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Und dann kam Gott

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
192 Seiten
Deutsch
Brunnen Verlag Gießenerschienen am01.09.2021
Mit Gott konnte die WELT-Journalistin Carolin George lange nichts anfangen. Genauer gesagt, die längste Zeit ihres bisherigen Lebens. Bis ein redaktioneller Auftrag die Journalistin in viele verschiedene Kirchen und Kapellen führte. Dort erlebte sie etwas, das sie bis dahin so noch nie gespürt hatte: innere Ruhe. 'Ich war fasziniert davon, als Mensch auch ohne Leistung und mit Fehlern akzeptiert zu sein, war verblüfft von der Ruhe, die mich fand.' Auf einmal merkte sie, was ihr all die Jahre zuvor fehlte, ohne dass sie es bewusst vermisst hatte: Glaube, Liebe, Hoffnung - Gott. Als sie schließlich den Entschluss fasst, sich konfirmieren zu lassen, war sie 42 Jahre alt.

Geboren 1976 in Hamburg. Studierte Angewandte Kulturwissenschaften an der Universität Lüneburg und arbeitet seit 2005 als freie Journalistin und Autorin in Lüneburg, unter anderem für WELTN24 und die Verlagsgesellschaft Madsack. Erregte Aufsehen mit ihrem Artikel 'Gott, meine späte Liebe. Warum ich Glaube nie brauchte und mich mit 42 konfirmieren ließ' in der Zeitung die WELT. Wollte als Kind schon Karla Kolumna werden, die rasende Reporterin aus den Hörspielen. Gründete auf dem Gymnasium eine Schülerzeitung und machte ihr erstes Praktikum bei einem Wochenblatt. In ihren Reportagen und Porträts stellt sie am liebsten Menschen und ihre Geschichten vor.
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Produkt

KlappentextMit Gott konnte die WELT-Journalistin Carolin George lange nichts anfangen. Genauer gesagt, die längste Zeit ihres bisherigen Lebens. Bis ein redaktioneller Auftrag die Journalistin in viele verschiedene Kirchen und Kapellen führte. Dort erlebte sie etwas, das sie bis dahin so noch nie gespürt hatte: innere Ruhe. 'Ich war fasziniert davon, als Mensch auch ohne Leistung und mit Fehlern akzeptiert zu sein, war verblüfft von der Ruhe, die mich fand.' Auf einmal merkte sie, was ihr all die Jahre zuvor fehlte, ohne dass sie es bewusst vermisst hatte: Glaube, Liebe, Hoffnung - Gott. Als sie schließlich den Entschluss fasst, sich konfirmieren zu lassen, war sie 42 Jahre alt.

Geboren 1976 in Hamburg. Studierte Angewandte Kulturwissenschaften an der Universität Lüneburg und arbeitet seit 2005 als freie Journalistin und Autorin in Lüneburg, unter anderem für WELTN24 und die Verlagsgesellschaft Madsack. Erregte Aufsehen mit ihrem Artikel 'Gott, meine späte Liebe. Warum ich Glaube nie brauchte und mich mit 42 konfirmieren ließ' in der Zeitung die WELT. Wollte als Kind schon Karla Kolumna werden, die rasende Reporterin aus den Hörspielen. Gründete auf dem Gymnasium eine Schülerzeitung und machte ihr erstes Praktikum bei einem Wochenblatt. In ihren Reportagen und Porträts stellt sie am liebsten Menschen und ihre Geschichten vor.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783765576010
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum01.09.2021
Seiten192 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2075 Kbytes
Artikel-Nr.7846219
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2
Gottesdienst ist mein Yoga

Ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit
wird sich in Freude verwandeln.

JOHANNES 16,20

Manchmal liege ich samstagsabends im Bett und hoffe, dass ich am nächsten Morgen früh aufwache. Zwar möchte ich so lange schlafen, wie mein Körper es braucht. Ich habe auch selten Lust, mir für einen Sonntagmorgen den Wecker zu stellen. Schließlich ist Sonntag der einzige Tag in der Woche ohne Aufgaben. Diesen Tag möchte ich so frei wie möglich beginnen.

Und trotzdem liege ich samstagsabends da und hoffe, dass ich früh genug aufwache, um in den Gottesdienst gehen zu können. Da meine beiden Lieblingskirchen luxuriöserweise nur zehn Minuten Fußweg von meinem Bett entfernt liegen und der Gottesdienst um 10 Uhr beginnt, heißt früh genug aufzustehen im Notfall für mich wunderbar spät - um 9 Uhr.

Als ich einmal schon um kurz vor 8 Uhr wach wurde, blieb ich einfach liegen. Ich kuschelte mich in meine Decke und freute mich. Ich lag da und freute mich, wach zu sein, und tat nichts anderes. Als ich beschloss, nun doch das warme weiche Bett zu verlassen für Brot, Kaffee und Kirche, war es 9 Uhr. Ich hatte eine Stunde lang nichts anderes getan, außer mich darüber zu freuen, dass ich früh genug wach geworden bin, einen Gottesdienst erleben zu können.

