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Heinrich Schütz. Geistliche Chormusik

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
148 Seiten
Deutsch
Bärenreiter-Verlagerschienen am10.11.2016Aufl. 2015
Die Motetten der 'Geistlichen Chormusik' sind ausgesprochen beliebte Stücke des Kantorei-Repertoires. Sie werden aber mehr und mehr auch von solistischen Ensembles und mit Instrumenten aufgeführt und erreichen damit ein noch breiteres Publikum. Wie aber hat Heinrich Schütz diese Sammlung, die zu den bedeutendsten Beiträgen der protestantischen Kirchenmusik zählt, komponiert und zusammengestellt? Welche Absichten verband er mit ihr, als er sie 1648, am Ende des Dreißigjährigen Krieges, veröffentlichte? Wie hat er die Texte im Detail vertont? Welche Hinweise gibt er zur Aufführungspraxis? Welche Rezeption hat das Werk bis heute erfahren? Sven Hiemke gibt in übergreifenden Kapiteln wie auch in Einzelwerkbesprechungen Antworten auf diese Fragen. - Verständlich geschriebene Werkeinführung mit zahlreichen Abbildungen und Notenbeispielen - Einordnung in den historischen Kontext - Motetten in Einzelwerkbesprechungen - Erläuterung und Wort-für-Wort-Übertragung des Vorwortes in modernes Deutsch

Sven Hiemke (*1962) ist Professor für Historische Musikwissenschaft an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. In der Reihe der 'Bärenreiter Werkeinführungen' verfasste er die Bände zu Beethovens 'Missa solemnis' und zu Bachs 'Orgelbüchlein'.
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Verfügbare Formate
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Produkt

KlappentextDie Motetten der 'Geistlichen Chormusik' sind ausgesprochen beliebte Stücke des Kantorei-Repertoires. Sie werden aber mehr und mehr auch von solistischen Ensembles und mit Instrumenten aufgeführt und erreichen damit ein noch breiteres Publikum. Wie aber hat Heinrich Schütz diese Sammlung, die zu den bedeutendsten Beiträgen der protestantischen Kirchenmusik zählt, komponiert und zusammengestellt? Welche Absichten verband er mit ihr, als er sie 1648, am Ende des Dreißigjährigen Krieges, veröffentlichte? Wie hat er die Texte im Detail vertont? Welche Hinweise gibt er zur Aufführungspraxis? Welche Rezeption hat das Werk bis heute erfahren? Sven Hiemke gibt in übergreifenden Kapiteln wie auch in Einzelwerkbesprechungen Antworten auf diese Fragen. - Verständlich geschriebene Werkeinführung mit zahlreichen Abbildungen und Notenbeispielen - Einordnung in den historischen Kontext - Motetten in Einzelwerkbesprechungen - Erläuterung und Wort-für-Wort-Übertragung des Vorwortes in modernes Deutsch

Sven Hiemke (*1962) ist Professor für Historische Musikwissenschaft an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. In der Reihe der 'Bärenreiter Werkeinführungen' verfasste er die Bände zu Beethovens 'Missa solemnis' und zu Bachs 'Orgelbüchlein'.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783761870358
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum10.11.2016
AuflageAufl. 2015
Seiten148 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse7518 Kbytes
Artikel-Nr.8125412
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

