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Das Dorf der Frauen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am26.05.20221. Auflage
Bilderreich und atmosphärisch: das Zeitkolorit der 1920er-Jahre Hanna ist die Tochter einer reichen Hamburger Kaufmannsfamilie. An der piefigen Enge glaubt sie ersticken zu müssen und lässt die geplante Verlobung mit einer »guten Partie« skandalös platzen. Die zufällige Begegnung mit einer Gruppe junger Tänzerinnen aus Loheland ist für Hanna eine Offenbarung: So frei, so selbstbestimmt will auch sie sein. Sie flieht aus ihrer Heimat und beginnt eine Ausbildung in der legendären Frauensiedlung. An den spartanischen Stil, die Freizügigkeit und die modernen Ideen muss Hanna sich erst gewöhnen, aber sie lernt, dieses Leben zu lieben - und die Liebe zu leben. Das Porträt eines außergewöhnliches Ortes »Das Dorf der Frauen« ist nicht nur ein bewegender historischer Roman, er bringt den Leserinnen auch einen einzigartigen Ort nahe: Eine Frauensiedlung, so alt wie das Bauhaus und gleichzeitig so etwas wie sein feministischer Gegenentwurf. Loheland, das feministische Bauhaus: ein Künstlerinnendorf wird zur Heimat für die junge Tänzerin Hanna.

Dörte Schipper, Jahrgang 1960, ist Autorin, TV-Journalistin und recherchiert und filmt u. a. für die Reihe ARD-exklusiv. Ihre gemeinsam mit einem Kollegen erstellte Fernsehreportage 'Der Luxuskoch vom Hospiz' wurde im Januar 2009 mit dem 'Erich-Klabunde-Preis' des Deutschen Journalistenverbands (DJV) Hamburg ausgezeichnet, einem der ältesten deutschen Journalistenpreise. Über die Frauensiedlung Loheland hat Dörte Schipper einen Dokumentarfilm gedreht. Die Frauen dieses außergewöhnlichen Projekts fand sie so faszinierend, dass sie ihnen gleich noch einen Roman gewidmt hat. Die Autorin lebt in Hamburg.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR17,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextBilderreich und atmosphärisch: das Zeitkolorit der 1920er-Jahre Hanna ist die Tochter einer reichen Hamburger Kaufmannsfamilie. An der piefigen Enge glaubt sie ersticken zu müssen und lässt die geplante Verlobung mit einer »guten Partie« skandalös platzen. Die zufällige Begegnung mit einer Gruppe junger Tänzerinnen aus Loheland ist für Hanna eine Offenbarung: So frei, so selbstbestimmt will auch sie sein. Sie flieht aus ihrer Heimat und beginnt eine Ausbildung in der legendären Frauensiedlung. An den spartanischen Stil, die Freizügigkeit und die modernen Ideen muss Hanna sich erst gewöhnen, aber sie lernt, dieses Leben zu lieben - und die Liebe zu leben. Das Porträt eines außergewöhnliches Ortes »Das Dorf der Frauen« ist nicht nur ein bewegender historischer Roman, er bringt den Leserinnen auch einen einzigartigen Ort nahe: Eine Frauensiedlung, so alt wie das Bauhaus und gleichzeitig so etwas wie sein feministischer Gegenentwurf. Loheland, das feministische Bauhaus: ein Künstlerinnendorf wird zur Heimat für die junge Tänzerin Hanna.

Dörte Schipper, Jahrgang 1960, ist Autorin, TV-Journalistin und recherchiert und filmt u. a. für die Reihe ARD-exklusiv. Ihre gemeinsam mit einem Kollegen erstellte Fernsehreportage 'Der Luxuskoch vom Hospiz' wurde im Januar 2009 mit dem 'Erich-Klabunde-Preis' des Deutschen Journalistenverbands (DJV) Hamburg ausgezeichnet, einem der ältesten deutschen Journalistenpreise. Über die Frauensiedlung Loheland hat Dörte Schipper einen Dokumentarfilm gedreht. Die Frauen dieses außergewöhnlichen Projekts fand sie so faszinierend, dass sie ihnen gleich noch einen Roman gewidmt hat. Die Autorin lebt in Hamburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492601191
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum26.05.2022
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse6951 Kbytes
Artikel-Nr.8126492
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1
Loheland, im April 1920

Empört sah Hanna dem davonratternden Fuhrwerk hinterher. Er hatte sie einfach stehen lassen und auch noch wegen ihrer schicken Stadtschuhe verspottet, dieser â¦ dieser ungehobelte, gemeine Bauer! »Ich habe Ihnen doch nichts getan. Warum nehmen Sie mich nicht ein Stück mit? Es ist schon Abend!«, rief sie in die Staubwolke hinein, die Pferde und Wagen aufgewirbelt hatten. Stöhnend griff Hanna zu ihrem Koffer und dem Geigenkasten und lief weiter, immer weiter die steinige Landstraße entlang.

