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Das Wanken der Welt

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
592 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am24.11.20211. Auflage
Ein Thriller der internationalen Diplomatie, der zwischen Februar 1932 und Oktober 1933 spielt - der Historiker Paul Jankowski erzählt die Geschichte vom Versagen der weltweiten Staatengemeinschaft, die Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges. Die Welt lief aus dem Ruder im Winter 1932/33. In Deutschland ergriff Hitler die Macht, Mussolini schielte nach Afrika, Japan griff China an und verließ den Völkerbund. In Frankreich gab es drei Regierungswechsel, die USA unter Roosevelt versuchten, die Weltwirtschaftskrise im Alleingang zu bewältigen. In einer fesselnden Erzählung schildert Paul Jankowski, wie die Welt durch nationalen Egoismus endgültig ins Wanken geriet. Jeder kämpfte gegen jeden, die große Genfer Abrüstungskonferenz scheiterte grandios, weltweit gelangten Autokraten und Diktatoren an die Macht. Ein spannendes Porträt der Weltpolitik in den 1930er Jahren - die Geschichte eines zerrissenen Jahrzehnts, das in den Zweiten Weltkrieg mündete. Mag es auch verwegen sein, Parallelen zu ziehen: Die Folgen des damaligen Scheiterns zeigen sich bis heute überall auf der Welt in unversöhnlichem Hass und wiederkehrender Gewalt. »Kenntnisreich und farbig geschrieben, ist diese Geschichte eine Warnung davor, der Aggression von Staaten nichts entgegenzusetzen.« Publisher's Weekly

Paul Jankowski, Jahrgang 1950, ist Ray Ginger Professor für Geschichte an der Brandeis University in Boston, USA. Er wuchs in Genf, New York und Paris auf und studierte und promovierte am Balliol College in Oxford. 2015 erschien bei S. Fischer seine große Gesellschaftsgeschichte der Schlacht von Verdun: »Verdun. Die Jahrhundertschlacht«, ausgezeichnet von der World War I Historical Association 2014 als bestes Buch zum Thema.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR39,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR34,99

Produkt

KlappentextEin Thriller der internationalen Diplomatie, der zwischen Februar 1932 und Oktober 1933 spielt - der Historiker Paul Jankowski erzählt die Geschichte vom Versagen der weltweiten Staatengemeinschaft, die Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges. Die Welt lief aus dem Ruder im Winter 1932/33. In Deutschland ergriff Hitler die Macht, Mussolini schielte nach Afrika, Japan griff China an und verließ den Völkerbund. In Frankreich gab es drei Regierungswechsel, die USA unter Roosevelt versuchten, die Weltwirtschaftskrise im Alleingang zu bewältigen. In einer fesselnden Erzählung schildert Paul Jankowski, wie die Welt durch nationalen Egoismus endgültig ins Wanken geriet. Jeder kämpfte gegen jeden, die große Genfer Abrüstungskonferenz scheiterte grandios, weltweit gelangten Autokraten und Diktatoren an die Macht. Ein spannendes Porträt der Weltpolitik in den 1930er Jahren - die Geschichte eines zerrissenen Jahrzehnts, das in den Zweiten Weltkrieg mündete. Mag es auch verwegen sein, Parallelen zu ziehen: Die Folgen des damaligen Scheiterns zeigen sich bis heute überall auf der Welt in unversöhnlichem Hass und wiederkehrender Gewalt. »Kenntnisreich und farbig geschrieben, ist diese Geschichte eine Warnung davor, der Aggression von Staaten nichts entgegenzusetzen.« Publisher's Weekly

