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Die seltsamsten Menschen der Welt

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
918 Seiten
Deutsch
Suhrkamp Verlag AGerschienen am07.03.20221. Auflage
Es gibt einen Menschenschlag, der sich von allen anderen früheren und heutigen stark unterscheidet. Sein Gehirn ist so verdrahtet, dass er in der Regel Gesichter schlechter erkennen kann, weniger auf seine Verwandten achtgibt und die Welt »scheibchenweise« verstehen will. Bei diesen sonderbaren Personen handelt es sich aber nicht etwa um peruanische Matsigenka, Fidschi-Insulanerinnen, chinesische Reisbauern oder die Jäger und Sammlerinnen der Hadza im heutigen Tansania - sondern um Leute wie Sie und mich!

Aber warum sind wir »Westler« so sonderbar - und was hat das mit Demokratie und Religion, mit Falschparken und Heiraten, Totems und Tabus, mit Aufklärung, Industrieller Revolution, Globalisierung und überhaupt fast allem anderen zu tun? Und warum war ausgerechnet das katholische Ehe- und Familienmodell des Mittelalters so überaus wichtig? Anhand von faszinierenden psychologischen Experimenten und ausgedehnten Feldforschungen sowie gestützt auf eine Fülle historischer und soziologischer Daten zeigt der Anthropologe Joseph Henrich auf brillante Weise, wie uns Evolution, Geschichte und vor allem die Kultur zu dem gemacht haben, was wir heute sind: die seltsamsten Menschen der Welt. Ein wegweisendes Buch voller Überraschungen.


Joseph Henrich, geboren 1968, studierte zunächst Anthropologie sowie Luft- und Raumfahrttechnik und arbeitete dann als Systemingenieur bei General Electric. Anschließend wurde er Professor für Kultur, Kognition und Koevolution an der University of British Columbia. Seit 2015 ist er Direktor und Professor des Department of Human Evolutionary Biology der Harvard University.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR36,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR30,99

Produkt

KlappentextEs gibt einen Menschenschlag, der sich von allen anderen früheren und heutigen stark unterscheidet. Sein Gehirn ist so verdrahtet, dass er in der Regel Gesichter schlechter erkennen kann, weniger auf seine Verwandten achtgibt und die Welt »scheibchenweise« verstehen will. Bei diesen sonderbaren Personen handelt es sich aber nicht etwa um peruanische Matsigenka, Fidschi-Insulanerinnen, chinesische Reisbauern oder die Jäger und Sammlerinnen der Hadza im heutigen Tansania - sondern um Leute wie Sie und mich!

Aber warum sind wir »Westler« so sonderbar - und was hat das mit Demokratie und Religion, mit Falschparken und Heiraten, Totems und Tabus, mit Aufklärung, Industrieller Revolution, Globalisierung und überhaupt fast allem anderen zu tun? Und warum war ausgerechnet das katholische Ehe- und Familienmodell des Mittelalters so überaus wichtig? Anhand von faszinierenden psychologischen Experimenten und ausgedehnten Feldforschungen sowie gestützt auf eine Fülle historischer und soziologischer Daten zeigt der Anthropologe Joseph Henrich auf brillante Weise, wie uns Evolution, Geschichte und vor allem die Kultur zu dem gemacht haben, was wir heute sind: die seltsamsten Menschen der Welt. Ein wegweisendes Buch voller Überraschungen.


Joseph Henrich, geboren 1968, studierte zunächst Anthropologie sowie Luft- und Raumfahrttechnik und arbeitete dann als Systemingenieur bei General Electric. Anschließend wurde er Professor für Kultur, Kognition und Koevolution an der University of British Columbia. Seit 2015 ist er Direktor und Professor des Department of Human Evolutionary Biology der Harvard University.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783518772546
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum07.03.2022
Auflage1. Auflage
Seiten918 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse10624 Kbytes
Artikel-Nr.8184085
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