Erst bei Einbruch der Dunkelheit merkte sie, dass hier nirgendwo Laternen standen. Lediglich das Licht einer Petroleumlampe, das durch das Fenster eines entfernt gelegenen Hauses schien, half ihr, die Abzweigung zu finden. Sie bog von der Straße in einen schmalen Weg, der direkt an einem Wald entlangführte. Mit Schrecken stellte sie bei jedem Schritt fest, wie das Licht schwächer wurde und bald erlosch. Sie hielt die Hände vor die Augen und sah sie kaum noch. Sie schaute nach oben zum Himmel und suchte vergebens nach dem Mond oder ein paar Sternen. Da war nur ein wolkenverhangenes, graudüsteres Firmament.

Loheland konnte nicht mehr weit entfernt sein. »Hallo! Hört mich jemand?«, rief sie mehrmals hintereinander und drehte sich in alle Richtungen. Sie irrte umher, lachte aus purer Verzweiflung über ihre Orientierungslosigkeit kurz auf.

Bald wurde ihr unheimlich zumute. Wohin sie auch ungeschickt tastete, um sie herum waren plötzlich nur noch Baumstämme und Büsche. Sie war vom Weg abgekommen, stand irgendwo in der Wildnis und wusste nicht weiter.

Jedes kleine Rascheln ließ sie zusammenzucken. War das ein Reh, ein Hase, ein Igel oder gar ein Wildschwein? In einer Großstadt wie Hamburg hatte sie nie gelernt, die unterschiedlichen Geräusche der Natur zu deuten. Verängstigt hockte Hanna sich vor einen Baum und wartete darauf, dass es irgendwann wieder hell wurde. Sie kam sich vor wie ein kleines verloren gegangenes Mädchen, dabei war sie mit ihren achtzehn Jahren schon eine fast erwachsene junge Frau.

»Da bist du ja endlich. Wir warten seit gestern auf dich. Ich war besorgt und habe mich in aller Frühe auf die Suche gemacht.«

Die sanfte Stimme, die ihr bekannt vorkam, riss Hanna aus dem Schlaf. Sie fror an Armen und Beinen. Irgendwann in der Nacht war sie wohl auf dem weichen, aber kühlen Waldboden eingenickt. Vorsichtig blinzelte sie in die Sonne, die gerade aufgegangen war, und sah im Gegenlicht Hilde, die vor ihr stand und sich ein Lachen kaum verkneifen konnte.

»Das sieht komisch aus, wie du mit deinem feinen Kleid und den eleganten Schuhen mitten im Gehölz liegst«, stellte sie belustigt fest.

Hanna hatte den Kopf an den Stamm einer Birke gelehnt und die Beine von sich gestreckt. Als hätten irgendwelche zotteligen Waldgeister sie in die Luft gewirbelt, waren ihr in Grüntönen gehaltenes Korsettkleid, ihre Jacke und die langen geflochtenen Zöpfe mit kleinen Erdkrümeln besprenkelt.

So sah also der Start in ihr neues Leben aus. Hanna hatte ihn sich etwas schillernder vorgestellt, erhobenen Hauptes mit einem kessen: »Hallo, hier bin ich.«

»Nachdem ich von der Landstraße abgebogen war, wurde es auf einmal stockfinster. Ich habe mich im Wald verlaufen und konnte die Siedlung nicht finden«, erklärte sie und rieb sich die Augen.

»Du warst so nah dran. Hast du das Plätschern nicht gehört? Direkt neben dir ist unser Wasserreservoir.« Hilde zeigte auf einen kleinen Hügel und half Hanna auf die Beine. »Du bist nicht die Erste, die hier an der Dunkelheit gescheitert ist«, tröstete sie die Neue. »Das ist ein typischer Anfängerfehler. Ich habe mal die ganze Nacht verzweifelt in einer kleinen Sandkuhle verbracht und am nächsten Morgen festgestellt, dass ich in der Nähe unserer Scheune lag.« Sie lachte. »Du musst dir eins merken: Wenn du dich verläufst, geh immer bergauf. Unsere Siedlung liegt oben. Oben auf dem Herzberg.«

»Ich werde daran denken, bestimmt. So etwas Peinliches soll mir nicht noch mal passieren.« Hanna strich ihr Kleid glatt und schaute verlegen zu Boden.

Obwohl Hilde mit einer beneidenswerten Leichtigkeit ihren Koffer trug, kam Hanna nur mit Mühe hinterher. Ihre vornehmen Schnallenschuhe mit diesen besonderen Absätzen, die ihr schon genug Unannehmlichkeiten bereitet hatten, drückten furchtbar, besonders an den großen Zehen, und versanken bei jedem Schritt im lehmigen Boden.