Paul Jankowski, Jahrgang 1950, ist Ray Ginger Professor für Geschichte an der Brandeis University in Boston, USA. Er wuchs in Genf, New York und Paris auf und studierte und promovierte am Balliol College in Oxford. 2015 erschien bei S. Fischer seine große Gesellschaftsgeschichte der Schlacht von Verdun: »Verdun. Die Jahrhundertschlacht«, ausgezeichnet von der World War I Historical Association 2014 als bestes Buch zum Thema.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104902326
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum24.11.2021
Auflage1. Auflage
Seiten592 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3916 Kbytes
Artikel-Nr.5712792
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Prolog
Genf und Schanghai

2. Februar 1932


Einmal mehr war die Stadt beflaggt, die offiziellen Bauten mit Bannern und etwas diskreter die grandiosen Limousinen, in denen man die Delegierten den Genfer See entlang zu den Abendgesellschaften im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten fuhr. Genf erstrahlte am Vorabend der Abrüstungskonferenz noch einmal im alten Glanz seiner heroischen Zeit in den Mittzwanzigerjahren, als der Völkerbund es für kurze Zeit zur Hauptstadt eines befriedeten Kontinents gemacht hatte und selbst die Hotelfenster mit Flaggen geschmückt waren. Am Bahnhof hatte eine jubelnde Menschenmenge die Friedensstifter - ein Trio von Außenministern mit einem gemeinsamen Nobelpreis - empfangen: Aristide Briand, Austen Chamberlain und Gustav Stresemann. Besucher hatten sich auf den Straßen gedrängt, Journalisten aus aller Welt sich eingefunden. »Zu Ende ist der Krieg zwischen uns!«, hatte Briand 1926 bei seiner Rede vor der Vollversammlung des Völkerbunds den deutschen Außenminister Stresemann und sein Land willkommen geheißen; Filmkameras hatten den Augenblick in flimmernden Bildern für die Wochenschauen der Kinos ferner Länder auf Zelluloid gebannt. Der Augenblick hatte die Krönung der im Vorjahr in Locarno, an einem anderen teils in der Schweiz gelegenen See, getroffenen Vereinbarungen zwischen ehemaligen Feinden markiert und eine versöhnlichere Version des Versailler Vertrags verheißen, die, als die Leidenschaften allmählich abkühlten, eine einvernehmliche und friedliche Revision einiger der härteren seiner Bestimmungen in Betracht zog. Jetzt, im Februar 1932, hatte der Völkerbund vierundsechzig Mitgliedsländer und andere Nationen eingeladen, mit der »Herabsetzung der nationalen Rüstungen auf das Mindestmaß ..., das mit der nationalen Sicherheit und mit der Erzwingung internationaler Verpflichtungen durch gemeinschaftliches Vorgehen vereinbar« sei, endlich eines der Versprechen seiner Satzung zu verwirklichen. Und die meisten hatten die Einladung angenommen, so viele gar, dass man, um die Verhandlungen zu beherbergen, dem umfunktionierten ehemaligen Hôtel National, nun Palais Wilson, wo die Offiziellen des Völkerbunds damals noch zur Arbeit zusammenkamen, einen modernen Annex aus Glas, Metall und Beton zur Seite stellte, ein gutes Stück unterhalb des Parks, wo sein strahlend weißes neues Domizil - das Palais des Nations - im Entstehen begriffen war.[23]

