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Methusalems Schweigen. Kriminalroman

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
210 Seiten
Deutsch
Schardt Verlagerschienen am20.05.20212. Auflage
Im Juli 1967 wird die Lüneburger Heide zum Schauplatz zweier grausamer Morde. Die Ermittlungen erweisen sich für die verantwortlichen Beamten Arndt von Jaan und Berthold Parick als zäh und mühsam. Die Menschen, die die beiden Mordopfer gekannt haben, schweigen wie der Wacholder, der Methusalem der Heide... Rund fünfzig Jahre später rollt der junge Staatsanwalt Jan-Claas Meierring den Fall wieder auf. Mit der Polizistin Sarah Wahlberg ermittelt er im Umkreis von Müden und Celle und kommt nicht nur dem Täter, sondern auch seiner eigenen Vergangenheit auf die Spur.mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR12,80
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR4,99

Produkt

KlappentextIm Juli 1967 wird die Lüneburger Heide zum Schauplatz zweier grausamer Morde. Die Ermittlungen erweisen sich für die verantwortlichen Beamten Arndt von Jaan und Berthold Parick als zäh und mühsam. Die Menschen, die die beiden Mordopfer gekannt haben, schweigen wie der Wacholder, der Methusalem der Heide... Rund fünfzig Jahre später rollt der junge Staatsanwalt Jan-Claas Meierring den Fall wieder auf. Mit der Polizistin Sarah Wahlberg ermittelt er im Umkreis von Müden und Celle und kommt nicht nur dem Täter, sondern auch seiner eigenen Vergangenheit auf die Spur.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783961522408
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum20.05.2021
Auflage2. Auflage
Seiten210 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse491 Kbytes
Artikel-Nr.5761578
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel 1

Osnabrück - 25.07.2018

 

Jan-Claas Meierring hatte schlecht geschlafen. Als das Telefon das erste Mal klingelte, war er wach geworden. Sein Kopf schmerzte. Wo war er? Sein Blick wanderte umher. Er befand sich in einem leeren weißen Raum, dessen Wände allmählich vergilbten. An einer Stelle musste einst ein Bild gehangen haben. Erst dann erkannte er, wo er war. Er war zu Hause.

Wieder klingelte das Telefon. Jan-Claas mühte sich aus dem Schlafsack, erhob sich von der Isomatte und ging ins Wohnzimmer, wo das Telefon bis vor Kurzem auf einer Anrichte gestanden hatte. Die Anrichte war bereits mitgenommen, das Telefon stand nun auf dem nackten Estrich.

Ja? , stöhnte er in den Hörer.

Jan? , fragte seine Mutter. Bist du das?

Jan-Claas rieb sich die Schläfe. Mama, natürlich.

Du wolltest doch abends zu uns kommen, weil die Wohnung schon leer ist. In ihrer Stimme lag warme Besorgnis. Sie hatte natürlich recht. Er hatte es angekündigt. Er suchte nach einer Ausrede, mit der auch eine Mutter leben konnte. Kein Wort von bierseligen Abenden, die in verrauchten Ecken alter Kneipen endeten. Wir haben noch ein Bier im Sometimes gleich um die Ecke getrunken. Ich bin dann einfach in die alte Wohnung gegangen.

Hmm , hörte er seine Mutter am anderen Ende sagen. Kommst du denn nachher noch?

Es war schon erstaunlich. Er mochte der Schule längst entwachsen sein, die Uni hinter sich haben, aber für die eigene Mutter blieb er schlicht der kleine Junge, der mit Schnürsenkeln zu kämpfen hatte und gerne Schlagsahne aß. Natürlich, Mama. Ich räume hier nur noch die letzten Sachen zusammen. Dann komme ich.

Schön. Soll ich noch was zu essen machen?

Jan-Claasʼ Magen verkrampfte bei dem Gedanken an Essen. Nicht nötig.

Wie du möchtest. Wann bist du denn dann da?

Viel zu tun gab es in seiner alten Wohnung nicht mehr, aber er würde dennoch etwas Zeit brauchen, um sich frisch zu machen und sich fit zu fühlen. Es dauert noch ein bisschen. Die letzten Kleinigkeiten halten doch noch ziemlich auf. Putzen und so.

