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Zum Weißen Ross

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
176 Seiten
Deutsch
Atlantik Verlagerschienen am02.03.2022
Drei Männer, zwei Familien und ein unverhofftes Wiedersehen Das Weiße Ross ist ein gut laufendes Restaurant an der Route Nationale, in dem sich die unterschiedlichsten Gäste tummeln. Hier treffen ein verschlagener Wirt, ein aufrichtiger Familienvater auf Durchreise und ein unangenehmer Nachtwächter aufeinander. Als Monsieur Arbelet beim Kartenspiel über die Stränge schlägt, muss ich der Nachtwächter um das entstandene Malheur kümmern. Und der stellt sich als Onkel Félix heraus: Ein unangenehmer Verwandter, den die Arbelets so schnell nicht wieder loswerden. Schließlich spitzen sich die Ereignisse im Weißen Ross zu - denn auch der Wirt ist ein Mann von unberechenbarem Wesen.

Georges Simenon, geboren am 13. Februar 1903 im belgischen Lüttich, gestorben am 4. September 1989 in Lausanne, gilt als der »meistgelesene, meistübersetzte, meistverfilmte, in einem Wort: der erfolgreichste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts« (Die Zeit). Seine erstaunliche literarische Produktivität (75 Maigret-Romane, 117 weitere Romane und mehr als 150 Erzählungen), viele Ortswechsel und unzählige Frauen bestimmten sein Leben. Rastlos bereiste er die Welt, immer auf der Suche nach dem, »was bei allen Menschen gleich ist«. Das macht seine Bücher bis heute so zeitlos.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDrei Männer, zwei Familien und ein unverhofftes Wiedersehen Das Weiße Ross ist ein gut laufendes Restaurant an der Route Nationale, in dem sich die unterschiedlichsten Gäste tummeln. Hier treffen ein verschlagener Wirt, ein aufrichtiger Familienvater auf Durchreise und ein unangenehmer Nachtwächter aufeinander. Als Monsieur Arbelet beim Kartenspiel über die Stränge schlägt, muss ich der Nachtwächter um das entstandene Malheur kümmern. Und der stellt sich als Onkel Félix heraus: Ein unangenehmer Verwandter, den die Arbelets so schnell nicht wieder loswerden. Schließlich spitzen sich die Ereignisse im Weißen Ross zu - denn auch der Wirt ist ein Mann von unberechenbarem Wesen.

Georges Simenon, geboren am 13. Februar 1903 im belgischen Lüttich, gestorben am 4. September 1989 in Lausanne, gilt als der »meistgelesene, meistübersetzte, meistverfilmte, in einem Wort: der erfolgreichste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts« (Die Zeit). Seine erstaunliche literarische Produktivität (75 Maigret-Romane, 117 weitere Romane und mehr als 150 Erzählungen), viele Ortswechsel und unzählige Frauen bestimmten sein Leben. Rastlos bereiste er die Welt, immer auf der Suche nach dem, »was bei allen Menschen gleich ist«. Das macht seine Bücher bis heute so zeitlos.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783455013450
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum02.03.2022
Seiten176 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1128 Kbytes
Artikel-Nr.8200730
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
CoverVerlagslogoTitelseite1234567891011Über Georges SimenonImpressummehr
Leseprobe

1

Setz ihn lieber wieder runter, Maurice!«

Warum sollte er sich ausgerechnet an diesen Satz eher erinnern als an einen anderen? Und warum ausgerechnet an diese Minute und nicht an irgendeine andere Minute dieses Pfingstsonntags?

Der Junge dachte nicht darüber nach. Er wusste nicht, dass es von Bedeutung sein würde, dass er später als Mann und noch später als Greis nur dieses eine Bild seines Vaters, wie es sich jetzt seinem Gedächtnis einprägte, wieder heraufbeschwören würde.

Er hob den Kopf, denn er war erst sieben Jahre alt, und sein Vater kam ihm riesengroß vor, noch vergrößert durch Christian, der auf seinen Schultern saß, und durch den Schatten, den die untergehende Sonne von ihm malte.

»Gib mir wenigstens deinen Hut, er macht ihn ja ganz kaputt â¦«

Denn Christian hielt sich mit beiden Händen am Strohhut seines Vaters fest. Er rührte sich nicht, es war für ihn kein Spiel, so getragen zu werden. Später sollte sein Bruder Émile sich auch an ihn erinnern, wie an jede andere Einzelheit dieses Ausflugs, zum Beispiel das eigentümliche Grün des Schilfs unter den letzten Sonnenstrahlen.

Christian thronte mit der Würde einer orientalischen Majestät, die auf dem Rücken des heiligen Elefanten sitzt, auf den Schultern des Vaters. Seine sehr hellen blauen Augen schienen leer, aber jeder in der Familie wusste, dass er drei oder auch sechs Monate später plötzlich die Geschichte dieses Tages herunterleiern würde - und zwar mit Einzelheiten, die allen anderen entgangen waren.

