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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am27.10.20211. Auflage
Das Theater weiß um die Macht von Sprache. Nicht ohne Grund hat es den Dialog zum Kern seiner literarischen Identität gemacht - die Dramatik. Wenn das Gespräch das Herz des Theaters ist, dann ist die zeitgenössische Dramatik sein Blutkreislauf. In der Dramatischen Rundschau 03 geben Theatertexte von Caren Jeß, Fiston Mwanza Mujila, Yade Yasemin Önder, Falk Richter, Lukas Rietzschel und Olivia Wenzel davon Zeugnis. Folgende Stücke sind in der Dramatischen Rundschau 03 nachzulesen: Caren Jeß: Die Katze Eleonore / Fiston Mwanza Mujila: Der Garten der Lüste / Yade Yasemin Önder: Die Worte gehören uns / Falk Richter: Fünf gelöschte Nachrichten / Lukas Rietzschel: Widerstand / Olivia Wenzel: mais in deutschland & anderen galaxien.

Falk Richter, geboren 1969 in Hamburg, gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Theaterregisseure und Dramatiker. Seit 1994 arbeitet er rund um den Globus an renommierten Bühnen u. a. in Berlin, Hamburg, Zürich, Wien, Brüssel, Paris, Stockholm, Melbourne, Oslo, Amsterdam sowie bei Festivals wie der Ruhrtriennale, den Salzburger Festspielen und dem Festival d'Avignon. Seine Stücke, die von hoher Aktualität zeugen, liegen in mehr als dreißig Sprachen vor und werden weltweit gespielt. In den letzten Jahren entwickelte er zunehmend freie Projekte, basierend auf eigenen Texten gemeinsam mit einem Ensemble aus Schauspieler*innen, Musiker*innen und Tänzer*innen. Seit der Spielzeit 2020 / 2021 ist Falk Richter leitender Regisseur an den Münchner Kammerspielen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR25,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

KlappentextDas Theater weiß um die Macht von Sprache. Nicht ohne Grund hat es den Dialog zum Kern seiner literarischen Identität gemacht - die Dramatik. Wenn das Gespräch das Herz des Theaters ist, dann ist die zeitgenössische Dramatik sein Blutkreislauf. In der Dramatischen Rundschau 03 geben Theatertexte von Caren Jeß, Fiston Mwanza Mujila, Yade Yasemin Önder, Falk Richter, Lukas Rietzschel und Olivia Wenzel davon Zeugnis. Folgende Stücke sind in der Dramatischen Rundschau 03 nachzulesen: Caren Jeß: Die Katze Eleonore / Fiston Mwanza Mujila: Der Garten der Lüste / Yade Yasemin Önder: Die Worte gehören uns / Falk Richter: Fünf gelöschte Nachrichten / Lukas Rietzschel: Widerstand / Olivia Wenzel: mais in deutschland & anderen galaxien.

Falk Richter, geboren 1969 in Hamburg, gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Theaterregisseure und Dramatiker. Seit 1994 arbeitet er rund um den Globus an renommierten Bühnen u. a. in Berlin, Hamburg, Zürich, Wien, Brüssel, Paris, Stockholm, Melbourne, Oslo, Amsterdam sowie bei Festivals wie der Ruhrtriennale, den Salzburger Festspielen und dem Festival d'Avignon. Seine Stücke, die von hoher Aktualität zeugen, liegen in mehr als dreißig Sprachen vor und werden weltweit gespielt. In den letzten Jahren entwickelte er zunehmend freie Projekte, basierend auf eigenen Texten gemeinsam mit einem Ensemble aus Schauspieler*innen, Musiker*innen und Tänzer*innen. Seit der Spielzeit 2020 / 2021 ist Falk Richter leitender Regisseur an den Münchner Kammerspielen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104915043
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum27.10.2021
Auflage1. Auflage
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1906 Kbytes
Artikel-Nr.5712808
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


AKT I - Die Niederkunft der Katze


/Im ersten Akt trägt Eleonore nur bei Nacht ihr Fell./


1.|Bild
LECKEN


/Nacht. Anfang September./

 

/Eleonore sitzt im Lichtkegel einer Lampe auf dem Boden. Sie leckt sich das Fell./



2.|Bild
[waÊ]


/Tag. Einige Tage später, September./

 

/Eleonore bürstet ihren Mantel mit einer Fusselrolle. Sie geht dabei sehr bedacht vor./

 

Ich habe es erst vor einem Jahr richtig verstanden,

obwohl ich es schon immer wusste,

ich meine intuitiv,

ohne es in Worte fassen zu können.

Es war an einem Abend im September.

Ich sah aus dem Fenster

und beobachtete eine Katze.