Stresemann war 1929 verstorben, Briand lag im Sterben, Chamberlain war endgültig in den Ruhestand getreten, und über den Völkerbund und seine Projekte hatte sich jüngst ein bleierner Schatten gelegt. »Die beherrschende Wirklichkeit der heutigen Welt«, so sagte der damalige Erzbischof von York am Vorabend des Konferenzbeginns einer englischsprachigen Gemeinde in der Genfer Kathedrale Saint-Pierre, »ist die Angst.« Ein Lokalblatt sprach von einer ansteckenden Krankheit. Jeder habe Angst vor jedem.[24] Absurd oder nicht, die Sowjets hatten Angst vor einer Invasion der kapitalistischen Mächte unter der Führung Polens, das seinerseits eine weitere Aufteilung zwischen Russen und Deutschen befürchtete, während Letztere bereits den Einmarsch der Polen in Ostpreußen sahen; in fast allen Balkanstaaten herrschte die Furcht vor einer Unterwanderung oder Isolation durch andere Staaten, in Italien die Umzingelung durch Jugoslawien und Frankreich, dem wiederum vor dem Wiedererstarken Deutschlands und dem nächsten Verrat durch die »Angelsachsen« graute, das heißt auf der einen Seite Großbritannien, das Angst vor kontinentalen Verstrickungen hatte, und die Vereinigten Staaten von Amerika mit ihrer Angst vor Verstrickungen außerhalb Lateinamerikas auf der anderen. China hatte Angst vor dem japanischen Militarismus; Japan vor dem chinesischen Nationalismus, dem Sowjetkommunismus und dem Ausschluss durch den Westen. Und auch die Ängste schwächerer Länder, die sich vom Völkerbund Versicherungen erhofften, hatten sich in jüngerer Zeit verstärkt. Teile der japanischen Kwantung-Armee waren in die Mandschurei eingefallen, und weder ihre eigene Regierung noch die westlichen Mächte, geschweige denn der Rat des Völkerbunds, den diese dominierten, hatten sie zu zügeln vermocht oder zügeln wollen. Im Juni sollte es zum Krieg zwischen Bolivien und Paraguay um den Gran Chaco kommen, eines größtenteils trockenen Ödlands. Offensichtlich so überrascht wie peinlich berührt, lauschte der Rat des Völkerbunds einmal mehr einer bloßen Aufzählung der Ereignisse, während das amerikanische Außenministerium über die Panamerikanische Union Einfluss zu nehmen versuchte, was einige Offizielle des Völkerbunds als Versuch der Amerikaner werteten, auf die Unantastbarkeit ihrer Hemisphäre zu pochen.[25] Dreizehn Jahre zuvor hatte Woodrow Wilson die Monroe-Doktrin in die Satzung des Völkerbunds namentlich eingebracht. Der Chaco-Krieg sollte sich über drei Jahre hinziehen. Dem elf Jahre alten Bund drohte das Schreckgespenst der Bedeutungslosigkeit, was insbesondere einige seiner kleineren Mitglieder wie etwa die Tschechoslowakei verängstigte, die von ihm die Garantie ihrer Territorien, wie sie nach dem Krieg festgelegt worden waren und denen sie ihre Existenz verdankten, erwarteten; auf der anderen Seite wurden so einige Unzufriedene wie Ungarn oder Deutschland, die keine Gelegenheit ausließen, sie zu überwinden, ermuntert. Kaum einer erwog eine bewaffnete Aggression, aber viele befürchteten sie.

Die Farbe war noch nicht trocken, Teppiche wurden ausgelegt, noch waren die Handwerker zugange in dem lichten, an einen generalüberholten Ozeanriesen gemahnenden neuen Annex. Derweil fielen bereits Bomben auf Schanghai; nur wenige Tage zuvor waren von den japanischen Flugzeugträgern vor der Mündung des Jangtsekiang Bomber aufgestiegen, der Stadtteil Zhabei stand in Flammen, der in ihm befindliche Nordbahnhof lag in Trümmern; allenthalben stiegen schwarze Rauchsäulen auf. Die japanische Marine führte denselben Vorwand an wie die Armee in der Mandschurei ein halbes Jahr zuvor: die Sicherheit japanischer Einwohner und japanischen Eigentums, die man nicht nur durch den Wirtschaftsboykott der Chinesen, sondern auch durch willkürliche Akte der Gewalt bedroht sah. Die Regierung sah tatenlos zu. Einige tausend japanische Marineinfanteristen waren in die Stadt eingedrungen, hatten sich aber nach erbittertem Widerstand der Chinesen in den Hafen und das internationale Viertel zurückgezogen, wo gelegentliches Artillerie- und MG-Feuer die chinesischen Flüchtlinge in Schrecken versetzte, die sich vor den Konsulaten drängten. Für Mitternacht ausgehandelte Waffenruhen waren im Morgengrauen bereits wieder gebrochen. Es kam zu Tumulten. Auf dem Seeweg waren britische und amerikanische Truppen aus Hongkong und Manila unterwegs, um die Verteidigungseinrichtungen zu bemannen und ihre Landsleute zu schützen. Die Regierung in Nanking appellierte an Völkerbund und Großmächte, und man munkelte gar, sie könnte den Krieg erklären, just in dem Augenblick, in dem die Welt in Genf zusammengekommen war, um ihm abzuschwören.[26]

