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E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
197 Seiten
Deutsch
UNRAST Verlagerschienen am01.04.20211. Auflage
»Es ist kein Luxus, gerade jetzt die emanzipative Aufhebung der kapitalistischen Reichtumsproduktion anzustreben, sondern der einzige Ausweg aus der Spirale ökologischer Zerstörung, sozialer Exklusion und autoritärer Formierung der Gesellschaft.« Klima- und Coronakrise machen deutlich, dass die kapitalistische Produktions- und Lebensweise zunehmend unhaltbar wird. Der systemische Selbstzweck der endlosen Anhäufung von Kapital (?Wachstumszwang?) ist mit der Endlichkeit der Welt und der natürlichen Ressourcen grundsätzlich unvereinbar. Auch die Corona-Pandemie verdankt sich der fortschreitenden Zurückdrängung von Naturräumen im Dienste der Kapitalvermehrung. Zudem nimmt die soziale Exklusion immer schlimmere Ausmaße an - obwohl längst die Potenziale vorhanden sind, um allen Menschen auf der Welt ein gutes Leben zu ermöglichen. Daher ist eine grundlegende Neuorientierung angesagt. Eine andere Gesellschaft ist machbar, doch das erfordert einen Bruch mit der kapitalistischen Logik.mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR11,99

Produkt

Klappentext»Es ist kein Luxus, gerade jetzt die emanzipative Aufhebung der kapitalistischen Reichtumsproduktion anzustreben, sondern der einzige Ausweg aus der Spirale ökologischer Zerstörung, sozialer Exklusion und autoritärer Formierung der Gesellschaft.« Klima- und Coronakrise machen deutlich, dass die kapitalistische Produktions- und Lebensweise zunehmend unhaltbar wird. Der systemische Selbstzweck der endlosen Anhäufung von Kapital (?Wachstumszwang?) ist mit der Endlichkeit der Welt und der natürlichen Ressourcen grundsätzlich unvereinbar. Auch die Corona-Pandemie verdankt sich der fortschreitenden Zurückdrängung von Naturräumen im Dienste der Kapitalvermehrung. Zudem nimmt die soziale Exklusion immer schlimmere Ausmaße an - obwohl längst die Potenziale vorhanden sind, um allen Menschen auf der Welt ein gutes Leben zu ermöglichen. Daher ist eine grundlegende Neuorientierung angesagt. Eine andere Gesellschaft ist machbar, doch das erfordert einen Bruch mit der kapitalistischen Logik.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783954050833
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum01.04.2021
Auflage1. Auflage
Seiten197 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.7061550
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Einleitung

Es gehört zu den Nebenwirkungen der Corona-Krise, dass diese schon in wenigen Monaten mehr zur Erreichung der Klimaziele beigetragen hat als die gesamte Klimapolitik der letzten Jahre. Weil der Autoverkehr während des Shutdown in den großen Städten um bis zu 80 Prozent zurückging, der Flugverkehr extrem reduziert wurde und viele Produktionsstätten stillstanden, rechnet die UN damit, dass die CO2-Emissionen im Jahr 2020 um bis zu sieben Prozent gegenüber 2019 sinken werden (Frankfurter Rundschau, 9.9.2020); und wie es scheint, könnte sogar die deutsche Regierung trotz ihrer zahnlosen klimapolitischen Maßnahmen das Ziel einer Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes um 40 Prozent gegenüber 1990 doch noch erreichen (Die Zeit, 26.8.2020).

Allerdings gibt es keinerlei Anlass zur Hoffnung, diese Entwicklung könnte von Dauer sein. Denn der vorübergehende Stopp der wirtschaftlichen Aktivitäten in großen Teilen der Welt hat ja rein gar nichts an der Grundlogik der kapitalistischen Produktionsweise geändert, die von dem Selbstzweck zur endlosen Vermehrung des Geldes, dem Repräsentanten abstrakten Reichtums, angetrieben wird. Der aus diesem Selbstzweck resultierende Wachstumszwang wurde durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie keinesfalls ausgesetzt, sondern nur kurzzeitig abgebremst. Gleichzeitig tun die Regierungen und Zentralbanken alles dafür, um die Folgen dieses Bremsmanövers abzumildern und die ökonomische Dynamik so schnell wie möglich wieder auf Touren zu bringen. Zwar sieht es kaum so aus, als ließe sich eine große Weltwirtschaftskrise vermeiden, nicht nur, weil viele ökonomische Effekte erst zeitverzögert wirksam werden und außerdem die Pandemie ja noch keineswegs besiegt ist. Hinzu kommt noch, dass die Krise zwar durch Corona ausgelöst wurde, aber tieferliegende, strukturelle Gründe hat, die nicht einfach verschwinden werden, wenn es einen Impfstoff oder Medikamente gibt und die Eindämmungsmaßnahmen vollständig zurückgenommen werden.