Einen Gottesdienst! Der vor zehn Jahren für mich aus einem Bild diffuser Dunkelheit und gedrückter Stimmung bestanden hatte. Der mit der Kraft, Stärke und guten Laune von heute rein gar nichts zu tun hatte.

Der Gottesdienst ist für mich eine wahre Wohltat geworden. Ich kann die Woche innerlich Revue passieren lassen, ohne dass ich abgelenkt werde von irgendwelcher Wäsche, die aufgehängt werden, einer Spülmaschine, die ausgeräumt werden muss oder einem Telefonat, das geführt werden sollte. Der Gottesdienst ist eine Pause, die so wunderbar gefüllt ist mit Gedanken und Musik, dass ich sie nicht nur aushalten kann, sondern mich mittlerweile regelrecht nach ihr sehne.

Es gibt Sonntage, da ist alles wie früher. Da schlafe ich länger als bis 9 Uhr und es stört mich kein bisschen. Da bin ich wach und möchte trotzdem nicht aufstehen. Auch nicht um 9 Uhr. Da möchte ich lange frühstücken und nicht erst um 11.30 Uhr damit beginnen. Da möchte ich eine Radtour machen oder einen Ausflug und nicht erst um 12 Uhr losfahren. Da möchte ich einen Tag erleben, an dem ich zu keiner bestimmten Uhrzeit an einem bestimmten Ort sein muss. Und ich vermisse nichts. Auch nicht den Gottesdienst.

Aber es gibt sie eben auch: die vielen, vielen Sonntage, an denen es mir mittlerweile ein echtes Bedürfnis ist, in den Gottesdienst zu gehen. Und an denen ich traurig bin, wenn ich ihn verpasse, aus welchem Grund auch immer. Und manchmal stelle ich mir sogar den Wecker.

Denn was ich im Gottesdienst erlebe, erlebe ich an keinem anderen Ort, in keinem anderen Zusammenhang, zu keinem anderen Zeitpunkt meines Alltags. Andere erzählen mir manchmal, was sie beim autogenen Training erleben, beim Meditieren oder beim Yoga: Sie entspannen sich, lassen Gedanken los und finden zu neuen. Sie finden zu sich, finden sich selbst.

Yoga bringt Körper, Geist und Seele in Einklang und sorgt für innere Gelassenheit, lesen wir in nahezu jedem Werbeflyer. Yoga citta vritti nirodha. Yoga ist das zur Ruhe Bringen der Gedanken im Geist , heißt es im Yoga-Sutra von Pantanjali. Wenn ich lese, was der indische Gelehrte 400 Jahre nach Christus geschrieben hat, dann denke ich: Mein Yoga ist der Gottesdienst.

Der Gottesdienst räumt meinen Geist auf und kräftigt meine Seele. Allein das ruhige Dasitzen ohne irgendetwas tun zu müssen ist eine Wohltat nach einer Woche voller Termine, Gespräche, Fragen und Entscheidungen. Ein wenig zuhören, ein wenig abschweifen, wieder ein wenig zuhören und wieder ein wenig abschweifen: Das ist eine ideale Kombination für mich.

Durch das, was ich sonntags im Gottesdienst höre, komme ich auf andere Gedanken als montags bis samstags. Und ich kann das, was mich seit Montag oder auch seit Monaten beschäftigt, einmal ganz in Ruhe durchdenken - ich sitze schließlich nicht in einer Vorlesung, sondern nehme mir die Freiheit, mit meiner Aufmerksamkeit nicht immer voll dort zu sein, was gerade vorne passiert.

Ich genieße die Musik, ganz besonders, wenn ein Chor singt, und selbst an die Orgel habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Wirkte ihr Klang zunächst oft zu mächtig auf mich, empfinde ich ihn heute mitunter als regelrecht faszinierend.

Manchmal schenkt mir der Gottesdienst sogar einen freien Sonntag: Als ich mir einmal fest vorgenommen hatte, nach Gottesdienst und spätem Frühstück unbedingt noch etwas arbeiten zu wollen, und der Pastor in seiner Predigt vom Sabbat sprach und davon, wie wichtig es sei, mal einen Tag in der Woche nichts zu arbeiten - da habe ich entschieden, dass ich es auch noch Montag im Büro erledigen kann, was ich sonntagnachmittags zu Hause am Laptop hatte tun wollen.

Es sind Gedanken wie diese, die ich im Gottesdienst aufschnappe, spontan umsetze und dann sehr lange in mir trage. Die Idee, sich ganz bewusst einmal dafür zu entscheiden, einen Tag lang einmal wirklich gar nichts zu arbeiten, sei es für den Beruf oder den Haushalt, und keine einzige Erledigung von der langen Liste zu streichen: Diese Idee setze ich seither natürlich nicht an jedem Sonntag um. Darum geht es auch gar nicht. Aber sie ist in meinem Kopf, sie ist wertvoll - und ich habe sie aus dem Gottesdienst mitgebracht.

