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Nanas Reise

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
220 Seiten
Deutsch
Edel Elements - ein Verlag der Edel Verlagsgruppeerschienen am01.11.20211. Auflage
Job weg, Geld weg, Freund weg: Nana sieht schwarz - dabei ist ihr Kopf voller Farben. Schon immer hatte sie eine besondere Beziehung zur Kunst, doch bei all den Problemen lässt ihre Kreativität sie immer mehr im Stich. Als dann auch noch die geplante Schottland Reise zu ihrer Großmutter ins Wasser zu fallen droht, greift Nana zu drastischen Mitteln: Mit dem völlig fremden Lutz, den sie auf ihrer Suche nach einer neuen Wohnung kennenlernt, begibt sie sich auf einen Roadtrip durch England - und kämpft sich mit viel Humor zurück ins Leben.mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR5,99

Produkt

KlappentextJob weg, Geld weg, Freund weg: Nana sieht schwarz - dabei ist ihr Kopf voller Farben. Schon immer hatte sie eine besondere Beziehung zur Kunst, doch bei all den Problemen lässt ihre Kreativität sie immer mehr im Stich. Als dann auch noch die geplante Schottland Reise zu ihrer Großmutter ins Wasser zu fallen droht, greift Nana zu drastischen Mitteln: Mit dem völlig fremden Lutz, den sie auf ihrer Suche nach einer neuen Wohnung kennenlernt, begibt sie sich auf einen Roadtrip durch England - und kämpft sich mit viel Humor zurück ins Leben.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783962154226
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum01.11.2021
Auflage1. Auflage
Seiten220 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.8239526
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1996

Nanas Lippen schmeckten nach Salz, und ihre Füße in den pinkfarbenen Flip-Flops waren sandig. Zwischen dem kleinen und dem vierten Zeh hatte sich besonders viel Sand angesammelt. Die winzigen Körner funkelten in der Sonne, als seien sie kostbar. Nanas Hände spielten mit den kleinen bunten Perlen, die an den Enden der Fransen ihres neuen Shirts hingen. Das hatte ihr Papa für sie am Tag zuvor auf einem Markt gekauft. Nana wusste schon jetzt, dass es sehr lange ihr Lieblingshirt bleiben würde.

Sie schaute auf das Meer, das ihr türkis entgegenleuchtete. Ihr metallener Stuhl wackelte, und die Armlehnen waren von der Sonne ganz schön heiß geworden. Der Kellner kam, nannte sie Señorita, das klang lila, schön und irgendwie wichtig. Sie bestellte eine Fanta. Papa wählte einen Espresso und Mama einen Eiskaffee. Sie freute sich darauf, gleich am Strand Muscheln sammeln zu gehen. Ihre Mutter hatte versprochen, mitzumachen, und sie fand immer die schönsten Muscheln. Zuhause wollte Nana damit einen Holzkasten bekleben und ihn Mama als Überraschung zum Geburtstag schenken.

Als der Kellner die Fanta auf den Tisch stellte, winkte ihr Papa hektisch mit dem Zeigefinger. No, no! Fanta sin hielo , stammelte er. Der Kellner nickte und nahm das Glas wieder mit. Bestell dir niemals ein Getränk mit Eiswürfeln im Ausland, Nana. Die sind aus Leitungswasser gemacht und voller Chlor und Bakterien. Davon kriegst du Bauchschmerzen. Oder Durchfall. Oder Schlimmeres! Und dann musst du den Rest des Urlaubes auf dem Hotelzimmer verbringen. Er nickte dabei immer wieder, wichtige Worte unterstreichend.

Mama lachte nur und sagte: Entspann dich, Christoph.

Das sagte sie häufig zu ihm: Entspann dich.

Natürlich war Nana aus dieser Geschichte herausgewachsen und konnte selbst entscheiden, ob sie den Eiswürfeln vertrauen wollte. Und obwohl ihre Mutter damals über die Vorsicht ihres Vaters gelächelt hatte, gehörte diese Lektion zu jenen Episoden aus der Kindheit, von denen ein Rest auf immer in ihr verbleiben würde. Dieses Überbleibsel, so stellte sich Nana vor, hauste zusammen mit einigen weiteren in ihrem Bauch, wahrscheinlich in der Leber. Sie trugen allesamt lustige Mützen mit kleinen Glöckchen an den Enden, die ordentlich Krach machten und sich diebisch freuten, wenn sie gehört wurden. Nana war sich sicher, dass jeder Erwachsene solch kleinen, schelmischen Überbleibsel in sich trug und sie zu jener Person machten, die sie nun einmal waren.

