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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
272 Seiten
Deutsch
Redlineerschienen am14.11.2021
Wird der Mensch durch künstliche Intelligenz und Robotik überflüssig? Cukier, Mayer-Schönberger und de Véricourt belegen, warum diese Sorge unbegründet ist. Der menschliche Geist besitzt die einzigartige Fähigkeit, über Framing eigene Deutungsmuster zu erstellen, etwa um Informationen einzuordnen, Vorhersagen über die Zukunft zu treffen und auf ganz neue Lösungswege zu stoßen. Die Autoren beschreiben, wie Framing funktioniert, warum der Ratschlag, »out of the box« zu denken, nutzlos ist und wieso Spotify und nicht Apple das Musikerlebnis revolutioniert hat. Und warum es ein Framing-Desaster war, COVID-19 mit der saisonalen Grippe gleichzusetzen. Framers zeigt uns nicht nur, wie wir im Zeitalter der Algorithmen bessere Entscheidungen fällen können, sondern auch, wie Framing das menschliche Überleben im Zeitalter der Maschinen und Unruhen sichert.

Kenneth Cukier ist Senior Editor bei The Economist und Moderator des wöchentlich veröffentlichten Technologie-Podcasts namens 'Babbage'. Viktor Mayer-Schönberger ist Professor an der Universität Oxford und Autor von zwölf Büchern, darunter zuletzt Machtmaschinen, geschrieben mit Thomas Ramge. Francis de Véricourt ist Professor an der European School of Management und Technologie (ESMT) und Autor zahlreicher akademischer Artikel in renommierten Fachzeitschriften zu den Themen Management, Analytik und Wirtschaft.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
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E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR21,99

Produkt

KlappentextWird der Mensch durch künstliche Intelligenz und Robotik überflüssig? Cukier, Mayer-Schönberger und de Véricourt belegen, warum diese Sorge unbegründet ist. Der menschliche Geist besitzt die einzigartige Fähigkeit, über Framing eigene Deutungsmuster zu erstellen, etwa um Informationen einzuordnen, Vorhersagen über die Zukunft zu treffen und auf ganz neue Lösungswege zu stoßen. Die Autoren beschreiben, wie Framing funktioniert, warum der Ratschlag, »out of the box« zu denken, nutzlos ist und wieso Spotify und nicht Apple das Musikerlebnis revolutioniert hat. Und warum es ein Framing-Desaster war, COVID-19 mit der saisonalen Grippe gleichzusetzen. Framers zeigt uns nicht nur, wie wir im Zeitalter der Algorithmen bessere Entscheidungen fällen können, sondern auch, wie Framing das menschliche Überleben im Zeitalter der Maschinen und Unruhen sichert.

Kenneth Cukier ist Senior Editor bei The Economist und Moderator des wöchentlich veröffentlichten Technologie-Podcasts namens 'Babbage'. Viktor Mayer-Schönberger ist Professor an der Universität Oxford und Autor von zwölf Büchern, darunter zuletzt Machtmaschinen, geschrieben mit Thomas Ramge. Francis de Véricourt ist Professor an der European School of Management und Technologie (ESMT) und Autor zahlreicher akademischer Artikel in renommierten Fachzeitschriften zu den Themen Management, Analytik und Wirtschaft.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783962672171
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum14.11.2021
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1342 Kbytes
Artikel-Nr.8168126
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2. KAPITEL
FRAMING

Gedankliche Modelle durchziehen alles, was wir tun, selbst wenn wir uns ihrer nicht bewusst sind

Am Sonntag, dem 15. Oktober 2017, saß Alyssa Milano in Los Angeles zu Hause auf ihrem Bett und las Nachrichten. Das Internet vibrierte nur so vor Enthüllungen über den Filmproduzenten Harvey Weinstein. Als ehemaliger Kinderstar der 1980er-Jahre und mittlerweile gestandene Schauspielerin in den Vierzigern kannte sie alle Namen in den Schlagzeilen. Sexuelle Belästigung war in Hollywood nichts Außergewöhnliches - die sprichwörtliche »Casting Couch« war seit Langem berüchtigt. Das hier aber fühlte sich anders an. Diesmal ging es nicht um irgendwelche ungebetenen Avancen, sondern um handfeste körperliche Übergriffe, Dutzende an der Zahl, die sich über Jahrzehnte hinweg nicht nur schlicht im Verborgenen abgespielt hatten, sondern die aktiv vertuscht worden waren.