|10| I. Tradition
1. Überzeitlich Zwischen »alter« und »neuer Manier«

Modern waren sie nie. 1648 erschienen, zum Teil aber schon deutlich früher komponiert, galten die Motetten der Geistlichen Chormusik von Heinrich Schütz manchem Zeitgenossen schon bei ihrer Veröffentlichung als unzeitgemäß. Wie viel fortschrittlicher waren doch die vokalen Concerti mit Generalbass! Schütz selbst freilich beabsichtigte mit der Sammlung keineswegs, einen Beitrag zu einem antiquierten Genre vorzulegen. Sein erklärtes Ziel war es vielmehr, Werke bereitzustellen, die sich mit der Empfehlung für angehende Komponisten verbanden, sich durch das Studium dieses Kompendiums zunächst »das rechte Fundament eines guten Contrapuncts« anzueignen, um nicht dereinst Motetten produzieren zu müssen, die manchem unbedarften Hörer vielleicht vorkämen wie eine »himmlische Harmoni«, von Zeitgenossen mit »recht gelehrten Ohren« allerdings nicht höher eingeschätzt würden als eine »taube Nuß« (vgl. den originalen Wortlaut und seine Übertragung in heutiges Deutsch im Anhang dieser Werkeinführung).1
|12| für die Vertonung des 19. Psalms, »Die Himmel erzählen die Ehre Gottes« SWV 386 (Nr. 18), die in einer Frühfassung aus der Mitte der 1630er-Jahre vorliegt (SWV 455). Schütz übersandte das Werk gemeinsam mit anderen Kompositionen an die Kasseler Hofkapelle.6
für die sechsstimmige Motette »Das ist je gewisslich wahr« SWV 388 (Nr. 20), deren erste Version (SWV 277) als Begräbnismusik für den mit Schütz befreundeten Thomaskantor Johann Hermann Schein (â  19. November 1630) erklungen und bereits als Einzeldruck erschienen war (Dresden 1631).

Verschiedene Spekulationen machen allerdings noch für einige weitere Motetten der Geistlichen Chormusik eine frühere Entstehungszeit plausibel:
Die Motetten »Waß mein Gott will. à 6« und »Du Schalcksknecht à 7« von »H. S.« gehörten in dieser Zeit ebenfalls zum Kasseler Inventar. Dass es sich hierbei um Frühfassungen der gleichnamigen und identisch besetzten Motetten Nr. 24 und Nr. 29 der Geistlichen Chormusik handelt, ist nicht zu belegen, weil die »Kasseler Versionen« nicht erhalten sind. Die Annahme einer Analogie zu »Die Himmel erzählen die Ehre Gottes« liegt freilich nahe.7
»Verleih uns Frieden genediglich &c. auff besondere Melodey in die Lauten und Clavicymbel von 5. Sängern«: Diese Musik erwähnt der Oberhofprediger Matthias Hoë von Hoënegg (1580-1645) in einem Bericht über die Jahrhundertfeier der Reformation, die vom 31. Oktober bis 2. November 1617 in Dresden stattfand und deren musikalische Ausgestaltung in den Verantwortungsbereich des erst wenige Monate zuvor neu eingesetzten Hofkapellmeisters des sächsischen Kurfürstentums fiel.8 Es ist gut möglich, dass es sich hierbei um eine Frühfassung jener fünfstimmigen Motette handelt, die Schütz über 30 Jahre später in seine Geistliche Chormusik (Nr. 4) aufnahm.9
Entstehung und Erstaufführung der Motetten »Unser keiner lebet ihm selber« (Nr. 6) und »Ich weiß, dass mein Erlöser lebt« (Nr. 25) - auch sie gegebenenfalls in frühen Fassungen - stehen vielleicht im Zusammenhang mit den Bestattungsfeierlichkeiten für Schütz Ehefrau Magdalena (* 1601), die am 6. September 1625 an der Pest gestorben war: Beide Texte waren (neben anderen) Grundlage der Leichenpredigt, die Matthias Hoë von Hoënegg hielt, nachdem Magdalena Schütz, die »etliche Wochen vor ihrem Ende geahnet hat, daß unser Herr Gott sie bald abfordern würde [â¦], etliche Lieder, die man ihr bey ihrem Begräbniß zu guter Letz singen sollte«, bestellt hatte.10 Sofern Schütz die |13| Worte, die seine Ehefrau sich gewünscht hatte, tatsächlich zu diesem Anlass und als Motetten vertont hat, ist nicht ausgeschlossen, dass ihre spätere Platzierung an die 6. und 25. Stelle der Geistlichen Chormusik auf das Sterbedatum Magdalenas verweisen und damit an die ursprüngliche Bestimmung dieser Werke erinnern sollte.11
In den ersten vier Takten der Motette »Ich bin ein rechter Weinstock« (Nr. 21) werden die beiden Singstimmen von einem selbstständig geführten Generalbass begleitet. Schütz Auskunft indes, die Geistliche Chormusik sei ihrer Idee nach ein »Wercklein ohne Bassum continuum«, macht es unwahrscheinlich, dass er das Stück speziell für diese Sammlung komponierte.
Im Trauergottesdienst für den Geraer Fürsten Heinrich Posthumus Reuß (1572-1635), für den Schütz die Musicalischen Exequien (Dresden 1636) komponierte, erklang nach deren erstem Teil auf Wunsch des Verstorbenen das Lied »Herzlich lieb hab ich dich, o Herr« - vielleicht in Verbindung mit jener Motette, die als Nr. 19 in die Geistliche Chormusik einging?