Zwar könnte man argumentieren, eine Weltwirtschaftskrise sei gut für das Klima, weil durch den Rückgang der wirtschaftlichen Aktivitäten weniger Treibhausgase und andere schädliche Substanzen freigesetzt würden, so wie in allen anderen großen Krisen der vergangenen Jahrzehnte - nicht zuletzt der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008. Doch diese ökologische Entlastung ist nur die Kehrseite einer massenhaften Verarmung und Verelendung von großen Teilen der Bevölkerung. Denn da in der kapitalistischen Gesellschaft nun einmal fast alle gesellschaftlichen Beziehungen die Warenform annehmen und daher der Zugang zu den Dingen ganz überwiegend über Geld erfolgt, führt eine Unterbrechung der monetären Flüsse notwendigerweise zu einem mehr oder weniger großen Zusammenbruch der gesellschaftlichen Versorgung: Unternehmen bankrottieren, Arbeitskräfte werden entlassen und weil die Einkommensquellen versiegen, können sich Millionen Menschen nicht einmal mehr das Nötigste kaufen. Dabei wird selbstverständlich nicht danach gefragt, ob nun die betreffenden Produkte und Dienstleistungen gesellschaftlich notwendig sind oder nicht, wie ihre Ökobilanz aussieht und unter welchen Bedingungen sie produziert werden; denn diese Kriterien spielen in der Welt der Warenproduktion keine Rolle. Vielmehr zählt, ob die produzierten Dinge sich auf dem Markt absetzen lassen und dabei einen Gewinn abwerfen. Deshalb werden in Krisen selbstverständlich auch weiterhin Autos produziert und Kohlekraftwerke betrieben, Flugreisen unternommen und Luxusappartements gebaut, während viele Menschen sich nicht einmal die nötigsten Lebensmittel kaufen können und Krankenhäuser geschlossen werden, weil die öffentlichen Finanzmittel gestrichen werden. In den Krisen offenbart sich besonders deutlich, dass unter kapitalistischen Bedingungen nur der abstrakte Reichtum, also der in Geldeinheiten ausgedrückte Reichtum, zählt; dagegen ist der stoffliche Reichtum, also der Reichtum an nützlichen Dingen und Versorgungsangeboten, immer nur untergeordnetes Mittel zum Zweck der Kapitalakkumulation und wird daher geopfert, wenn dieser Zweck nicht mehr erfüllt werden kann.

Es war deshalb auch absehbar, dass nach der akuten Phase der Corona-Krise die ohnehin schon halbgaren klimapolitischen Maßnahmen der letzten Jahre allesamt unter Beschuss geraten, weil sie als Hindernisse für einen wirtschaftlichen Aufschwung angesehen werden. Und auch von den Vorstellungen so mancher Klima-Aktivist*innen, die staatlichen und EU-Förderprogramme könnten im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation der Wirtschaft ausgerichtet werden, sind allenfalls ein paar grüne Einsprengsel übrig geblieben. So wie die marktwirtschaftlichen Ideologen nach der ersten Schockstarre sehr schnell dazu übergingen, die Folgen der Corona-Pandemie gegen die wirtschaftlichen Schäden des Shutdown aufzurechnen, so argumentieren sie auch, dass nicht nur die Erderwärmung eine Bedrohung für die Menschheit darstelle, sondern auch eine lahmende Wirtschaft, weil dadurch Millionen von Menschen ihre Existenzgrundlage verlören. Damit geben sie zwar im Grunde zu, dass der Kapitalismus die Menschheit in eine fatale Abhängigkeit von seiner destruktiven Akkumulationslogik bringt und vor die Alternative stellt, entweder aufgrund der ökologischen Zerstörung oder aus wirtschaftlicher Not zu sterben. Aber dennoch findet dieses Argument großen Anklang vor allem bei denjenigen, die angesichts der Krise um ihre Existenz bangen und keine Hoffnung auf eine andere Form von Gesellschaft hegen.

