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Der vergessene Geschmack von Glück

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am13.04.20221. Auflage
Ein Festmahl für die Seele An einem stürmischen Nachmittag stürzt sich die junge, talentierte Köchin Anna-Greta Olsson vor der Küste Schwedens unter mysteriösen Umständen von einer Klippe in den Tod - und gerät bald in Vergessenheit. Erst als 100 Jahre später der arbeitslose Küchenchef Leif Söderberg in dem alten Hotel auf der Insel anheuert, scheint sich Anna-Greta Olssons Schicksal endlich zu erfüllen. Ohne es zu ahnen, stößt Leif auf ihr magisches Vermächtnis. Wird seine verlorene Leidenschaft zum Kochen neu entfacht? Und was hat Smilla, die undurchschaubare Tochter der Eigentümer, mit der tragischen Geschichte und den unerklärlichen Vorkommnissen in der Hotelküche zu tun?

Lars Simon, Jahrgang 1968, hat nach seinem Studium lange Jahre in der IT-Branche gearbeitet, bevor er mit seiner Familie nach Schweden zog, wo er als Handwerker tätig war. Heute lebt und schreibt der gebürtige Hesse wieder in der Nähe von Frankfurt am Main. Bisher sind von ihm bei dtv eine dreibändige Comedy-Reihe, das Weihnachtsbuch >Gustafssons Jul< sowie die Urban-Fantasy-Reihe um Zauberlehrling Lennart Malmkvist und seinen sprechenden Mops Bölthorn erschienen. Lars Simon ist ein Pseudonym.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEin Festmahl für die Seele An einem stürmischen Nachmittag stürzt sich die junge, talentierte Köchin Anna-Greta Olsson vor der Küste Schwedens unter mysteriösen Umständen von einer Klippe in den Tod - und gerät bald in Vergessenheit. Erst als 100 Jahre später der arbeitslose Küchenchef Leif Söderberg in dem alten Hotel auf der Insel anheuert, scheint sich Anna-Greta Olssons Schicksal endlich zu erfüllen. Ohne es zu ahnen, stößt Leif auf ihr magisches Vermächtnis. Wird seine verlorene Leidenschaft zum Kochen neu entfacht? Und was hat Smilla, die undurchschaubare Tochter der Eigentümer, mit der tragischen Geschichte und den unerklärlichen Vorkommnissen in der Hotelküche zu tun?

Lars Simon, Jahrgang 1968, hat nach seinem Studium lange Jahre in der IT-Branche gearbeitet, bevor er mit seiner Familie nach Schweden zog, wo er als Handwerker tätig war. Heute lebt und schreibt der gebürtige Hesse wieder in der Nähe von Frankfurt am Main. Bisher sind von ihm bei dtv eine dreibändige Comedy-Reihe, das Weihnachtsbuch >Gustafssons Jul< sowie die Urban-Fantasy-Reihe um Zauberlehrling Lennart Malmkvist und seinen sprechenden Mops Bölthorn erschienen. Lars Simon ist ein Pseudonym.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423440066
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum13.04.2022
Auflage1. Auflage
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1977 Kbytes
Artikel-Nr.8199751
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1 Ein großer Rucksack voll gefrorenem Backfisch

Das Erste, was Leif im Sinn hatte, sobald er abends nach Hause kam, war eine Dusche. Ganz am Anfang, als er gerade in Gunnar Perssons Restaurant begonnen hatte, war es noch nicht so gewesen, doch es hatte nicht lange gedauert, bis sich dieser beinahe panische Reinigungsdrang nach der Arbeit eingestellt hatte. Vielleicht waren es drei Monate gewesen, vielleicht sechs. Leif wusste es nicht mehr.

Nur, dass er jetzt unbedingt duschen musste.

Er schloss die Wohnungstür auf, zog zuerst seine Schuhe, dann seine Jacke aus, die er an die Garderobe neben dem Eingang hängte. Dem folgte ein »Hej!« in Richtung von Mats´ Zimmer, der seine Tür nur zumachte, wenn er am Rechner in ein Onlinespiel vertieft war, oder, was seltener vorkam, wenn er Damenbesuch hatte.

Mats kannte Leif, und Leif kannte Mats. Angestellter Koch und freischaffender Webdesigner. Das passte auf den ersten Blick absolut nicht zusammen, doch es funktionierte hervorragend. Und nach einigen Jahren in einer gemeinsamen Dreizimmerwohnung war es genauso unmöglich geworden, irgendeine charakterliche Eigenheit vor dem anderen zu verbergen, wie es wenig sinnvoll schien, sich noch über irgendeine Verhaltensweise des anderen aufzuregen. Entweder man akzeptierte den anderen, wie er war, oder man zog aus. So einfach war das.

Vermutlich hatte Mats sich aus genau diesem Grund nicht darüber gewundert, dass er nach der knappen Begrüßung seines Mitbewohners nur noch gehört hatte, wie die Badezimmertür zufiel. Er kannte Leifs Ritual.

