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Deutsche und Juden vor 1939

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
640 Seiten
Deutsch
Verlag zeitgeist Print & Onlineerschienen am10.06.20211. elektronische
Die meisten Publikationen, die sich dem Schicksal der Juden in Deutschland annehmen, haben primär den Zeitraum zwischen 1939 und 1945 im Blick. Dieses Buch ist anders: Es setzt weit früher an und widmet sich vornehmlich der Frage nach der Entstehung des deutsch-jüdischen Dilemmas. Die beiden Autoren, ein Deutscher und ein Jude, begaben sich dazu auf Spurensuche und legten frühe gemeinsame Wurzeln frei. Sie entdeckten über die Jahrhunderte viel Verbindendes, aber ebenso manches, das trennte. Alles in allem - das wird hier besonders deutlich - war es ein Weg der Symbiose, der wechselseitigen fruchtbaren Ergänzung, dokumentiert durch zahlreiche Errungenschaften und Auszeichnungen in Wissenschaft, Kunst und Politik. Um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert waren Juden in Deutschland weitestgehend assimiliert; sie fühlten sich voll und ganz als Deutsche, wie vielerlei Quellen und Zeugnisse belegen. Einzigartig wird die Zusammenstellung durch zeitgeschichtliche Kommentare jüdischer Zeitungen und Zeitschriften, herausgegeben von 1850 bis zu ihrem Verbot 1938, welche im Anhang einzeln porträtiert werden. Zugleich ist das vorliegende Werk eine Gesellschaftsstudie, die anhand historischer Entwicklungen aufzeigt, wie sich totalitäre Ideologien schleichend entfalten, warum Hass, Hetze und Radikalismus gleich welcher Couleur stets ins Verderben führen. Die gebundene Ausgabe des vorliegenden Werkes ist u. a. im Bestand der israelischen Nationalbibliothek Yad Vashem, der Oxford University, der Pariser Sorbonne, der Library of Congress und des Holocaust Memorial Museum in Washington sowie diverser US-Hochschulen, darunter Berkeley, Harvard, Princeton und Stanford.

Der aus Rumänien stammende und in Jerusalem sesshafte Historiker Reuven Moskovitz (geb. 1928) ist Holocaustüberlebender. Seine Versöhnungsarbeit zwischen Juden und Palästinensern wurde mit mehreren Friedenspreisen gewürdigt. Wolfgang Effenberger (geb. 1946) ist freier Publizist mit Schwerpunkt Geopolitik. Er lebt am Starnberger See. Mit ihrem ersten Gemeinschaftswerk möchten die beiden Autoren dazu beitragen, dass die Geschichte Europas nie wieder in repressive Gewässer mündet.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR19,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR17,99

Produkt

KlappentextDie meisten Publikationen, die sich dem Schicksal der Juden in Deutschland annehmen, haben primär den Zeitraum zwischen 1939 und 1945 im Blick. Dieses Buch ist anders: Es setzt weit früher an und widmet sich vornehmlich der Frage nach der Entstehung des deutsch-jüdischen Dilemmas. Die beiden Autoren, ein Deutscher und ein Jude, begaben sich dazu auf Spurensuche und legten frühe gemeinsame Wurzeln frei. Sie entdeckten über die Jahrhunderte viel Verbindendes, aber ebenso manches, das trennte. Alles in allem - das wird hier besonders deutlich - war es ein Weg der Symbiose, der wechselseitigen fruchtbaren Ergänzung, dokumentiert durch zahlreiche Errungenschaften und Auszeichnungen in Wissenschaft, Kunst und Politik. Um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert waren Juden in Deutschland weitestgehend assimiliert; sie fühlten sich voll und ganz als Deutsche, wie vielerlei Quellen und Zeugnisse belegen. Einzigartig wird die Zusammenstellung durch zeitgeschichtliche Kommentare jüdischer Zeitungen und Zeitschriften, herausgegeben von 1850 bis zu ihrem Verbot 1938, welche im Anhang einzeln porträtiert werden. Zugleich ist das vorliegende Werk eine Gesellschaftsstudie, die anhand historischer Entwicklungen aufzeigt, wie sich totalitäre Ideologien schleichend entfalten, warum Hass, Hetze und Radikalismus gleich welcher Couleur stets ins Verderben führen. Die gebundene Ausgabe des vorliegenden Werkes ist u. a. im Bestand der israelischen Nationalbibliothek Yad Vashem, der Oxford University, der Pariser Sorbonne, der Library of Congress und des Holocaust Memorial Museum in Washington sowie diverser US-Hochschulen, darunter Berkeley, Harvard, Princeton und Stanford.

