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Vergils Aeneis

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
130 Seiten
Deutsch
C.H. Beckerschienen am16.09.20211. Auflage
Die Aeneis des Vergil (70 -19 v. Chr.) wurde als «römisches Nationalepos» das berühmteste Werk der antiken Literaturgeschichte überhaupt. Es erzählt von den Irrfahrten, Prüfungen und Abenteuern des trojanischen Helden Aeneas, der zum mythischen Ahnherrn der Römer wird. Markus Janka bietet in dieser modernen Einführung einen Überblick über den Gang der Ereignisse, erhellt die künstlerische Gestaltung der Handlung und beschreibt die Charaktere der Protagonisten. Darüber hinaus ordnet er das Epos in das ?uvre des Vergil ein und erläutert seine Bedeutung für die augusteische Zeit.

Markus Janka lehrt Klassische Philologie und Fachdidaktik der Alten Sprachen an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,49
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR7,49

Produkt

KlappentextDie Aeneis des Vergil (70 -19 v. Chr.) wurde als «römisches Nationalepos» das berühmteste Werk der antiken Literaturgeschichte überhaupt. Es erzählt von den Irrfahrten, Prüfungen und Abenteuern des trojanischen Helden Aeneas, der zum mythischen Ahnherrn der Römer wird. Markus Janka bietet in dieser modernen Einführung einen Überblick über den Gang der Ereignisse, erhellt die künstlerische Gestaltung der Handlung und beschreibt die Charaktere der Protagonisten. Darüber hinaus ordnet er das Epos in das ?uvre des Vergil ein und erläutert seine Bedeutung für die augusteische Zeit.

Markus Janka lehrt Klassische Philologie und Fachdidaktik der Alten Sprachen an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406726897
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum16.09.2021
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.2884
Seiten130 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse471 Kbytes
Illustrationenmit 2 Schaubildern
Artikel-Nr.7138179
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1. Arma virumque cano: Die Aeneis als neu-homerischer Gesang


Waffen und dem Mann gilt mein Gesang,
der von Trojas Strand erst

in Italien als Schicksalsflüchtling erreichte Lavinums

Strände, viel über Länder getrieben und hohe See als

Spielball der Götter, denn wild und nachtragend
war Junos Grollen.

Vieles auch hat er im Krieg ertragen, als Gründer der Neustadt

trug er die Götter nach Latium, daher das Volk der Latiner,

Albas Urväter und die Grundmauern römischer Größe.

Muse, mir sollst du begründen, durch welche Hoheitsverletzung,

welchen Schmerz die Götterherrin so großes Verhängnis

einem Muster an Bravheit, so große Bewährung in Mühsal

auferlegt hat. Tobt so in Herzen der Götter das Grollen?[1]

Anfang und Titelwörter sind Schlüssel zum Gesamtverständnis eines antiken Epos. Bereits mit den ersten vier Wörtern der Aeneis stellt Vergil sein Opus in die homerische Tradition. Waffen (arma) stehen für Krieg, Streit, Kampf und Heldenepos nach dem Vorbild der Ilias, die mit der Anrufung von Achills «Zorn» (mÄnis) anhob. Der unmittelbar angefügte «Mann» (virum) greift auf das erste Wort der Odyssee zurück, deren Dichter seine Muse mit andra um ein Gedicht über den Tausendsassa Odysseus ersucht hatte. Das dritte Wort (cano) profiliert den Dichter als selbstbewussten und modernen Sänger, der den homerischen Musenanruf aus der Eröffnungszeile in den achten Vers verschoben und ihm somit eine sekundäre, dienende Funktion als eine Art Hommage an die Gattungstradition zugewiesen hat. Schon bevor er mit dem im Lateinischen vierten Wort Troiae die thematische Anknüpfung an den epischen Kyklos mit den sich um den trojanischen Krieg rankenden Sagen enthüllt, stellt Vergil klar: Das vorliegende Epos ist keine lateinische Übersetzung oder Adaption der homerischen Grundtexte im Stil der Odusia seines Vorgängers Livius Andronicus (um 240 v. Chr.), sondern vielmehr ein hyper- oder transhomerisches Projekt: Es umgreift Ilias und Odyssee in einem zeitgemäßen Gesang ganz eigener Wertigkeit. Der im Relativsatz prädizierte Held, dessen Name - wie in der Odyssee - zunächst ungenannt bleibt, ist demgemäß sowohl ein Mann, der auf Irrfahrten zur See dem Zorn der höchstrangigen Göttin Juno trotzt (V. 1-4), als auch ein Mann, der in heftigen Kriegen seinem Volk und dessen Göttern mit der Gründung einer Stadt eine neue Heimat in Italien erkämpft (V. 5-7). Diese historische Mission hebt Vergils epischen Helden wesentlich von seinen deutlich aufgerufenen Rollenvorbildern Achill und Odysseus ab, rückt ihn in die Nähe des legendären Stadtgründers Romulus und erhebt ihn zur Chiffre guter römischer Herrscher. Dieser Eindruck verstärkt sich, sobald Vergil nach seiner Anfrage an die Muse nach dem Grund für das katastrophal gestörte Einvernehmen mit der Göttermutter antithetisch die Haupteigenschaft seines Helden benennt: Achills Gewaltheftigkeit und Odysseus´ Wendigkeit, die ihre Träger als ambivalente Charaktere kennzeichnen, stellt er die mustergültige pietas seines Helden entgegen, dem er dadurch eine eher eindimensionale oder «flache» Prägung zuzuschreiben scheint. Doch davon sollte sich ein Leser oder Übersetzer nicht täuschen lassen. Dieser für die römische Kultur grundlegende Wertbegriff schillert in Vieldeutigkeit: Jede Festlegung in einer vereindeutigenden deutschen Übersetzung bleibt unbefriedigend. Meinen - nur auf den ersten Blick verniedlichend erscheinenden - Versuch, mit der Arbeitsübersetzung «Bravheit» eine Wiedergabe zu finden, die auf jeden Beleg von pietas/pius in der Aeneis anwendbar ist, mag man daher ruhig kritisieren. Er deckt immerhin die wesentlichen Konnotationen der verantwortungsbewussten Einstellung und des pflichtgetreuen Verhaltens gegenüber gemeinschaftsbezogenen Autoritäten aus den Bereichen Religion, Familie und Staat ab. «Frömmigkeit» oder «fromm» oder auch «treu» und «redlich» greifen demgegenüber viel zu kurz, während «pflichtbewusst» o.ä. hinter pius an poetischer Kraft und Flexibilität zurückbleibt. Das in seiner Idealität herausfordernde Charakterbild eines in dieser Hinsicht tadellosen Helden der Verantwortlichkeit lässt sich als vergilisches Manifest der Überwindung archaischer Selbstherrlichkeit lesen. Diese überträgt er bezeichnenderweise aus der Sphäre der Heroen in diejenige der anthropomorphen Götterpersonen. Achills Zorn und Streit aus dem Prooemium der Ilias wird gesteigert zum wilden, verhängnisvollen und nachtragenden Groll der Juno (V. 4 und V. 9-11). Die hyperhomerische Volte liegt nun darin, dass Vergils Juno in ihrer antagonistischen Funktion Achills Zorn auf Agamemnon aus der Ilias mit Poseidons unheilvollem Hass auf Odysseus aus der Odyssee verbindet. So erscheint das Motiv des göttlichen Gegenspielers des Haupthelden in der Aeneis potenziert. Zugleich steht mehr auf dem Spiel: Odysseus verliert auf seinem Nostos (Heimfahrt) sämtliche Kameraden und kehrt als Einzelkämpfer in die ersehnte Heimat zurück, wo er seine soziale Führungsposition in harten und quasi-epischen Kämpfen neu erringen muss. Vergils vir bleibt dagegen als Held der Gemeinschaft auf seiner Neugründungsmission an sein genus gebunden, aus dem ja teleologisch das erst zu einigende Volk der Latiner hervorgehen soll (V. 6).