Gib mir wenigstens deinen Hut, er macht ihn ja ganz kaputt â¦

Es war wie im Kino. Mutter trat ins Blickfeld und hob den Arm, aber sie blieb verschwommen, und Émile erinnerte sich nicht einmal an das Kleid, das sie trug: sicher ein helles Kleid, das sie selbst geschneidert hatte.

Die Aufmerksamkeit des Jungen konzentrierte sich weiter auf den Vater, der jetzt keinen Hut mehr auf dem Kopf hatte und mit jeder Hand eine kleine rundliche Wade von Christian festhielt.

Dieser stützte sich auf das etwas gelichtete Haupt des Vaters, und sein sehr großer Kopf schaukelte im Takt der Schritte hin und her.

Die Uhrzeit war unwichtig. Es war die Stunde des Sonnenuntergangs, die Stunde, zu der man sich endlich hinsetzen und essen und trinken würde. Émile hatte schon eine halbe Stunde zuvor gesagt:

»Ich habe Durst â¦«

Und man hatte ihm geantwortet:

»In Pouilly bekommst du etwas zu trinken â¦«

Er hatte immer Durst, und seine Eltern wollten nie anhalten, um etwas zu trinken!

Es war nicht nur die Stunde der Abendröte, des Hungers und Durstes, sondern auch die Stunde, in der einem schwindlig wurde, in der die Füße über den staubigen Weg stolperten und man einen unangenehmen Geschmack im Mund hatte. Wenn Mutter aufrichtig gewesen wäre, hätte sogar sie zugegeben, dass sie nicht mehr konnte.

Nur hätte das nichts genützt. Vaters lange Gestalt, der ein riesenhafter Schatten vorauslief, marschierte mit Christian auf den Schultern mit Riesenschritten weiter. So konnte er stundenlang, zweifellos auch tagelang marschieren, und Émile war überzeugt, dass er sich keinen Deut um die Landschaft scherte.

Man beschloss einfach, wie auch an diesem Sonntag:

»Wir gehen die Loire hinunter, von Sancerre bis Pouilly. In Pouilly übernachten wir, und am nächsten Tag gehen wir dann noch ein Stück weiter.«

Man sprach davon wie von einem Fest! Aber ein Fest war es nur für Vater. Morgens musste man sich viel zu früh anziehen und rennen, um den Zug nicht zu verpassen. Dann aß man irgendwo am Ufer Sandwiches, weil die Restaurants so unverschämt teuer waren, und marschierte und marschierte - Vater mit diesem ekstatischen Ausdruck, mit dem in die Ferne gerichteten Blick eines Menschen, der überirdische Harmonien vernimmt, als führte er die Seinen in die Gefilde der Glückseligkeit.

»Du gehst zu schnell, Vater ⦠Émile ist ganz außer Atem â¦«

In Wirklichkeit war Mutter außer Atem.

Doch jetzt näherte man sich dem Ziel - endlich! Links ein paar Häuser, ein richtiger Quai und eine vielbogige Brücke, die der Eintönigkeit der Uferauen ein Ende machten.

Die Route Nationale war nicht weit, man hörte die Autos. Dann ging man auf Pflaster.

»Willst du Christian nicht absetzen?«

Mutter hatte immer Angst, lächerlich zu wirken, doch Vater behauptete, Kinder machten niemanden lächerlich.

Er hielt am Rande der Route Nationale an, die mitten durch Pouilly verläuft, und musterte die Hotel- und Restaurant-Terrassen.

Die Straße war blau. Die weißen Häuser waren bläulich angehaucht, doch die Markisen waren rot-weiß gestreift, eine ganz neue hatte einen schönen orangefarbenen Ton.

»Wir könnten noch mit dem Bus nach Hause fahren«, seufzte Maman.

Das Hotel ist schließlich teuer!

Doch das ging nicht! Es war Pfingsten, und man hatte einen zweitägigen Ausflug beschlossen.

Vor einem kleinen Hotel standen grüne Kübel mit Lorbeerbäumchen und eine grün gestrichene Bank. Es war nicht allzu modern, es passte zum Stil der Familie. Vater trat auf den Gehweg, setzte Christian auf die Bank und ließ sich selbst mit einem lauten »Ha! â¦« nieder.

Ein »Ha!« der Befriedigung, das »Ha!« eines Mannes, der seine Pflicht erfüllt, sein Ziel erreicht hat und keine Hintergedanken aufkommen lässt.

»Frag erst nach dem Preis â¦«

Ja doch! Ja doch! Inzwischen nahm die ganze Familie auf der halbrunden Bank Platz. Man sah die Autos vorbeirasen. Sie hupten, bevor sie in die Kurve einbogen.

»Zwei Grenadine«, sagte Vater zu dem Mädchen mit der weißen Schürze. »Und du, Maman?«

»Nichts, danke ⦠Wir essen ja gleich â¦«

»Also, zwei Grenadine und - warten Sie - ja, einen kleinen Pernod!«

Ein kurzer Blick zu Mutter, um sie um Verzeihung zu bitten. Aber es war Pfingsten, und er hatte Christian mehr als vier Kilometer auf den Schultern getragen.

