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Wie die Soziale Arbeit der Kindesvernachlässigung entgegenwirken kann. Sozialraumorientierung als präventives und integratives Konzept

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
58 Seiten
Deutsch
GRIN Verlagerschienen am31.05.20211. Auflage
Von Vernachlässigung betroffen sind Kinder aller Altersstufen, genaue Fallzahlen für Deutschland gibt es aber derzeit nicht. Zudem ist die Forschungslage zum Geschehen unzureichend. Alle bisherigen Erkenntnisse lassen darauf schließen, dass sich Vernachlässigung durch ein Zusammenspiel von persönlichen Faktoren und gesellschaftlichen Bedingungen entwickelt. Zu deren Vermeidung müssen Eltern möglichst früh erreicht werden. Das Konzept der Sozialraumorientierung ist ein vielversprechender Ansatz in der Sozialen Arbeit, da hierbei der Mensch und sein Wille im Fokus stehen. Welche konzeptionellen und methodischen Möglichkeiten Sozialraumorientierung bietet, untersucht Sabine Vetter in ihrer Publikation. Sie geht insbesondere der Frage nach, wie die Soziale Arbeit Zugänge und Angebote gestalten muss, um der Vernachlässigung von Kindern vorzubeugen. Aus dem Inhalt: -Lebensweltorientierung; -Empowerment; -Kinder- und Jugendhilfe; -Soziale Isolation; -Kindeswohl; -Familienhilfemehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR27,95
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextVon Vernachlässigung betroffen sind Kinder aller Altersstufen, genaue Fallzahlen für Deutschland gibt es aber derzeit nicht. Zudem ist die Forschungslage zum Geschehen unzureichend. Alle bisherigen Erkenntnisse lassen darauf schließen, dass sich Vernachlässigung durch ein Zusammenspiel von persönlichen Faktoren und gesellschaftlichen Bedingungen entwickelt. Zu deren Vermeidung müssen Eltern möglichst früh erreicht werden. Das Konzept der Sozialraumorientierung ist ein vielversprechender Ansatz in der Sozialen Arbeit, da hierbei der Mensch und sein Wille im Fokus stehen. Welche konzeptionellen und methodischen Möglichkeiten Sozialraumorientierung bietet, untersucht Sabine Vetter in ihrer Publikation. Sie geht insbesondere der Frage nach, wie die Soziale Arbeit Zugänge und Angebote gestalten muss, um der Vernachlässigung von Kindern vorzubeugen. Aus dem Inhalt: -Lebensweltorientierung; -Empowerment; -Kinder- und Jugendhilfe; -Soziale Isolation; -Kindeswohl; -Familienhilfe
Details
Weitere ISBN/GTIN9783964873194
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum31.05.2021
Auflage1. Auflage
Seiten58 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1318 Kbytes
Artikel-Nr.5774665
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


3                   Fachkonzept Sozialraumorientierung

 

Das Fachkonzept Sozialraumorientierung ist in der Praxis der Sozialen Arbeit seit vielen Jahren bekannt und teilweise umgesetzt (Früchtel/Cyprian/Budde 2007 b, 11). Dennoch gibt es in der Fachwelt keine Einigkeit darüber, was Sozialraumorientierung genau ist (Kessl/Reutlinger 2007, 37). Mitunter wird der Begriff als Etikett verwendet, damit Konzepte innovativ wirken. Zunächst soll deshalb geklärt werden, was in der Sozialen Arbeit unter dem Konzept der Sozialraumorientierung verstanden wird. Anschließend folgt eine Beschreibung der theoretischen Konzeptionen die dessen Grundlage bilden (Früchtel et al. 2007 b, 22 ff.). Diese sind das Konzept der Lebensweltorientierung, die Gemeinwesenarbeit, die Organisationsentwicklung, der Ansatz Empowerment und die Theorie des Sozialen Kapitals. Anschließend werden die verschiedenen Handlungsfelder sozialräumlicher Arbeit beschrieben (ebd. 25 ff). Sozialarbeiterisches Handeln findet demnach auf der Ebene der Sozialstruktur, der Organisation, des Netzwerkes und auf der Ebene des Individuums statt. Des Weiteren folgt eine Beschreibung der praktischen Arbeitsorganisation, denn Sozialraumorientierung ist ein Konzept, das hierbei Spezifika aufweist. Diese sind die methodische Offenheit, die besonderen Teamstrukturen und die Möglichkeit des fallunspezifischen und bereichsübergreifenden Arbeitens.