Aus der Vielzahl möglicher homerkomparatistischer Makroskopien sei hier die prominenteste als Leitfaden für die Lektüre erprobt: Die epische Narration der Heldenhandlung setzt im Umfeld der vorletzten Station des Irrfahrers vor seiner Ankunft in der ihm vorherbestimmten Heimat an. Nach der Abfahrt aus Sizilien Richtung Italien werden die Aeneaden durch den von der hasserfüllten Juno erregten Seesturm nach Karthago in Nordafrika verschlagen (Aen. 1,34-222). Über diese Unbill beklagt sich Aeneas´ schützende Mutter und Fürsprecherin Venus bitterlich beim Göttervater Zeus, der die künftige Größe von Aeneas´ Nachkommenschaft als unabänderliches Weltgeschick prophezeit (Aen. 1,223-304). Vergil schichtet damit die Handlungsabfolge zu Beginn der Odyssee um: Dort ist die Götterszene mit der subjektiv gefärbten Klage der Athene über das jammervolle Geschick ihres auf Kalypsos «Gefängnisinsel» festsitzenden Schützlings Odysseus noch vor die Exposition der Heldennot durch den epischen Erzähler gerückt. Diese gestaltet er zweisträngig, indem die Telemachie oder Ithaka-Handlung die mehr und mehr akute Gefährdung seines durch Athene zum aktiven Jungherrscher erweckten Sohnes Telemachos durch die skrupellosen Brautwerber um seine Mutter Penelope vorführt (Hom. Od., Buch 1-4). Erst im fünften Gesang richtet sich der Erzählerblick auf den bei Kalypso an Heimweh und Entrückungsüberdruss leidenden Odysseus. Dieses Changieren zwischen realistischem (Ithaka) und phantastischem Raum (Ogygia) meidet Vergils moderneres Narrativ. Dieses mythisiert Roms historische Gegenspielerin Karthago in Gestalt von Didos neugegründeter Stadt zwar als Stätte der vorrömischen Zeit und überblendet diese mit Ogygia ebenso wie mit Kirkes Insel Aia als Ort der zeitweiligen Entrückung des Helden, belässt die Stadt aber im realistischen Raum. Als Ort der Rettung des Helden aus Seenot, als Schauplatz seiner umfangreichen Abenteuererzählungen und als Schwellengebiet mit Scharnierfunktion zum anvisierten Reiseziel dient im sechsten bis zwölften/dreizehnten Gesang der Odyssee das Phäakenland mit König Alkinoos und seiner Tochter Nausikaa. In der Aeneis übernimmt Didos Karthago als Ort der Gastfreundschaft, Aufgeschlossenheit und als sympathetischer Rahmen für Aeneas´ Erlebniserzählungen vom Untergang Trojas (Aen. 2) und seinen bisherigen Irrfahrten (Aen. 3) eben diese Funktion von Scheria. Didos unbändige und selbstzerstörerische Liebe zum kongenialen Aeneas, die göttliches Eingreifen zu einem gnadenlosen Ende mit desaströsen Folgen für die Königin bringt, lässt sich als tragische Übersteigerung der im fünften Gesang der Odyssee göttlich-leichtlebigen Liebes-, Zerrüttungs- und Trennungsaffäre um Kalypso und Odysseus lesen. Vergils Schwellenzone Sizilien steuert Aeneas ebenso zweimal an wie Odysseus Kirkes Insel Aia, ebenfalls sowohl Übergangsort als auch Ausgangspunkt für die Unterweltsreise. ...
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