Festzuhalten bleibt, dass die Motetten der Geistlichen Chormusik nicht alle in dem gleichen Zeitraum und in einzelnen Fällen schon lange vor ihrer Veröffentlichung entstanden sind.
|15| 2. Beispielhaft  Wider den Dilettantismus

Man fragt sich, ob Schütz konkrete Werke im Sinn hatte, als er in der Vorrede zur Geistlichen Chormusik Kompositionen anprangerte, denen Kenner allenfalls den Wert einer »tauben Nuß« zugestehen würden. Gewiss, die Veröffentlichung der eigenen Motettensammlung war »zu niemands Verkleinerung gemeinet«, wie Schütz betonte - der Dresdner Hofkapellmeister war viel zu nobel, um einzelne Kollegen oder deren Werke zu diskreditieren. Möglicherweise dachte Schütz dabei an die vielen Gelegenheitswerke, wie sie von Lokalgrößen wie dem Oldenburger Kantor Johann Schwemmler komponiert worden waren: Dieser - so überlieferte es Werner Braun - wusste »nicht einmal zwei Stimmen längere Strecken hindurch richtig miteinander zu verbinden«, was ihn aber nicht davon abhielt, »ein siebenstimmiges Werk auf der Grundlage eines vierstimmigen Satzes von Schein« vorzulegen.14


|16|





Notenbeispiel 1.1: Michael Altenburg, »Das ist mir lieb« (Angst der Hellen und Friede der Seelen, Nr. 7), Teil 4, T. 127-133




Eine andere Spur führt zu dem Musiktheoretiker Andreas Werckmeister (1645-1706), der in seinen Schriften von 1686 und 1700 gegen die vielen Dilettanten und »Prahler« zu Felde zog, die lieber »ihrem eigenen Willen« als »den natürlichen Gesetzen folgen« und sich »vor grosse Componisten ausgeben«, obwohl sie »nicht einmahl die Geige temperate zu stimmen wissen«.16 Die Vielzahl an missratenen Werken sei indes lediglich die Folge der verbreiteten Unkenntnis des »rechten Musicalischen Fundamentes«, des Regelwerkes korrekten Komponierens. Denn wer dieses nicht beherrschte, so Werckmeister, könne eben »nicht anders urtheilen als ein Schaffs-Knecht«.17
3. Geordnet  Aufbau und Konzeption

Schütz fasste den Entschluss, aus dem Fundus vorhandener Kompositionen die gelungensten Motetten zusammenzustellen und um neue Schöpfungen zu ergänzen, in einer Zeit, in der der seit drei langen Jahrzehnten währende Krieg allmählich verebbte und 1648 - dem Veröffentlichungsjahr der Geistlichen Chormusik - mit dem Westfälischen Frieden endlich offiziell beendet war.28 Während des Krieges wäre die Publikation einer solch umfangreichen Sammlung weder sinnvoll noch möglich gewesen - wer hätte daraus singen sollen in Zeiten, in denen »die löbliche Music [â¦] nicht allein in grosses Abnehmen gerathen, sondern an manchem Ort gantz niedergeleget worden« war, wie Schütz im Vorwort zum ersten Teil der Kleinen geistlichen Concerte (Leipzig 1636) schrieb?29 Zahlreiche zeitgenössische Autoren haben die Gräuel und die von Hunger und Elend geprägte Zeit, die insgesamt etwa 40, gebietsweise sogar 70 Prozent der Bevölkerung hinwegraffte, in eindringlichen Formulierungen beschrieben. »Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr den[n] ganz verheeret!«, heißt es etwa zu...
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