 
3.1           Begiffsklärung

 

Sozialraumorientierung ist ein Fachkonzept, das die klassische Abgrenzung von Fallarbeit, Gruppenarbeit und Gemeinwesenarbeit aufgibt und diese vielmehr zu einem mehrschichtigen Ansatz (Früchtel et al. 2007 b, 11) zusammenführt. Diese Kombination der Arbeitsformen bietet sich immer an, wenn der Problemhorizont der Klienten über die engen institutionellen Beschränkungen hinausweist (Köngeter/Eßer/Thiersch 2004, 95). Den Problemhorizont stellen Lebensbedingungen wie Armut, soziale Isolation, Arbeitslosigkeit und fehlender Wohnraum dar. Die Basis des Konzeptes bildet die sozialarbeiterische Haltung, dass Menschen ihren Alltag in Familie, Schule oder Beruf zufriedenstellend gestalten (Budde/Früchtel 2006, 29) wollen. Menschen haben Ziele, und was sie handeln lässt, ist die Motivation eben diese Ziele zu erreichen (ebd.). Sozialräumlich ausgerichtete Hilfestellungen zielen darauf ab, dass Menschen durch Unterstützung ihre Lebenswelten so gestalten können, dass sie auch in prekären Lebenssituationen (Hinte 2006, 9) zurechtkommen. Den Kern des Konzeptes bildet der konsequente Bezug auf die Interessen und den Willen der Menschen (ebd.). Sozialraumorientierung ist somit keine Theorie, die mit anderen Theorien konkurriert, sondern eine Perspektive. Sie ist der konzeptionelle Hintergrund des Arbeitens in verschiedenen sozialen Arbeitsfeldern. Das Fachkonzept nutzt und entwickelt verschiedene theoretische und methodische Blickrichtungen bzw. Konzeptionen.

 
3.2           Theoretische Grundkonzeptionen

 

Den theoretischen Hintergrund des Arbeitsansatzes Sozialraumorientierung bilden fünf Konzeptionen (Früchtel et al. 2007 b, 22 ff). Diese sind das Konzept der Lebensweltorientierung, der Gemeinwesenarbeit, der Organisationsentwicklung, des Sozialen Kapitals und des Empowerments. Sie werden nachfolgend im Einzelnem dargestellt.

 
3.2.1        Konzept der Lebensweltorienierung

 

Das Konzept der Lebensweltorientierung entstand in den 1960er-Jahren als neues Arbeitskonzept (Thiersch/Grunwald/Köngeter 2012, 179). Es richtete sich gegen von Obrigkeiten bestimmte, disziplinierende und expertokratische Arbeitsformen und versuchte neue und somit alternative Arbeitskonzepte zu entwerfen. In der Perspektive der Lebensweltorientierung wird der Mensch und sein Handeln in seinen sozialen Bezügen gesehen. Lebensweltorientierung ist somit die Abkehr von einem individualisierenden, defizitären Blick auf soziale Probleme. Ziel sozialarbeiterischer Arbeit ist ein gelingender Alltag von Menschen.

 

Hierbei knüpfen Strukturmaximen an lebensweltliche Erfahrungen, an kritische sozialethische Dimensionen und an soziale Gerechtigkeit an. Diese Maximen sind Prävention, Regionalisierung, Alltagsnähe, Integration, Partizipation und Gestaltung der Arbeit im Zeichen der Lebensverhältnisse (Grunwald/Thiersch 2008, 26). Der sozialarbeiterische Blick fokussiert das Zusammenspiel (Thiersch et al. 2012, 175) eigentlicher Gegen-sätze. Diese sind Probleme und Möglichkeiten, Stärken und Schwächen im sozialen Feld und daraus entwickelt sich ein Handlungsrepertoire. Thiersch et al. (ebd.) beschreiben dies als Spektrum zwischen Vertrauen, Niedrigschwelligkeit, Zugangsmöglichkeiten und gemeinsamen Konstruktionen von Hilfeentwürfen . Es geht einerseits um das Akzeptieren der individuellen Lebensentwürfe und anderseits um das Einmischen in Verhältnisse (ebd.).