Im Badezimmer zog Leif sich aus, stellte die Dusche an und schloss eine Weile die Augen, während das Wasser an ihm herunterrann. Dann erst seifte er sich gründlich ein und wusch sich zweimal das Haar (der strenge Geruch von heißem Fett haftete besonders stark darin). Als er fertig war, stopfte er die getragene Kleidung in den Wäschekorb und ging mit dem Handtuch um die Hüften zuerst in sein Zimmer, wo er sich frische Sachen anzog, und danach in die Küche, wo das Feierabendbier schon im Kühlschrank auf ihn wartete.

Wenig später gesellte sich Mats zu ihm. Es hatte etwas Familiäres, wann immer sie hier zusammenkamen. Von hier aus hatte man einen guten Blick durchs Fenster in die Tristesse der Göteborger Sozialbaulandschaft. Wortlos stießen sie an.

»Na, Schatz, wie war dein Tag?«, fragte Mats nach einer Weile, ohne eine Miene zu verziehen. Sein Blick war freundlich und aufmerksam.

Leif stellte seine Bierdose ab und fuhr sich mit den Fingern durch das klamme Haar. »Das Übliche. Backfisch. Hamburger. Krabbenbrote. Hotdogs mit Röstzwiebeln und Kartoffelbrei.« Er zuckte teilnahmslos mit den Schultern. »Eben wie gestern, wie vorgestern und wie letzte Woche. Keine besonderen Vorkommnisse. Skål.«

»Zum Glück hast du dieses Wochenende frei«, sagte Mats und lächelte.

Leif nickte einvernehmlich, doch in Wirklichkeit entlockte ihm die Aussicht auf ein freies Wochenende schon lange keine Freude mehr. Nach fast sechs Jahren als Koch in diesem Restaurant graute ihm jetzt schon vor der kommenden Woche.

Er leerte sein Bier mit einem Schluck, knüllte die Dose zusammen und stellte sie auf den Tisch. Sie schaukelte noch einige Male hin und her, bis sie verknittert innehielt.

»Komm, gehen wir noch in die Stadt, etwas trinken«, schlug Mats vor.

»Nein, heute lieber nicht«, wehrte Leif ab. »Ich bin müde und will nicht zu spät ins Bett.« Was er seinem Freund verschwieg, war, dass er vergangene Nacht schon wieder diesen seltsamen Traum von Jana gehabt hatte, der ihn immer häufiger heimsuchte.

 

Eine frische Brise kam vom Meer heran und strich sanft durch die von der Julisonne aufgeheizte Stadt, die sich bereits hinter den Horizont zurückzog. Leif blickte weit hinaus auf den Götaälv, wo sich ein Lastkahn mit Kies flussaufwärts schob. Es folgten ein Fischerboot und ein Aussichtsdampfer mit Touristen, die wahrscheinlich die Göteborger Oper und den alten Hafen mit seinen vertäuten Dreimastern bei Sonnenuntergang vom Wasser her bestaunen wollten. Die zahllosen bunten Lichter wirkten beruhigend und hatten etwas Tröstliches, gerade so, wie wenn man in einer grillenzirpenden Sternennacht den Kopf in den Nacken legt und sich mit dem Anblick der Milchstraße zudeckt.

Jana saß neben ihm.

Sie roch nach ewigem Sommer und lächelte.

Eine Möwe flog kreischend über sie hinweg.

»Ich kann niemanden lieben, der den besten Tag seines Lebens nicht genutzt hat«, sagte Jana, als der Vogel vorübergezogen war. Sie klang vollkommen ruhig, ohne jede Leidenschaft oder Erregung - als würde sie ein unumstößliches Axiom zitieren. Dann ließ sie ihr halb volles Weinglas auf dem Tisch zurück, stand auf und ging ins Nirgendwo davon.

Die Schiffe verschwanden langsam aus seinem Blickfeld im Meer der Hafenlichter zu Beginn eines weit entfernten Abends.

 

Mats und Leif hatten sich geeinigt, ihren Kneipengang am Wochenende nachzuholen, und nach einem letzten gemeinsamen Bier hatte sich Leif gegen halb elf ins Bett gelegt. Heute wollte er gut schlafen.

Und doch lag er noch eine ganze Weile mit offenen Augen da, starrte an die Decke und grübelte, weshalb ihn dieser eine Traum in letzter Zeit immer wieder überfiel.

Jana hatte Medizin studiert. Ihre Eltern waren äußerst vermögend. Dass sich eine so hübsche angehende Kinderärztin mit besten Karriereaussichten wenig standesgemäß in Leif verliebt hatte, den Koch aus Gunnar´s Bistro & Lumumba Beach , wo sie sich zum ersten Mal begegnet waren, hatte offenes Entsetzen in ihrem gesamten Freundeskreis und bei ihrer Familie ausgelöst. Doch zwei Jahre lang waren sie gegen alle Widerstände wirklich glücklich gewesen. Dann war Leif zu ihr in die geräumige Eigentumswohnung im obersten Stock eines denkmalgeschützten Altbaus mit Blick auf den Hafen gezogen.

