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Paula Modersohn-Becker

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
241 Seiten
Deutsch
Beck C. H.erschienen am16.09.20211. Auflage
Paula Modersohn-Becker (1876 - 1907) war eine der großen, singulären Künstlerinnen der Moderne. Mutig ging sie, allein auf sich gestellt, als Frau ihren Weg - lernte Paris und seine Kunst kennen und wurde mit ihren intensiven und ausdrucksstarken Bildern zu einer Wegbereiterin der deutschen Avantgarde. Entschlossen, allen Widerständen zum Trotz und voller Leidenschaft verfolgte Paula Becker Ende des 19. Jahrhunderts ihr Ziel, Malerin zu werden. Inspiration fand sie zunächst in der Künstlerkolonie Worpswede, wo sie ihren späteren Mann Otto Modersohn kennenlernte. Ihr künstlerischer Dreh- und Angelpunkt aber war Paris, die damalige Weltstadt der Kunst. In mehreren anregenden Aufenthalten lernte sie dort die aktuelle französische Malerei kennen. Uwe M. Schneede, einer der besten Kenner von Paula Modersohn-Beckers Werk, zeigt in seiner umfassenden Monographie, wie die Künstlerin diese wichtigen Eindrücke in eine eigene Bildsprache umsetzte. Als sie 1907 im Alter von nur 31 Jahren starb, hatte sie mit ihrem bedeutenden ?uvre die kurze Epoche zwischen dem Alten und dem Neuen, dem 19. und dem 20. Jahrhundert, künstlerisch wesentlich geprägt und den deutschen Avantgarden den Weg geebnet. Heute steht sie paradigmatisch für die erste Generation von selbständigen, mutigen Malerinnen der Moderne.

Uwe M. Schneede war von 1991 bis 2006 Direktor der Hamburger Kunsthalle, zuvor lehrte er Kunstgeschichte der Moderne an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.
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Produkt

KlappentextPaula Modersohn-Becker (1876 - 1907) war eine der großen, singulären Künstlerinnen der Moderne. Mutig ging sie, allein auf sich gestellt, als Frau ihren Weg - lernte Paris und seine Kunst kennen und wurde mit ihren intensiven und ausdrucksstarken Bildern zu einer Wegbereiterin der deutschen Avantgarde. Entschlossen, allen Widerständen zum Trotz und voller Leidenschaft verfolgte Paula Becker Ende des 19. Jahrhunderts ihr Ziel, Malerin zu werden. Inspiration fand sie zunächst in der Künstlerkolonie Worpswede, wo sie ihren späteren Mann Otto Modersohn kennenlernte. Ihr künstlerischer Dreh- und Angelpunkt aber war Paris, die damalige Weltstadt der Kunst. In mehreren anregenden Aufenthalten lernte sie dort die aktuelle französische Malerei kennen. Uwe M. Schneede, einer der besten Kenner von Paula Modersohn-Beckers Werk, zeigt in seiner umfassenden Monographie, wie die Künstlerin diese wichtigen Eindrücke in eine eigene Bildsprache umsetzte. Als sie 1907 im Alter von nur 31 Jahren starb, hatte sie mit ihrem bedeutenden ?uvre die kurze Epoche zwischen dem Alten und dem Neuen, dem 19. und dem 20. Jahrhundert, künstlerisch wesentlich geprägt und den deutschen Avantgarden den Weg geebnet. Heute steht sie paradigmatisch für die erste Generation von selbständigen, mutigen Malerinnen der Moderne.

Uwe M. Schneede war von 1991 bis 2006 Direktor der Hamburger Kunsthalle, zuvor lehrte er Kunstgeschichte der Moderne an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406760464
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum16.09.2021
Auflage1. Auflage
Seiten241 Seiten
SpracheDeutsch
Illustrationenmit 120 Abbildungen
Artikel-Nr.7138171
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Erkundungen


Was sie dort erwartete, war ein neues Jahr, ein neues Jahrhundert, das Jahrhundert der Moderne. In der Silvesternacht 1899 hatte sich Paula Becker im norddeutschen Bremen auf die Bahn begeben, am Neujahrstag betrat sie nach 17-stündiger Fahrt im Damenabteil gegen Abend in der Gare du Nord Pariser Boden. Es muss ein ungewöhnlich starker Antrieb gewesen sein, der die 23-jährige, privat ausgebildete Malerin aus der Provinz in den Stand setzte, auf volles Risiko allein zu reisen (wo ansonsten bei Frauen weibliche Begleitung üblich war), um das Alte bewusst hinter sich zu lassen und in einer neuen Zeit und zugleich in einer anderen Sphäre, der Welt der Kunst, zu erwachen. Es war mithin eine symbolische Reise, vor allem weil Paula Becker sie bewusst zur Jahrhundertwende antrat, also mit Blick in die Zukunft. Die Wirkung blieb nicht aus. Zwar hatte sie im ersten Moment «Horror vor der großen Stadt», doch dann notierte sie sogleich in ihrem Tagebuch: «Ich fühle eine neue Welt in mir erstehen.»