9Vorwort


Im Jahr 2006 schlug ich unwissentlich den Weg zu diesem Werk ein, als ich vom anthropologischen Fachbereich der Emory University an die University of British Columbia (UBC) in Vancouver wechselte und dort Professor für Psychologie und Ökonomie wurde. Das war eine ganz schön unwahrscheinliche Anlaufstelle, da ich in keinem der beiden Felder je einen Kurs belegt hatte. Schon kurz nach meiner Ankunft an der UBC legten zwei scheinbar unabhängige Entwicklungen den Grundstein für dieses Buch. Erstens schlug die Dekanin der Wirtschaftsfakultät, Anji Redish, vor, ich solle einen Kurs namens »Der Wohlstand und die Armut der Nationen« unterrichten, um meinen Lehrverpflichtungen nachzukommen. Sie hatte gehört, dass ich als Doktorand an der UCLA ein Seminar gegeben hatte, das auf Jared Diamonds Buch Arm und Reich. Die Schicksale menschlicher Gesellschaften basierte. Der Kurs gab mir die Gelegenheit, mich tief in die wirtschaftswissenschaftliche Literatur darüber einzuarbeiten, warum Länder sich in ihrer Prosperität unterscheiden und warum die Industrielle Revolution gerade in Europa und nicht anderswo stattfand. Thematisch passte diese Forschung hervorragend zu meinem langjährigen anthropologischen Interesse an der Entwicklung menschlicher Gesellschaften, obwohl Anthropologen normalerweise nicht versuchten, Dinge zu erklären, die sich nach dem Auftauchen der ersten Staaten ereigneten. Ökonomen wiederum blickten (damals) selten 10mehr als etwa 500 Jahre zurück. Jedes Mal, wenn ich den Kurs gab, modifizierte ich auch den Lesestoff, was mir die Möglichkeit eröffnete, das ganze Feld zu erforschen und zu kritisieren. Das machte zwar Spaß, machte mir aber noch nicht bewusst, wie wichtig dieses Wissen für meine Bemühungen um das Verständnis der psychologischen Unterschiede von Menschen noch werden würde.

Die zweite bedeutsame Entwicklung ergab sich, als ich Ara Norenzayan und Steve Heine kennenlernte, beide Sozialpsychologen an der UBC. Ara, ein Armenier, der mit 18 aus dem vom Krieg zerrütteten Libanon nach Fresno, Kalifornien, emigriert war, hatte den ersten Teil seiner wissenschaftlichen Karriere damit verbracht, kulturelle Unterschiede in der Wahrnehmung, im Denkstil und im Argumentieren zu studieren. Steve, dessen Forschungen (meiner Vermutung nach) oft vom täglichen Umgang mit seiner japanischen Ehefrau inspiriert wurden, hatte verglichen, wie Kanadier und Japaner über sich selbst im Verhältnis zu anderen nachdenken und wie sich das auf ihre Motive, ihre Entscheidungen und ihr Selbstverständnis auswirkt. Unabhängig voneinander hatten wir alle - in unseren jeweiligen Kompetenzbereichen - bemerkt, dass Westlerinnen und Westler beim Vergleich mit anderen Bevölkerungsgruppen oft herausstachen. Über chinesischem Fastfood (in einem unterirdischen Food-Court, in dem angeblich die berühmten Psychologen Daniel Kahneman und Amos Tversky ihre Pläne zur Untersuchung rationaler Entscheidungsfindung ausgeheckt hatten) beschlossen wir, alle kulturübergreifenden Studien zusammenzutragen, die wir zu wichtigen Aspekten der menschlichen Psychologie nur finden konnten. Nach sorgfältiger Durchsicht dieser Untersuchungen kamen wir zu drei bemerkenswerten Schlussfolgerungen:

11Massiv verzerrte Stichproben: Das meiste, was man über Psychologie und Verhalten des Menschen experimentell herausgefunden hatte, basierte auf Experimenten mit Studierenden aus westlichen Gesellschaften. Zum damaligen Zeitpunkt stammten 96 Prozent der Teilnehmer aus Nordeuropa, Nordamerika oder Australien, und etwa 70 Prozent davon waren amerikanische Studierende.


Psychologische Diversität: Psychologische Unterschiede zwischen Bevölkerungen zeigten sich in vielen wichtigen Bereichen, was auf eine Variation hindeutete, die viel größer war, als man beim Lesen von Lehrbüchern oder den maßgeblichen psychologischen und verhaltensökonomischen Fachzeitschriften erwartet hätte.


Psychologische Eigentümlichkeit: Wenn kulturübergreifende Daten aus mehreren Populationen verfügbar waren, fanden sich Stichproben von Westlern typischerweise am extremen Ende der Verteilung. Sie waren psychologisch sonderbar.