Sie saß auf dem

gegenüberliegenden Trottoir

im Schein einer Straßenlaterne,

als hätte sie jemand für mich dort hingesetzt;

leckte sich die Pfote.

Und ich dachte an meine Mutter.

Und

wieso ich ihr passiert war.

Meine Gedanken an sie waren

ein autodynamisches Patchwork

ihres Geredes

über die Arbeit

die Nachbarn

âdie Wahl

ââder Spinat

âdas Ozonloch

Prozentzahl

âwar damals

ââdie Modernisierung

als dürfte man nicht mehr

ââââbin ich denn jetzt

ââââânie gehört

ââââââPostpaket

âââââEitelkeit

ââââââGruppenchat

âââââeinfach wegen Geld

ââââist das jetzt

âââmacht jetzt ein Update

ââdarf man doch

âââich denn jetzt schuld daran?

ââGisela

âAnne-Helene

ââdie geht auf die Straße

ââânicht Prostitution

ââânein Protest

ââhaha, das ist doch dummdreist

âkomm ehrlich, ja?, ehrlich

âââund Klaus sagt das auch

ââââwobei neulich, da hab ich

âeins, zwei, eins, zwei, allez hopp

ââââââdas war bestens, ich sag dir, du wärst

ââââhin und weg

âund am Flughafen

weißt ja, nie würd ich

âder Tante

âalso deiner nicht meiner

ââhahahahaha

âââdie wird sich noch wundern

ââdie rechnet ja nun wirklich am allerallerwenigsten damit

âââach, schau mal

aber ehrlich, das musst du ja selbst - na ja

âââââEleonore

âââdas Hochzeits- guck an!

ââauf keinen Fall werden wir ihr das Haus

âââââer sagte ja damals

ââââder Fisch war

ââund Jodsalz

und Essig

und sagte ich schon?

igitt

wirklich ih

ih ih ih

ija

[v]ub

[w]ab

[w]ab[w]ab[w]ab [w]lab

[waÊ]

blaa blaa blaa

bääh bäääh

ääia

a.

Und dann,

unwillkürlich,

leckte ich mir den Teil meiner Hand

zwischen Daumen und Zeigefinger,

wo es weich ist,

wo Fleisch und Sehnen sind.

Und erst im Lecken

fiel mir auf, dass ich leckte.

Ich stutzte.

Die Worte im Kopf wurden breiig´breiiger´teigig´klebrig´hefig´eklig,

egal, waren

eigentlich völlig ereignislos.

Mein Magen knurrte.

Ich kreiste die Schultern und

sah geradeaus, und da blickte der Katze ich plötzlich direkt in die

ââââââAugen.

Sie saß auf dem Fenstergesims.

Uns trennte

die Scheibe aus Glas.



3.|Bild
DAS FELL


/Tag. Ein Tag später, September./

 

Am nächsten Tag kaufte ich mir ein Fell.

Es ist schwarz,

samtig glatt,

Echthaar.

Ich brachte es

zu einer Schneiderin,

die nestelte an ihrer

Brille herum,


(SCHNEIDERIN:) Darf man fragen, für welchen Anlass?


kicherte sie,

süß oder so, sagte sie, fände sie Katzen.

Ich legte ihr

für die wirklich herausragend gearbeitete Spezialanfertigung zwei-

ââââââtausendachthundertsechzig

ââââââEuro auf den Tisch und

ââââââsagte

Nein.

Ich trug das Fell heim

wie ein ohnmächtiges Tier,

das es zu reanimieren galt.

.

Ich dachte, es würde verwachsen

mit meiner erbärmlichen Menschenhaut.

Tut es aber nicht.

Nun gut,

man geht

Kompromisse ein.

Das bleibt auch als Katze nicht aus.

.

Es war unglaublich

wahr,

das erste Mal

in meinem

Fell und

ich leckte es,

schmiegte mich

reckte und

streckte und

lag in der Ecke

und dachte an nichts.

Da klingelte plötzlich das Telefon, klingelte´klingelte´klingelte

oh so erbarmungslos.


(WARANTSCHOW:) Eleonore?! In der Heinrichstraße 87 warten Kunden, was ist los, kommst du noch?


Warantschow,

sagte ich,

ruhig,

ich komme nie wieder.



4.|Bild
DA


/Nacht. Einige Nächte später, September./

 

/Eleonore liegt da in ihrem Fell. Sie döst./



5.|Bild
BENIGNER PAROXYSMALER LAGERUNGSSCHWINDEL


/Tag. Einige Tage später, September./

 

Frau Erdigenbach schob einen Stift durch die Luft,

und ich folgte ihm

mit meinem Blick.