Sosehr Hanna modische Extravaganzen liebte - es war wohl an der Zeit, sich von diesen Stadtschuhen zu trennen. So bald würde sie nicht wieder mit gemächlichen Schritten über den Hamburger Jungfernstieg flanieren.

Hanna gab sich einen Ruck und bat Hilde, zu warten. Sie suchte im Koffer nach den kaum getragenen derben Wanderschuhen, die sie auf Anweisung ihrer Mutter widerwillig mitgenommen hatte, und zog sie an. Der Anblick ihrer zierlichen Füße in dem klobigen Schuhwerk war weder schön noch stilvoll, aber endlich taten die Blasen an den Zehen nicht mehr so weh.

»Jetzt können wir weiter«, rief sie erleichtert, »ich bin bereit für das Leben auf dem Land.«

Mit ihren feinen Sonntagsschühchen in der Hand lief sie an Hildes Seite einen Pfad entlang, der von Bäumen umsäumt in die Siedlung führte. Durch die Birkenknospen, die sich im Wind langsam hin und her wiegten, konnte sie bald die Umrisse eines großen zweigeschossigen Gebäudes erkennen.

»Da wohne ich«, sagte Hilde stolz. »Das war das erste Haus, das wir vor gut einem Jahr gebaut haben. Mit Holz aus unserem eigenen Wald. Es hat siebzehn Zimmer.«

Hanna betrachtete den Bau eine Weile und kniff dabei konzentriert die Augen zusammen. »Komisch, aus der Entfernung sieht das Haus aus, als wären noch keine Fenster drin«, bemerkte sie erstaunt.

Hilde lachte. »Stimmt. Dafür fehlte anfangs das Geld, und später waren andere Dinge wichtiger. Ich hoffe, das ändert sich vor dem nächsten Winter, sonst müssen wir wieder mit Mantel und Mütze ins Bett gehen.«

Kaum waren sie vom Holzhaus aus zu sehen, kam Louise Langgaard, eine der beiden Chefinnen, mit schnellen Schritten auf sie zu. Hanna fand, dass sie mit ihren kurzen Haaren, den robusten Lederstiefeln und ihrem wallenden weißen Kleid aussah wie eine tollkühne Draufgängerin. Ihre Bewegungen wirkten geschmeidig und jugendlich, dabei war sie bestimmt schon Ende dreißig.

»Kindchen, wo auch immer du die Nacht verbracht hast - manchmal braucht es Umwege, um ans Ziel zu kommen«, rief sie Hanna aufmunternd zu und reichte ihr beide Hände. »Willkommen in der Rhön. Willkommen in Loheland, der einzigen Frauensiedlung weit und breit!«

Die Frau konnte zupacken. Ihr Händedruck war nicht so weich und schlaff, wie Hanna es in der Hauswirtschaftsschule für höhere Töchter gelernt hatte. Er war kraftvoll und resolut - wie ihre gesamte Erscheinung.

Noch bevor sie das Holzhaus erreicht hatten, blieb Langgaard auf dem großen, weitläufigen Gelände stehen. »Als wir hergekommen sind, gab es hier nichts außer brachliegendem Land und ein bisschen Heidekraut. Nicht einmal den Trampelpfad, den du eben entlanggelaufen bist.«

Hanna schaute sich neugierig um. Verstreut wie in einer riesigen, unvollendeten Märchenkulisse entdeckte sie auf dem Grundstück hier und da vereinzelt Häuser, einen Stall, eine Scheune. Sie war durchaus beeindruckt, was die Frauen schon alles geleistet hatten, dachte aber auch an die viele Arbeit, die bestimmt noch auf sie zukommen würde. »Woher hatten Sie den Mut, in dieser abgeschiedenen Gegend zu siedeln?«, fragte sie.

»Wir haben einfach losgelegt. Ohne Wasser. Ohne Strom. Am Ende der Welt«, antwortete Langgaard. »Dass unsere Idee an irgendwelchen Unwägbarkeiten scheitern könnte, kam uns überhaupt nicht in den Sinn.«

Langgaard ließ den Blick über die Felder, den Wald und die Rhönberge im Osten schweifen. »Wenn du â¦«, sie zögerte kurz und schaute Hanna...
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Dörte Schipper, Jahrgang 1960, ist Autorin, TV-Journalistin und recherchiert und filmt u. a. für die Reihe ARD-exklusiv. Ihre gemeinsam mit einem Kollegen erstellte Fernsehreportage "Der Luxuskoch vom Hospiz" wurde im Januar 2009 mit dem "Erich-Klabunde-Preis" des Deutschen Journalistenverbands (DJV) Hamburg ausgezeichnet, einem der ältesten deutschen Journalistenpreise. Über die Frauensiedlung Loheland hat Dörte Schipper einen Dokumentarfilm gedreht. Die Frauen dieses außergewöhnlichen Projekts fand sie so faszinierend, dass sie ihnen gleich noch einen Roman gewidmt hat. Die Autorin lebt in Hamburg.