 

Lebensweltorientierte Soziale Arbeit agiert hierbei in unterschiedlichen Dimensionen (Grunwald/Thiersch 2008, 32 ff.). Eine Dimension ist die erfahrene Zeit. Lebensläufe und Lebensphasen werden demnach in Zeiten des gesellschaftlichen Wandels brüchig (Thiersch et al. 2012, 187). Dies bedingt, dass Lebensphasen nicht mehr so verlaufen, wie diese üblicherweise über viele Jahrzehnte verlaufen sind. Menschen können nicht mehr mit Gewissheit sagen, wie ihre Zukunft in bestimmten Lebensphasen aussehen wird. Und da die Vergangenheit nicht mehr veränderbar ist und die Zukunft ungewiss erscheint, liegt der Fokus der Betrachtung von Zeit in der Gegenwart. Die Zeit ist für Menschen von unterschiedlicher Relevanz. Sie hat für Mütter eine andere Bedeutung als für Jugendliche oder Senioren.

 

Auch die Dimension des erfahrenen Raumes ist je nach Lebensphase von unterschiedlicher Bedeutung (ebd.). Mütter mit Kindern, Jugendliche oder Senioren leben zwar im gleichen Gebiet, wie sie dieses Gebiet nutzen, ist jedoch verschieden. Das Individuum wird in diesem Konzept in seiner Umgebung gesehen und es wird registriert, dass es in seinen sozialen Räumen nur begrenzte Möglichkeiten zur Gestaltung hat. Deshalb bedeutet lebensweltorientiertes Arbeiten auch immer, diese begrenzenden Strukturen zu bearbeiten, um für die Menschen Teilhabe zu erreichen. Eine weitere Dimension sind die sozialen Beziehungen. Menschen haben aufgrund von Beziehungen zu anderen Menschen zum einen Ressourcen, zum anderen sind Beziehungen auch Anlass für Spannungen. Lebensweltorientierte Soziale Arbeit sieht das Individuum im Kontext des sozialen Geflechts (ebd.). Außerdem haben Menschen Bewältigungsaufgaben zu erfüllen (ebd.). Lebensweltorientiertung konzentriert sich hierbei auf den Alltag und auf das Gelingen des Alltages. Dieser Alltag ist von besonderer Bedeutung, denn er passiert nicht nebenbei. Er erfordert Anstrengung vom Individuum sowie den Umgang mit Raum und Zeit, anderen Menschen und mit sich selbst.

 

Die beschriebenen Dimensionen kennzeichnen den Hilfeansatz des Konzeptes. Denn die sozialarbeiterische Unterstützung richtet sich an Menschen, die Schwierigkeiten bei der Bewältigung ihrer alltäglichen Aufgaben im Hinblick auf die Lebensphasen haben. Es werden zudem die gesellschaftlichen Bedingungen (ebd. 188), die das Leben der Individuen beeinflussen, besonders betrachtet und dort, wo diese Bedingungen verändert werden müssen, soll in Kooperation und in Koalition mit der lokalen Politik nach Lösungen gesucht werden. Lebensweltorientierte Soziale Arbeit mischt sich demnach auch auf gesellschaftlicher Ebene ein, ähnlich wie ein weiteres Grundkonzept der Sozialraumorientierung, die Gemeinwesenarbeit.

 
3.2.2        Gemeinwesenarbeit

 

Die Anfänge der Gemeinwesenarbeit liegen im Industriezeitalter und entstanden durch die Wahrnehmung von sozialer Benachteiligung einzelner Bevölkerungsgruppen in England und den USA (Hinte 2012, 663). In Deutschland rückte das Gemeinwesen vor allem in den 1960er-Jahren wieder in den Blickpunkt. In dieser Zeit stellte sich die gesellschaftliche Frage der Macht und Gegenmacht. Gemeinwesenarbeit organisierte in diesem Sinn den Widerstand gegen das Establishment. Dieses wurde für die herrschenden Verhältnisse verantwortlich gemacht. Die herrschenden Verhältnisse kennzeichneten damals unzumutbare Wohnverhältnisse, infrastrukturelle Mängel, unsinnige Prestigeprojekte oder korrupte Funktionsträger. In dieser Form der Gemeinwesenarbeit gab es ein Spektrum, das sich methodisch zwischen konfliktreich und weniger konfliktreich bewegte (ebd.). Letztlich führte dies in den 1980er-Jahren zu einer Krise der Gemeinwesenarbeit, und in diesem Zusammenhang wurde deren Tod erklärt (ebd. 665).

 

In den 1990er-Jahren entwickelte sich daraus ein Fachkonzept, das begrifflich in Sozialraumorientierung umbenannt wurde. Durch diese Umbenennung sollte es frei von den Altlasten der 1960er-Jahre und dem Stigma der Kooperationsunwilligkeit werden (ebd. 667). Was aus den Anfängen der...

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