Eine Textnachricht poppte auf ihrem Handy auf. Darin schlug eine Freundin vor: Würden sich nur genug Frauen auf Twitter zu Wort melden, so könnte die Welt die Ausmaße des Problems erkennen. Milano gefiel die Idee. Sie hatte schon immer einen ausgeprägten moralischen Kompass gehabt. Als fünfzehnjährige Prominente hatte sie in einer Fernsehtalkshow einen HIV-positiven Jungen geküsst, um auf die Ungefährlichkeit dieser Art von Körperkontakt zu AIDS-Opfern aufmerksam zu machen. 2013 »leakte« sie ein Video, das vermeintlich sie und ihren Ehemann beim Sex zeigte, stattdessen aber eine zweiminütige Kurzdoku zum Konflikt in Syrien enthielt - Klickköder für die gute Sache.

Der Griff zu Twitter schien nahezuliegen. »Dieser Weg bietet sich an, um vielen Menschen eine Vorstellung von den Ausmaßen des Problems zu vermitteln«, erinnert sich Milano an ihre Überlegungen von damals. »So lenken wir den Fokus von diesen schrecklichen Männern zurück auf die Opfer und Überlebenden.« Milano selbst war beinahe fünfundzwanzig Jahre zuvor an einem Filmset sexuell genötigt worden, hatte aber niemals öffentlich darüber gesprochen. Sie öffnete Twitter und tippte: »Seid auch ihr schon einmal sexuell belästigt oder genötigt worden? Dann schreibt #MeToo als Antwort unter diesen Tweet.« Sie schaltete ihr Handy aus, warf noch einen Blick auf ihre schlafende dreijährige Tochter und ging zu Bett.

Als sie am nächsten Morgen aufwachte, hatte ihr Tweet bereits 35.000 Antworten, und es wurden immer mehr. Sie war total schockiert. Der #MeToo-Hashtag verbreitete sich wie ein Lauffeuer um die ganze Welt. Bis zum Ende des Tages fand er sich in mehr als zwölf Millionen Posts. Die ersten Journalisten riefen an. Ein globales Phänomen war geboren.

Die MeToo-Bewegung ist vieles. Vor allem aber ist sie ein Frame. Und dieser Frame stellte sexuelle Übergriffe in ein anderes Licht. Plötzlich waren sie nicht mehr »Privatsache«, sondern etwas, worüber öffentlich gesprochen werden konnte. Die Bekenntnisse auf Twitter wurden zu einer Quelle der Kraft und Selbstbefreiung. MeToo drehte das Stigma um: Frauen mussten sich nicht länger schämen, sondern konnten endlich die Männer beschämen, die sie angegriffen hatten.

Vor MeToo waren Frauen, die über sexuelle Übergriffe klagten, häufig nicht als Opfer, sondern als schwach, willfährig oder sogar mitschuldig gesehen worden. (Warum bist du in seine Wohnung mitgegangen? Musstest du so ein aufreizendes Kleid tragen?). Mit dem MeToo-Frame konnten sich Frauen endlich in dem Wissen zu Wort melden, dass sie mit ihren Erlebnissen nicht allein waren und auf eine globale Supportgruppe zählen.

Der neue Frame lieferte nicht nur eine alternative Sicht auf das Problem, sondern bot zugleich neue Entscheidungs- und Handlungsoptionen.
Eine Landkarte der Welt

Ob es darum geht, wie Frauen auf sexuelle Übergriffe reagieren oder wie Wissenschaftler Molekularstrukturen von Antibiotika begreifen - Frames machen die Komplexität der Welt verständlich. Unser Kopf ist voll von ihnen. Es ist unsere Art zu denken. Frames können simpel oder komplex sein, exakt oder ungenau, schön oder böse. Sie alle aber bilden einen Teil der Wirklichkeit ab. Dadurch helfen sie uns, Dinge zu verstehen, uns zu fokussieren und Entscheidungen zu treffen.

Demokratie ist ein Frame, Monarchismus ein anderer. In der Geschäftswelt ist schlanke Produktion ein Frame, OKR ein anderer (OKR steht für objectives and key results - das von Intel und später Google populär gemachte Managementsystem). Religion ist ein Frame, säkularer Humanismus (also Moral ohne einen Gott) ebenso. Der Rechtsstaat ist ein Frame, ebenso wie der Glaube an die Macht des Stärkeren. Rassengleichheit und Rassismus sind beides Frames.

Frames sind für unser Denken ebenso grundlegend wie vielseitig anwendbar. In den vergangenen Jahrzehnten haben Wissenschaftler aus den unterschiedlichsten Disziplinen von Philosophie bis Neurowissenschaft das menschliche Framing-Verhalten unter die Lupe genommen (mögen sie dafür auch ganz unterschiedliche Begriffe verwenden wie Vorlagen, Abstraktionen, Repräsentationen oder Schemata).