Nun war es zu dieser Zeit gang und gäbe, dass aufstrebende Künstler Paris für einige Wochen oder Monate aufsuchten, wegen des unvergleichlichen Louvre und der Akademien, wegen der Aufsehen, wenn nicht Skandale erregenden Werke von gleichaltrigen Kollegen, wegen der neuerungsmutigen Kunsthandlungen und der freien, also der nicht staatlich regulierten Salons mit ihren Tausenden von aktuellen Werken aller Gattungen und Niveaus. Zumal der Zug deutscher Künstler nach Paris war um 1900 wesentlich ein Akt wider die staatlichen Akademien und den Akademismus. Paris eröffnete jene Freiheit, die man zu Hause nicht hatte. Das galt nicht zuletzt für Frauen, die an den deutschen staatlichen Akademien generell noch nicht zum Kunststudium zugelassen waren. Käthe Kollwitz, Ida Gerhardi, Julie Wolfthorn, Clara Westhoff oder Maria Slavona hielten sich deshalb dort auf, weil die Ausbildung in den privaten Akademien entschieden professioneller war als etwa in Münchner oder Berliner Künstlerateliers. Auch Paula Becker war besonders angezogen von den Möglichkeiten eines gewissermaßen akademischen Studiums, wie es ihr zu Hause nicht zuteilwerden konnte.

In Paris erwartete sie zu Neujahr 1900 bereits die ein Jahr jüngere Freundin aus Worpswede, Clara Westhoff (s. Abb. S. 213). Sie setzte in der privaten Académie Julian, die auch Emil Nolde zu dieser Zeit besuchte, ihre Bildhauerstudien fort. Das Programm der ersten Tage ist erstaunlich und erscheint bezeichnend. Der symbolischen Reise folgte die symbolische Einnahme der Stadt im Zeichen der Kunst. Am 2.Januar besuchte man vormittags den Louvre und war begeistert von alten Meistern wie Fra Angelico, Tizian, Botticelli, Holbein, nachmittags ging man ins Palais du Luxembourg. Es war zwar 1818 eigens als Museum für Gemälde und Skulpturen lebender Künstler eröffnet worden, weil der Louvre nur die Werke verstorbener Künstler aufnahm, aber deshalb muss man sich kein Museum moderner Kunst vorstellen: Den weitaus größten Raum nahmen die französischen Salonmaler und Akademiker ein. Lediglich in einem etwa neun mal sechs Meter großen Endraum wurde eng gedrängt das - damals öffentlich umstrittene - Legat des Malers Gustave Caillebotte mit herausragenden Werken von Cézanne, Manet, Degas und den Impressionisten gezeigt, die es den beiden jungen Künstlerinnen besonders angetan haben dürften (und die heute im Musée d Orsay glänzen). Noch am selben Tag schaute man im Musée Cluny mit den mittelalterlichen Schätzen und bei den benachbarten römischen Thermen vorbei. Aber, hielt Paula Becker wenige Tage später fest: «Das A und das O ist für mich das Louvre», «das scheint mir das einzige Ding in Paris zu sein ohne Haken» (das Louvre war damals eine gängige Form).