Danke , sagte Nana und stellte das Glas auf dem Wohnzimmertisch ab, ohne einen Schluck davon zu nehmen. Mir gefällt die Wohnung, und ich könnte mir sehr gut vorstellen, hier einzuziehen. Ich habe meine Schufa-Auskunft und meine letzten drei Gehaltsabrechnungen mitgebracht. Nana reichte ihm die Papiere. Dass sie vor einigen Tagen ihren Chef als Arsch bezeichnet und gekündigt hatte, verschwieg sie geflissentlich. Brauchst du sonst noch etwas?

Lutz nahm die Blätter in seine Hand und schaute sie durch. Du arbeitest als Grafikdesignerin?

Ja. Als Nana sah, dass er den Mund erneut öffnete, fragte sie schnell: Dürfte ich mal deine Toilette benutzen? Sie wollte sich nicht über ihre verhasste Arbeit oder strenggenommen Nicht-Arbeit unterhalten.

Er nickte. Natürlich, du weißt ja, wo sie ist.

Sie schloss die Tür hinter sich und setzte sich auf den Badewannenrand. Nana nutzte fremde Toiletten nur im äußersten Notfall. Nana, die Heimscheißerin , hatte Phillip sie mit ihrem Spleen lächelnd aufgezogen.

Phillip, der Außerhausvögler.

Sie fragte sich, ob sie wegen Phillip und Alina irgendwann heulen würde. Nana hatte schon häufig in schlaflosen Nächten darüber gegrübelt, welcher Betrug sie mehr traf. Seiner oder ihrer. Sie wusste es nicht, und es war müßig, darüber nachzudenken. Nana hatte beide verloren. Sie schüttelte den Kopf. Nein, nein, nein, dachte sie trotzig. Ihr habt mich verloren!

Etwas Warmes lief an ihrem Daumen herunter. Schnell riss sie ein Blatt Toilettenpapier von der Rolle und drückte es auf die blutende Stelle neben ihrem Daumennagel. Sie hatte wieder an der Haut geknibbelt, ohne es wirklich zu merken. Auf dem weißen Papier bildete sich ein kleiner roter Punkt. Nana nahm das Blatt kurz hoch, damit es nicht festklebte, und drückte es wieder auf den Finger. Tja.

Und jetzt hatte sie auch keinen Job und keine bezahlbare Wohnung mehr. Aber, nein, die Tränen wollten einfach nicht kommen. Die Hälfte des Tages bemalte sie Steine, und die andere Hälfte lag sie auf dem Bett. Sie ging nicht ans Telefon, und wenn jemand klingelte, öffnete sie die Tür nicht.

Nana atmete so vor sich hin.

Sie blickte aus dem Fenster. Ihr Anker, an dem sie sich festhielt, war die große Reise. In einer guten Woche wollte - nein, musste sie! - ihren Urlaub antreten. Die große Fahrt, die sie eigentlich mit Phillip hatte machen wollen und die sie ein halbes Jahr lang geplant hatte. Das langersehnte Wiedersehen mit Elsa! Wenigstens in diesem Fall hatte sie Glück gehabt. Allein hätte sie unmöglich fahren können. Nana reiste seit ihrem 18. Lebensjahr nicht mehr ohne Begleitung. Himmel, was hatte sie sich damals erwachsen gefühlt! Endlich Abi, endlich volljährig, nix wie weg. Ganz alleine mit dem Zug quer durch Europa. In ihrem ganzen Körper hatte es vor Aufregung gekribbelt. In der zweiten Woche kam der Anruf und mit ihm die schlimmste Nachricht ihres Lebens. Dieser Moment hatte sich eingebrannt: Unter Nanas Füßen der warme Sand, vor ihren Augen ein Sonnenuntergang an der Atlantikküste, in ihrem Ohr Elsas Worte, die keinen Sinn ergaben. Und dann stand sie da. Ganz allein. Seitdem ging das nicht mehr mit dem Alleinsein in der Fremde. Aber sie hatte ja Glück und Anke, ihre Freundin aus Kindertagen. Nana hatte ihr am Telefon erzählt, wie ihr Leben gerade auseinanderfiel. Nicht heulend, nicht schreiend, sie hatte es leise erzählt, denn für alles andere hatte ihr die Energie gefehlt. Was für eine Riesenscheiße , hatte Anke entgegnet und hinterhergeschoben: Dann komme ich eben mit. Anke arbeitete als Life-Coach, wenn sie Lust dazu hatte. Ihr Mann und sie lebten in Hamburg, waren steinreich und als Paar auch nach Jahren immer noch glücklich. Es gab diese Menschen, bei denen es einfach immer gut lief. Anke gehörte dazu. Wer weiß, vielleicht würde ja ein wenig von Ankes Frohsinn und Glück auf der Fahrt auf sie abfärben.

