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Strahlemann

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am27.01.2022Auflage
»Selten lagen Schmunzeln und Schock so nah beieinander wie in Strahlemann. Berührend, ehrlich, bittersüß und witzig.« - Bastian Bielendorfer Der 1Live-Moderator Fritz Schaefer erzählt in seinem ersten Buch meisterhaft von den schönen, schrägen und schrecklichen Erlebnissen in seiner Kindheit und Jugend. Seine ersten Lebensjahre sind geprägt durch die einander hassliebenden Großeltern; die Fimmel der Großmutter und die fiesen Streiche des Großvaters an der Großmutter. Gleichzeitig muss er sich anstrengen, im gewaltigen Schatten seiner schwerbehinderten kleinen Schwester nicht zu kurz zu kommen. In der Grundschule wird er von den »Horror-Zwillingen« gequält und während er viel später alle Mühe hat, sich durch die Pubertät zu kämpfen, entscheidet sich seine Mutter von heute auf morgen für eine Karriere als Sexualtherapeutin. Obendrein ist Fritz mittlerweile auch noch unglücklich verliebt. Trotz allem bleibt er stets der »Strahlemann« und sorgt für gute Stimmung - bis es irgendwann nicht mehr geht. Es ist das generationenübergreifende Thema: Wie kann es gelingen, sich von den kleinen und großen Verletzungen, die man in der Kindheit erfahren hat, zu lösen und sie irgendwann auch zu verzeihen?    

Fritz Schaefer, geboren 1997 in Dorsten, ist der jüngste Moderator im Westdeutschen Rundfunk. Während seiner Schulzeit produzierte er Hörspiele und Kurzfilme. Seit 2016 ist er als freier Autor und Reporter für den WDR tätig. Außerdem ist er Gastgeber der jungen Nacht der ARD und des Podcast-Formats 1Live Dumm gefragt. Seit 2016 gehört er der Jury des Grimme-Preises an. Fritz Schaefer lebt in Köln.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

Klappentext»Selten lagen Schmunzeln und Schock so nah beieinander wie in Strahlemann. Berührend, ehrlich, bittersüß und witzig.« - Bastian Bielendorfer Der 1Live-Moderator Fritz Schaefer erzählt in seinem ersten Buch meisterhaft von den schönen, schrägen und schrecklichen Erlebnissen in seiner Kindheit und Jugend. Seine ersten Lebensjahre sind geprägt durch die einander hassliebenden Großeltern; die Fimmel der Großmutter und die fiesen Streiche des Großvaters an der Großmutter. Gleichzeitig muss er sich anstrengen, im gewaltigen Schatten seiner schwerbehinderten kleinen Schwester nicht zu kurz zu kommen. In der Grundschule wird er von den »Horror-Zwillingen« gequält und während er viel später alle Mühe hat, sich durch die Pubertät zu kämpfen, entscheidet sich seine Mutter von heute auf morgen für eine Karriere als Sexualtherapeutin. Obendrein ist Fritz mittlerweile auch noch unglücklich verliebt. Trotz allem bleibt er stets der »Strahlemann« und sorgt für gute Stimmung - bis es irgendwann nicht mehr geht. Es ist das generationenübergreifende Thema: Wie kann es gelingen, sich von den kleinen und großen Verletzungen, die man in der Kindheit erfahren hat, zu lösen und sie irgendwann auch zu verzeihen?    