Soll die Klimafrage also nicht von der politischen Tagesordnung verdrängt werden, muss sie in einer Weise reformuliert werden, die der neuen gesellschaftlichen Krisensituation adäquat ist. Das ist nicht so schwer, wie es vielleicht auf den ersten Blick scheinen mag. Maßnahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen und zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen stehen nur dann im Widerspruch zur Sicherung der menschlichen Existenz und der gesellschaftlichen Versorgung, wenn die kapitalistische Form der Reichtumsproduktion als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Denn da prinzipiell alle Menschen in der heutigen Gesellschaft von der Produktion des abstrakten Reichtums abhängen, um zu überleben, befinden sie sich in einer Art Geiselhaft. Sie müssen darauf hoffen, dass die Selbstzweckbewegung der endlosen Akkumulation von Kapital in Gang bleibt, weil sie nur so ihre Arbeitskraft oder ihre Waren verkaufen können, auch wenn sie wissen, dass damit die bereits stattfindende ökologische Katastrophe noch weiter vorangetrieben wird.

Stellen wir jedoch diese Form der Reichtumsproduktion infrage, löst sich dieser Widerspruch auf. Denn wenn sich die gesellschaftliche Produktion am stofflichen Reichtum orientiert, also das Ziel die Herstellung nützlicher Dinge zur Befriedigung der konkret-sinnlichen Bedürfnisse aller Menschen ist, dann steht eine ökologisch nachhaltige Ausrichtung der Gesellschaft nicht mehr im Gegensatz zu einer guten materiellen Absicherung des Lebens, sondern fällt mit dieser zusammen. Es wäre dann beispielsweise äußerst unvernünftig, klimaschädliche Gase in die Atmosphäre zu pumpen, massenhaft Wälder abzuholzen oder das Grundwasser zu verseuchen, wenn allgemein bekannt ist, dass dadurch die menschlichen Lebensgrundlagen zerstört werden. Und es wäre absurd, die Produktion von umwelt- und gesundheitsschädlichen Dingen zu befürworten, nur weil das einigen Menschen die Möglichkeit verschafft, ihre Arbeitskraft zu verkaufen und ein Einkommen zu erzielen. Unter kapitalistischen Bedingungen ist aber genau das vernünftig , weil das gesamte gesellschaftliche Leben auf der Produktion des abstrakten Reichtums beruht.

Es kommt also darauf an, diese Art der Vernunft und die ihr zugrundeliegende Produktions- und Lebensweise in den Mittelpunkt der Kritik zu rücken. Damit ändert sich natürlich auch die politische Orientierung. Die Klimafrage ordnet sich dann in ein ganzes Bündel von grundsätzlichen Fragen ein, die sich allesamt durch eine radikale Transformation der Reichtumsproduktion beantworten lassen, genauer gesagt, durch eine konsequente Ausrichtung der gesellschaftlichen Reichtumsproduktion an konkret-stofflichen Kriterien und am Ziel eines guten Lebens für Alle.

Die Texte in diesem Buch orientieren sich an dieser Perspektive und diskutieren verschiedene Aspekte des kapitalistischen Naturverhältnisses im Zusammenhang mit der Klimakrise und der Corona-Pandemie. In Ein Virus stellt die Systemfrage untersucht Ernst Lohoff zunächst einmal den Zusammenhang zwischen der Corona-Pandemie und dem kapitalistischen Naturverhältnis. Bei der Pandemie handele es sich so wenig um einen Schicksalsschlag, der ohne eigenes Zutun über die kapitalistische Weltgesellschaft hereingebrochen wäre, wie beim Klimadesaster. Der massive Raubbau an der Natur habe die Entstehung von Zoonosen sehr viel wahrscheinlicher gemacht als in früheren Epochen. Gleichzeitig unterminiere die Ökonomisierung aller Verhältnisse und die damit einhergehende wachsende soziale Ungleichheit die Bekämpfung der Pandemie. Zu allem Überfluss reagiere der heutige von der Finanzdynamik getragene Kapitalismus extrem empfindlich auf jede Drosselung des Wirtschaftslebens. Je länger die Pandemie dauere, vom Auftreten neuer Pandemien ganz zu schweigen, desto mehr spitze sich der Widerspruch zwischen dem Schutz des Lebens einerseits und dem Fortbestand der kapitalistischen Wirtschaftsweise andererseits zu. Die mangelnde Pandemie-Resilienz der kapitalistischen Wirtschaftsweise sei eigentlich nur ein weiteres Argument dafür, deren...
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