Nans Blick schweifte durch das Badezimmer. Lutz hatte ein Faible für Duschgels mit frischem Ozeanduft und rasierte sich nass. Er putzte sich elektrisch die Zähne mit einer Zahnpasta, die Extra-Frische versprach. Das Haargel hatte er offenbar länger nicht in die Hand genommen, die Tube war staubig. Auf einem Schränkchen, das neben der Toilette stand, lagen Zeitschriften und einige Papiere. Nana fand es unhygienisch, Zeitschriften oder das Handy mit aufs Klo zu nehmen. Wieso? , hatte Phillip sie gefragt. Ich wische mir mit dem Kicker doch nicht den Hintern ab.

Sie warf einen Blick auf die Papiere, die auf der WirtschaftsWoche lagen. Das war unhöflich, eine Grenzüberschreitung, doch ihre Neugierde besiegte ihren Anstand. Es waren drei Blätter. Jedes trug als Überschrift einen Namen. Detlef, Anna, Jörg. Auf letzterem war der Abdruck einer Kaffeetasse. Annas Blatt sah aus, als wäre das Papier einmal zerknüllt und wieder glattgestrichen worden. Detlefs kam ohne nennenswerte Kleckse und Verletzungen davon. Sie überflog das Geschriebene. Alter, Größe, ungefähres Gewicht war bei allen festgehalten. Äußerlichkeiten wie Haarfarbe und Augenfarbe.

Bilderbuch-Ostwestfale, war bei Detlef notiert, wortkarg, ein bisschen stoffelig, Single, Sonnenbrille oben in Shirt eingehängt, fährt sich häufig durch die Haare, geht nachm Siegfriedplatz, nicht zum . Leichter Bierbauch, kurze Socken in neuen Sportschuhen, kurze braune Hose mit Taschen an den Seiten, dazu grünes Shirt.

Anna war Studentin, las Nana, Soziologie und Anglistik, 3. Semester. Leichtes Sommerkleid mit großen Blumenmotiven, dazu rote Schnürsandaletten mit Absatz. Süßes Parfüm, verursacht Kopfschmerzen.

Das Klopfen an der Tür ließ Nana zusammenzucken.

Ist alles in Ordnung bei dir? , hörte sie Lutz´ freundliche Stimme.

Hastig legte sie die Blätter zurück und stellte den Wasserhahn an. Ja, alles okay, sorry, hat etwas länger gedauert. Peinlich berührt kniff sie ihre Augen zusammen. Hat etwas länger gedauert? Das klang wie: War halt ein Riesenschiss, den ich in deine Schüssel abgeseilt hab.

Sie trocknete die Hände ab und verließ das Badezimmer.

Lutz war mittlerweile ins Wohnzimmer zurückgekehrt. Ihr Glas, das noch immer auf dem Tisch stand, trank sie in einem Zug leer. Du hast bestimmt viele Bewerber für die Wohnung. Nana versuchte, einen neutralen Gesichtsausdruck zu bewahren, obwohl ihr das kalte Wasser Schmerzen hinter der Stirn verursachte.

Ein paar sind es schon , bestätigte er.

Wann in etwa darf ich denn mit einer Nachricht rechnen, für wen du dich entscheidest?

Musst du schnell aus deiner Wohnung raus?

Sie zögerte kurz. Spätestens in drei Monaten. Aber ich würde gerne so bald wie möglich umziehen.

Wieso? Hast du ein Schimmelproblem?

Höchstens im Kühlschrank.

Er lächelte.

Ich muss jetzt los, ich habe noch einen dringenden Termin , log Nana. Sie hatte keine Lust, weitere Fragen zu beantworten, sondern sehnte sich nach Stille und Türkis. Ich würde mich freuen, wenn du mich baldmöglichst wissen lässt, ob es mit der Wohnung etwas werden könnte.

Das mache...
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