Fritz Schaefer, geboren 1997 in Dorsten, ist der jüngste Moderator im Westdeutschen Rundfunk. Während seiner Schulzeit produzierte er Hörspiele und Kurzfilme. Seit 2016 ist er als freier Autor und Reporter für den WDR tätig. Außerdem ist er Gastgeber der jungen Nacht der ARD und des Podcast-Formats 1Live Dumm gefragt. Seit 2016 gehört er der Jury des Grimme-Preises an. Fritz Schaefer lebt in Köln.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843726139
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum27.01.2022
AuflageAuflage
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3014 Kbytes
Artikel-Nr.5725525
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1

Ich war offenbar verliebt. Dabei hatten wir rein gar nichts gemeinsam. Vielleicht war es die groteske Langeweile, die der Lateinunterricht der zehnten Klasse in mir auslöste, keine Ahnung, jedenfalls hatte ich auf einmal ein nie gekanntes Interesse an meiner Sitznachbarin Maike Seidel. Sie war brünett, sie war beliebt, sie war gut drauf. Und sie kicherte immer so unwiderstehlich, wenn ich ihr Zettel mit kleinen Gags und lustigen Zeichnungen rüberschob oder ihr Pfefferminzbonbons schenkte, die sie schnell in ihren Mund steckte und genüsslich lutschte. Maike antwortete mir auf meine Zettelchen, indem sie einfach direkt in mein Lateinheft schrieb, und an besonders glücklichen Tagen flüsterte sie mir ihre Antwort mit frischem Pfefferminzatem ins Ohr. Bemerkungen zur Frisur des Lehrers, zu Gesichtsausdrücken der Mitschüler oder zur heute wieder besonders schlimmen Tristesse des Unterrichtsstoffs. Das war ein schönes Gefühl, wie Maike da so nah an mein Ohr kam und dann etwas sagte, was manchmal sogar ganz lustig war.

Ich beschloss, es mit meiner Sitznachbarin nun ernsthaft anzugehen. Die Lateinklausuren würde ich in jedem Fall verhauen, also könnte ich nun auch einfach montags eine Doppelstunde Maike haben.

Zuerst kaufte ich die größte verfügbare Packung der Pfefferminzbonbons, auf die sie so abfuhr. Das passte doch gut: Ich wollte viel Gehauche an meiner rechten Gesichtshälfte, und Maike wollte viele Bonbons. In meiner amourösen Unerfahrenheit plante ich das Ganze als regelrechte Konditionierung, wie bei einem Hund, dem man bei gutem Betragen ein Leckerli gibt und ihn so in dem gewünschten Verhalten bestärkt. Immer dann, wenn sie mir Aufmerksamkeit schenkte, so mein Plan für die nächsten Wochen, sollte sie ein Bonbon bekommen. Außerdem kaufte ich mir Hefte mit extrabreitem Rand, damit es Maike jederzeit ein Leichtes war, mir eine Nachricht zu hinterlassen. Und ich ersann bereits Tage im Voraus lustige Sprüche, die ich in der gemeinsamen Zeit unterbringen konnte.

Herr Engels, der Lateinlehrer, beschwerte sich nicht, anscheinend wusste er, wie öde sein Fach war, er wirkte beinahe entschuldigend und hatte Verständnis für unser Kritzeln, Kichern und pfefferminzschwangeres Hauchen.

Zu seiner übergroßen Toleranz gehörte allerdings auch, dass er Maike seit Neuestem unter dem Tisch auf ihrem Handy tippen ließ. Dass sie es versteckt tat, war unnötige Höflichkeit, denn alle, Herr Engels eingeschlossen, sahen, was sie dort unter dem Tisch machte. Ich sah es am deutlichsten. Sie schrieb mit einem Typen. Thomas stand da auf dem Handydisplay.

Das war ungünstig, schließlich hatte ich doch gerade angefangen, die Sache mit dem Verliebtsein hier ernst zu nehmen.

Sofort handeln, dachte ich mir. Sobald Maike das nächste Mal von ihrem Handy aufblickte und sich etwas anderem widmete als diesem Thomas, würde ich sie mit einem weiteren Bonbon belohnen. Ich wollte der einzige Typ sein, der ihr durch die Trostlosigkeit des Lateinunterrichts half. Wofür brauchte sie noch einen Thomas, wenn sie mich, meine Bonmots und meine Bonbons haben konnte?