Ich weiß, Junge. Wie gut, dass wir das nicht mehr machen müssen. Soll ich dir noch bei irgendwas helfen?

Wirklich nicht nötig.

Na gut, Junge.

Jan-Claas fühlte sich elend. Er hatte seine Mutter belogen und dann auch noch abgewürgt.

Und? , fragte sie dann. War es denn gestern wenigstens nett?

Er versuchte sich zu erinnern. Sturzbetrunken musste er gewesen sein, und dann war er aus Gewohnheit zur alten Wohnung getaumelt. Sehr nett sogar, wir waren beim Portugiesen in der Altstadt. Hatte ich ja erzählt. Kann man gut essen und ist auch gar nicht teuer.

Freut mich. Du kannst mir ja nachher noch mehr erzählen.

Mach ich , versprach er und legte den Hörer auf.

 

Er ging in die Küche. Die Küchenzeile hatten sie für den Nachmieter stehen gelassen. Wahrscheinlich hätte man die Schränke ohnehin nicht wieder auseinander- und zusammenbekommen. Die Schranktüren waren nie ganz gerade gewesen, und die Griffe standen schief. Ihn hatte das nie gestört. Linda hatte ihn öfter darauf angesprochen, ob er nicht die Türen korrigieren könnte, aber er hatte sich immer damit herausgeredet, dass die Qualität des Holzes nicht sehr hoch sei und er da nichts machen könne. Zur Hälfte stimmte das sogar.

Wie lange hatte er hier mit ihr gewohnt? Sechs Jahre? Sieben? Er wusste es nicht genau.

Er hatte Linda während des Studiums kennengelernt. Sie hatten bereits einige Semester zusammen studiert, ehe sie zusammenzogen. Er liebte ihre lustige, unbeschwerte Art, und dies änderte sich auch nicht dadurch, dass sie zuweilen dickköpfig sein konnte.

Seine Hoffnung, dass die Kaffeemaschine noch irgendwo stand, erfüllte sich nicht. Die Schränke waren ausgeräumt. Er schritt durch die leeren Zimmer. Ohne die Möbel kam ihm die Wohnung, die ihm gestern noch so vertraut war, eigentümlich fremd und unheimlich vor. Das Poster aus irgendeinem Museum aus Paris, das Linda trotz seines Widerstands beharrlich verteidigt hatte, war nun verschwunden und nur noch als helles Rechteck auf der Tapete sichtbar. Der riesige Gauguin-Kunstdruck im Wohnzimmer, den er im schweren Rahmen nur mit Mühe an die Wand bekommen hatte, blieb ebenfalls nur als Schatten auf der Tapete zurück. Den Laminatboden in der Ecke, wo über viele Jahre der Fernseher mit Unterstelltisch auf einem Läufer gestanden hatte, hatte er noch nie gesehen. Es war hier mal richtig gemütlich gewesen. Nun stand dort einer der letzten Kartons aus dem Baumarkt, gefüllt mit einigen Kabeln und mit Putzzeug, eben all dem, was als Letztes nach einem Auszug in der Wohnung blieb.

Er ging zurück in die Küche. Erst vor drei Tagen hatte er hier noch mit Linda am Küchentisch gesessen. Im Nachhinein kam es ihm sonderbar vor, mit welcher Lustlosigkeit sie nach Jahren des gemeinsamen Lebens das Ende ihrer Beziehung verhandelten.

Eigentlich hat es doch keinen Sinn mehr, oder? , hatte sie ihn in aller Seelenruhe morgens beim gemeinsamen Kaffee gefragt.

Was meinst du? , hatte er, noch arglos, geantwortet.

Na, das mit uns. Irgendwie haben wir uns total auseinandergelebt. Wir leben zusammen und gehen miteinander um wie ein altes Ehepaar. Dabei haben wir noch nicht einmal geheiratet. Du hast deine Clique, ich meine. Wir verbringen keine Zeit miteinander. Jeder macht nur noch seine Sachen.