Zusammengenommen bedeuteten diese drei Befunde, dass fast alles, was wir - Wissenschaftler - über die menschliche Psychologie wussten, von Bevölkerungsgruppen stammte, die in vielen wichtigen psychologischen und verhaltenswissenschaftlichen Hinsichten ziemlich ungewöhnlich zu sein schienen. Vor allem gab es keinen offensichtlichen Weg, um zu bestimmen, ob sich ein psychologisches Muster, das bei westlichen Studierenden gefunden worden war, auch kulturübergreifend zeigen würde. Forschungen, die über ein halbes Jahrhundert zurückreichten, hatten bei verschiedenen Populationen nämlich Unterschiede in der Anfälligkeit für visuelle Illusionen, im räumlichen Denken und Gedächtnis, bei der Aufmerksamkeit, Geduld, Risikobereitschaft, Fairness, beim induktiven Schließen, bei Exekutivfunktionen und in der Mustererkennung aufgedeckt.

Vier Jahre nach unserem Mittagessen im Kellergeschoss pub12lizierten Ara, Steve und ich schließlich - zusammen mit einem Kommentar in der Zeitschrift Nature - den Aufsatz »The weirdest people in the world?« in der Zeitschrift Behavioral and Brain Sciences (2010). In diesen Veröffentlichungen tauften wir die in psychologischen und verhaltenswissenschaftlichen Experimenten so häufig untersuchten Populationen »W.ââE.ââI.ââR.ââD.«.* 

Natürlich vermuteten wir, dass es wahrscheinlich auch wichtige psychologische Unterschiede zwischen den westlichen Bevölkerungen und innerhalb westlicher Länder gab, aber selbst diese Unterschiede tauchten nur selten in veröffentlichten Studien oder Lehrbüchern auf.

Obwohl unsere Publikation in Behavioral and Brain Sciences viel Aufmerksamkeit auf die Beschränktheit der Stichprobenauswahl innerhalb der Psychologie und der Verhaltenswissenschaften lenkte, fand ich sie doch immer unbefriedigend, weil sie im Grunde nichts erklärt. Wie kommen all diese psychologischen Unterschiede zustande? Und warum sind sonderbare Menschen so ungewöhnlich? Tatsächlich konnten wir uns ohne leitende Theorien oder Erklärungen nicht einmal sicher sein, dass sonderbare Leute wirklich ungewöhnlich sind. Hatten sich sonderbare Forscher - die die einschlägigen wissenschaftlichen Disziplinen völlig dominieren - unbewusst auf jene Aspekte der Psychologie oder des Verhaltens konzentriert, bei denen sie selbst - beziehungsweise die Populationen, denen sie angehörten - am ehesten hervorstechen? Steve fragte sich beim Lunch 13einmal laut, wie die japanische Psychologie wohl aussehen würde, wenn japanische Forscherinnen ihre eigene Version der Disziplin entwickelt hätten, ohne zuvor westliche Konzepte, Interessen und Schwerpunkte importiert zu haben.

Im Anschluss an unser Paper begannen sich meine Gedanken um die Frage zu drehen, wie man die größeren Muster psychologischer Variation erklären könnte, die Ara, Steve und mir aufgefallen waren. Meine bisherigen Bemühungen dazu liegen nun vor Ihnen. Als ich mit der Arbeit an diesem Buch begann, kam jedoch zunächst eines mit dem Titel The Secret of Our Success (2016) dabei heraus. Ursprünglich sollten die Ideen, die ich dort entwickelte, den ersten Teil dieses Buches bilden, doch als ich die intellektuellen Schleusen öffnete, brach ein ganzer, nicht zu stoppender Schwall in Buchlänge aus mir hervor. Erst als The Secret of Our Success abgeschlossen war, konnte ich getrost die für Die seltsamsten Menschen der Welt notwendigen Elemente synthetisieren. Ich danke meinem Verlag Farrar, Straus und Giroux für das Verständnis dafür, dass man manchmal erst die richtigen Werkzeuge schmieden muss, bevor man eine große Aufgabe in Angriff nehmen kann.

Dieses Projekt verlangte von mir, Forschungen aus den verschiedensten Sozial- und Biowissenschaften zu nutzen und zu integrieren, und zu diesem Zweck musste ich mich auf ein riesiges Netzwerk aus Freunden, Kollegen und weiteren Wissenschaftlerinnen stützen, die über ein Jahrzehnt hinweg mit ihrem Wissen, ihrer Weisheit und ihren Einsichten dazu beitrugen. Ich kann mich unmöglich...

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Autor

Joseph Henrich, geboren 1968, studierte zunächst Anthropologie sowie Luft- und Raumfahrttechnik und arbeitete dann als Systemingenieur bei General Electric. Anschließend wurde er Professor für Kultur, Kognition und Koevolution an der University of British Columbia. Seit 2015 ist er Direktor und Professor des Department of Human Evolutionary Biology der Harvard University.