief oder ununterbrochen redete. Bei einer Sache, die er mochte, konnte er stundenlang stillhalten. Gab es denn wirklich eine Störung, die all das erklärte? Was für eine Krankheit sollte das sein?

Ideen dazu bekam ich viele zu hören, manch einer vermutete Syndrome, die mit den Milliarden Kilo Giftstoffen zusammenhingen, die Jahr für Jahr über die Nahrungsmittel der Nation gesprüht werden. Sein zweiter Kinderarzt wollte für Robin seinen »Platz im Spektrum« finden. Ich hätte dem Mann gern erklärt, dass alles, was auf diesem glückseligen kleinen Planeten kreucht, seinen Platz im Spektrum hat. Das ist es ja, was das Wort Spektrum bedeutet. Hätte ihm gesagt, dass diese Störung das Leben selbst ist, dass jeder von uns seine ganz persönliche Farbe in der Palette dieses Regenbogens hat. Aber noch lieber hätte ich ihm in die Fresse geschlagen. Ich nehme an, auch das ist eine Störung, die einen Namen hat.

Seltsamerweise gibt es im DSM keinen Eintrag für den Zwang, andere zu diagnostizieren.

Als Robin zwei Tage lang vom Unterricht suspendiert wurde, damit die Schulärzte ihn sich ansehen konnten, kam ich mir vor wie der letzte Hinterwäldler. Was gab es denn da zu erklären? Von Kunstfaserkleidung bekam er einen hässlichen Hautausschlag. Seine Mitschüler hänselten ihn, weil er ihr fieses Geschwätz nicht verstand. Als er acht war, war seine Mutter umgekommen, zu Tode gequetscht. Sein geliebter Hund war an Verwirrung...
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Wie kaum ein anderer ist Richard Powers der Gegenwart auf der Spur: Das Wissen unserer Zeit will er in Geschichten erfahrbar, die Verwerfungen emotional erlebbar machen. Er wurde 1957 geboren und lebt in den USA. Auf sein Romandebüt >Drei Bauern auf dem Weg zum TanzDer Klang der ZeitDas Echo der ErinnerungDas größere GlückDas Buch Ich #9Die Wurzeln des Lebens