Hinter ihnen hatte die Norrstan gelegen, Göteborgs nördlicher Teil der Altstadt, mit seinen traumhaft schönen Häusern, den engen Gassen, vielen kleinen Läden und Restaurants. Und trotz der zentralen Lage war die Wohnung ruhig gewesen. Ein Jahr später hatte sich Jana von ihm getrennt und ihn gebeten zu gehen, weil sie sich in jemand anderen verliebt hatte. Sie war jetzt mit einem Orthopäden aus ihrer Klinik zusammen und schwanger, wie Leif gehört hatte.

Das alles war bald zwei Jahre her, und noch immer träumte er von ihr. Warum? Er liebte sie nicht mehr - daran konnte es also nicht liegen. Doch von der Zeit mit ihr war eine Ahnung zurückgeblieben, eine vage Idee von Zukunft, die sich Leif nun nicht mehr bot.

Und unbestimmte Zweifel.

Ich kann niemanden lieben, der den besten Tag seines Lebens nicht genutzt hat.

Der beste Tag meines Lebens?, grübelte Leif. Was mochte das sein? Und wie kam sein Gehirn darauf? Jana selbst hatte sich nie so geäußert. Sie hatte von Liebe und Leidenschaft gesprochen, davon, dass sie beides nicht mehr fühle.

Leif knipste die Nachttischleuchte aus und fiel, sobald er es aufgegeben hatte, dem eingebildeten Geruch von heißem Frittierfett weiter nachzuspüren, in einen tiefen Schlaf.

 

Gegen acht Uhr am nächsten Morgen trat er einigermaßen erholt aus dem Haus. Fahler Sonnenschein begrüßte ihn. Ein für Mitte Mai ungewöhnlich kalter Wind kam vom Meer herüber und fegte kaum sichtbaren, sehr feinen Nieselregen durch die Straßen.

Die Fahrt in die Innenstadt dauerte etwa zwanzig Minuten. Gunnar´s Bistro & Lumumba Beach lag im Stadtteil Heden, nur etwa fünfhundert Meter vom Ullevi-Stadion entfernt und fußläufig zum alten Wallgraben, der die Göteborger Altstadt mit seinem Kanal zickzackförmig umschloss, wie zur Verteidigung bereit (wozu dieser auch ursprünglich erbaut worden war, lange bevor Touristendampfer sich dort entlangschoben).

Gunnar Persson hatte sein Bistro vor über zwanzig Jahren eröffnet. Es lag in einem großen Zweckbau mit dem Charme eines Behördengebäudes, das mittels Kunstpalmen, grob gezimmerten Holzmöbeln und allerlei Schnickschnack nachträglich mehr schlecht als recht auf ein tropikales Ambiente getrimmt worden war. Der größte Umsatzbringer, zumindest in den warmen Monaten und bei schönem Wetter, war zweifelsohne der große Außenbereich, ehemals als Parkplatz gedacht, doch dann von Gunnar Persson zum Lumumba Beach umgestaltet. Dazu hatte er das gesamte Areal mit einem Zaun aus blickdichten Strohmatten eingefriedet, und zu Beginn jeder Saison ließ er den Boden zuerst reinigen und dann von einem befreundeten Bauunternehmer mit einer Lkw-Ladung Sand zuschütten, um dann rund zwei Dutzend Plastikgartentische mit passenden Stühlen und bunten Sonnenschirmen darauf zu verteilen.

Leif fühlte sich hier zwar auch im Sommer nie wie an einem Strand, geschweige denn wie in den Tropen, doch das Bistro war bei schönem Wetter derart gut frequentiert, dass die Leute Mühe hatten, einen freien Platz zu finden. In den warmen Monaten machte Gunnar Persson richtig Geld, ganz besonders mit Touristen, die von der Altstadt ins Museumsviertel und zu den Sportstätten mäanderten und unterwegs eine Stärkung brauchten. Außerdem lag Gunnars Bistro im Einzugsgebiet der Universität. Sein Publikum legte im Schnitt nicht ganz so viel Wert auf die Ausgewogenheit von Qualität und Preis, wenigstens, solange Letzterer günstig genug und man nach dem Essen satt war. Viele Gäste verzichteten ohnehin aufs Essen und tranken viel lieber im aufgeschütteten Lumumba-Beach -Bereich Cocktails oder Bier, was Gunnar sehr entgegenkam, da er damit noch weniger...
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Autor

Lars Simon, Jahrgang 1968, hat nach seinem Studium lange Jahre in der IT-Branche gearbeitet, bevor er mit seiner Familie nach Schweden zog, wo er als Handwerker tätig war. Heute lebt und schreibt der gebürtige Hesse wieder in der Nähe von Frankfurt am Main. Bisher sind von ihm bei dtv eine dreibändige Comedy-Reihe, das Weihnachtsbuch >Gustafssons Jul