(ERDIGENBACH:) Schildern Sie mal den Verlauf Ihrer Schwindelattacken?


Und so schilderte ich

meinen Schwindel,

kein Schmerz, nur

kein Gleichgewicht,

dreht, alles dreht sich, nur

ich dreh mich nicht,

dann erbreche ich,

kommt einfach über mich,

aus mir,

im Ernst,

vorher kannte ich

Schwindel nicht, ach

und

er kommt nach dem

Schlaf.

Erdigenbach machte Notizen,

der Schwindel sei

gutartig,

danke,

wie schön, was

kann besser sein, als sich einem Taumel ausgeliefert zu sehen,

ââââdessen Erträglichkeit spannt wie die Eihaut der

âââââFruchtblase kurz vor dem Riss, und ist gutartig,

âââââgut, ist nicht böse dabei, gebt mir mehr

ââââââââdavon

Erdigenbach stellte die Krankschreibung aus,

könne wieder passieren.

Gut, noch was anderes,

sagte ich,

ja?,

fragte sie, und ich sah

ihre Nägel,

perfekt manikürt,

blass rosé auf bedrucktem Papier,

Befreiungsmanöver stand oben, darunter

war etwas, das aussah wie Yoga.

Sie schob es mir rüber,


(ELEONORE:) Ich bin eine Katze.

.


Erdigenbach, bass erstaunt saß sie da wie Gelee,

Sekunden

vergingen,

dann fragte sie,


(ERDIGENBACH:) Was?


Eine Katze.

.

Weiß auch nicht,

es war ein Versuch,

dieser Frau zu erzählen,

was los ist

mit mir.

Und so fragte ich,

ob unter den Voraussetzungen

meiner menschlichen Physis

ein Leben als Katze

bedenklich sei.

Frau Doktor Erdigenbach überlegte,

zumindest

sah es so aus.

.

So ich mich mit Nährstoffen reichlich versorgte viel tränke Banane

âââBrot Vitamin-C ist mein Eisengehalt denn in Ordnung

âââBewegung Beruhigung mal Gurke aufs Auge heraus-

ââââââfordernd ja das Soziale das sei sicher sei

âââââââso so ist das da sehe sie nun und beruf-

ââââââââââlich wie wollen Sie das also ich

âââââââââââmeine nur meine als Katze?

Erdigenbach stieß ein Lachen auf.

Dass ich kündige, sagte ich,

schaute sie an,

die sich sammelte,

sammelte sich wie die matschigen

Pflaumen

vom Rasen,

doch leider

gelang es ihr nicht und sie

fing an

zu faseln:

Nun ja Frau Garazzo ach so ja verstehe wie ist das denn dann wenn

ââdann äm also ja dann gut finanziell? für eine Er-

âââwerbsminderungsrente hm sei kompliziert sei die

ââââDRV pingelig Reha PT wird eventuell nun...

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Autor

Falk Richter, geboren 1969 in Hamburg, gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Theaterregisseure und Dramatiker. Seit 1994 arbeitet er rund um den Globus an renommierten Bühnen u. a. in Berlin, Hamburg, Zürich, Wien, Brüssel, Paris, Stockholm, Melbourne, Oslo, Amsterdam sowie bei Festivals wie der Ruhrtriennale, den Salzburger Festspielen und dem Festival d'Avignon. Seine Stücke, die von hoher Aktualität zeugen, liegen in mehr als dreißig Sprachen vor und werden weltweit gespielt. In den letzten Jahren entwickelte er zunehmend freie Projekte, basierend auf eigenen Texten gemeinsam mit einem Ensemble aus Schauspieler*innen, Musiker*innen und Tänzer*innen. Seit der Spielzeit 2020 / 2021 ist Falk Richter leitender Regisseur an den Münchner Kammerspielen.Olivia Wenzel, 1985 in Weimar geboren, Studium der Kulturwissenschaften und ästhetischen Praxis an der Uni Hildesheim, lebt in Berlin. Sie schreibt Theatertexte und Prosa, machte zuletzt Musik als Otis Foulie. Wenzels Stücke wurden u.a. an den Münchner Kammerspielen, am Hamburger Thalia Theater, am Deutschen Theater Berlin und am Ballhaus Naunynstrasse aufgeführt.  Neben dem Schreiben arbeitet sie in Workshops mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. In der freien Theaterszene kollaboriert sie als Performerin mit Kollektiven wie vorschlag:hammer. »1000 Serpentinen Angst« ist ihr erster Roman.Literaturpreise:Literaturpreis der Stadt Fulda 2020Mörike-Förderpreis der Stadt Fellbach 2021Hugo-Ball-Förderpreis 2023