Der aus Rumänien stammende und in Jerusalem sesshafte Historiker Reuven Moskovitz (geb. 1928) ist Holocaustüberlebender. Seine Versöhnungsarbeit zwischen Juden und Palästinensern wurde mit mehreren Friedenspreisen gewürdigt. Wolfgang Effenberger (geb. 1946) ist freier Publizist mit Schwerpunkt Geopolitik. Er lebt am Starnberger See. Mit ihrem ersten Gemeinschaftswerk möchten die beiden Autoren dazu beitragen, dass die Geschichte Europas nie wieder in repressive Gewässer mündet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783943007305
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum10.06.2021
Auflage1. elektronische
Seiten640 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse14855 Kbytes
Artikel-Nr.5783979
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Einige Worte vorab
von Reuven Moskovitz

Geprägt von meinen Kindheitserlebnissen als verfolgter rumänischer Jude während des Zweiten Weltkrieges und anschließend im frühen Israel geformt, ist mir Versöhnung nicht nur ein Herzensbedürfnis, sondern zugleich politische Überlebensnotwendigkeit. So bin ich der Bitte um Mitarbeit am vorliegenden Buch ohne Zögern nachgekommen.Während Wolfgang Effenberger das riesige Material zusammengetragen und strukturiert hat, bestand mein Part vor allem in sachgerechter Moderation und Ausgestaltung - immer bemüht, die Sachverhalte korrekt darzustellen. Dabei weiß zumindest jeder Historiker, dass dieser Versuch aus vielerlei Gründen nie ganz gelingen kann.

Eine friedliche Gestaltung der Zukunft erfordert neben dem Verständnis der gegenwärtigen Situation auch die Offenlegung zurückliegender Entwicklungsstränge und deren verantwortungsvolle Interpretation. So ist die mit der verbrecherischen NS-Ära verbundene Tragik nicht allein in der Vergangenheit zu verorten, sondern zeigt sich bis heute in Versäumnissen, Nachwirkungen und verantwortungslosem Schweigen angesichts gegenwärtiger Untaten, speziell im Nahen Osten. Es reicht nicht aus, Vorurteile zu überwinden - der Blickwinkel muss geweitet, ja teilweise grundsätzlich verändert werden. Das vorliegende Buch will diesbezüglich dazu beitragen, die Geschichte von Mythen und verankerten Bildern zu befreien. Die tief sitzende Schuldidentität der Deutschen, welche der Opferidentität der meisten Juden gegenübersteht, führte etwa zu vielen Missverständnissen sowie zu einer geradezu krankhaften Verlegenheit und willigen politischen Blindheit gegenüber der israelischen Politik. Dieses Thema habe in meinem Essay »Juden und Deutsche - Symbiose zwischen Aufklärung und Verklärung« vertieft. Sie finden ihn als Epilog am Ende des Buchs.

Unzählige, in Büchern, Artikeln und Abhandlungen festgehaltene Meinungen gibt es zum Thema deutsch-jüdische Symbiose. Man vergisst dabei - oder bemüht sich zu vergessen -, dass die jüdische Geschichte seit Jahrtausenden von erfolgreichen Symbiosen begleitet wurde, die dann häufig in tragischer Weise endeten. Ben-Gurion prägt die inzwischen zum Mythos verfestigte Ansicht, dass sich die jüdische Geschichte außerhalb des Landes Israel/Palästina von einem Pogrom zum nächsten bzw. von einer Vertreibung zur nächsten bewegt habe. Auch wenn es teilweise stimmt, ist es als absolute Aussage so historisch nicht haltbar, wie Shlomo Sand in seinem Buch »Wie das jüdische Volk erfunden wurde« nachgewiesen hat. Die Verfälschung der Geschichte fand sogar in der von Ben-Gurion mitverfassten israelischen Unabhängigkeitserklärung von 1948 Eingang, die voller historischer Halbwahrheiten und zu »Wahrheit« gewordener theologischer Mythen steckt. So wird etwa an erster Stelle festgehalten: »Im Lande Israel entstand das jüdische Volk. Hier prägte sich sein geistiges, religiöses und politisches Wesen. Hier lebte es frei und unabhängig, Hier schuf es eine nationale und universelle Kultur und schenkte der Welt das Ewige Buch der Bücher.«