Heute ist die Vorstellung, dass Menschen in Modellen denken, sowohl in den Natur- als auch in den Sozialwissenschaften weitestgehend akzeptiert. Das ist aber ein vergleichsweise junges Phänomen. Anfang des 20. Jahrhunderts gehörte die Beschäftigung mit dem menschlichen Denken noch beinahe ausschließlich in den Bereich der Philosophie. Sigmund Freuds Interesse für die Geheimnisse des menschlichen Geistes war die Ausnahme, nicht die Regel. In der Zwischenkriegszeit sahen Philosophen wie Ernst Cassirer und Ludwig Wittgenstein die Grundlage des menschlichen Geistes in den Symbolen und Begriffen, mit denen wir jonglieren. Das war ein Schritt zu einem rationaleren, wenn auch - mangels empirischer Komponente - rein theoretischen Verständnis menschlicher Denkprozesse. Nach dem Zweiten Weltkrieg wandte sich auch die empirische Wissenschaft dem menschlichen Geist zu. Der Schwerpunkt der Forschungstätigkeit verlagerte sich von der Philosophie zur Psychologie - insbesondere, als Letztere begann, kognitive Prozesse im Gehirn zu untersuchen. Dabei verglich sie diese anfangs mit streng logischen Operationen, was sich empirisch allerdings dann nicht bestätigte.

Um die 1970er-Jahre herum gewann die Vorstellung von »Gedankenmodellen« an Einfluss - zusammen mit der Erkenntnis, dass das menschliche Denken nicht den Gesetzen der formalen Logik gehorcht, sondern vielmehr wie eine Simulation von Wirklichkeit funktioniert: Wir beurteilen Handlungsoptionen, indem wir uns vorstellen, was passieren könnte.

Diese Theorie ist inzwischen von Psychologen und Kognitionswissenschaftlern in zahlreichen Experimenten empirisch bestätigt worden. Seit einiger Zeit beteiligt sich auch die Neurowissenschaft aktiv an dieser Forschung - insbesondere unter Einsatz der funktionalen Magnetresonanztomografie (fMRT), durch welche sich die Gehirnaktivität von Versuchspersonen in Echtzeit darstellen lässt. Studien haben zum Beispiel gezeigt, dass wir, wenn wir für die Zukunft planen, Gehirnbereiche aktivieren, die mit der räumlichen Wahrnehmung und dem dreidimensionalen Vorstellungsvermögen assoziiert sind. Demnach handelt es sich beim Denken in Modellen um eine Form des bewussten und zielgesteuerten räumlichen Träumens.

Diese Arbeiten bewirkten eine schleichende Veränderung unseres Grundverständnisses vom menschlichen Denken. Sie unterstreichen die grundlegende Bedeutung gedanklicher Modelle für das menschliche Kognitionsgeschehen. Was wir sehen, wissen, fühlen und glauben, basiert auf unserer Gesamtvorstellung vom Universum. Unser Verständnis von der Welt hängt davon ab, wie wir uns ihr Funktionieren vorstellen: Warum etwas geschieht, wie sich die Dinge wohl in der Zukunft entwickeln werden, und welche Folgen unser Tun haben wird. Frames sind weder »Fantasie« noch »Kreativität«, aber ohne sie gäbe es weder das eine noch das andere.

Die meisten Menschen machen sich kaum Gedanken über ihre Gedanken, bevor sie Entscheidungen treffen. Deren Mehrzahl hat ohnehin keine weitreichenden Konsequenzen: Welches Hemd wollen wir heute tragen? Wünschen wir uns Croutons im Salat? Bei wichtigeren Entscheidungen kommen gedankliche Modelle sehr viel stärker zum Tragen. Viele Menschen geben sich deshalb Mühe, sich der Frames bewusst zu werden, derer sie sich bedienen.

Das Wichtigste an Frames ist aber nicht, was sie sind, sondern wozu sie uns befähigen. Frames versetzen uns in die Lage, Entscheidungen zu treffen, indem sie unser Denken fokussieren. Wenn sie gut funktionieren, stellen sie das Wichtige in den Vordergrund und erlauben uns, Nebensächliches zu vernachlässigen. That s a feature, not a bug, wie die Programmierer sagen. Frames sind hilfreiche Abkürzungen auf unseren gedanklichen Pfaden. Sie spannen den mentalen Raum auf, in welchem wir unsere Entscheidungen treffen. Sie erleichtern es uns, alternative Entscheidungsoptionen zu identifizieren. Sie vereinfachen für...
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Autor

Kenneth Cukier ist Senior Editor bei The Economist und Moderator des wöchentlich veröffentlichten Technologie-Podcasts namens "Babbage".

Viktor Mayer-Schönberger ist Professor an der Universität Oxford und Autor von zwölf Büchern, darunter zuletzt Machtmaschinen, geschrieben mit Thomas Ramge.

Francis de Véricourt ist Professor an der European School of Management und Technologie (ESMT) und Autor zahlreicher akademischer Artikel in renommierten Fachzeitschriften zu den Themen Management, Analytik und Wirtschaft.
Weitere Artikel von
Mayer-Schönberger, Viktor
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de Véricourt, Francis