Er hatte schmunzeln müssen. Es stimmte, sie waren wirklich wie ein altes Ehepaar. Sie stritten sich nicht einmal. Er hatte sich auf das zweite juristische Staatsexamen vorbereitet, und sie hatte ihr Studium abgeschlossen. Jan-Claas hatte das Richterexamen mit gutem Ergebnis beendet und aufgrund eines Kontaktes seines Referendarausbilders sogleich eine Stelle als Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Hannover angeboten bekommen. Linda hatte sich irgendwann entschlossen, das spröde BWL-Studium gegen ein Lehramtsstudium einzutauschen. Mit dem Examen in der Tasche war es ihr gelungen, einen Referendarplatz an einer Grundschule im Münsterland anzunehmen.

Sie hatten alles richtig gemacht. Sie hatten sich dabei allerdings aus den Augen verloren.

Als Linda mit ihm das Ende ihrer Beziehung besprach, tat es ihm noch nicht einmal leid.

Soll das etwa heißen, du findest, wir sollten uns trennen? , hatte er gefragt.

Wir sollten eine Pause machen und dann sehen, wie wir uns damit fühlen.

Sie hatten einen Moment geschwiegen. Tja, wenn du meinst , hatte er geantwortet.

Vermutlich hatte sie angenommen, dass er nun um sie kämpfte, dass er sich energisch für ihre Beziehung einsetzte und sie davon abhielt, sich von ihm zu trennen. Aber nichts von alledem hatte er getan. Und er hatte sich darüber gewundert, wie wenig ihn diese Diskussion berührte. Okay , hatte er gesagt. Dann machen wir das mal so.

Und dann hatten sie weitergefrühstückt.

 

Vorgestern waren sie ausgezogen. Fast die ganze Nacht hatten sie damit zugebracht, ihre Bücher, CDs, Unterlagen, Computer, Fernseher, Bilder und Klamotten in Kartons zu packen und zu beschriften. Den Hausstand zu trennen, fiel leicht, und vielleicht unterschieden sie sich darin doch von einem alten Ehepaar. Alles in der Wohnung gehörte einem von beiden. Und von fast allen Sachen waren zwei Exemplare vorhanden. Sie hatten nicht nur zwei Fernseher und zwei Computer, sie hatten auch zwei Bügeleisen, zwei Kaffeemaschinen, zwei Schlafsofas, zwei Geschirr- und Bestecksets. Alles gab es doppelt. Auch hier gab es keinen Streit.

Sie hatten zwei Sprinter gemietet, einen, der Lindas Sachen nach Münster in eine 2er-WG brachte, und einen, der Jan-Claasʼ Kartons in einer Zweizimmerwohnung in Hannovers Südstadt ablieferte. Sie hatten zwei DIN-A4-Zettel auf die Armaturenbretter der Fahrzeuge gelegt, die mit Münster und Hannover beschriftet waren, damit ihre Freunde wussten, welcher Karton in welchen Wagen gehörte. Die Kisten und Kartons zu verfrachten, die Waschmaschine aus dem Keller zu wuchten und die Lampen abzubauen, war alles in allem schnell erledigt. Noch vor ein Uhr waren sie fertig gewesen. Jan-Claas und Linda hatten niemandem von der Trennung erzählt. Sie wurden auch von niemandem darauf angesprochen. Alle gingen davon aus, dass der Berufsstart eine örtliche Veränderung und das Führen einer Fernbeziehung erfordern könnte. Lindas Kommilitoninnen fuhren anschließend mit nach Münster, und auch Jan-Claas konnte auf seine alten Freunde zählen, die ihm beim Ausladen in Hannover helfen würden. Die beiden waren nochmals gemeinsam die Räume ihrer alten Wohnung abgegangen, ihrem alten Zuhause. Nun war alles leer.

Auf der Straße hatten sie sich dann gegenübergestanden.

Ich wünsch dir alles Gute , hatte Linda gesagt und ihm in die Augen geschaut.

Ich dir auch.

Und meld dich, ja?

Klar. Du auch.

Dann hatten sie...

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