Und wenn ich dann noch in einer kleinen Kapelle auf dem Land sitze, mit gerade einmal einer Handvoll anderen Menschen zusammen, und ich höre, dass die Organistin für diesen Sonntag - das Thema der Predigt war Rache - eigens das Stück Imagine von John Lennon einstudiert hat und ich es im Orgelnachspiel nach ein paar Tönen erahne und dann erkenne: Dann bin ich begeistert. Und glücklich, dass ich mir die Mühe gemacht habe, die gemütliche warme Bettdecke wegzulegen und ohne echtes Frühstück im Magen den Weg zu dieser kleinen Kapelle auf mich genommen zu haben.

Wenn ich aus dem Gottesdienst nach Hause gehe, fühle ich mich jedes Mal besser als vorher. Es ist nicht so, dass ich jedes Mal betrübt oder mit Problemen auf der Seele den Gottesdienst besuche. Aber wenn das so ist, dann fühlt sich die Schwere nach dem Gottesdienst ein wenig leichter an. Und wenn das noch nicht möglich ist, dann habe ich nach dem Gottesdienst zumindest das Gefühl, dass ich die Schwere tragen kann.

Weil ich für eine Weile nichts habe tun müssen, nichts habe ändern müssen. Nicht das Gefühl hatte, etwas bewirken, etwas verbessern zu müssen. Sondern in diesem ruhigen Raum, in dem ich stets in dem starken Empfinden sitze, dass alles sein und alles passieren darf, und mit der Kraft, die ich dort spüre, auch in den Steinen, in der Luft und zwischen den Menschen spüre, das Gefühl bekomme, dass ich aushalten kann, was mich belastet.

Die Kraft kommt durch das Licht, das die bunt bemalten Fenster leuchten lässt, und die Sonnenstrahlen, die ihren Weg von draußen bis zu den kräftigen Säulen der großen, alten Kirchen finden. Sie kommt durch das Holz der Bank unter mir, durch die Worte in den Predigten und Liedern - und sie kommt im Abendmahl.

Etwas, das ich zu Beginn meiner Gottesdienstkarriere als unheimlich empfand, das mir sehr fremd gewesen ist. Das ich mittlerweile sehr genieße und von dem ich mit einem warmen Gefühl im Körper zurück zu meinem Platz gehe; dem guten Gefühl, dass jetzt etwas anders ist als vorher, sei es auch noch so unbestimmt und klitzeklein.

Es ist nicht so, dass ich in jedem Gottesdienst das Gefühl habe, auf Gott zu treffen. Es gibt auch Gottesdienste, da bleibe ich innerlich ein wenig fern - sei es, weil mich die Predigt nicht anspricht oder weil mir der Kirchenraum fremd bleibt, weil ich zu abgelenkt bin und mich nicht recht einlassen kann auf das, was gerade passiert, weil ich doch immer noch zu unruhig und rastlos in meinem Inneren bin.

Es ist aber immer so, dass mich die Ruhe, die Rituale, die Musik und die Worte, die ich während des Gottesdienstes höre, und die Gedanken, die ich mir während des Gottesdienstes selbst mache, die Kirche anders verlassen lassen, als ich sie betreten habe. Ich gehe regelmäßig mit Gedanken nach Hause, die ich mir zuvor noch nie gemacht hatte und auf die ich durch die Predigt oder durch Liedtexte gekommen bin. Ich lerne Sichtweisen und Perspektiven kennen, mit denen ich außerhalb von Kirchen nicht in Kontakt komme.

Als ich nach der vorübergehenden Schließung der Kirchen aufgrund der Corona-Pandemie meinen ersten Gottesdienst besuchte, kamen mir die Tränen. Allerdings nicht vor Rührung, Trauer oder Freude, so, wie ich es sonst in Kirchen erlebe.

Sondern vor Verzweiflung. Die Kirchen, mein gefundener Ort, an dem bisher alles sein durfte, alles passieren durfte - sie...
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Geboren 1976 in Hamburg. Studierte Angewandte Kulturwissenschaften an der Universität Lüneburg und arbeitet seit 2005 als freie Journalistin und Autorin in Lüneburg, unter anderem für WELTN24 und die Verlagsgesellschaft Madsack. Erregte Aufsehen mit ihrem Artikel "Gott, meine späte Liebe. Warum ich Glaube nie brauchte und mich mit 42 konfirmieren ließ" in der Zeitung die WELT.
Wollte als Kind schon Karla Kolumna werden, die rasende Reporterin aus den Hörspielen. Gründete auf dem Gymnasium eine Schülerzeitung und machte ihr erstes Praktikum bei einem Wochenblatt. In ihren Reportagen und Porträts stellt sie am liebsten Menschen und ihre Geschichten vor.