Die Drops im Anschlag, beobachtete ich sie von der Seite, und jedes Mal, wenn eine Nachricht von Thomas sie zum Lächeln brachte, spürte ich in meinem Herzen einen Stich.

Zu allem Überfluss schaffte Maike es, die restlichen Minuten des Unterrichts kein einziges Mal mehr von ihrem Handybildschirm aufzusehen. Selbst dann nicht, als ich ihre Aufmerksamkeit mit einem weiteren meiner rübergeschobenen Zettelchen zu erregen versuchte. Es blieb ungeöffnet auf ihrer Tischhälfte liegen. Als die Schulglocke ging, stand sie auf, den Blick weiter aufs Handy gerichtet, und verschwand ohne ein weiteres Wort. Dieser Thomas war ein ernst zu nehmendes Problem.

Dass meine unbeholfene Pfefferminzkonditionierung bei Maike keine Wirkung gezeigt hatte, nahm ich als Ansporn, mich noch mehr in die ganze Angelegenheit reinzuknien.

Auch wenn mir weiterhin unerklärlich war, warum genau ich Maike so anziehend fand. Oberflächlich betrachtet, war sie doch wie die meisten beliebten Mädchen an unserer Schule. Sie besaß dieses typische Handtaschenmodell, sie trug jahreszeitenunabhängig einen Schlauchschal über dem engen Top, und ihre Augenbrauen sahen aus wie gezirkelt. Das alles war austauschbar, an ihr jedoch wirkte es einnehmend. Wieso bloß?

Diese Ratlosigkeit, sagte ich mir, war sicherlich Teil dessen, was mir insgesamt so neu war, Teil dieses Verliebtseins. Immerhin hatte ich bereits eine gewisse Humor-Konvergenz zwischen uns beiden festgestellt, außerdem roch Maike so gut, so normal und exotisch zugleich, denn anders als die anderen trug sie keinen Hollister-Duft oder irgendein Star-Parfum. Sie roch einfach nach sich selbst. Diese Art eigenen Haar- und Hautgeruchs, die jeder Mensch morgens nach dem Aufstehen an sich trägt und entfaltet, ein ganz intimer Duft, der spätestens beim
Duschen oder Anziehen der Kleidung verloren geht. Maike trug ihn dauerhaft. Roch nur ich das? War ich ein Creep?

Und spätestens seit ich im Lateinunterricht gesehen hatte, wie sie lächelte, wie ihre Augen leuchteten, wenn sie mit diesem Phantom Thomas schrieb, fühlte ich mich herausgefordert. Was war das für ein Kerl, der Maike so sehr in seinen Bann schlug, dass sie sogar meine Zettelchen ignorierte? Mein Plan, eine Liebesbeziehung herzustellen, würde sich nur dann weiter umsetzen lassen, wenn ich wüsste, wer mein Gegenspieler war. Das galt es nun herauszufinden.

Meine Social-Media-Recherchen nach Schulschluss ergaben nichts Brauchbares. Keine Freundesliste, keine Pinnwand, keine Kommentarspalte brachte mir Informationen über diesen Phan-Thomas. Egal, welches von Maikes digitalen Umfeldern ich pflügte, nirgendwo ein Anhaltspunkt. Wie konnte sie so intensiv mit ihm schreiben, wenn sie nicht mal auf Facebook befreundet waren?

In diesem Augenblick leuchtete mein Handydisplay auf. Eine Nachricht von Maike! Mir wurde heiß. Maike hatte an mich gedacht! Und: Um mir schreiben zu können, musste sie aus dem Dauer-Chat mit Thomas ausgestiegen sein. Am liebsten hätte ich sie sofort mit einem Pfefferminzbonbon belohnt.