Am dritten Januartag war sie in der Sorbonne zu einem kunsthistorischen Vortrag, wenig später begann der Unterricht an der Académie Colarossi (s. Abb. S. 216). Übrigens hatte Max Beckmann seinem Freund Caesar Kunwald 1904 geraten, lieber zu Colarossi als zu Julian zu gehen, weil dort wegen der Damen besser und ruhiger gearbeitet werde.[*5] Paula Becker berichtete Ende Februar des Jahres, vormittags werde Akt gezeichnet: «Zwischen den Weiblein morgens giebt [es] viel rauhe Haare und un[ge]putzte Stiefel, einige kluge Köpfe, und wenig Talent. Sie arbeiten mehr wie das Heerdenvieh, ohne Ahnung worauf es ankommt». Nachmittags wurde der Viertelstundenakt geübt, sonst war sie frei für die Arbeit in ihrem kleinen Wohnraum, dem «Puppenatelier», in der Rue Campagne-Première 9, unweit der Akademie in der Rue de la Grande Chaumière 10 am Montparnasse. Später gelegentlich nochmals Aktzeichnen: «Abends um 7 Uhr bei den Männlein geht s noch komischer zu. Giebt es da komische Gestalten!» Vernünftig wie zu Haus sei eigentlich keiner; «Sammetanzüge, lange Haare, Hemdärmel, Handtücher als Schlipse» hätten diese angehenden Künstler aufzuweisen: Wie sich die auswärtigen Neulinge die Pariser Bohème vorstellten. Mittwochs und sonnabends konnte man an der staatlichen École des Beaux-Arts in der Rue Bonaparte am Anatomieunterricht teilnehmen, der in Deutschland für Frauen als unschicklich galt, weshalb Paula Becker bekundete: «So etwas wird uns Mädeln nirgends so geboten wie hier.» Schließlich konnte sie den Eltern Anfang März in einem Bilderrätsel (Abb. 13) vermelden, sie habe bei Colarossi im Concours eine Medaille gewonnen.


13 «Bilderrätsel», Postkarte an die Mutter, Paris, 1. März 1900: «Auflösung: Eure dekorierte Tochter, beim Concours habe ich die Medaille bekommen»


Die ganze Welt der Kunst


Sie suchte den damals sehr geschätzten (und neuerdings wiederentdeckten) Maler Charles Cottet in seinem Atelier auf, sah sich in der freien Zeit in modernen Kunsthandlungen um, erwähnt Jean-Baptiste Camille Corot, Jean-François Millet, Charles-François Daubigny, Gustave Courbet, Pierre Puvis de Chavannes, Edgar Degas, kritisch Claude Monet und bewundernd Auguste Rodin, sah zwar auch «viel Süßes und Schlechtes und Seichtes», blieb indes auf der Suche nach «Schätzen».


14  Brustbild der Bildhauerin Clara RilkeWesthoff, 1905


«Es war damals leicht», berichtet der seit 1904 als Kunsthändler in Paris ansässige Wilhelm Uhde, «einen Überblick zu haben über das, was auf dem Gebiete der Malerei in Paris vor sich ging.» Innerhalb von zwei Stunden habe man sämtlichen Galerien moderner Malerei einen Besuch abstatten können.[*6] Auf der Suche nach «Schätzen» stieß die Künstlerin in der «Straße der Kunstläden», nämlich der Rue Laffitte, wo die interessantesten Avantgardegalerien - Bernheim-Jeune, Durand-Ruel, wenig später auch Clovis Sagot - angesiedelt waren, auf den Laden von Ambroise Vollard, der früh Cézanne gezeigt hatte und bald darauf mit ersten Ausstellungen des 20-jährigen Pablo Picasso und des 35-jährigen Henri Matisse Aufsehen erregen sollte. Die Rue Laffitte war das Zentrum des modernen Kunstmarkts in Paris und, wie Vollard in seinen Erinnerungen berichtet, «ein Wallfahrtsort für alle jungen Maler»; Matisse, Picasso, Derain, Vlaminck und viele andere seien dort ein und aus gegangen.[*7]

Clara Westhoff hat geschildert, wie die Freundin sie zu einem Besuch bei Vollard aufgefordert habe, sie wolle ihr etwas Besonderes zeigen. Paula Becker habe dort die an die Wand gestellten Werke umgedreht: «Es waren Bilder von Cézanne, die wir beide zum ersten Mal sahen. Wir kannten nicht einmal seinen Namen.»[*8] Noch war es aus deutscher Sicht eine einzigartige Entdeckung; im November dieses Jahres 1900 sollte Paul Cassirer Cézanne zum ersten Mal in Deutschland ausstellen. Persönlich muss es für die Malerin eine Erleuchtung und, wie sich zeigen sollte, ein Schlüsselerlebnis gewesen sein: die unverhoffte Begegnung mit der radikalen Moderne.

Dann aber erwartete sie noch ein Großereignis, das für einen jungen Künstler auf der Suche nach Orientierung über den heimischen Horizont hinaus das Nonplusultra gewesen sein dürfte: die Weltausstellung ab Mitte April 1900. Paula Becker mag etliche der Pavillons von 43 Ländern...

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