Alles Weitere verwirrte sich. Émile war nicht richtig müde, aber sein Kopf glühte, die Augen prickelten vom Staub, und trotz der Grenadine blieb ein unbestimmter Geschmack im Mund, der Geschmack nach den Sommersonntagen, an denen man endlos durch eine reglose Landschaft wanderte.

Vater verschwand im Haus und kam wieder, um mit Maman zu sprechen, natürlich über den Preis. Und natürlich aß man nicht das Menü von der Speisekarte, sondern Suppe und dann ein Gemüse.

Im Restaurant sah man einige Leute, eine geblümte Tapete, Spiegel, Reklamen, eine altmodische Wanduhr. Alle Tische waren gedeckt, in den Gläsern steckten fächerförmig gefaltete Servietten.

Das Mädchen, das sie bediente, war sehr jung, und Émile merkte nichts. Oder vielmehr doch! Später, viele Jahre danach, glaubte er sich zu erinnern, dass Mutter zweimal mit den Achseln gezuckt hatte.

Vater war lustig, vielleicht gar zu lustig, er war es nicht gewohnt, einen Aperitif zu trinken. Er sah sich begierig um, als wollte er ja nichts von den Festfreuden versäumen.

»Wie weit willst du morgen gehen?«

»Das hängt davon ab ⦠Zehn, zwölf Kilometer können wir auf jeden Fall schaffen.«

Eine Einzelheit, die für Émile bedeutsam war, aber nur für ihn. Er sah, wie eine Tür einen Spaltbreit aufging und jemand in den Speisesaal schaute. Es war ein weißgekleideter Koch mit einer hohen Kochmütze. Es war das erste Mal, dass der Junge etwas aß, das ein richtiger Koch gekocht hatte, zumindest dass er sich dessen bewusst war.

»Soll ich die Kinder ins Bett bringen?«

Émile murrte, aus Prinzip. Er murrte immer, wenn er schlafen sollte. Dabei stolperte er schon vor lauter Müdigkeit, als sie die Treppe hinaufgingen, eine gebohnerte Treppe mit einem roten Läufer in der Mitte, der auf jeder Stufe von einer Messingstange festgehalten wurde. Es war ein altes Haus, ein alter Korridor mit roten Fliesen, alte Zimmer. Das Fenster zur Straße stand offen. Als die Mutter es zugemacht hatte, waren die drei von der Straße abgeschirmt.

Émile lag mit seinem Bruder in einem Bett, obwohl es noch nicht ganz dunkel war. Er stöhnte:

»Mach das Fenster auf â¦«

Seine Mutter gab nach. Wieder schossen die Autos vorbei, und Stimmen ertönten, erstaunlich deutlich, wie manchmal an Sommerabenden.

»Ich gehe noch einen Augenblick hinunter. Ihr werdet brav sein, nicht wahr?«

Das Zimmer war schon voll Schlaf, und die Tür schloss sich lautlos.

Dann folgte ein inniges Gemisch von Wirklichkeit und Traum. Émile war sich undeutlich bewusst, dass die Stimme seines Vaters von der Terrasse heraufdrang, aber er konnte ihn nicht sehen, wie er auf der Bank saß, während die hübsche kleine Kellnerin ihm seinen Kaffee einschenkte.

In diesem Augenblick ging Mutter hinunter. Sie suchte ihn zuerst im Speisesaal und erschien dann in der Tür.

»Ach, hier bist du â¦«, sagte sie.

»Es ist so mild draußen! ⦠Nimmst du einen Kaffee?«

»Danke.«

»Die Kinder schlafen?«

Die kleine Kellnerin ging hinein. Jemand rief nach ihr:

»Rose! â¦«

Rose hieß sie also. Maman setzte sich neben Vater auf die Bank, und beide saßen noch etwa eine Stunde da, während es völlig dunkel wurde. Die Autos jagten immer noch vorbei, und manchmal hatte Émile das beängstigende Gefühl, dass sie durchs offene Fenster hereinkamen und geradewegs auf sein Bett losfuhren.

Ein Lichtschein weckte ihn. Mutter war ins Nebenzimmer gekommen und zog sich aus. Die Tür stand einen Spalt offen.

»Durst â¦«, murmelte Émile, um sie...
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Autor

Georges Simenon, geboren am 13. Februar 1903 im belgischen Lüttich, gestorben am 4. September 1989 in Lausanne, gilt als der »meistgelesene, meistübersetzte, meistverfilmte, in einem Wort: der erfolgreichste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts« (Die Zeit). Seine erstaunliche literarische Produktivität (75 Maigret-Romane, 117 weitere Romane und mehr als 150 Erzählungen), viele Ortswechsel und unzählige Frauen bestimmten sein Leben. Rastlos bereiste er die Welt, immer auf der Suche nach dem, »was bei allen Menschen gleich ist«. Das macht seine Bücher bis heute so zeitlos.