Na du? , stand da. Mir wurde noch heißer. Na du?  - das las sich ja nachgerade neckisch! Was sollte ich antworten? Sollte ich sofort antworten? Oder würde es lässiger kommen, wenn ich noch ein bisschen abwartete? Doch da hatte mein Daumen das Telefon bereits entsperrt und den Chat geöffnet. Die Nachricht war gelesen, ich war online, Maike auch - nach den Gesetzen der modernen Digitalkonversation blieb mir nun nichts anderes übrig, als direkt zu antworten.

Hi  - etwas Kreativeres brachte ich in der Eile nicht zustande. Für die Lateinstunden plante ich Gags sogar Tage im Voraus und achtete penibel darauf, immer genug Bonbons dabeizuhaben, wie unangenehm, dass ich mir für diesen Fall hier noch nichts zurechtgelegt hatte. Hi  - sagte man überhaupt noch Hi , oder war das mittlerweile out? War das ich, sah es mir ähnlich, so etwas wie Hi zur Begrüßung zu schreiben? Hätte ich besser Hallo schreiben sollen? Nein, das wäre zu tonlos, zu förmlich gewesen. Hey ? Jo ? Moin ?! Egal jetzt; Maike hatte zur Antwort angesetzt, schreibt ... zeigte mir das Handy an.

Du ich feier am nächsten Samstag meinen 16. bei mir zu Hause willst du auch kommen 20âUhr geht´s los?

Während mein Verstand mit der fragwürdigen Interpunktion von Maikes Nachricht kämpfte, fing der Rest meines Körpers zusätzlich zur aufsteigenden Hitze merkwürdig an zu pulsieren. Gerade eben noch hatte Maike mich und meinen Zettel verschmäht - und jetzt, wenige Stunden später, hatte sie an mich gedacht, mir geschrieben und mich zu ihrem Geburtstag eingeladen? Zuckerbrot und Peitsche.

Ob Thomas wohl auch schon eingeladen war? Und die ganzen anderen aus unserer Stufe auch? War ich nur einer von vielen, oder war diese Einladung auch für Maike eine so emotionale Angelegenheit wie für mich?

Es stand außer Frage, dass ich zusagen und nächsten Samstag zu Maikes Party gehen würde, da konnte kommen, was wollte. Welche Klamotten würde ich anziehen? Musste ich vorher noch mal zum Friseur? Der Spiegel sagte: Ja! Mir wuchsen die Haare ja schon über die Ohren! Und überhaupt, meine Ohren, wie eklig klein die waren!

Nachdem ich mehrere Minuten mit innerem Fragen und Zweifeln und Selbsthass zugebracht hatte, fiel mir auf, dass ich Maike immer noch eine Antwort schuldig war.

Ich kann.

Wie hohl ich war! Nicht mal ein Emoji hatte ich hinter meine ohnehin schon viel zu einsilbige Nachricht gesetzt. Was Maike allerdings nicht davon abhielt, ihrerseits jenes Emoji zurückzusenden, das ein Herzchen aus seinem Mund pustet und dabei so keck zwinkert. Das gab mir den Rest. Ein Herzchen, nur weil ich für ihre Party zugesagt hatte! Sie schien also auch irgendwo irgendwas für mich zu empfinden, was sonst konnte dieses Herzchen zu bedeuten haben? Womit hatte ich dieses Glück verdient? Ich, der Unerfahrene, der ich doch gar nicht in ihrer Beliebtheitsliga spielte.

Sofort fürchtete ich, dass das hier wie in einem dieser abgründigen...
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Autor

Fritz Schaefer, geboren 1997 in Dorsten ist der jüngste Moderator im Westdeutschen Rundfunk. Während seiner Schulzeit produzierte er Hörspiele und Kurzfilme. Seit 2016 ist er als freier Autor und Reporter für den WDR tätig. Außerdem ist er Gastgeber der jungen Nacht der ARD und des Podcast-Formats 1Live Dumm gefragt. Seit 2016 gehört er der Jury des Grimme-Preises an. Fritz Schaefer lebt in Köln.