Am Dienstag, dem 2. Februar, waren zweitausend Delegierte, Fachleute, Journalisten und wohlmeinende Interessierte aller Art unterwegs zum hoch in der Genfer Altstadt gelegenen Bâtiment électoral. Das seines Mangels an Eleganz wegen bei den Genfern nie sehr beliebte Gebäude, das unter anderem als Konzertsaal, Messehalle und Lokal für die Kantonswahlen diente, beherbergte seit 1930 die Jahresversammlungen des Völkerbunds, die zuvor in der luftlosen calvinistischen Strenge der Salle de la Réformation zwischen der Rue du Rhône und der Rue Versonnex stattgefunden hatten. Für den heutigen Tag war im Bâtiment électoral die Eröffnungssitzung der Abrüstungskonferenz angesetzt, Beginn sollte um 15.30 Uhr sein. Vor dem nüchtern-kantigen Monumentalbau drängten sich die Schaulustigen; im nicht weniger schmucklosen Saal selbst harrten Gesandte wie Journalisten, Publikum und das Präsidium der Konferenz auf der Estrade dem Beginn der Sitzung. Hinter dem Ereignis standen sieben Jahre obskurer militärischer und diplomatischer Vorbereitungen, die man jetzt fast über Nacht durch die Kampfhandlungen in Schanghai gefährdet sah. Den ganzen Montag über sahen die auswärtigen Ämter sich mit Depeschen aus dem umkämpften Hafenviertel der Stadt überflutet, und an diesem Dienstagvormittag hatten die Vertreter der Ratsmächte bereits fieberhaft per Telefon mit ihren Regierungen konferiert. Gegen Mittag hatte man sich entschlossen, den Rat zu einer Notsitzung einzuberufen und die Eröffnungsveranstaltung auf der anderen Seite der Rhône zu verschieben, nur um eine Stunde zwar, aber immerhin - in einem Augenblick so schrecklicher wie vielsagender Ironie - unter dem Zwang ebender Gewalt, die zu zügeln man hier zusammengekommen war.[27]

Die eher symbolische Verzögerung gemahnte die Abrüster daran, dass es so lange Panzer, Flugzeuge und weittragende Artillerie geben würde, solange es Angst und Befürchtungen gab. Darüber hinaus machte sie deutlich, dass die alte Frage »Huhn oder Ei« - ob nun Waffen Unsicherheit oder Unsicherheit Waffen gebiert - kaum eine Rolle spielte, solange das Vertrauen zueinander nicht wiederhergestellt war. Die Gläubigen hielten dagegen, man bräuchte Panzer, Flugzeuge und weittragende Artillerie nur zu beseitigen, um den kollektiven Selbstmord abzuwenden, den der Erste Weltkrieg in Aussicht gestellt hatte. Die Logik der Skeptiker auf den...
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Paul Jankowski, Jahrgang 1950, ist Ray Ginger Professor für Geschichte an der Brandeis University in Boston, USA. Er wuchs in Genf, New York und Paris auf und studierte und promovierte am Balliol College in Oxford. 2015 erschien bei S. Fischer seine große Gesellschaftsgeschichte der Schlacht von Verdun: »Verdun. Die Jahrhundertschlacht«, ausgezeichnet von der World War I Historical Association 2014 als bestes Buch zum Thema.