Die jüdisch-israelische Kultur entstand jedoch keineswegs nur im Land Israel. Nach der Bibel liegen die Wurzeln meines Volkes am Berg Sinai (Horeb). Einiges aus dem Kulturreichtum, wie der Talmud, Midraschim sowie die großen Bände von Fragen und Antworten, die Exegese und deren Ergänzungen und die blühende theologische und philosophische Literatur, wurde in Babylonien, dem heutigen Irak, geschaffen. In Spanien und Italien entwickelte sich die goldene Ära von Dichtung, Literatur, Philosophie und Wissenschaft. Die Entstehung der Ladinosprache und deren Literatur fand im spanischosmanischen Reich statt, während sich die jiddische Sprache in Zentral- und Osteuropa formte: in Deutschland, Polen oder Russland. Seit letztem Jahrhundert blühen zudem Literatur, Dichtung, Musik und Theater in den Vereinigten Staaten auf.

Man könnte zwar behaupten, dass das alles nichts ist im Verhältnis zur Bibel, zu literarischen Werken wie den Psalmen, dem Buch Hiob oder dem Hohen Lied der Liebe. Das ändert aber nicht die manipulative Geschichtsschreibung von Ben-Gurion, der systematisch die Beiträge zur jüdischen Kultur aus der sogenannten »Diaspora«, also außerhalb von »Eretz Israel«, zu unterdrücken versuchte. Doch empfanden die meisten Juden ihre dortigen Lebensräume trotz der schrecklichen Ereignisse in der jüdischen Geschichte keineswegs als fern der Heimat und Glaubensgemeinschaft, sondern es war ihr Zuhause. Das gilt ohne Zweifel für die deutschen Juden im 19. und ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, zudem für viele Juden in Polen, Rumänien, Frankreich und England, ja sogar für einen Teil in der vorstalinistischen Sowjetunion.

Das vorliegende Werk will die Leser in die verschiedenen Epochen der gemeinsamen deutsch-jüdischen Geschichte vor 1939 einführen. Einfühlsam wird das Spannungsfeld zwischen Utopie und Wirklichkeit, Glauben und Staatsgewalt, Integration und Isolation aufgezeigt, in dem sich die jüdische Minderheit befand. Denn trotz der glaubensbedingten Verinselung gab es immer auch den Wunsch nach Zugehörigkeit sowie die Tendenz, kulturelle Elemente aus den Gastgesellschaften in die eigene Kultur zu übernehmen.

Leider wissen nur wenige davon, dass die Entwicklung der kleinen jüdischen Minderheit mit der deutschen Gesamtgeschichte eng verbunden ist und wie sehr sich die beiden Gruppen gegenseitig befruchtet haben. Zudem gilt die jüdische Geschichte in Deutschland für viele als abgeschlossen, die Emanzipation als gescheitert. Auch heute noch wird sie im Unterricht, wenn überhaupt, isoliert behandelt.4 Doch wer sich einmal näher mit ihr beschäftigt hat, weiß, wie stark die Lage der jüdischen Minderheit die Widersprüche und Mängel der Gesamtgesellschaft widerspiegelt und erhellt. Wo immer die Juden in Deutschland zum Grund allen Übels erklärt und zum Ventil für Unzufriedenheit und Erbitterung gemacht wurden, müsste es auch möglich sein, umgekehrt, also ausgehend von der Situation der Verfolgten, die den Judenhetzen jeweils zugrundeliegenden allgemeinen Missstände zu untersuchen. Unter dem Gesichtspunkt dieser Wechselwirkung könnte das Studium der Geschichte von Juden und Deutschen auch zur Entwicklung eines wirklich freien und menschlichen Deutschland beitragen.

Gerade als verfolgter Jude, der in Israel eine neue Heimat gefunden hat, mache ich es mir zur Aufgabe, in Israel auf den Frieden hin zu arbeiten, »wo zwei tief verletzte und verzweifelte Völker« leben: »das eine als Opfer des Antisemitismus und Nationalismus, das zweite, weil von ihm gefordert wurde, den Preis dafür zu bezahlen«5. Die Vision eines friedlichen Miteinanders von Israelis und Palästinensern ist keine Utopie, wie das von mir mitbegründete jüdisch-palästinensische Friedensdorf Neve Shalom heute beweist.6 Zudem liegt mir die Versöhnung von Juden und Deutschen besonders am Herzen.7 Seit über 30 Jahren besuche ich Deutschland, um in politischen Kreisen, in Akademien und Gemeinden Vorträge zu halten und an Schulen als Zeitzeuge, Mahner und kritischer Beobachter sowohl Israels als auch Deutschlands aufzutreten. Im Gegensatz zu vielen meiner israelischen Mitbürger bemühe ich mich, das in der Vergangenheit wurzelnde Schuldempfinden umzuwandeln in hoffnungsvolle Verantwortung.

Ich habe nichts dagegen einzuwenden, dass sich die Welt an den Holocaust erinnert. Was mich stört und verärgert, ist die Gewissheit, dass das Gedenken in Dienst genommen werden, um zu rechtfertigen, was nicht zu rechtfertigen ist: dass wir unser Nachbarvolk seines Selbstbestimmungsrechts, seiner Freiheit, seines Besitzes und seiner Menschenwürde berauben. Idith Zertal, im Kibbuz geborene und zionistisch-sozialistisch erzogene Historikerin, schreibt: »Mit Hilfe von Auschwitz, Israels ultimativer Trumpfkarte bei seinen Beziehungen zu einer Welt, die immer wieder auf neue als antisemitisch und auf ewig feindselig definiert wurde - immunisierte sich Israel selbst gegen jedwede Kritik und genehmigte sich einen quasi sakrosankten Status, verschloss sich einem kritischen, rationalen Dialog mit seiner Umwelt.«8 Die Auschwitz-Trumpfkarte funktioniert als moralische Erpressung ausgezeichnet: Jegliche Kritik an der Politik Israels kann als Antisemitismus abgewiesen werden. Statt Feinde zu Freunden zu machen, bezeichnet man damit Freunde als Feinde - und braucht nicht auf sie zu hören.

Nationalsozialismus und Holocaust haben die Judenheit um Jahrhunderte zurückgeworfen. Ich denke mit fester Gewissheit, dass der deutsche Faschismus nicht nur die Ausrottung von einem Drittel des jüdischen Volkes und der blühenden europäischen Kultur verschuldet hat, die Folge war auch, dass in einer gleichsam pervertierten Umkehr der jüdische Glaube um Jahrhunderte regredierte, zurückkehrte zu einer fundamentalistisch-klerikalen Theologie und zu von Gott nicht gewollter Rachsucht. Die aus ständigen Verfolgungen entstandene Angst vor Repressalien - welche in der Diaspora ihre Berechtigung hatte - wurde aber als Paranoia in den neuen Staat »importiert«, das hat zur Folge, dass auch Israel sich als isoliert ansieht, als »gefährdetes Schaf«, von siebzig Wölfen (den Nationen der Welt) umgeben, wie ein in Mischna, Talmud und den Midraschim dargestelltes Bild zeigt.

Zweifellos kann man einen Staat nicht nur mit den Visionen des Propheten Jesaja regieren - völlig gewaltlos hätte Israel im Nahen Osten nicht einen Tag überleben können. Es ist aber eine Frage des Ermessens. Gefahr ist nicht allein bei unseren Nachbarn zu suchen, sie droht auch vonseiten der eigenen Maßlosigkeit sowie einer falschen Einschätzung der Mittel, die...
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Autor

Der aus Rumänien stammende und in Jerusalem sesshafte Historiker Reuven Moskovitz (geb. 1928) ist Holocaustüberlebender. Seine Versöhnungsarbeit zwischen Juden und Palästinensern wurde mit mehreren Friedenspreisen gewürdigt. Wolfgang Effenberger (geb. 1946) ist freier Publizist mit Schwerpunkt Geopolitik. Er lebt am Starnberger See. Mit ihrem ersten Gemeinschaftswerk möchten die beiden Autoren dazu beitragen, dass die Geschichte Europas nie wieder in repressive Gewässer mündet.